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ID0116413300

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    1. tocInhaltsverzeichnis
      Deutscher Bundestag — 164. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. September 1951 6641 164. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 26. September 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6642D, 6643C, 6649B, 6668A, 6694D Niederlegung des Abgeordnetenmandats des Abg. Dr. Seelos 6643A Änderungen der Tagesordnung 6643B Beschlußfassung des Deutschen Bundesrats zum Gesetz über die Anwendung des Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft in Berlin 6643B Dritten Gesetz zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiete des gewerblichen Rechtsschutzes 6643B Gesetz zur Ergänzung und Abänderung des Gesetzes über den Verkehr mit Zucker 6643B Anfrage Nr. 201 der Fraktion der SPD betr Vertriebenen-Bank A.G. (Nrn. 2437 und 2579 der Drucksachen) 6643C Bericht des Bundeskanzlers über die getroffenen Regelungen für einen einheitlichen Beginn des Schuljahres (Nr. 2582 der Drucksachen) 6643C Bericht des Bundeskanzlers über die finanziellen Möglichkeiten der Wiederherstellung des Pleiner Viaduktes (Nr. 2599 der Drucksachen) 6643C Vorlage der Verordnungen zur Sicherung der Durchführung dringender Ausfuhrgeschäfte (VO Ausfuhr I/51) und über Herstellung, Lieferung und Bezug von Eisen- und Stahlerzeugnissen (VO Eisen II/51) 6643C Beratung der Interpellation' der Fraktion der FDP betr. Verbilligung von Dieselkraftstoff (Nr. 2466 der Drucksachen) . 6643D Rademacher (FDP), Interpellant 6643D, 6648D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6644C Sander (SPD) 6646D Lampl (BP) 6647D Dr. Frey (CDU) 6648B Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Geschwindigkeitskontrollen durch amerikanische Militärpolizei (Nr. 2467 der Drucksachen) 6649B Dr. Mende (FDP), Interpellant . . . 6649B Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6649C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesgesundheitsamtes (Nr. 2392 der Drucksachen) in Verbindung mit der Ersten Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Apothekenwesen (Nr. 2428 der Drucksachen) sowie mit der Ersten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Deutsche Arzneibuch (Nr 2529 der Drucksachen) 6649D Ausschußüberweisung 6650A Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Paßwesen (Nr. 2509 der Drucksachen) 6650A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6650A Kohl (Stuttgart) (KPD) 6651A Ausschußüberweisung 6651C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Reichsdienststrafordnung (Nr. 2516 der Drucksachen) . . . . 6651C Dr. Miessner (FDP) 6651C Jacobi (SPD) 6652B Dr. Wuermeling (CDU) 6653D Farke (DP) 6654B Ausschußüberweisung 6654B Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung von Bundesdienststrafgerichten (Nr. 1754 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Rechtswesen und Verfassungsrecht (23. Ausschuß) (Nr. 2430 [neu] der Drucksachen; Umdrucke Nm. 309, 310) 6654B Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 6654C Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 6655C Brookmann (CDU) 6656A Dr. Arndt (SPD) 6656B Dr. Reif (FDP) 6656C Abstimmungen 6655B, 6657A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung des Bergarbeiterwohnungsbaues im Kohlenbergbau (Nr. 2388 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) (Nr. 2590 der Drucksachen; Anträge Umdruck Nr. 312) 6657C Winkelheide (CDU), Berichterstatter 665'7D Dr. Bertram (Z) . . . 6659B, 6660C, 6661D, 6662A, B, 6665B, 6667B Lücke (CDU) 6660A, 6665A Jacobi (SPD) 6660B Harig (KPD) 6660D, 6666A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6661A, 6664D, 6665C, 6666D Dr. Preusker (FDP) 6661C Wirths (FDP) 6663A, 6664C Dr. Reismann (Z) 6663C Albers (CDU) 6664B Abstimmungen 6661D, 6665D, 6666C, D, 6667C, 6668A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betreffend Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten Goetzendorff gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 13. Juli 1951 (Nr. 2564 der Drucksachen) 6668B Ewers (DP), Berichterstatter . . . 6668B Beschlußfassung 6669A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung der Strafverfahren gegen den Abg. Volkholz gemäß Schreiben des Abg. Strauß vom 8. August 1951, der Christlich-Sozialen Union in Bayern vom 8. August 1951 und des Bundesministers der Justiz vom 20. September 1951 (Nr. 2591 der Drucksachen) 6669A Ritzel (SPD), Berichterstatter . . 6669A Beschlußfassung 6670B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) zur Antwort der Regierung in der 123. Sitzung des Deutschen Bundestages auf die Interpellation der Fraktion der FDP betr. Uraltkonten in West-Berlin, deren Berechtigte im Gebiet der Bundesrepublik wohnen (Nrn. 2465, 1786 der Drucksachen) 6670B Seuffert (SPD), Berichterstatter . . 6670C Beschlußfassung 6671B Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Vorlage eines Bundesforstgesetzes (Nr. 2374 der Drucksachen) 6671B Dr. Schmidt (Niedersachsen) (SPD), Antragsteller 6671B, 6674A Schulze-Pellengahr (CDU) . . . . 66'72B Dr. Laforet (CSU) 6673A Fürst zu Oettingen-Wallerstein (BP) 6673B von Thadden (Fraktionslos) 6673D Ausschußüberweisung 6674B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens gegen den Abg. Gundelach und Ermächtigung zur Strafverfolgung gegen den Abg. Gundelach sowie gegen den verantwortlichen Drucker der Firma „Rhein-Main-Druck" in Frankfurt a. M. wegen Beleidigung des Bundestages gemäß Schreiben des hessischen Ministers der Justiz vom 17. April 1951 (Nr. 2565 der Drucksachen) 6674B Ewers (DP), Berichterstatter 6674C, 6677D Renner (KPD) 6676B, 6678D Dr. Mende (FDP) 6679C Beschlußfassung 6679C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung und Änderung über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Heimkehrergesetz) vom 19. Juni 1950 (Nr. 2387 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen (26. Ausschuß) (Nr. 2581 der Drucksachen) 6679D Massoth (CDU), Berichterstatter . 6679D Renner (KPD) 6684A Beschlußfassung 6684C Beratung des Antrags der Fraktion der SPD betr. Post- und Telegraphenverkehr mit dem Saargebiet (Nr. 2440 der Drucksachen) 6684D Dr. Mommer (SPD), Antragsteller 6685A Leonhard (CDU) 6686A Dr. Richter (Niedersachsen) (WAV) 6686C Kohl (Heilbronn) (FDP) 6686D Ausschußüberweisung 6687A Beratung des Antrags der Abg. Dr. von Brentano u. Gen. betr. Bau einer Autobahnauffahrt bei Viernheim (Hessen) (Nr. 2528 der Drucksachen) 668'7A Gengler (CDU), Antragsteller (zur Geschäftsordnung) 668'7A Ausschußüberweisung 6687A Beratung des Antrags der Abg. Goetzendorff u. Gen. betr. Anklage gegen Kroupa (Nr. 2496 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Abg. Dr. Ott, Tichi, Weickert u. Gen. betr. Auslieferung des Franz Kroupa an deutsche Gerichte (Nr. 2580 der Drucksachen) 6687B Goetzendorff (Fraktionslos), Antragsteller 6687B Dr. Ott (BHE-DG) 6688B Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6690A Kuntscher (CDU) 6691A Matzner (SPD) 6692A Dr. Richter (Niedersachsen) (WAV) 6693A von Thadden (Fraktionslos) . . . 6693D Mellies (SPD) 6694B Beschlußfassung 6694D Beratung der Übersicht Nr. 37 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 303) 6694D Beschlußfassung 6694D Nächste Sitzung 6694D Die Sitzung wird um 9 Uhr 2 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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      Rede von Ernst Kuntscher


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

      Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Aus den Mitteilungen des Herrn Justizministers haben wir erfahren, daß doch so manches geschehen ist, um dem Fall Kroupa näherzukommen. Daß diese Angelegenheit bis heute bei deutschen Gerichten noch nicht zur Verhandlung kommen konnte, ist bestimmt nicht Schuld der deutschen Bundesregierung. Herrn Goetzendorff möchte ich sagen, daß er an den Tatsachen vorbeigeht, wenn er vorhin in der Begründung seines Antrages die Dinge so hinstellte, als hätte sich noch niemand mit dem Fall Kroupa befaßt. Herr Goetzendorff, ich kann Ihnen als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen verraten: Seit es einen Fall Kroupa gibt, haben wir nie geruht, um diesen Mann dorthin zu bringen, wohin er gehört, vor ein deutsches Gericht und hinter Schloß und Riegel!

      (Zuruf von der KPD: Da ist er ja!)

      — Eben nicht! — Wir halten aber die immer wiederkehrende Besprechung dieser Angelegenheit im Bundestag — ob mit Lautstärke 8 oder mit Lautstärke 10, ob mit jener oder dieser Absicht vorgetragen — nicht für den geeigneten Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Wir haben uns bemüht und werden uns bemühen, daß dieser Fall so liquidiert wird, wie er als Verbrechen liquidiert werden muß.
      Nicht der Fall Kroupa allein ist es, der die Millionen Sudetendeutscher so bedrückt, sondern es gibt noch viele, viele gleiche und ähnliche Fälle. Vor allem ist es eine Grundsatzfrage, daß diejenigen, die sich als Verbrecher gegen die Menschlichkeit, als Mörder in den turbulenten Jahren der Austreibung 1945/1946 benommen haben, dann auf deutsches Gebiet flüchteten, auch einer deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen werden sollen.
      Nach dem 28. Februar 1948, dem Tag, da in der Tschechoslowakei der rosarote Benesch Kommunismus endgültig beerdigt wurde, als ein Masaryk aus dem Fenster des Czernin-Palais fiel und zerschmettert tot liegen blieb, ist die Flucht von Tschechen in das ansonsten so verhaßte Deutschland nicht zum Stillstand gekommen. Tausende Tschechen haben nach diesem 28. Februar in Deutschland das Asylrecht in Anspruch genommen, und es mußte allen, ohne Prüfung der wahren Ursachen ihrer Flucht, auf Anordnung der amerikanischen Landeskommission gewährt werden. Darüber hinaus hatten alle diese asylsuchenden Tschechen vor allen deutschen Vertriebenen den Vorzug, und das deutsche Volk mußte in der ersten Zeit für jeden dieser Tschechen einen täglichen Unterhaltsbeitrag von, sage und schreibe, 15 DM aus deutschen Steuergeldern aufbringen.
      - Im Frühjahr des vergangenen Jahres erklärte der bayerische Ministerpräsident Ehard, daß monatlich an die 700 Nationaltschechen die bayerische Grenze überschritten, die aufgenommen werden mußten. Ihre Versorgung und Verpflegung mußte nach deutschem Recht durchgeführt werden, aber eine Überprüfung ihrer Vergangenheit oder eine Bestrafung oder gar eine Ausweisung nach deutschem Recht war nicht möglich. Es ist nicht leicht, diese steigende Zahl der asylsuchenden Tschechen nach ihrer wirklichen ideologischen Einstellung zu klassifizieren. Viele, viele hatten sehr große Eile, das deutsche Bundesgebiet wieder so schnell wie möglich zu verlassen; denn ihre Westen waren wahrhaftig sehr beschmiert. Gewiß kamen auch mit diesen asylsuchenden Tschechen viele nach Deutschland, die im Jahre 1945 die bestialische Mißhandlung und Beraubung und den sadistischen Mord an Tausenden von Sudetendeutschen nicht billigten. Aber es ist auch ein großer Teil unter den Asyltschechen, der im Jahre 1945/46 an der Durchführung des Schanddekrets von Kaschau, das die Beraubung und Ausweisung der Deutschen verfügte, mit Begeisterung mitgetan hat, die nach dem Grundsatz des blutbefleckten Anstifters Benesch handelten, der da sagte: „Nehmt den Sudetendeutschen alles; laßt ihnen nur das letzte Taschentuch, damit sie sich in ihrem Leid ihre Tränen trocknen können!"

      (Zuruf von der KPD: Ähnliches hat Churchill auch gesagt!)

      — Erklären Sie sich mit Kroupa und Konsorten identisch? Dann müßte ich Ihnen als Sudetendeutscher wahrhaftig sagen: Es ist eine Schande, daß es derartige deutsche Menschen gibt.

      (Beifall rechts.)

      Einer dieser Sadisten, der sich bei der Austreibung im Jahre 1945 und 1946 ganz besonders brutal benommen hat, ist dieser Frantisek Kroupa, der sich als Kommissar des narodni vybor, d. h. des Tschechischen Nationalkomitees von Joachimsthal eine ungeheure Blutschuld aufgeladen hat, dem die Deutschen Freiwild waren. Es liegen mehr als 20 eidesstattliche Erklärungen von ehemaligen Bürgern der Stadt St. Joachimsthal vor, die diesen Mann des Mordes, des Raubes und des Verbrechens wider die Menschlichkeit belasten. Und Kroupa, wie Sie ja bereits aus den Mitteilungen des Herrn Justizministers gehört haben, genießt leider den Schutz der DP's. Ein vom bayerischen Justizministerium gestelltes Ansuchen um Genehmigung zur Durchführung eines Strafverfahrens harrt noch der Erledigung. Auch der tschechische Nationalausschuß in London, an der Spitze General Prchala, hat ein Ansuchen gestellt, Kroupa einem internationalen Gerichtshof zu überantworten.

      (Bravo! in der Mitte.)

      Der Fall Kroupa ist nicht der einzige; aber er ist einer jener Fälle, die uns besonders auf den Nägeln brennen, einer derjenigen, bei denen feststeht, daß dieser Mann in Deutschland ist und dessen Schuld auch hundertprozentig bewiesen ist. Es geht uns nicht um Rache oder Vergeltung; es geht uns darum, daß Recht eben Recht bleiben muß und daß das Recht als o solches unteilbar ist.

      (Zuruf von der KPD.)

      Aus diesem Grunde bitten wir die Bundesregierung, in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen, daß dieser Rechtsstandpunkt gewahrt bleibt und daß die Alliierten dahin gebracht werden, daß diese Menschen, die sich in dieser Art und Weise vergangen haben, vor deutschen oder internationalen Gerichten abgeurteilt werden, damit sie ihre verbrecherischen Taten sühnen. Wenn dies nicht geschieht, wird das Fundament ausgehöhlt, auf dem wir das Gebäude Europa aufbauen, in dem sich alle freiheitliebenden, die Menschenwürde achtenden Menschen und Völker

      (Zuruf von der KPD: Und die amerikanischen Agenten! treffen. Das Wort hat der Abgeordnete Matzner. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zur Sache selbst spreche, möchte ich einen. kleinen Irrtum des Herrn Goetzendorff richtigstellen, der bei diesem Antrag von einem Antrag des Herrn Dr. Ott sprach. Ich möchte besonders für meine Freunde — und ich glaube, auch im Sinne vieler anderer, die den Antrag unterschrieben haben — sagen, daß es sich nach meinem Wissen nicht um einen Antrag des Herrn Dr. Ott handelt, sondern um einen Antrag der sudetendeutschen Abgeordneten dieses Hauses, ganz gleich, in welcher Partei sie stehen. Daß diese den Antrag neben dem schon vorliegenden Antrag eingebracht haben, ist nicht eine Prestigeangelegenheit, sondern — wenn ich Ihnen das ganz kurz sagen darf — es sollte damit diesem Antrag ein viel besserer Nachdruck gegenüber jenen verliehen werden, die letzten Endes über dieses Anliegen entscheiden werden, nämlich gegenüber den Besatzungsmächten. Um auch zu begründen, worin der größere Nachdruck liegen kann und liegen wird, möchte ich Ihnen sagen, daß es Dinge und Geschehnisse gibt, die nur allzu leicht in die Bezirke von Liebe oder auch Haß und Rache abgleiten können, und daß dadurch diese Dinge in eine Gefahrenzone kommen, wo sie nur der Propaganda dienen, einer Propaganda, die Mißbrauch mit den Gefühlen jener gequälten Menschen treibt, die in diesen schicksalhaften Jahren von ihren Peinigern gequält und auch gemordet wurden, die sie um ihren Besitz gebracht haben — Mißbrauch mit den Gefühlen dieser Menschen, die die Tiefpunkte dieses Blutrausches mitgemacht haben, der sich in zwei Dingen besonders ausdrückt: ich nenne hier das Blutbad von Aussig und den Todesmarsch der Brünner nach Pohrlitz. Wenn ich das bei dieser Propagandamöglichkeit heraushebe, so möchte ich damit gleichzeitig für meine Freunde mit aller Deutlichkeit feststellen, wie wir über gewisse Anträge denken, wenn sie sich auch mit so berechtigten Anliegen wie diesem befassen. Ich kann es wohl nicht besser als damit ausdrücken, was vor zwei Jahren hier an dieser Stelle gesprochen wurde, und zwar von meinem Parteifreund Carlo Schmid, als er zur Regierungserklärung und besonders zu der Seite dort drüben folgendes gesagt hat, als sie sich so bitter über verschiedene Dinge beklagte. Er sagte — ich bitte, mit Erlaubnis des Herrn Präsidenten hier wörtlich zitieren zu dürfen —: Sie haben, Herr Dr. Richter, mit bewegten Worten über das Unrecht geklagt, das nach Abschluß der Kämpfe den Deutschen in Ost und West zugefügt worden ist. Hierzu ist zu sagen, daß wahrscheinlich vieles geschehen ist, was sich neben Tatbestände stellen kann, für die man in Landsberg Leute gehängt hat. Aber das Recht, hier moralisch anzuklagen, haben doch wohl nur diejenigen, die sich seinerzeit über Sauckel, über die Austreibung und Ausrottung der Juden und Polen, über Lidice, über Auschwitz_ und Oradour wenigstens geschämt haben. Das wurde unter dem Beifall fast des gesamten Hauses hier gesprochen, und diese Worte erklären auch unseren selbständigen Antrag. Der Fall Kroupa gehört unstreitig zu diesen Tatbeständen, die damals mein Parteifreund Carlo Schmid gemeint hat. Wir wollen hier rein' sachlich die Dinge ganz klar darstellen, damit sie auch mit dem nötigen Nachdruck nach dem Willen dieses Hauses von der Bundesregierung bei jenen Kräften vertreten werden, die einzig und allein im gegenwärtigen Augenblick imstande sind, hier dem Recht zum Recht zu verhelfen. Der Tatbestand ist der, daß ein Mörder oder zumindest einer, der Morde direkt veranlaßte, auf deutschem Boden ungestraft weilen kann. Die bayerischen Justizbehörden kennen den Mörder und wissen um seine Verbrechen. Es wurde hier schon betont — und ich möchte es -bestätigen —, daß eine Reihe von eidesstattlichen Aussagen vorliegt, von denen ich nur eine erwähnen will, daß Kroupa mit dem Revolver drohend zwei Deutsche gezwungen hat, einen israelitischen Bürger zu erhängen. Im Jahre 1949 traf Kroupa im Lager Murnau ein und wurde durch einen Zufall erkannt. Ich möchte Herrn Goetzendorff auch sagen, daß sich damals sofort die Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen unter der Führung ihrer Vorsitzenden, der Kollegen Reitzner und Schütz, an den bayerischen Landeskommissar Mr. Wagoner gewandt hat, um zu erreichen, daß Kroupa vor ein deutsches oder, wenn das nicht zulässig wäre, vor ein amerikanisches oder internationales Gericht gestellt würde, da es sich hier unstreitig um Verbrechen gegen die Menschlichkeit handelt. Auch das bayerische Justizministerium hat, wie der Herr Justizminister eben erschöpfend ausführte, diese Bemühungen angestrengt, ebenso .auch die Bundesregierung, wie der Minister weiter sagte. Die konfuse Rechtslage, die dadurch entstanden ist, daß die Amerikaner eine solche Auslegung finden, daß nur die Verbrechen hier gesühnt werden können, die auf dem Boden der Bundesrepublik begangen worden sind, kann hier doch niemand wirklich anerkennen. Dann dürfte man kein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ahnden, wenn es in einem fremden Staatsgebiet geschehen ist. Und das haben uns doch die Alliierten hier selbst vorgeführt! Das ist eine groteske Auffassung dieser Rechtsprechung, wenn man sagt, man könne Kroupa im Wege des Auslieferungsantrages nur auf tschechischem Boden aburteilen. Meine Damen und Herren, das ist die sachliche Seite. Wir meinen, daß dieser Antrag, dem meine Fraktion voll zustimmt, nicht nur dazu dienen muß, daß dem Rechte wieder der Platz eingeräumt wird, daß Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesühnt werden müssen, wo immer sie geschehen, sondern daß diese Dinge darüber hinaus auch noch psychologisch unterstützt werden. Man spricht heute soviel vom psychologischen Wirken für die Heimatvertriebenen. Besonders dann spricht man gern davon, wenn man nicht genug für sie tun kann oder auch manchmal nicht tun will. Hier ist der Ort, daß man wirklich von einer psychologischen Unterlage sprechen kann; denn die gequälten Menschen warten darauf. Man muß ihnen dazu verhelfen, daß ihr Rechtsbewußtsein wiederhergestellt wird, das durch die Leidensjahre so schwer erschüttert ist, und daß damit ein echter Beitrag zur Erledigung der so schwierigen deutschen Flüchtlingsfrage geleistet wird. Das muß man auch denen sagen, die letzten Endes darüber zu entscheiden haben. Ich bitte deshalb das Hohe Haus, sich unserem Beispiel anzuschließen und für den Antrag zu stimmen. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Richter. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich auf eins hingewiesen haben, was mir in den durchaus zu unterstreichenden und zu befürwortenden Ausführungen des Herrn Bundesjustizministers aufgefallen ist, nämlich der Ausdruck „Volksdeutsche". Herr. Minister, wir sind nicht Volksdeutsche oder Beutedeutsche, wie man vielleicht sonst noch sagte, sondern wir sind Deutsche wie Sie und alle anderen. Und wenn man den Vertrag von München, der ein regelrechter Vertrag gewesen ist, zugrunde legt, dann sind wir Reichsdeutsche, wie es jeder andere in diesem Staat letzten Endes auch gewesen sein dürfte. Ich bedaure weiterhin, daß man hier so eine Art Wettlauf darum begonnen hat, wer nun der erste gewesen ist, der den Fall Kroupa überhaupt aufgestochen hat. — Ich möchte Ihnen zunächst sagen: Ich war es nicht. Aber im Heimatbrief der St. Joachimsthaler — ich glaube, die dürften wirklich die ersten gewesen sein — fand sich eine Schilderung, die das Wirken dieses Verbrechers Kroupa so entsetzlich wiedergab, daß jeder, der diese Schilderung damals trotz der natürlich mit unserer Umerziehung zusammenhängenden Papierschwierigkeiten und der schlechten Möglichkeit, sich eine Zeitung zu beschaffen, zu Gesicht bekam, sie unbedingt zum Anlaß nehmen mußte, gegen eine derartige Bestie in Menschengestalt vorzugehen. — Sie können diese Bestie ruhig verteidigen, wie Sie wollen. In diesem Heimatbrief fand sich unter anderem, daß dieser Kroupa wahllos Verhaftungen vornehmen ließ, Menschen in Kellerräumen zusammenpferchte — ob Männer oder Frauen, das spielte keine Rolle —, sie erbärmlich schlagen und martern ließ, mit Stahlruten und Gummischläuchen mit Stahleinlage und dergleichen mehr. — Es ist sehr interessant, daß Sie diesen Mann verteidigen, (lebhafte Zurufe von der SPD: Nein! — Unerhört!)


      (Beifall bei der CDU.)


    Rede von Dr. Carlo Schmid
    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
    • insert_commentNächste Rede als Kontext
      Rede von Oskar Matzner


      • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
      • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)


      (Sehr richtig! in der Mitte)


      (nach rechts zeigend)


      (Sehr gut! bei der SPD.)


      (Matzner)


      (Beifall bei der SPD und in der Mitte.)