Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu der seit Monaten offenen Frage der Bezüge der Beamten, Ruhegehaltsempfänger und Hinterbliebenen habe ich namens der Fraktionen der Regierungskoalition, CDU/CSU, FDP und DP, folgende Erklärung abzugeben:
Die Regierungsparteien sind der Auffassung, daß der Grundsatz des Beamtenrechts und die durch Art. 33 des Grundgesetzes verfassungsmäßig gesicherte Grundlage des Berufsbeamtentums die gleichmäßige Berücksichtigung der Ruhegehälter u n d der Hinterbliebenenbezüge erfordern. Leider ermöglicht die Lage der Finanzen des Bundes und
auch die der meisten Länder und Gemeinden in diesem Rechnungsjahr noch nicht die volle Erfüllung der begründeten und berechtigten Forderungen.
Wenn die Regierungsparteien aber dem soeben hervorgehobenen Grundsatz Rechnung tragen wollen, so besteht zur Zeit nur die Möglichkeit einer gleichmäßigen 15 %igen Zulage zu den genannten Bezügen. Die Regierungsparteien sind übereinstimmend der Auffassung, daß allein diese Regelung den Belangen des Berufsbeamtentums entspricht, während die einseitige Berücksichtigung der aktiven Beamten diese Grundsätze preisgeben würde.
Selbstverständlich erstreben die Regierungsparteien die Durchführung dieses Grundsatzes auch für den Personenkreis des Gesetzes nach Art 131 des Grundgesetzes, sind aber auch hier an die dafür zur Verfügung stehenden Mittel gebunden. Am dringlichsten erscheint uns dabei die Aufbesserung der bekanntlich besonders niedrigen Übergangsgehälter, die zum Teil unter den Beträgen der Überbrückungshilfe, ja sogar der Arbeitslosenfürsorge liegen. Wieweit sich eine solche Zulage allerdings auch für die Pensionäre unter den 131ern verwirklichen lassen wird, kann erst nach Abschluß dieses Haushaltsjahres und bei weiterem Vollzug des Gesetzes nach Art. 131 des Grundgesetzes übersehen werden. Im übrigen werden die Regierungsparteien bei der kommenden Ausschußberatung auch die Frage eines prozentualen Zuschlages zum Kindergeld noch besonders prüfen.
Lassen Sie mich nun, meine Damen und Herren, diese gemeinsame Erklärung namens der Regierungsparteien noch kurz begründen und erläutern. Wenn man heute von der Plattform des Bundeslages endlich einmal auch über eine bescheidene Teuerungszulage zu den Beamtengehältern sprechen kann, so ist das wirklich hohe Zeit. Der treue Staatsdiener, der selber den Streik zur Durchsetzung seiner berechtigten Forderungen ablehnt, muß es nun seit Jahren mit ansehen, daß über seine Gehaltsaufbesserung immer nur geredet wird, während andere Berufsstände schon längst das Doppelte und mehr an Teuerungszulagen von dem erhalten haben, was bei ihm erst diskutiert wird.
Gewiß, die Kassenlage des Staates ist stark angespannt; aber wenn schließlich die deutsche Wirtschaft innerhalb ihres Sektors bestimmte Teuerungszulagen für notwendig und tragbar hält, so kann diese selbe deutsche Wirtschaft ihre Staatsdiener, die mittelbar genau so zum Funktionieren des deutschen Wirtschaftslebens beitragen, hier nicht mit anderen Maßstäben messen.
Eine Besoldungserhöhung im öffentlichen Dienst ist daher bei der eingetretenen Teuerung und der bitteren Not der Beamtenschaft heute in jeder Hinsicht eine zwingende Notwendigkeit, nicht zuletzt auch im Interesse der Allgemeinheit; denn es könnte sehr leicht der Zustand eintreten, daß als Folge einer ständigen Unterbezahlung die besten Kräfte der Beamtenschaft abwandern, wie es verschiedentlich, insbesondere bei der Finanzverwaltung, bereits zu verzeichnen ist.
Es darf auch nicht dahin kommen, daß etwa die Begabten und Tüchtigen unseres Volkes es wegen der bekannt schlechten Besoldung ablehnen, überhaupt noch in den Staatsdienst zu gehen;
denn von einem solchen Qualitätsrückgang der Beamtenschaft würde die Allgemeinheit selbst den größten Schaden haben, und eine qualitativ schlechte Verwaltung würde überdies letzten Endes auch die teuerste sein.
Wir wollen es ruhig einmal aussprechen, daß die Bezüge der aktiven Beamten und Pensionäre und der verdrängten Staatsdiener billigerweise um rund ein Drittel erhöht werden müßten; denn das allein würde der eingetretenen Teuerung entsprechen. Leider können wir jedoch als Regierungsparteien, die in erster Linie die Verantwortung tür den Gesamthaushalt tragen, einen solchen Antrag für das laufende Rechnungsjahr nicht stellen.
Wie die Dinge nun einmal liegen, steht gegenwärtig nur etwa die Hälfte der an sich notwendigen Mittel zur angemessenen Erhöhung der Beamtenbezüge haushaltsmäßig zur Verfügung. Danach blieb uns bei der gegebenen Begrenzung der Mittel in diesem Haushaltsjahr nur noch ihre gerechte Aufteilung unter die verschiedenen Beamtengruppen übrig. Der Weg aber, die gesamten Mittel fast ausschließlich den aktiven Beamten in Form einer 20 %igen Teuerungszulage zukommen zu lassen, erschien den Regierungsparteien nicht als der richtige.
Die Regierungsparteien sind sich nicht nur unter sich, sondern ich glaube — wie die Debatte ergeben hat — auch mit den übrigen Parteien des Hauses darüber einig, daß oberster Grundsatz nur die gleichmäßige Behandlung aller Beamtengruppen sein kann.
Aktive Beamte einerseits und Ruhegehaltsempfänger andererseits können daher hinsichtlich der prozentualen Teuerungszulage nicht unterschiedlich behandelt werden.
Da nun die aktiven Bundesbeamten bereits seit
1. April dieses Jahres vorschußweise eine
Teuerungszulage von 15 % erhalten, so waren nach
Meinung der Regierungsparteien die darüber hinaus noch vorhandenen Mittel zunächst für eine
ebensolche prozentuale Aufbesserung der Ruhegehaltsbezüge zu verwenden; denn wenn sich schon
der Staat gegenüber seinen Beamten wie hier auf
finanziellen Notstand berufen muß, so muß dieser
Notstand dann eben von allen gleichmäßig getragen werden und darf die Last nicht etwa nur
auf die schwächste Gruppe, nämlich die Pensionäre,
die sich nicht wehren können, abgewälzt werden.
15 %, meine Damen und Herren, für alle ist daher besser als 20 % für die einen und für die andern nichts!
Über den Kabinettsbeschluß vom 13. Juni 1951 mit seiner Nivellierungstendenz will ich hier lieber nicht reden. Die Empörung der gesamten Beamtenschaft darüber ist zur Genüge bekannt.
Das Problem der 131er nun ist haushaltsrechtlich besonders schwerwiegend, weil die hierfür benötigte Summe im Bundeshaushalt — wo dieser Betrag ja vorwiegend aufzubringen ist — den Betrag der insgesamt für die Aufbesserung zur Ver-
fügung stehenden Summen um ein Vielfaches übersteigt. Es muß aber möglich sein, wenigstens den Teil der 131er, der nun wirklich zu den Ärmsten gehört — das sind die Empfänger von Übergangsgehältern —, in die prozentuale 15 °/oige Aufbesserung einzubeziehen.
Das ist j a auch in der Erklärung eingangs zum Ausdruck gekommen. Bei den Pensionären muß zunächst abgewartet werden, wie die Anforderungen der Haushaltsmittel aus diesem Titel weiter sein werden. Wir haben die zuversichtliche Hoffnung, daß sich zumindest nach Abschluß des Haushaltsjahres, vielleicht aber auch schon während des Haushaltsjahres übersehen läßt, daß noch genug Mittel zur Verfügung sind, um dann auch den Pensionären unter den 131ern eine entsprechende Aufbesserung zu geben; denn letztlich muß das Ziel immer die unbedingte Gleichstellung aller Beamtengruppen bleiben. Wollte man auf die Dauer anders verfahren, so wäre das nicht nur eine harte Unbilligkeit gegenüber der einen oder andern Gruppe, sondern auch ein Akt ausgesprochen politischer Torheit.
Nun noch eine kurze Betrachtung zu den Bezügen der Angestellten im öffentlichen Dienst, deren Gehälter j a bereits um 20 % erhöht sind. Wenn die Regierungsparteien das den Grundsätzen des Berufsbeamtentums entsprechende Verhältnis zwischen Beamtengehältern und Ruhegehältern gewahrt wissen wollen, so ergibt sich mangels Deckung für einen gleichmäßigen Teuerungszuschlag von 20 % — wie ausgeführt — die eigentlich nicht tragbare Konsequenz, daß den Angestellten im öffentlichen Dienst nun 20 % gezahlt werden, während die Beamten und Ruhegehaltsempfänger bei 15 % nur 3/4 des den Angestellten bezahlten Teuerungszuschlags erhalten würden. Diese Kürzung des Teuerungszuschlags für die Beamten und Ruhegehaltsempfänger wirkt sich naturgemäß besonders hart in den Familien mit Kindern aus, bei denen nun einmal die Erhöhung der Lebenshaltungskosten viel schwerer wiegt als bei den kleinen Haushaltungen. Wir werden deshalb im Ausschuß mit allem Nachdruck bemüht sein, dieser besonderen Lage durch einen Teuerungszuschlag zu den Kinderzulagen wenigstens ab dem zweiten Kind Rechnung zu tragen. Die finanzielle Auswirkung eines solchen Zuschlags von vielleicht 20 % zu den Kinderzulagen ist so gering, daß sie im Rahmen der finanziellen Gegebenheiten, angesichts ihrer praktischen und grundsätzlichen Bedeutung, kaum auf unüberwindliche Schwierigkeiten stoßen dürfte.
Ich möchte zum Schluß noch etwas Formelles erwähnen, nämlich daß dieser Punkt von der Tagesordnung der 162. Sitzung am 13. dieses Monats aus gutem Grunde abgesetzt worden ist. Nachdem nun einmal eine gewisse unterschiedliche Auffassung hinsichtlich der Vorlage zwischen der Regierung und den Koalitionsparteien bestand, hielten es die Regierungsparteien für richtig, nach Prüfung der zahlenmäßigen Unterlagen gleich mit bestimmten Vorschlägen, wie das heute geschehen ist, hervorzutreten.
Dazu bedurfte es aber noch einiger Besprechungen, die inzwischen stattgefunden haben; denn mit haushaltsrechtlich ungedeckten Anträgen ist dem betroffenen Bevölkerungskreis nicht gedient!
Diese Absetzung von der Tagesordnung war daher, ebenso wie der seinerzeitige Beschluß des Haushaltsausschusses auf Zurückstellung der Entscheidung über eine Erhöhung der Zulage von 15 auf 20 %, nur von tiefstem Verantwortungsbewußtsein getragen.
Ich möchte dies der Öffentlichkeit gegenüber, die j a die neuliche Absetzung von der Tagesordnung und auch seinerzeit den Haushaltsausschuß kritisiert hat, noch ausdrücklich betonen.
Ich beantrage nun namens der Fraktionen CDU/ CSU, FDP und DP, die Regierungsvorlage Drucksache Nr. 2504 und alle dazu gestellten Anträge dem Ausschuß für Beamtenrecht zu überweisen; das sind die Anträge der Bayernpartei Drucksache Nr. 2439 und 2445, die Anträge der FDP Drucksache Nr. 2470 und der Deutschen Partei Drucksache Nr. 2511. Unter Bezugnahme auf die soeben gemeinsam abgegebene Erklärung der Regierungsparteien verzichten die Deutsche Partei und die Freie Demokratische Partei auf eine eigene Begründung ihrer Anträge.