Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat im wesentlichen die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses richtig herausgestellt. Er hat aber, wie ich sage, aus einer Absicht, die ich wohl verstehen kann, keinen Wert darauf gelegt, dem Hohen Hause auch einige, in dem Protokoll festgehaltene, besonders interessante Tatsachen mitzuteilen. Er hat von den Kosten gesprochen, die dem Lande
1 Nordrhein-Westfalen bis zum 1. Dezember 1949 entstanden sind, von den 25,7 Millionen DM. Er hat aber unterlassen, darauf hinzuweisen, welche Differenz zu den Zahlen klafft, die seinerzeit dem Bundessitzausschuß bekanntgegeben worden sind und die ihren Gipfel in einem Schreiben des Bundesfinanzministers vom 17. November 1949 finden, in dem es heißt: „Die Errichtung neuer Dienstgebäude in Bonn erscheint nicht erforderlich."
In der Zwischenzeit hat sich etwas ganz anderes herausgestellt. Während uns damals im Bundessitzausschuß gesagt worden ist, daß die Unterbringung der Bundesorgane in Bonn eine Summe von 9;5 Millionen DM erfordert, hat sich jetzt herausgestellt, daß dieser Betrag um mehr als das Dreifache erhöht werden muß, wenn für die inzwischen nach Bonn verlegten Beamten und für die in Bonn eingerichteten Verwaltungsstellen Raum geschaffen werden soll.
Zwei Dinge aus dem Bericht möchte ich mir besonders vornehmen, wegen der Kürze der Zeit leider nur zwei. Das ist die Feststellung, wie die Mehraufwendungen im Bundeskanzlerpalais entstanden sind.
— Ja, da gibt es einige sehr interessante Feststellungen. Da steht z. B. eindeutig, daß der Herr Bundeskanzler seinen Willen dem Architekten und Privatmann Schwippert aufgedrängt hat. Da heißt es, daß der Herr Schwippert den Herrn Bundeskanzler als Bauherrn angesehen hat. Da stellt sich heraus, daß die verschiedenen Umdispositionen, die auf Wunsch des Herrn Bundeskanzlers durchgeführt worden sind, schuld sind an der wesentlichen Überschreitung des Voranschlages.
Da hören wir z. B., daß der Herr Bundeskanzler zu einem bestimmten Zeitpunkt aus Gesundheitsgründen aus dem Museum König ausziehen muß. Er sagt, den Geruch könne er dort nicht vertragen. Er zieht dann auf die andere, die östliche Seite der Koblenzer Straße.
Soll man daraus den Schluß ziehen, daß er langsam zu der Erkenntnis kommt, daß das östliche Klima ihm und uns allen besser bekommt?
Aber als er dann in dem neuen Palais
ist und nachdem man ihm die Parterreetage eingerichtet hat, da kommt er plötzlich auf die Idee, daß er aus „Sicherheitsgründen" in die erste Etage ziehen müsse — so steht es in dem Bericht drin; das ist nicht meine Erfindung —, da werden aus Sicherheitsgründen, um der „Sicherheit des Herrn Bundeskanzlers" willen im Handumdrehen auf seinen Wunsch und ohne jede Kontrolle irgendeiner parlamentarischen Körperschaft Umdispositionen vorgenommen, die Mehrausgaben von zehntausend und Aberzehntausenden Mark bewirken. Nun, ich habe immer gemeint, daß der Herr Bundeskanzler sich mit den großen Räubern hier im Lande ganz gut steht, aber jetzt merke ich doch, daß er ihnen gegenüber auch sehr ängstlich ist. Wie heißt es doch in dem bekannten Liede vom alten Rauschebart aus Württemberg:
Preisend mit viel schönen Reden
..., daß mein Haupt kann kühn ich legen jedem Untertan in Schoß!
Mit dieser Praxis scheint es ,der Herr Bundeskanzler nicht zu halten! Er muß aus „Sicherheitsgründen" in die erste Etage ziehen, Das bezahlen wir sehr, sehr teuer sogar.
Und dann versucht man, in dem Ausschußbericht die Dinge so darzustellen, als hätten die Beamten ihm nicht genug Widerstand geleistet. Das steht sinngemäß im Bericht!
Man muß sich nun die „überragende Figur" Konrad Adenauers vorstellen,
diesen „großen alten Mann", der ,aus Angst in die erste Etage zieht, der es aber trotzdem fertigbringt, bei uns in Nordrhein-Westfalen per Telefon die Minister einzusetzen!
Soll ich die Namen der Minister nennen, die durch ihn auf diese Art und Weise eingesetzt worden sind? Ich bin ein höflicher Mann, ich nenne keine Namen. Aber der Tatbestand ist bekannt: Ein telefonischer Anruf bei Herrn Kollegen Arnold, und schon haben wir in Nordrhein-Westfalen einen neuen Minister! Wie soll der kleine Beamte dieser „großen, überragenden Persönlichkeit",
diesem „alten, einsamen Mann", der aus Gründen der Sicherheit in die erste Etage ziehen muß, Widerstand leisten, wenn er seine Ansprüche anmeldet?
Das ist doch ein Herr, der aus der Selbstverwaltung kommt! Noch heute hat der Herr HöpkerAschoff dafür gesprochen: In allen Instanzen des Staates Selbstverwaltung! Nun, für die Selbstverwaltung ist Konrad Adenauer auch immer schon gewesen. Nur hat er unter Selbstverwaltung schon, als er noch Oberbürgermeister in Köln war, verstanden: Selbstverwaltung heißt, ich verwalte selber.
Und seinen Wert hat er auch damals schon gekannt.
Sie erinnern sich noch des Witzwortes, das damals bei uns in Preußen über seine Gebühren kursierte. Damals sagte man: Die Gebühren des Herrn Oberbürgermeisters Dr. Adenauer schwimmen zwischen denen von Petrus und denen des lieben Gottes. Also so liegen doch die Dinge bei ihm.
Und nun steht im Bericht, daß die Beamten von ihrem Aufsichts- und Kontrollrecht nicht genug Gebrauch gemacht haben. Fest steht auch etwas anderes, daß es nämlich Ministerien gibt, die ohne Widerstand der Verwaltung und auch ohne Genehmigung etwa irgendeiner parlamentarischen Instanz durchgesetzt haben, daß ihnen silberne Bestecke geliefert worden sind. Arbeitsminister, Verkehrsminister, Minister für die Überleitung zum Bundesrat, diese Herren müssen von silbernen Tellern essen, um ja ihren Mehrwert gegenüber den zahlenden Bürgern und Arbeitern in unserem Lande damit zu demonstrieren!
Es steht im Bericht, daß über die Höhe der Kasten, die für das Zimmer eines Ministers auf-
zuwenden sind, niemals eine fixe Summe festgelegt worden ist. Es hat einmal eine Verwaltungsstelle
gesagt: Das Zimmer eines Ministers plus Zimmer des Staatssekretärs plus kleiner Vorraum darf 30 000 Mark kosten.
Da haben wir z. B. das Zimmer dieser eminent wichtigen Persönlichkeit, des stellvertretenden Pressechefs Böx! Das hat 51 000 DM gekostet.
Soll ich Ihnen die Zahlen aus Ihrem Bericht nennen? — Nein, ich habe leider nicht genug Zeit! — Es hat 51 000 Mark gekostet. Da ist ein Diplomatenschreibtisch. Soll ich Ihnen sagen, was dieser Diplomatenschreibtisch laut Ihrem Bericht gekostet. hat? — Der Diplomatenschreibtisch kostet uns den kleinen runden Betrag von 3850 Mark! Und dahinter gehört natürlich auch noch ein Schreibtischsessel. Dieser kostet 385 Mark. Der Herr Böx hat sich vor einigen Tagen auch bei uns wieder in Erinnerung gerufen. Er hat nicht nur in dem Manifest, in 'dem Programm der Ersten Legion die Schaffung eines Volksheeres gefordert, er hat sich auch für „absolute Sparsamkeit der Verwaltung" ausgesprochen. Als er noch unter dem Weihwasserkessel saß, da hat er es mit der Sparsamkeit der Verwaltung offensichtlich nicht so ernst genommen!
Meine Damen und Herren, Sie reden von Selbstverwaltung, Sie reden von parlamentarischer Kontrolle, aber Sie bringen nicht den Mut auf, klar auszusprechen, was in dem Ausschußbericht enthalten ist, nämlich die Tatsache, daß sich hier ein Bundeskanzler über Bewilligungsrechte des Parlamentes, daß sich hier Minister über Bewilligungsrechte .des Parlamentes königlich hinwegsetzen, und hinterher stellt man fest: schuld daran waren die Beamten, die nicht rückgratfest genug gewesen sind und die sich gegenüber diesen hohen Herren nicht durchgesetzt haben.
Man macht ein Drittes: man holt die Lieferanten vor und prüft ihre Rechnungen nach. Vordem hatte man prophylaktisch gesagt, daß man sich das vorbehält. Aber als nachher die Beamten unter dem Druck des Parlaments nun an die Nachprüfung der Rechnungen herangingen, als man die Streichungen vornahm und als man die Rückzahlungen erzwang, da kam u. a. folgender Tatbestand zutage. Einer der Gartengestalter hier mußte in Konkurs gehen und ist dann nach Australien ausgewandert. Davon redet man hier nicht!
Das ist also der springende Punkt, daß unsere Beamtenschaft diese Mehraufwendungen angewiesen hat — hingenommen hat, besser gesagt —, weil diese Mehrkosten vom Herrn Bundeskanzler persönlich und von einigen der genannten Herren Minister angefordert worden sind.
Das Traurige an dem Tatbestand ist, daß das Parlament bisher, mit Ausnahme des Antrags der SPD, der aber die Tür nach einer ganz anderen Seite aufreißen sollte, nichts gegen diesen Tatbestand unternommen hat. Der SPD-Fraktion ging es ja darum, sich nachträglich ein bißchen für die Entscheidung für Bonn zu rächen.
Nun, daß Bonn die vorläufige Hauptstadt geworden ist, dafür müßten Sie doch eigentlich Verständnis haben, meine Herren von der Sozialdemokratie. Man geht doch als Bundeskanzler Adenauer an die Quellen seiner Kraft heran, und die Quellen seiner Kraft liegen hier in Bonn, unter dem Schatten des Petersbergs und in der Nähe des hilligen Köln. Und eine der deutschen Quellen, von denen der Herr Adenauer lebt, das ist der Herr Großbankier Pferdmenges.