Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zur Behandlung steht heute die Verordnung über Zolländerungen. Diese Verordnung hat ihre Rechtsgrundlage in § 4 des Zolltarifgesetzes. Danach ist die Bundesregierung auf Grund einer Generalvollmacht er-
mächtigt, Rechtsverordnungen zu erlassen, mit denen sie die bestehenden Zollsätze ermäßigen oder aufheben kann.
Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung Gebrauch gemacht. Sie hat uns zunächst in einem Schreiben an den Herrn Präsidenten des Bundestags eine Vorlage — vom 9. Juli dieses Jahres — gemacht, und darin die ersten Vorschläge über Zollbegünstigungen unterbreitet. Es hat sich jedoch herausgestellt, daß diese Vorlage unzureichend war. Das Kabinett hat durch die beteiligten Ministerien selber erklärt, daß man mit der Abstimmung unter den Ressorts nicht rechtzeitig fertiggeworden sei und sich vorbehalte, eine neue Verordnung vorzulegen. Das ist mit Schreiben vom 6. September dieses Jahres geschehen. Mit diesem Schreiben an den Herrn Präsidenten des Bundestags hat das Bundeskabinett die Verordnung vorgelegt, die nunmehr heute zur Beratung steht.
Die Besonderheit nach § 4 des Zolltarifgesetzes liegt darin, daß diese von der Bundesregierung zu erlassende Rechtsverordnung der Zustimmung des Bundestags unterliegt. Wir haben damit, meine Damen und Herren, ein verfassungsrechtliches Novum, über das ja schon bei der Verabschiedung des Zolltarifgesetzes diskutiert worden ist. Außerdem ist vorgesehen, daß der Bundesrat zu der Verordnung gehört werden muß. Der Bundesrat hat inzwischen zu der Verordnung Stellung genommen. Bei den Verhandlungen in der Unterkommission Zolltarif und im Außenhandelsausschuß, der j a federführend war, hat Herr Minister Lübke als Vertreter des Bundesrats die Stellungnahme des Bundesrats bekanntgegeben. Die Verordnung ist diesem Hohen Hause in der 162. Sitzung am 13. September dieses Jahres vorgelegt worden. Das Plenum hat die Verordnung zur weiteren Beratung dem Ausschuß für Außenhandelsfragen überwiesen. Der Ausschuß für Außenhandelsfragen hat die Verordnung, wie üblich, der Unterkommission Zolltarif überwiesen, in der seit langer Zeit eine Reihe von Kollegen des Ausschusses für Außenhandelsfragen für die Behandlung von Zolltariffragen tätig sind und daher über besondere Sachkenntnis verfügen. Die Beschlüsse der Unterkommission Zolltarif sind von dem Ausschuß für Außenhandelsfragen in seiner Sitzung am 25. September dieses Jahres gebilligt worden. Die Bedeutung der Verordnung liegt darin, daß sie eine Ergänzung zum bestehenden Zolltarifgesetz und zu den Protokollen von Torquay, die die Vertragszollsätze enthalten, darstellt.
Lassen Sie mich kurz noch einige allgemeine Bemerkungen vorausschicken, bevor ich in die Einzelbesprechung der Verordnung eintrete. Wir haben zunächst, entgegen der Auffassung des Kabinetts, davon abgesehen, Termine in die Verordnung über Zolländerungen hineinzunehmen. Das Bundeskabinett hatte z. B. für verschiedene Positionen eine zeitliche Begrenzung etwa bis Ende 1952 oder bis Ende 1953 vorgesehen. Wir waren in der Unterkommission Zolltarif und auch im Ausschuß für Außenhandelsfragen übereinstimmend der Auffassung, daß diese Terminierung unzweckmäßig sei und nicht dem Sinne des § 4 des Zolltarifgesetzes entspreche. Wir haben daher diese gesamten Terminierungen in der Verordnung gestrichen, allerdings mit Ausnahme der wenigen Fristen, die für saisonale Zollbegünstigungen vorgesehen sind.
Im einzelnen hatte die Unterkommission Zolltarif zu den Bestimmungen der Verordnung über Zolländerungen Stellung zu nehmen; sie hat außerdem aber auch noch zusätzlich Wünsche, die von verschiedenen Seiten an uns herangetragen worden sind, diskutiert und . sich zu eigen gemacht, die nun noch nachträglich in die Verordnung hineingebaut worden sind. Die Beschlüsse der Unterkommission Zolltarif und des Ausschusses für Außenhandelsfragen sind zum Teil einstimmig, zum Teil aber auch nur mit Mehrheit gefaßt worden. Grundsätzlich möchte ich voranstellen, daß vor allem die SPD-Fraktion verlangt hat, die Zollbegünstigungen per 1. Juli dieses Jahres wiederherzustellen. Diesen Anträgen ist, von der Mehrheit des Ausschusses im allgemeinen nicht stattgegeben worden. Bis zum 30. Juni dieses Jahres waren verhältnismäßig weitgehende Zollbegünstigungen in Kraft; für die Übergangszeit vom 1. Juli bis 1. Oktober dieses Jahres, zu welchem Zeitpunkt die Verordnung über Zolländerungen in Kraft tritt, hat der Herr Bundesfinanzminister die bestehenden Zollbegünstigungen entweder ganz oder zum Teil durch Verwaltungsanordnung aufgehoben, wozu er bis dahin ermächtigt war. Die neue Regelung tritt nunmehr am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft.
Meine Damen und Herren! Kurz einige Erläuterungen der Details der Verordnung: Der § 1 enthält Unterpositionen von 1 bis 70, die sich auf die verschiedenen Positionen des Zolltarifs beziehen. In Ziffer 1 der Verordnung, die als Anhang der Drucksache Nr. 2592 beigefügt ist, finden wir zunächst die Position „Rinder zum Schlachten unter Zollsicherung, in der Zeit vom 1. April bis 30. Juni." Sie sehen hier erstmalig die saisonale Terminierung, die wir hier vorgenommen haben. Die Vorlage der Bundesregierung sah einen ermäßigten Zollsatz von 5 % vor. Nach Anhörung von sachverständigen Kollegen des Ernährungsausschusses hat die Unterkommission Zolltarif mit Mehrheit beschlossen, Ihnen einen Satz von 7 % in Vorschlag zu bringen, wobei ich bemerke, daß sich der Bundesrat der Regierungsvorlage — mit 5 % —angeschlossen hatte.
In Ziffer 2 ist von der Unterkommission Zolltarif eine neue Position aufgenommen worden; sie betrifft Schweine, lebend, im Stückgewicht von mehr als 35 Kilogramm. Hier ist von der Mehrheit des Ausschusses ein ermäßigter Zollsatz von 8 % vorgesehen.
Unter Ziffer 3, Fleisch von Rindern, gefroren, also Gefrierfleisch, sah die Regierungsvorlage Zollfreiheit vor. Nach Anhörung von Sachverständigen aus dem Ernährungsausschuß hat sich die Mehrheit des Ausschusses dahin entschieden, einen ermäßigten Zollsatz von 10 % für Gefrierfleisch einzuführen. Die Begründung liegt darin, daß Bedenken bestanden, beispielsweise in Schleswig-Holstein, die See-Grenzschlachthäuser ohne jeden Schutz zu lassen. Wir haben uns daher entschlossen, diesen Zollsatz von 10 % vorzuschlagen. Auch der Bundesrat hat sich einstimmig auf diesen Standpunkt gestellt, also ebenfalls den ermäßigten Satz von 10 % vorgeschlagen.
Die nächste Position, Fleisch von Schweinen, frisch, gekühlt oder gefroren, ist neu hinzugekommen. Wir haben uns mit Mehrheit für einen Satz von 16 % entschieden.
Unter Position 5, Lebern von Schweinen, frisch, gekühlt oder gefroren, in der Zeit vom 1. Januar bis 30. April, ist auch ein Satz von 7 % gegenüber 5 % der Regierungsvorlage vorgeschlagen.
Die nächste Ziffer 4, Schweinespeck, frisch, bzw. Schweinespeck, gekühlt oder gefroren, ist mit je 100/o in der Fassung der Regierungsvorlage gebilligt
worden, ebenso die Ziffer 5, Schellfisch usw., mit 5 %.
Die folgende Position unter Ziffer 6 ist neu aufgenommen worden. Sie bezieht sich auf Hühnereier. Wir haben es grundsätzlich bei dem neuen Vertragszollsatz von 15 % bewenden lassen, haben uns allerdings mit Mehrheit entschlossen, für die Zeit vom 1. September bis 15. Februar, also die Zeit, in der der Eieranfall in Deutschland verhältnismäßig gering ist, einen ermäßigten Zollsatz von 5 % in Vorschlag zu bringen.
Die anschließende Position unter Ziffer 7 ist wieder gemäß der Regierungsvorlage mit Zollfreiheit angenommen worden. Desgleichen gilt für Ziffer 8, Pilze mit 15 % und Ziffer 9, Erbsen — es handelt sich hier um Vorprodukte für die Suppenindustrie —, Zollfreiheit. Ebenso ist für die Ziffern 10 und 11, Weizen und Roggen, Zollfreiheit vorgesehen. Auch sie sind vom Ausschuß einstimmig angenommen worden. Bei der Position 12, Reisfuttermehl, haben wir einen ermäßigten Zollsatz von 12 °/o gebilligt, und zwar um der ersten Verarbeitungsstufe in Deutschland einen gewissen Schutz zu gewähren. Ziffer 13, Korbweiden, ist mit Zollfreiheit angenommen worden.
Die Ziffer 14 ist neu in die Verordnung aufgenommen worden; sie bezieht sich auf Schweineschmalz. Wir haben hier mit Mehrheit beschlossen, für rohes Schweineschmalz 10 %, für gereinigtes Schweineschmalz 20 % und für gereinigtes Schweineschmalz, das durch Transport usw. beschmutzt ist und zum Einschmelzen bestimmt ist, 10 %. Der Bundesrat hatte andere Sätze vorgeschlagen, und zwar in der soeben genannten Reihenfolge die Sätze von 7, 7 und 15 %. Die Ziffer 15 sieht Zollfreiheit für Fleischextrakte vor; sie ist einstimmig angenommen worden.
Neu ist aufgenommen worden die Ziffer 16 für Rüben- und Rohrzucker. Der Ausschuß hat sich hier einstimmig für Zollfreiheit entschieden. Ziffer 17, Tomatenmark, sieht, entsprechend der Regierungsvorlage, 10 % vor bei Einfuhr in luftdicht verschlossenen Behältnissen mit einem Rohgewicht von 5 kg oder mehr. Dagegen haben wir eine kleine Änderung gegenüber der Regierungsvorlage bei Tomatenmark vorgenommen, das in Fässern eingeführt und hier in Deutschland weiterverarbeitet wird; dafür haben wir einen ermäßigten Zollsatz von 5 % beschlossen. Neu ist ferner die Ziffer 18 in die Verordnung aufgenommen worden, die in der Regierungsvorlage nicht enthalten war. Sie befaßt sich mit Obstpülpe. Hier haben wir, gestaffelt. ermäßigte Sätze von 5, 5, 10 und 15 % vorgesehen.
Wesentliche Bedeutung hat ferner die Ziffer 19, die sich mit Erdöl befaßt. Die Unterposition 5, die die verschiedenen Herkunftsarten des Erdöls enthält, ist vom Ausschuß einstimmig im Sinne der Regierungsvorlage angenommen worden. Dagegen haben sich bei der Position 6, Heizöl, Meinungsverschiedenheiten ergeben. Der Satz von 1 DM für Heizöl ist nur durch Mehrheitsbeschluß zustande gekommen.
Meine Damen und Herren, wir können dann einen verhältnismäßig großen Sprung machen, und zwar von Position 20 bis Position 47. Es handelt sich im wesentlichen um den Chemiesektor, und zwar um solche Positionen, die bisher zu den verbotenen Industrien gehörten. Sie werden sich vielleicht entsinnen, daß wir bei der Verabschiedung des Zolltarifgesetzes für diese Positionen vielfach einen Zollsatz von 40 % vorgeschlagen hatten, um jeweils die Möglichkeit zu haben, den effektiven Zollsatz im Wege der Zollbegünstigung niedriger festzusetzen. Das ist nunmehr mit dieser Verordnung geschehen. Sie werden feststellen, daß für die Mehrzahl der Positionen Zollfreiheit vorgesehen ist. Was einige wenige Ausnahmen betrifft, so verweise ich auf Ziffer 22, Phosphorchlorid, und Ziffer 23, Ätzkali, mit 15 bzw. 2 % sowie auf Ziffer 31, Mononatriumphosphat, mit 10 %. Wo hier noch Zollsätze vorgesehen sind, sind die Beschlüsse nur mit Mehrheit zustandegekommen.
Ab Ziffer 48 folgen dann einige Positionen, die mit Holz in Zusammenhang stehen. Zunächst wurde für Leitungsmaste, Ziffer 48, im Sinne der Regierungsvorlage Zollfreiheit angenommen. Dasselbe gilt für Ziffer 49, Nadelholz. Ziffer 50 sieht einen Zollsatz von 10 % für Geflechte aus Holzspan vor. Es handelt sich hier um Vorprodukte der Hutindustrie; das Produkt wird für die Fertigung von Erntehüten benötigt. Ziffer 51 enthält eine Ermäßigung der Position Holzzellstoff zur Herstellung von Kunstseide oder Zellwolle aus künstlicher Spinnmasse auf 5 %. Dieser Beschluß ist in beiden Ausschüssen ebenfalls nur mit Mehrheit zustandegekommen. Zwischendurch war eine Entscheidung gefallen, Zollfreiheit herzustellen. Diese Entscheidung ist aber später wieder revidiert worden. Ziffer 52 bringt Zollfreiheit für Zeitungsdruckpapier und übriges Druckpapier. In der Unterziffer 5 ist allerdings die Rollenbreite in 31 cm geändert worden. Die Ziffer 53, Fäden aus Asbest, 23 %, wurde nur mit Mehrheit angenommen.
Dann ist noch kurz die Ziffer 54 zu erläutern. Wir kommen hier in das Gebiet von Eisen und Stahl. In der ursprünglichen Vorlage der Regierung waren hier die Positionen 50 bis 52 vorgesehen. Der Ausschuß hat einstimmig beschlossen, die Positionen 50 und 52 zu streichen, sie also nicht in die Zollbegünstigung aufzunehmen. Ich erspare mir längere Ausführungen dazu. Der Grund ist im wesentlichen der gewesen, daß man mit Rücksicht auf die schwebenden Schumanplan-Verhandlungen keinen präjudizierenden Beschluß fassen wollte. Die Ziffer 51 ist bestehen geblieben und ist jetzt Ziffer 54. Sie sieht für Ferrosiliziummangan Zollfreiheit vor. Allerdings hat der Ausschuß einen einstimmigen Beschluß zu diesen Positionen 50 bis 52 dahingehend gefaßt, daß bei allen Eisen- und Stahlpositionen keine gegenüber dem Stand vom 30. Juni 1951 höheren Belastungen eintreten sollen. Außerdem war der Ausschuß der Auffassung, daß Zollerlaß im Billigkeitswege in dem bisherigen Umfang für Artikel mit gebundenen Inlandspreisen ausgesprochen werden solle.
Es folgen dann die Positionen 55 bis 70. Hier handelt es sich um NE-Metalle. Grundsätzlich haben wir, entsprechend der Vorlage der Bundesregierung, für die NE-Metalle Zollfreiheit ausgesprochen, für die erste Stufe der Verarbeitung — beispielsweise bei Kupfer: Stangen, Profile und Drähte bzw. Tafeln und Bleche usw. — dagegen einen kleinen Zollschutz eingeführt, im Falle von Kupfer — das sind die Ziffern 56 und 57 — je 5 %. Entsprechende Regelungen haben wir bei den übrigen NE-Metallen getroffen. Soweit hier noch Zollsätze angesetzt worden sind, sind die Beschlüsse auch nur mit Mehrheit gefaßt worden.
Das waren die Erläuterungen zu § 1 der Verordnung mit den Ziffern 1 bis 70.
§ 2 besagt schließlich, daß diese Verordnung am 1. Oktober 1951 in Kraft tritt. Sie tritt damit
gleichzeitig mit dem neuen Zolltarifgesetz und mit den Vertragszollsätzen gemäß den Protokollen von Torquay in Kraft.
Der Ausschuß für Finanz- und Steuerfragen, der mitberatend eingeschaltet war, hat gestern ebenfalls noch die Verordnung über Zolländerungen beraten. Er hat sich mit Mehrheit den Beschlüssen der Unterkommission Zolltarif und des Ausschusses für Außenhandelsfragen angeschlossen.
Es bleibt mir zum Schluß, meine Damen und Herren, nur noch übrig, Ihnen den Antrag des Ausschusses für Außenhandelsfragen — Drucksache Nr. 2592 — vorzutragen. Er lautet:
Der Bundestag wolle beschließen,
1. der Verordnung in der nachstehenden Fassung zuzustimmen;
2. den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Zollbegünstigungen — Nr. 2356 der Drucksachen — durch Beschluß zu Ziffer 1 für erledigt zu erklären;
3. die zu dieser Verordnung vorliegenden Petitionen für erledigt zu erklären.
Ich darf Sie bitten, diesem Antrag des Ausschusses für Außenhandelsfragen zuzustimmen.