Rede von
Johannes
Degener
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In § 2 des Tarifvertragsgesetzes wird der Begriff Spitzenorganisation gebraucht und bestimmt, unter welchen Voraussetzungen eine Spitzenorganisation als Tarifvertragspartner auftreten kann. Nun gibt es in Deutschland bei den Arbeitnehmern gegenwärtig im Grunde genommen nur eine einzige Spitzenorganisation. Unter Spitzenorganisation versteht man die Dachorganisation einzelner in sich selbständiger Berufs- oder Fachverbände. In der deutschen Angestelltenbewegung aber kennt man seit vielen Jahrzehnten einen anderen Begriff, den der sogenannten Einheitsorganisation. Nehmen wir als Beispiel einmal die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft. Sie vereinigt in sich auf der Basis einer anderen Organisationsform kaufmännische Angestellte, technische Angestellte und Werkmeister. Die beruflichen und fachlichen Interessen dieser einzelnen Angestelltengruppen werden im Rahmen der Organisation durch Berufsgruppen- und Fachgruppenzusammenkünfte wahrgenommen; aber die Organisation ist nur eine einzige, die Verbandsmitgliedschaft ist die gleiche, und der Verbandsbeitrag ist der gleiche. Die Deutsche Angestellten-Gewerkschaft im Rah-1 men der Einheitsorganisation könnte den Anforderungen des § 2 des Tarifvertragsgesetzes nur dadurch gerecht werden, daß sie plötzlich sagt: Ich mache je einen selbständigen Verband für die kaufmännischen Angestellten, für die technischen Angestellten, für die Werkmeister, und dann schließe ich mit diesen einen Vertrag und bilde die Dachorganisation; dann werde auch ich im Sinne des § 2 des Tarifvertragsgesetzes Spitzenorganisation und habe keine Schwierigkeiten, wenn es sich bei Gesetzentwürfen arbeitsrechtlicher oder sozialversicherungsmäßiger Art um diesen Begriff handelt.
Nun bin ich der Meinung, daß es niemals Aufgabe des Gesetzgebers sein kann, den Arbeitnehmern oder auch den Arbeitgebern vorschreiben zu wollen, in welcher Organisationsform und -art sie sich zusammenfinden wollen. Um diesen Mangel im Tarifvertragsgesetz auszugleichen, haben meine Freunde und ich den Antrag eingebracht, der Ihnen auf Umdruck Nr. 300 vorliegt. Es handelt sich also nur darum, zum Ausdruck zu bringen, daß als Spitzenorganisation zukünftig auch Gewerkschaften gelten, die nach ihrer Satzung — in Klammern: als Einheitsorganisation, wie ich sie schilderte — Angehörige verschiedener Berufsgruppen umfassen. Damit sind solche Einheitsorganisationen, die keine selbständigen Unterverbände haben, den Spitzenorganisationen gleichgestellt. Ich hoffe, daß es in diesem Hohen Hause nur eine Meinung dahin gibt, daß es nach dem Grundsatz der Gerechtigkeit notwendig ist, die von uns beantragte Änderung des Tarifvertragsgesetzes vorzunehmen, und bitte um Ihre Zustimmung.