Rede von
Willy
Massoth
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat sich als notwendig erwiesen, die seit der Verabschiedung des Heimkehrergesetzes vom 19. Juni des vergangenen Jahres sichtbar und spürbar gewordenen Lücken in den gesetzlichen Hilfsmaßnahmen für unsere Heimkehrer zu schließen, Härten zu beseitigen, berufliche und wirtschaftliche Möglichkeiten zu schaffen und vor allem ehemalige Kriegsgefangene, die aus der Internierung in der sowjetischen Besatzungszone und von jenseits der Oder-Neiße-Linie kommend im Bundesgebiet oder in Berlin-West Aufnahme fanden, den Heimkehrern im Bundesgebiet gleichzustellen.
Zu letzterem folgendes Grundsätzliche: Seit dem Jahre 1945 wurde in der sowjetischen Besatzungszone und in deutschen Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie eine große Anzahl von Personen aus nichtigen Gründen in Konzentrationslagern festgehalten. Es handelt sich um ehemalige Kriegsgefangene, Personen, von denen ein Widerstand
gegen das kommunistische System erwartet wurde, Angehörige nichtkommunistischer Parteien und selbst Jugendliche. Den Internierten wurde meist Spionage zugunsten der Westmächte, Sabotage und dergleichen vorgeworfen, und die Internierung als solche erfolgte teils ohne, teils nach einem Urteil der NWD. Im Zuge der Anfang des Jahres 1950 durchgeführten Überleitung der Konzentrationslager in deutsche Verwaltung wurden Internierte freigelassen und kehrten entweder als dessen Bewohner ins Bundesgebiet zurück oder fanden als Flüchtlinge Aufnahme im Bundesgebiet oder in West-Berlin. Dieser Personenkreis ist ebenso wie die im Ausland Internierten im Zusammenhang mit den Kriegsereignissen oder den allgemeinen Auflösungserscheinungen der ersten Nachkriegsjahre ungerechtfertigt im ausländischen oder sowjetzonalen Gewahrsam gehalten worden und hat daher wie die in § 1 Abs. 3 des Heimkehrergesetzes erfaßten Auslandsinternierten ein Anrecht darauf, als Heimkehrer behandelt zu werden. Diese Internierten sollen, wenn sie wegen Gefahr für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit im Bundesgebiet Aufnahme fanden und im Osten nicht gegen die Grundsätze der Menschlichkeit und Demokratie verstoßen haben, den Heimkehrern im wesentlichen gleichgestellt werden. Damit soll eine Lücke im Heimkehrergesetz geschlossen werden, das bisher nur die im Ausland, nicht aber die in den sowjetisch besetzten deutschen Gebieten und in den deutschen Gebieten jenseits der Oder-Neiße-Linie Internierten erfaßte.
Härteklauseln einzuführen hat sich als nötig herausgestellt. Bei der Verschiedenartigkeit der Sachverhalte, insbesondere infolge völkerrechtswidriger Behandlung von Kriegsgefangenen und Internierten, treten häufig Grenzfälle auf, in denen die Versagung der Leistungen nach dem Heimkehrergesetz eine Härte bedeuten würde. Die Verpflichtung der öffentlichen Hand zu bevorzugter Wohnraumzuteilung, zur Wiederzulassung der Internierten zu freien Berufen und zu bevorzugter Arbeitsvermittlung, das alles bringt dieses Ergänzungsgesetz als nicht unwesentliche Verbesserungen gegenüber den früheren Regelungen. Unterhaltsbeihilfen — früher nur für Angehörige Kriegsgefangener — werden jetzt auch den Angehörigen Internierter gewährt werden. Weiterhin findet die Frage der Unterhaltsforderungen hier eine tragbare Lösung, und schließlich findet das Gesetz auch Anwedung auf die Heimkehrer im Land Berlin. — Das in großen Zügen zu Sinn und Inhalt des Ergänzungsgesetzes.
Ich komme nun zur Erläuterung der einzelnen Abschnitte. § 1 des Heimkehrergesetzes erfuhr eine Änderung in Abs. , der nun lautet:
Als Heimkehrer im Sinne des Abs. 1 gelten ferner Deutsche, die wegen ihrer Volkszugehörigkeit oder Staatsangehörigkeit oder
= das ist die Einfügung —
in ursächlichem Zusammenhang mit den Kriegsereignissen im Ausland interniert waren und innerhalb zweier Monate nach der Entlassung aus ausländischem Gewahrsam im Bundesgebiet Aufenthalt genommen haben oder nehmen.
Die nähere Begründung habe ich eingangs gegeben.
In § 1 sollte laut Vorlage ein Abs. 4 eingefügt werden; Sie haben die Drucksache Nr. 2581 ja vor sich. Der Ausschuß entschloß sich für die vom
Bundesrat vorgeschlagene Fassung, die auch die Zustimmung der Regierung gefunden hat. Ich verweise hier besonders auf den Schlußabsatz, wonach Heimkehrer ausgeschlossen werden können, wenn sie durch ihr Verhalten oder wenn sie durch ihre Tätigkeit gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder demokratischer Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. In diesem Abs. 4 sind diejenigen Personen den Heimkehrern gleichgestellt, die außerhalb des Bundesgebiets, jedoch innerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs vom 1. Januar 1938 interniert waren. Die Voraussetzung dafür, daß die Vorschriften über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer auch für Internierte gelten, ist dann gegeben, wenn diese Personen nach ihrer Entlassung aus der Internierung im Bundesgebiet oder in Westberlin Aufenthalt nehmen. Hierbei findet auf diesen Personenkreis das Gesetz über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet vom 22. August 1950 Anwendung. Nach § 1 dieses Gesetzes ist die Voraussetzung für die Erlaubnis zur Notaufnahme gegeben, wenn eine drohende Gefahr für Leib und Leben und die persönliche Freiheit bestand. Auch andere zwingende Gründe können für die Erteilung der Erlaubnis sprechen. Die Entscheidung hierüber hat nach § 2 des Gesetzes ein Aufnahmeausschuß. Es kann vorausgesetzt werden, daß dieser Ausschuß eine Erlaubnis nicht erteilt, wenn die im Schlußabsatz dieses Abs. 4 genannten Tatbestände — ich habe sie bereits zitiert: Verstoß gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder demokratischer Rechtsstaatlichkeit — vorliegen.
Der Ausschuß schlägt dem Hause vor, den nach der Regierungsvorlage für § 1 vorgesehenen Abs. zu streichen, und zwar aus folgenden Erwägungen: Die Hereinnahme einer solchen Bestimmung in das Heimkehrergesetz verzögert die in fast allen Fällen notwendigen und dringlichen Hilfsmaßnahmen, weil diese erst anlaufen könnten, wenn das Entnazifizierungsverfahren für die betreffenden Heimkehrer durchgeführt ist. Ferner müßte bei den Heimkehrern, die von ausländischen Gerichten verurteilt worden sind, zunächst der Beweis der Unschuld erbracht werden. Dies würde in/ den meisten Fällen zur Wiederholung eines langwierigen Gerichtsverfahrens führen und solange alle Hilfsmaßnahmen ausschließen. Das mit dem Gesetz verfolgte Ziel, dem Heimkehrer sofortige Hilfe ' zu gewähren, würde in beiden Fällen nicht erreicht. Gegenüber den von Regierungsseite geäußerten Bedenken, daß diese Streichung in der Öffentlichkeit nicht verstanden würde, insbesondere nicht, daß man unter Umständen Verbrechern noch eine staatliche Unterstützung zuteil werden ließe — es wurde hier auf ähnliche Bestrebungen hingewiesen, die im Bundesversorgungsgesetz ihren Niederschlag gefunden hätten — wurde von der Ausschußmehrheit die Auffassung vertreten, daß es sehr schwierig sei, den Beweis darüber zu führen, inwieweit ein im Ausland gefälltes Urteil auf Grund der deutschen Strafgesetze rechtens oder nicht rechtens sei. Außerdem, so wurde betont, müsse in diesem Falle das Verfahren wieder aufgenommen werden, was ja auch erhebliche Kosten verursache. Aber auch aus psychologischen Gründen wird die Streichung dieses Absatzes für richtig gehalten.
Der Abs. 4 der Vorlage betrifft lediglich eine redaktionelle Änderung, bedingt durch die Streichung des Abs. 3.
Abs. 5 muß jetzt lauten:
Der Bundesminister für Arbeit kann im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Ver-
triebene Richtlinien über den Nachweis und die Bescheinigung der Heimkehrereigenschaft erlassen.
Gegenüber der Regierungsvorlage hält der Ausschuß die Einschaltung des Bundesministers der Finanzen nicht für notwendig. Es handelt sich hier um die Ermächtigung, Richtlinien über Nachweis und Bescheinigung der Heimkehrereigenschaft zu erlassen. Die Abfassung dieser Richtlinien erfordert lediglich sachliche und Zweckmäßigkeitserwägungen, während steuerliche, haushaltsrechtliche und finanzpolitische Überlegungen in diesem Falle nicht erforderlich sind. Der Einwand, daß die Einschaltung des Finanzministeriums notwendig sei, da es sich um die Abgrenzung des Personenkreises handele, wurde unter Hinweis auf den späteren § 28 a ausdrücklich zurückgewiesen. Auch der Abänderungsvorschlag des Bundesrats fand keine Zustimmung, da nach Art. 84 Abs. 2 des Grundgesetzes in diesem Falle die Notwendigkeit der Zustimmung nicht anzuerkennen ist.
Es wird nun dem § 1 des Heimkehrergesetzes ein neuer § 1 a angefügt. Sie haben den Text in der Drucksache Nr. 2581 vorliegen. In diesem Falle wird dem Ersuchen, in Zeile 4 die Worte „des Bundesministers der Finanzen" zu streichen, um der Exekutive nicht die Möglichkeit zu geben, in Beschlüsse der Legislative einzugreifen und vom Gesetzgeber Gewolltes nach eigenem Gutdünken zu ändern, nicht stattgegeben. Der Ausschuß kann die vorgebrachte Befürchtung nicht teilen; er ist dafür, den Text der Regierungsvorlage beizubehalten, damit die Gewähr für schnelle Hilfeleistung gegeben ist. Wenn durch die in Frage kommenden Ressorts Personengruppen in den Wirkungsbereich des Gesetzes hereingenommen werden sollten, deren Einbeziehung dem Gesetzgeber nicht genehm ist, hat das Parlament jederzeit die Möglichkeit, eine solche Einbeziehung durch ein weiteres Gesetz rückgängig zu machen.
Ein weiterer Vorschlag, die deutschen Fremdenlegionäre, die sich in den Jahren 1945/46 aus französischer Kriegsgefangenschaft — zugegebenermaßen aus einer gewissen Notlage — anwerben ließen, in dieses Gesetz einzubeziehen oder eine entsprechende Empfehlung besonders hinsichtlich der wohnungsmäßigen Betreuung dieser Rückkehrer an die Länder zu geben, wurde abgelehnt. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß es sich bei diesen ehemaligen Fremdenlegionären nicht um einen hilfsbedürftigen Personenkreis handele und daß vor allem wohl auch kaum nachgeprüft werden könne, inwieweit die Betreffenden unter Druck in die Fremdenlegion eingetreten sind. Der Ausschuß empfiehlt daher die Annahme der Regierungsvorlage.
Zu § 2 — das ist Ziffer 3 — wird der Antrag gestellt, das für Heimkehrer im Sinne des § 1 vorgesehene Entlassungsgeld um 50 DM, also von 150 auf 200 DM zu erhöhen, und zwar im Hinblick auf die erhöhten Lebenshaltungskosten. Die finanziellen Auswirkungen können, das ergibt sich, wenn man die statistischen Feststellungen über die Zahl der in den letzten Monaten zurückgekehrten Kriegsgefangenen zugrunde legt — nicht allzu hoch sein. Außerdem sind gemäß den Bestimmungen des § 10 — das ist Ziffer 8 der Novelle — wesentliche Einsparungen zu erwarten.
Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine straffere und planvollere Berufsfürsorge. Die im Ausschuß geäußerten Bedenken des Finanzministeriums waren Gegenstand eingehender Beratungen. Der Vertreter des Ministers erklärte, er sei ausdrücklich beauftragt worden, darauf hinzuweisen, daß der Herr Finanzminister infolge des Einspruchs des Bundesrates und damit des Nichtzustandekommens des Gesetzes nach Art. 106 Abs. 3 des Grundgesetzes gezwungen sei, gewisse Sperrungen im Ausgabenhaushalt vorzunehmen. So sei z. B. die Finanzierung des Flüchtlingsrenten-gesetzes, des Fremdrentengesetzes, der Tuberkulosehilfe usw. in Frage gestellt. Es könne daher keinen Anträgen zugestimmt werden, die auch nur die geringsten finanziellen Ausweitungen zur Folge hätten, da die Erhaltung des Gleichgewichts im Haushalt des Bundes sehr in Frage gestellt sei. Man sehe — gegenüber anderen sozialen Leistungen — die Heimkehrerhilfe als verhältnismäßig gut an und befürchte, daß eine Erhöhung der finanziellen Leistungen auf diesem Sektor auch Auswirkungen auf andere unterstützungsbedürftige Gruppen haben würden. Ein Erhöhung der Leistungen um 25 % werde nicht für notwendig gehalten, da die Lebenshaltungskosten nach den statistischen Erhebungen nur um 10 bis 15 % gestigen seien. Diese Steigerung werde vollkommen durch die Erhöhung der Arbeitslosenunterstützung, die ja bekanntlich auch dem Heimkehrer zugute kommt, aufgefangen. Außerdem könne nach § 6 der Reichsgrundsätze die allgemeine Fürsorge in Anspruch genommen werden, falls die nach dem Heimkehrergesetz zustehenden Leistungen nicht ausreichen sollten.
Demgegenüber wurde auf die infolge der bereits angeführten Änderungen im § 10 zu erzielenden Einsparungen hingewiesen, die die beantragten Erhöhungen mit einem Mehraufwand von höchstens einer Viertelmillion D-Mark nicht unwesentlich übersteigen. Die mit der Ausführung dieses Gesetzes anfallenden Gesamtausgaben werden demzufolge eher niedriger denn höher als seither sein.
Es wird außerdem im § 2 ein neuer Abs. 2 mit folgendem Wortlaut angefügt:
Heimkehrer im Sinne des § 1 Abs. 4, die nach dem 30. November 1949 im Bundesgebiet oder im Lande Berlin aufgenommen worden sind, erhalten ein Entlassungsgeld von 200 Deutschen Mark.
Während das Entlassungsgeld sonst erst ab 1. April 1950, also dem Tage des Inkrafttretens des Heimkehrergesetzes, gezahlt wird, bedarf es für die Heimkehrer im Sinne des Abs. 4 einer besonderen Regelung. Diese Heimkehrer wurden zum allergrößten Teil in der Zeit vom Dezember 1949 bis zum Februar 1950 entlassen. In dieser Zeit konnte mangels einer gesetzlichen Regelung weder von den Ländern noch vom Bunde Entlassungsgeld gezahlt werden. Nach dem vorliegenden Entwurf wäre dies auch jetzt nicht möglich, wenn nicht eine Sonderregelung vorgesehen würde, die die Zahlung auch dann ermöglicht, wenn der Heimkehrer vor dem 1. April 1950 im Bundesgebiet Aufnahme gefunden hat. Es erschien unbedenklich, diesen verhältnismäßig kleinen Personenkreis einzubeziehen.
Bezüglich der Übergangsbeihilfe hat sich der Ausschuß entschlossen, eine Erhöhung um ebenfalls 50 DM, also die Ersetzung der Zahl 250 durch die Zahl 300 vorzuschlagen. Das heißt, daß Heimkehrer im Sinne des § 1, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes im Bundesgebiet Aufenthalt nehmen, eine Übergangsbeihilfe für Bekleidung oder Gebrauchsgegenstände im Werte von 300 DM erhalten, soweit sie eben zur Beschaffung aus eigenen Kräften und Mitteln nicht in der Lage
sind. Für den Ausschuß waren die gleichen Gründe wie bei der Erhöhung des Entlassungsgeldes maßgebend.
Zur Ziffer 5 ist zu sagen: Die Aufnahme von Arbeit, insbesondere außerhalb des jeweiligen Wohnortes oder -landes, scheitert bei Heimkehrern häufig an dem Fehlen einer Wohnung. Nach § 5 des Heimkehrergesetzes haben die Wohnungsbehörden den Heimkehrern und ihren Familien Wohnraum bevorzugt .zuzuteilen. Mit dem neu eingefügten Absatz will man die Zuteilung von Wohnraum dadurch beschleunigen, daß die obersten Landesbehörden verpflichtet werden, einen Teil des mit öffentlichen Mitteln erstellten Wohnraums durch entsprechende Auflagen an die Empfänger von Wohnbaukrediten und durch Anweisung an die Wohnungsbehörden für Spätheimkehrer vorzubehalten, die den Nachweis erbringen, daß ihnen ein Arbeitsplatz zugesichert ist. Man war sich im Ausschuß über die Schwierigkeiten klar, die entstehen können, wenn den Ländern die Festsetzung des Vomhundertsatzes überlassen bleibt, weil dann mit unterschiedlichen Regelungen zu rechnen sein wird. Der Ausschuß konnte aber dem Vorschlage des Bundesrats, der die Festsetzung eines ausreichenden Vomhundertsatzes nicht wünschte, nicht folgen. Er gab dem Regierungsvorschlag den Vorzug. Es läßt sich aber im Hinblick auf die derzeit auf diesem Gebiet geltenden Gesetze keine günstigere Lösung finden. In Abweichung vom Regierungsvorschlag wird die generelle Bevorzugung des Heimkehrers bei der Zuteilung von Wohnraum, also nicht nur des mit öffentlichen Mitteln gemäß erstem Wohnungsbaugesetz erstellten, festgelegt, wenn dadurch erstmals die Aufnahme einer ständigen beruflichen 'Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit
Änderung von „dieses Wohnraums" von Deshalb Wohn-
raum". In diesem Zusammenhang wird die Anregung gegeben, eventuell außerhalb des zur Debatte stehenden Gesetzentwurfs eine Änderung des Soforthilfegesetzes dahingehend zu beantragen, daß auch Heimkehrer in den Genuß der Aufbauhilfe nach dem Soforthilfegesetz kommen. Hierzu ist zu sagen, daß gemäß den Erläuterungen zu § 73 Soforthilfegesetz Spätheimkehrern neben den Ausbildungsbeihilfen zur eigenen Berufsausbildung Aufbauhilfe zur Existenzgründung gewährt wird.
Bei Ziffer 6 handelt es sich neben der Sicherung des früheren Arbeitsverhältnisses und dem Kündigungsschutz um die Zulassung zu freien Berufen. Die Wiederzulassung darf künftig nicht mehr wegen Fehlen des Bedürfnisses versagt werden, und Gebühren dürfen nicht erhoben werden. Es hat sich gezeigt, daß den Heimkehrern, die vor der Kriegsgefangenschaft oder Internierung einen freien Beruf außerhalb des Bundesgebietes, aber im Gebiet des Deutschen Reiches ausgeübt haben, die Ausübung ihres Berufes dadurch erschwert oder gar unmöglich gemacht wurde, daß bei einer erneuten Zulassung die Bedürfnisfrage gestellt und die nochmalige Entrichtung von Gebühren gefordert wurde. Diese unberechtigte Erschwerung soll, zumal es sich dabei um Vertriebene handelt, deren wirtschaftliche Lage in der Regel ungünstig ist, beseitigt werden. Dem soll der neue § 7 a dienen.
Es wird weiterhin für notwendig erachtet, einen Paragraphen einzufügen, der die bereits vor der Kriegsgefangenschaft zur Kassenpraxis zugelassenen Ärzte, Zahnärzte und Dentisten hinsichtlich ihrer Wiederzulassung berücksichtigt. Dieser Personenkreis wird in § 7 a nicht erfaßt. Der neue § 7 b trägt dem Rechnung. Die Wiederzulassung muß also ohne Rücksicht auf die Zahl der bereits Zugelassenen und ohne Anrechnung auf die Verhältniszahlen durch die Zulassungsausschüsse erfolgen.
Mit diesem dem Heimkehrer gewährten Recht auf Wiederzulassung soll selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden, daß eine Nachprüfung insoweit erfolgt, als etwa in der Zwischenzeit in seiner Person Umstände eingetreten sind, die im Falle einer Neuzulassung die Versagung rechtfertigen würden, z. B., wenn er sich inzwischen krimineller Verfehlungen schuldig gemacht hat, die wegen -ihrer Schwere im Falle einer Neuzulassung die Versagung oder bei bestehender Zulassung die Rücknahme oder Ausschließung rechtfertigten.
Ziffer 7. Abschnitt IV des Heimkehrergesetzes trägt die Überschrift „Arbeitsvermittlung und Berufsfürsorge" und wird nun durch eine Bestimmung über die Einstellung in den öffentlichen Dienst ergänzt. Diese beinhaltet die Verpflichtung der öffentlichen Hand zur bevorzugten Einstellung von Spätheimkehrern. Die im neuen § 9 a für den öffentlichen Dienst vorgeschlagene Fassung „bei gleicher Eignung" wird nicht für glücklich gehalten. Die Beurteilung der Eignung von Bewerbern um eine Stelle im öffentlichen Dienst bedingt bei der Bewerbung von Heimkehrern, daß die lange Abwesenheit, die jahrelange berufsfremde Zwangsarbeit, die körperliche Schädigung und der Mangel an Fachwissen gegenüber anderen Bewerbern berücksichtigt werden, die nicht in Kriegsgefangenschaft waren und schon aus diesem Grunde den Heimkehrern in allen Punkten überlegen sind. Bei dem Verlangen nach gleicher Eignung dürfte der Heimkehrer wohl immer im Nachteil sein. Aus diesem Grunde wurde eine andere Formulierung gewählt, nämlich: „bei Vorliegen entsprechender fachlicher Voraussetzung".
Ziffer 8. Hier handelt es sich um § 10 des Heimkehrergesetzes, der zum Zwecke der Eingliederung der Heimkehrer in das Berufsleben Berufsfürsorge vorsieht. Das Heimkehrergesetz will weder allen Kriegsteilnehmern noch allen Kriegsgefangenen schlechthin Ausbildungsbeihilfen gewähren. Andererseits würde auch eine Begünstigung der Kriegsgefangenen, die sich, wie das nach dem Zusammenbruch bei der überwiegenden Zahl der Fall war, nur verhältnismäßig kurzfristig in Gefangenschaft befanden, nicht gerechtfertigt sein gegenüber Kriegsteilnehmern mit langer Dienstzeit, die z. B. infolge Verwundung nicht in Gefangenschaft gerieten. Daher wird eine Mindestdauer von zwei Jahren Kriegsgefangenschaft als zusätzliche Voraussetzung eingefügt. Außerdem soll sich die Berufsausbildung nur auf Heimkehrer erstrecken, die seit dem 8. Mai 1946 zurückgekehrt sind. Der Ausschuß war sich darüber im klaren, daß durch die jetzt notwendige Entziehung der . Ausbildungsbeihilfen zum Teil unvermeidliche Härten auftreten werden. Daher empfiehlt er die auf der Titelseite der Ihnen vorliegenden Drucksache aufgeführte Entschließung.
Auf Ersuchen des Ausschusses machte der Vertreter des Bundesarbeitsministers einige Zahlenangaben über die Gewährung von Ausbildungsbeihilfe gemäß § 10 des Heimkehrergesetzes, die für das Hohe Haus von Interesse sein dürften. Demnach wurden bis zum 30. Juni 1951 18 576 Anträge bewilligt, davon für die praktische Berufsausbildung 2599, für die Ausbildung an staatlichen Fachschulen 5113, für die Ausbildung an Hochschulen 10 764.
Deutscher Bundestag — 164, Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 26. September 1951 6683
Diese bewilligten Anträge verteilen sich auf die Entlassungsjahre der betreffenden Heimkehrer wie folgt: Entlassungsjahr 1945 3306, Entlassungsjahr 1946/47 6254 und Entlassung nach dem 1. Januar 1948 8916. Durch die vom Ausschuß empfohlenen Ergänzungen — Dauer der Gefangenschaft zwei Jahre und Stichtag 8. Mai 1946 — ist mit einer Reduzierung der Mittel um etwa 30 % zu rechnen.
Die Neufassung des § 19 — Ziffer 9 der Vorlage — bezweckt eine Klarstellung, daß bei der Gewährung von Sonderbeihilfen zwar von der Anrechnung von Einnahmen des Heimkehrers und seiner Familie abgesehen werden kann, daß aber im übrigen das Vorliegen eines Bedarfs als Voraussetzung für die Gewährung der Sonderbeihilfe zu prüfen ist. Die Regierungsvorlage sah die Festsetzung eines außer Ansatz bzw. außer Betracht bleibenden Betrages, bestehend aus den Einnahmen des Heimkehrers und seiner Angehörigen sowie einem kleinen Vermögen, durch Rechtsverordnung vor. Der Ausschuß hält die Festsetzung der Beträge im Gesetz für erforderlich. Er schlägt deshalb vor, die Einnahmen außer Betracht zu lassen, soweit die gesamten Bezüge des Heimkehrers und seiner Angehörigen das Zweifache des örtlich maßgebenden Richtsatzes der öffentlichen Fürsorge einschließlich etwaiger Teuerungszulagen zusätzlich des einfachen Betrages der Mietbeihilfe nicht übersteigen. Für die Anrechnung eines kleineren Vermögens soll der § 3 der Verordnung über den Ersatz von Fürsorgekosten vom 30. Januar 1951 Anwendung finden. Dabei soll ein Vermögen von 1 000 DM für den Heimkehrer und je 200 DM für die Angehörigen außer Betracht bleiben.
Ziffer 9 Abs. 2 betrifft die Schonfrist. Die alte Fassung war zu eng, da sie nur das Arbeitseinkommen des Heimkehrers und 'die Arbeitslosenunterstützung, nicht aber z. B. Leistungen der Sozialversicherung und andere Beihilfen aus öffentlichen, Mitteln von der Anrechnung auf Unterstützungsbeihilfen der Angehörigen ausschlossen. Der Begriff „Bezüge der Angehörigen", auf die nicht angerechnet werden darf, ist nunmehr auf die Unterstützung der Arbeitslosenfürsorge beschränkt, und zwar im Hinblick auf die in § 26 a vorgesehene Weitergewährung der Unterhaltsbeihilfen bis zur Dauer von 6 Monaten. Auch wird ein Eingreifen der öffentlichen Fürsorge hierdurch in der Regel überflüssig. Gegenüber der Fassung der Regierungsvorlage empfiehlt der Ausschuß die Worte „auch wenn sie mit ihm im gemeinsamen Haushalt wohnen" anstatt „die mit ihm". Dies aber lediglich zur Klarstellung für die Praxis.
Die nächsten Paragraphen regeln die Krankenhilfe für die Heimkehrer. Es braucht hier nicht besonders darauf eingegangen zu werden.
Ziffer 10 a. Der § 24 erhält einen zusätzlichen Abs. 4. Damit soll im Falle des Todes eines Internierten vor Ablauf der in § 1 Abs. 3 bezeichneten Frist die Versorgung der Hinterbliebenen gesichert werden, sofern sie zur Zeit des Todes des Internierten im Bundesgebiet wohnen oder dort innerhalb von zwei Monaten nach dem Tode Aufenthalt nehmen.
Ziffer 12 behandelt die Unterhaltsforderungen. Für Heimkehrer ergeben sich vielfach daraus Unzuträglichkeiten, daß sie auf Zahlung wiederkehrender Leistungen — insbesondere von Unterhaltsbeiträgen — in Anspruch genommen werden, die während ihrer Kriegsgefangenschaft oder Internierung fällig geworden sind, zu deren Leistung sie aber ohne Gefährdung des eigenen
Unterhalts oder desjenigen der Familie nicht imstande sind. Es war daher geboten, den Heimkehrern einen über den zeitlich begrenzten Vollstreckungsschutz des § 26 des Heimkehrergesetzes hinausgehenden Schutz zu gewähren. Im Wege richterlicher Vertragshilfe können nach dem Ihnen vorliegenden § 26 a diese Forderungen gegen den Heimkehrer auf Antrag gestundet, herabgesetzt oder erlassen werden, soweit die Leistung nicht zumutbar ist. Dies gilt auch für die auf Dritte, insbesondere für die auf die Mutter oder mütterliche Verwandte durch Leistung des Unterhalts übergegangenen Forderungen. Auf das Verfahren sollen die Vorschriften der 28. Durchführungsverordnung zum Umstellungsgesetz Anwendung finden.
Hierzu wurde während der Beratungen im Ausschuß der Antrag gestellt, in diesen neuen § 26 a eine Bestimmung aufzunehmen, daß die Stundung fällig gewordener Leistungen im Wege der richterlichen Vertragshilfe analog auf Leistungen gegenüber der öffentlichen Hand ausgedehnt wird, und zwar für Leistungen nach dem Soforthilfegesetz und insbesondere auch für Alimente, soweit sie von den Jugendämtern eingezogen werden. Demgegenüber wurde von Regierungsseite erklärt, daß das Vertragshilfeverfahren eine Angelegenheit des Zivilrechts sei und daher in ihm nicht über öffentlich-rechtliche Ansprüche entschieden werden könne.
Bei § 27 wurde beantragt, daß Leistungen der Wochenhilfe und der Familienwochenhilfe auch dann erstattungsfähig sein sollen, wenn sie lediglich auf Grund der Anrechnung von Vorversicherungszeiten nach § 21 des Heimkehrergesetzes oder einer auf § 22 des Heimkehrergesetzes gestützten Mitgliedschaft gewährt werden. Der Ausschuß überzeugte sich an Hand von Beispielen, daß diese Leistungen erstattungsfähig sein müssen, wenn sie lediglich auf Grund der Anrechnung von Vorversicherungszeiten nach § 21 gewährt werden.
Ziffer 13. Der neueingeführte § 27 b soll in diesem Zusammenhang sicherstellen, daß Doppelleistungen aus dem gleichen Anlaß oder zu dem gleichen Zweck in Berlin und dem Bundesgebiet vermieden werden.
Zu Ziffer 14. Die Gewährung von Leistungen im Wege des Härteausgleichs, also ohne Rechtsanspruch, ist im Versorgungsrecht seit jeher üblich. Die Aufnahme einer entsprechenden Vorschrift in das Heimkehrergesetz hat sich als notwendig erwiesen. Bei der Verschiedenheit der Sachverhalte, insbesondere verursacht durch völkerrechtswidrige Behandlung von Kriegsgefangenen und Internierten, treten häufig 'Grenzfälle auf, in denen die Versagung der Leistungen nach dem Heimkehrergesetz eine Härte bedeuten würde.
Artikel II. Die Bestimmungen über die Erhöhung des Entlassungsgeldes und der Übergangsbeihilfe treten für Heimkehrer im Sinne von Abs. 4 des § 1, d. h. für die aus den KZ's der sowjetischen Besatzungszone und aus den Gebieten östlich der Oder-Neiße Heimgekehrten bereits am 1. April 1950 in Kraft; im übrigen tritt das Gesetz am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Der Antrag des Ausschusses lautet: Der Bundestag wolle beschließen,
dem Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung
und Änderung des Gesetzes über Hilfsmalßnahmen für Heimkehrer
vom 19. Juni 1950 in der aus der anliegenden Zusammenstellung ersichtlichen Fassung zuzustimmen.
Die Entschließung habe ich Ihnen bereits vorhin bekanntgegeben.
Der Ausschuß bittet also um Annahme des Gesetzentwurfs in dieser Fassung.