Rede von
Hans
Ewers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(DP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (DP)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Anwalt aus Eggenfelden hat namens unseres Kollegen Fröhlich gegen unseren Kollegen Goetzendorff Strafantrag wegen Beleidigung gestellt. Die Beleidigung hat sich in einem Strafprozeß — Privatklageverfahren — ergeben, das Kollege Fröhlich gegen einen gewissen Dr. Josef Hrudnik, praktischer Tierarzt in Tann, Niederbayern, geführt hat. Dieser Hrudnik hatte anscheinend öffentlich vom Kollegen Fröhlich erklärt, er sei aus der WAV-Fraktion ausgeschlossen worden, weil er in der Frage Bonn—Frankfurt durch die Korruptionsfälle, die im Spiegel-Ausschuß erörtert worden seien, belastet sei und deshalb nicht mehr Mitglied seiner Fraktion bleiben könne. Herr Hrudnik hat in dem Verfahren angegeben, er habe seine Kenntnis von dem Vorsitzenden des KDH — das heißt, glaube ich, Kartell der Heimatvertriebenen —, Günter Goetzendorff empfangen und nur das wiedergegeben, was er von Herrn Goetzendorff wisse. In dem Strafantrag wird darauf hingewiesen, daß in einer Rundschrift, die Herr Goetzendorff in Bayern an die Vorstandsmitglieder des KDH gerichtet habe, schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen worden sei, der Ausschluß des Abgeordneten Fröhlich aus der WAV-Fraktion wegen seiner Belastung durch die Ermittlungen des Spiegel-Ausschusses stehe unmittelbar bevor. Nunmehr möchte Herr Abgeordneter Fröhlich gegen Herrn Goetzendorff ein Offizialverfahren einleiten, weil dieser behauptet hat, er — Fröhlich — sei durch die Ermittlungen des sogenannten Spiegel-Ausschusses überführt, daß er seinerzeit an Bestechungsaktionen passiv teilgenommen habe.
Uns sind die weiträumigen und schwierigen Dinge, die mit den aus Kreisen der Bayernpartei stammenden Vorwürfen zusammenhängen, aus dem sehr eingehenden Bericht des entsprechenden Ausschusses und unseren Erörterungen im Bundestag bekannt. Der Immunitätsausschuß stellt dazu fest: Im Bericht des Untersuchungsausschusses des Bundestags ist die Persönlichkeit des Abgeordneten Hans-Gerd Fröhlich nicht erwähnt, und nach dem Ermittlungsergebnis des Ausschusses kann von einer Beteiligung seiner Person an all den Dingen, die dort peinlicherweise erörtert werden mußten, nicht die Rede sein.
Bei dieser Sachlage ist der Immunitätsausschuß der Meinung, daß selbstverständlich jedem Kollegen des Bundestags, der im politischen Kampf mit angeblichen Korruptionsverbrechen auf Grund der Untersuchungen des Spiegel-Ausschusses in Zusammenhang gebracht wird, Gelegenheit gegeben werden muß, sich von solchen, die Ehre des Abgeordneten und damit indirekt die des Parlamentes berührenden Vorwürfen in einem Strafverfahren zu reinigen. Es handelt sich in diesem Sinne nicht um eine eigentlich politische Angelegenheit, sondern eben um in die persönliche Sphäre des angegriffenen Abgeordneten weit hineinreichende Vorwürfe, nämlich Vorwürfe allgemeiner Unwürdigkeit, Abgeordneter zu sein. Die Ehre des Parlaments erfordert in einem solchen Falle eine gerichtliche Klarstellung, und wir glauben, unserem Kollegen Fröhlich die Möglichkeit eines Strafverfahrens gegen den Abgeordneten, der ihm und seiner Ehre zu nahe getreten ist, nicht versagen zu dürfen.
Der Ausschuß beantragt hiernach einstimmig die Aufhebung der Immunität des Abgeordneten Goetzendorff in diesem Verfahren. Wir nennen das nicht mehr „Aufhebung der Immunität", sondern: die Genehmigung zur Durchführung des Strafverfahrens erteilen.