Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Abgeordnete Kalbitzer hat im Zusammenhang mit den Erörterungen in den Ausschüssen dauernd von dem Deutschen Bauernverband gesprochen. Ich weiß nicht, was dieser Hinweis eigentlich soll. Ist es Ihnen, Herr Kollege Kalbitzer, nachdem Sie mit Ihren Freunden sich dauernd zum Fürsprecher der Gewerkschaften machen, unangenehm, daß nun in unseren Reihen ab und zu auch einmal Leute auftreten, die Informationen vom Deutschen Bauernverband bekommen? Es ist schon das Recht des deutschen Bauernstandes, sich zusammenzuschließen,
nicht nur, um seine Interessen zu vertreten. Der deutsche Bauernstand hat vielmehr wiederholt bewiesen, daß er durchaus in der Lage ist, Vorschläge zu machen, die den Interessen auch anderer Volksgruppen und nicht zuletzt der Gruppen der Arbeiter Rechnung tragen, die Sie zu vertreten immer besonders für sich in Anspruch nehmen.
Nun zum Sachlichen. Herr Kollege Kalbitzer, so einfach dürfen wir uns die Dinge nun nicht machen, daß wir die Debatte über das Problem der Zölle einfach auf die Ebene ziehen: soll der Verbraucher mehr zahlen oder der Erzeuger mehr haben? Dem Problem liegt doch folgender Gedanke zugrunde. In Torquay hat man auf internationaler Ebene versucht, die Interessen der einzelnen Volkswirtschaften aufeinander abzustimmen. Wir als Deutscher Bundestag haben versucht, innerhalb der Wirtschaftsgruppen die Interessen von Industrie und Landwirtschet aufeinander abzustimmen. Ich glaube, wir als 'Vertreter des deutschen Volkes haben die Pflicht, uns darum zu mühen, daß diese Interessen so aufeinander abgestimmt werden, daß die deutsche Wirtschaft lebt und vorankommt, einerlei ob es Landwirtschaft, Handwerk oder Industrie ist. Wer soll die Lasten aus der großen und noch täglich wachsenden Hypothek . all unserer Verpflichtungen denn tragen, wenn die Wirtschaft bei uns nicht floriert und nicht vorankommt? Herr Kollege Kalbitzer, glauben Sie mir, nicht nur den deutschen Bauern, auch anderen Gruppen in Deutschland ist es klar, daß das Ausland nicht uns zuliebe ab und zu Lebensmittel billiger anbietet. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Grundlage nicht nur für die Ernährung schlechthin, die Grundlage auch für eine preiswerte Ernährung liegt im deutschen Grund und Boden und in der Arbeit der deutschen Bauern und Landarbeiter.
Die in Torquay vereinbarten Sätze sollen jetzt am 1. Oktober in Kraft treten. Es ist eigenartig — da haben Sie, Herr Kollege Kalbitzer, allerdings recht —, daß man nun von vornherein damit anfängt, die Zölle auf dem landwirtschaftlichen Sektor einer Korrektur zu unterziehen, in der Überlegung, daß gewisse Lebensmittel nicht zu teuer werden sollen. Wir gehen an diese Betrachtung objektiv heran, weil wir als deutsche Bauern wissen, daß unsere Ware zu entsprechenden Preisen hier den Absatz finden muß. Aber wir nehmen für uns die Einschränkung in Anspruch, daß die Grundlagen für die Erhaltung der Produktion und für eine verstärkte Produktion dabei nicht gestört werden dürfen.
Wenn wir so an die Dinge herangehen, dann werden wir auch zu einer Verständigung bei den Dingen kommen, die Sie mit Recht herausgestellt haben. Es ist für die deutsche Landwirtschaft unmöglich, daß die Preise für Betriebsmittel andauernd steigen und wir mit unseren Preisen festgehalten werden sollen.
Im übrigen besteht kein Zweifel — darüber hat auch bei der Beratung der Marktordnungsgesetze in diesem Hause völlige Einmütigkeit bestanden —, daß wir in der Landwirtschaft nach anderen Grundsätzen arbeiten und vorgehen müssen als in der gewerblichen Wirtschaft. Der gewaltige Aufstieg der gewerblichen Wirtschaft, die Erhöhung der Beschäftigtenzahl sind nicht nur in volkswirtschaftlicher Hinsicht, sie sind auch in politischer Hinsicht für unser Volk ein Segen. Auf der anderen Seite müssen auch wir von der Landwirtschaft für uns in Anspruch nehmen, daß der Grundsatz der Deckung der Betriebskosten und damit der Deckung der Gestehungskosten seine Gültigkeit behält.
Wenn man nun glaubt, mit Zöllen, abgelesen an den Marktberichten eines einzelnen Tages oder
von Wochen, hier Politik machen zu können, Herr Kollege Kalbitzer, dann sind wir grundsätzlich verschiedener Auffassung.
Die Zölle sind Bestandteil eines volkswirtschaftlichen Systems, und unsere Marktordnungsgesetze — da gehe ich mit Ihnen einig — sind eigentlich das Instrument für den gerechten Ausgleich der Preise. Denn weder der Bauer noch der Verbraucher ist an diesem Auf und Ab der Lebensmittelpreise interessiert.
Daß hier die Vorratsstellen in der Vergangenheit nicht richtig funktioniert haben, liegt daran, daß dem Herrn Bundesfinanzminister entweder nicht das nötige Geld zur Verfügung stand oder er es nicht zur Verfügung gestellt hat. Hier muß ein grundsätzlicher Wandel eintreten,
wenn das System unserer gemeinsamen Politik in diesem Fall funktionieren soll.
Nun noch ein besonderes Wort zu einzelnen Positionen, Herr Kollege Kalbitzer. Der Zoll beträgt ab 1. Juli beispielsweise für Rinder und Schlachtvieh 16 DM; nach dem Vorschlag, den wir gemacht haben, beträgt er ab 1. Oktober 11 DM, also 5 DM weniger, als im Augenblick in Kraft sind. Machen Sie bitte nicht den Fehler, eine Zeit, in der die beabsichtigten Zollsätze gelten sollen, mit einer Zeit zu vergleichen, in der alles zollfrei war. Wenn Sie den deutschen Bauern unter den sehr viel schwierigeren Verhältnissen ohne Zollschutz produzieren lassen wollen, wenn Sie uns in diesem Punkte der Konkurrenz des Farmerbetriebs noch mehr ausliefern wollen, dann allerdings haben Sie recht. Dann möchte ich aber wissen, wie Ihre These gemeint ist, wenn Sie auch für den Bauern eintreten und wenn Sie in Ihren Versammlungen vor allen Dingen für den Kleinbauern eintreten. Der Erlös der Kleinbauern beruht zu 90 % auf dem Verkauf von Veredlungsprodukten, und das Ziel unserer gemeinsamen Politik ist und muß bleiben, daß diese Veredlungsarbeit des Bauern geschützt und gestützt wird.
Deshalb haben wir mit Freuden einem Zoll von Null für Futtergetreide zugestimmt, und ich möchte auch von dieser Stelle die Bundesregierung bitten, sich nicht leiten zu lassen von den augenblicklichen Erscheinungen, von dem starken Angebot von Brotgetreide. Hier ist übrigens, entgegen den Befürchtungen und gegenüber den Mahnungen, die von der Opposition ausgesprochen wurden, die Frühdruschprämie ein hundertprozentiger Erfolg gewesen.
Sie ist ein Erfolg unserer Politik und beweist, daß auf diese Art und Weise die Brotversorgung in der Bundesrepublik auch im kommenden Jahre sichergestellt ist.
Aber täuschen wir uns nicht: Die Versorgungsdecke bei Futtermitteln ist knapp, und hier können wir mit Zoll nichts machen. Hier müssen Dollars zur Verfügung gestellt werden, freie Dollars, damit jetzt am Weltmarkt die nötigen Mengen gekauft werden. Tun wir das, dann funktioniert die Produktion, die wir auf dem Fleischsektor zu über 90 % deutscher Bauernarbeit verdanken.
Wenn Sie, meine Damen und Herren, so an die Dinge herangehen, dann werden Sie nicht nur an dem angeführten Beispiel — Rinder —, sondern auch an anderen Beispielen erkennen, daß gegenüber den Zollsätzen, die ab 1. Juli in Kraft getreten sind, jetzt keine Erhöhung, sondern eine Ermäßigung eingetreten ist. Wir sind als Vertreter der deutschen Landwirtschaft diesen Schritt gern mitgegangen, allerdings unter einer Voraussetzung: In dem Augenblick, in dem sich die Dinge ändern, werden wir erneut vor das Hohe Haus hintreten, werden mit entsprechender Begründung unsere berechtigten Wünsche anmelden und uns auf die in Torquay vereinbarten Sätze berufen müssen.
Ich weiß nicht, ob es in diesem Zusammenhang angebracht ist, zu der Sparte Gefrierfleisch etwas Besonderes zu sagen. Herr Präsident, darf ich fragen, ob nicht diese Sache in der Einzelberatung behandelt werden soll?