Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch vor sechs Wochen konnte ein Wanderer, der Lust hatte, die Gestade des Staffelsees in Oberbayern zu besuchen, in den Abendstunden einen Mann beobachten, der den Namen Franz Kroupa trägt. Von einem Berichterstatter gefragt, ob er denn noch politische Ambitionen habe, antwortete er: „Nein, ich widme mich jetzt ganz dem Studium des tschechischen Volksliedes". Dieser Mann ist nicht nur unter dem Namen Frantisek Kroupa bekannt, sondern er heißt in den Reihen vieler Sudetendeutscher „der Henker von Joachimsthal" oder „die Bestie von Schlackenwerth". Dieser Mann war einst Bürgermeister der sudetendeutschen Stadt Joachimsthal. Ihm unterstand das Konzentrationslager Schlackenwerth. Er hat zahllose Greueltaten an Sudetendeutschen begangen, über die ich mich hier nicht näher verbreiten will. Das werden sicherlich Berufenere tun, die mit Zeugnissen dieser Untaten aufwarten können. Ich möchte aber eines sagen: Dieser Mann Frantisek Kroupa ist, nachdem er immer wieder neue Methoden der Folterung Deutscher erfunden hatte, selbst zum Flüchtling, zum Emigranten geworden. Er hat das Paradies der Tschechoslowakei verlassen und lebt seit Jahren in Deutschland, bezahlt von den Steuergroschen jener, deren Familienangehörige seine Opfer wurden. Dieser Frantisek Kroupa wird mit den Geldern der Deutschen ausgehalten. Er ist von Flüchtlingslager zu Flüchtlingslager gezogen, mit einer Fahrkarte erster Klasse ausgestattet. Man hat von bayerischer Seite alles versucht, um ihm das Handwerk zu legen und ihn einer gerechten Sühne entgegenzuführen. So hat u. a. der Verfassungsausschuß des bayerischen Landtages versucht, eine Freistellung Kroupas durch die Arnerikaner zu erreichen. Die tschechische Exilgruppe des Generals Prchala hat versucht, ihn vor ein internationales Gericht zu stellen, und es hat der Staatsanwalt Mackert von der Staatsanwaltschaft II in München versucht, die Genehmigung zur Strafverfolgung zu erhalten. Es war alles vergeblich. Dieser Mann lebt unter uns Deutschen, und kein Mensch findet sich, um ihm den Prozeß zu machen. Er ist von dem Auswandererlager Augsburg in den letzten Tagen nach München überstellt worden und befindet sich jetzt im IRO-Settlement-Centre, um in den nächsten Tagen nach Amerika auszuwandern.
Meine Damen und Herren, wie ich bereits in der voriger Woche sagte, habe ich diesen Antrag gestellt, um die Angelegenheit Kroupa ins Rollen zu bringen, um von diesem Forum aus die Auslief e-rung dieses Mordbanditen zu verlangen und den Amerikanern zu sagen, daß es kein geteiltes Recht gibt, sondern nur ein Recht, das auch für die Ausländer gilt. In der vorigen Woche hat das Hohe Haus diesen meinen Antrag, der schon zwei Monate alt ist, von der Tagesordnung abgesetzt und ihn auf die heutige Tagesordnung gesetzt. Ich habe mich mit vielen anderen sehr darüber gewundert, und zwar aus folgendem Grunde. Ich habe seinerzeit dem Hause erklärt, daß hier höchste Eile geboten ist, da sonst Kroupa flüchten wird, d. h. nicht mehr zu fassen sein wird, getreu dem Sprichwort: Die Nürnberger hängen keinen, sie hätten ihn denn. Über den Parteien, über den Aversionen von Person zu Person muß hier die Sache stehen, muß dieser Mann zur Verantwortung gezogen werden. Der Kollege Tichi hat damals erklärt, seine Fraktion oder seine sudetendeutschen Freunde würde einen gemeinsamen begründeten Antrag einbringen, der der Sache gerecht werde, da mein Antrag der Sache keinesfalls entspreche. Ich habe dem zugestimmt, weil ich mir sagte: Die sudetendeutschen Kollegen haben ein größeres Recht darauf, Sühne zu fordern. Ich beschränkte mich daher auch in meinen Ausführungen. Der jetzige Antrag aber, der von den Kollegen Dr. Ott, Tichi und Genossen vorgelegt worden ist, beinhaltet ja in der Sache gar nichts anderes als mein Antrag.
Meine Damen und Herren, ich habe mich gewundert, daß die Sozialdemokraten durch ihre Zustimmung die Absetzung meines Antrags ermöglicht haben, um Herrn Kollegen Ott — ich weiß nicht aus welchen Gründen — die Möglichkeit zu verschaffen, seinerseits einen Antrag zu stellen, obwohl den Sozialdemokraten bekannt sein müßte, wie Herr Dr. Ott all das, was Sozialdemokratie heißt, einschätzt. Ich möchte mich hier vor diesem Hause dagegen wenden, daß die Dinge um des Prestiges willen verschleppt werden. Ich werde Ihnen einen Brief der Flüchtlingszeitung „Die Stimme" an einen Abgeordneten dieses Hauses verlesen, der zufällig in meine Hände gelangt ist. Hier heißt es wörtlich:
Wie Sie sich erinnern werden, hatten wir seinerzeit im Namen unserer Leser einen „Offenen Brief" an alle Bundestagsabgeordneten zum Fall Kroupa gesandt. Herr Goetzendorff drängt uns nun schon seit Wochen zu einer Veröffentlichung in unserer Zeitung, in der wir berichten sollen, daß er derjenige war, der die Initiative im Fall Kroupa ergriffen hat. Sie werden verstehen, daß wir alles daran gesetzt haben, diese Veröffentlichung so lange zu unterlassen, wie es eben möglich war.
Da der Bundestagsabgeordnete Richter Publikationsmöglichkeiten in anderen Organen hat und wir erfahren haben, daß in der Zeitung der Reichspartei demnächst ein scharfer Angriff gegen uns wegen Verschweigens gestartet werden soll, werden Sie verstehen, daß wir in unserer nächsten Ausgabe unbedingt zum Fall Kroupa und den Vorgängen im Bundestag Stellung nehmen müssen.
Meine Damen und Herren, ich verwahre mich dagegen, daß hier um des Prestiges willen mit dem Geld für die Drucksachenlegung derart verfahren wird, und dagegen, daß die Angelegenheit verschleppt wird, nur weil es im Interesse einer oder einiger Personen liegt.
Und ein letztes Wort. Ich habe die Bemühungen des Herrn Kollegen Ott, die ich sehr gutheiße, in diesem Haus der dünnen Wände gehört. Ich habe gehört, wie er sich in wirklich erfrischender Weise telefonisch bemüht hat, in der Angelegenheit ein wenig Material herbeizubekommen. Meine Damen und Herren, wäre man zu mir gekommen! Ich habe einen ganzen Koffer Material darüber. Ich hätte den Antragstellern, die das offensichtlich noch nicht wissen — obwohl ihr Antrag erst am 21. gedruckt wurde —, sagen können, daß Frantisek Kroupa sich schon seit vier Wochen nicht mehr in Schleiß-heim befindet, sondern in der Funkkaserne in München.
Ich bitte daher, meinen Antrag gemeinsam mit dem Antrag der Kollegen Dr. Ott, Tichi und Genossen zu beraten und entsprechend zu beschließen.