Rede von
Dr.
Walther
Hasemann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Untersuchungsausschuß zur Prüfung der im Raume Bonn vergebenen Aufträge legt Ihnen mit der Drucksache Nr. 2275 einen ersten Bericht vor. Dieser erste Bericht umschließt alle Aufwendungen, die das Bundesfinanzministerium für die Einrichtung der Bundesbehörden in Bonn gemacht hat. Unberücksichtigt blieben dabei die Aufwendungen, die zunächst vom Lande Nordrhein-Westfalen vorgeschossen wurden, die aber noch mit dem Bundes-
finanzministerium verrechnet werden sollen, da der Bund einen Teil dieser Ausgaben übernehmen soll. Da nun die Auseinandersetzungen zwischen Bundesfinanzministerium und Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen über diesen Komplex, der im übrigen auch die Aufwendungen für den Erweiterungsbau und für die Einrichtung des Bundeshauses umschließt, noch nicht abgeschlossen sind, müssen wir den Bericht über diesen Komplex dem Hause später vorlegen. Ich darf auch an dieser Stelle wiederholt und mit ganz besonderem Nachdruck die Bitte aussprechen, daß die Verhandlungen zwischen dem Bundesfinanzministerium und dem Finanzministerium von Nordrhein-Westfalen nunmehr beschleunigt weitergeführt und zu einem Ende gebracht werden, damit auch wir unsere Untersuchungen über diesen Fragenkomplex abschließen können.
Mit der Prüfung eines dritten Fragenkomplexes, der die Ausgaben für die alliierte Seite betrifft, wenigstens soweit sie mit der Einrichtung des Bundessitzes in Zusammenhang stehen, ist der Ausschuß zur Zeit beschäftigt. Er wird dem Hohen Hause in Kürze darüber einen Bericht vorlegen können.
Die sieben Fragen, die in dem Antrage der SPD-Fraktion gestellt worden sind, sind vom Ausschuß sorgfältig und mit aller Gründlichkeit untersucht worden. Die Fragen 1 bis 6, die im wesentlichen mehr technisch-organisatorische Fragen betreffen, sind unter den gleichen Ziffern auf den Seiten 19 und 20 des Berichtes zusammenfassend beantwortet worden. Die Frage 7, die zweifellos den materiellen Kern des Antrages der SPD umschließt, ist eigentlich nur durch das Studium des gesamten Berichtes im Zusammenhang zu beantworten. Mit Rücksicht auf die Tatsache, daß die breite Öffentlichkeit, die an dieser Frage ganz besonders stark interessiert ist, nicht die Gelegenheit hat, den ganzen Bericht zur Kenntnis zu nehmen, darf ich hier fünf wesentliche Momente als Ergebnis unserer Untersuchungen herausschälen.
Erstens. Es ist festgestellt worden, daß die für die Einrichtung des Bundessitzes verantwortlichen Stellen des Landes Nordrhein-Westfalen, insbesondere das Büro Bundeshauptstadt, dem vom Bundestage eingesetzten Hauptstadtausschuß keine Zahlen genannt haben, die bewußt oder schuldhaft falsch waren.
Zweitens. Wenn die Aufwendungen dennoch höher geworden sind, als nach dem Bericht des Hauptstadtausschusses zu erwarten war, so ist festzustellen, daß diese Mehraufwendungen ihre Erklärung finden:
a) in dem umfangreicheren Bauprogramm, das zur Unterbringung einer größeren Anzahl von Bundesbediensteten notwendig wurde,
b) in den zunächst nicht vorgesehenen Einrichtungen sozialer Natur wie Kantinen und Küchen,
c) ganz wesentlich in den mit dem Ausbau der Kasernen gekoppelten sogenannten Junggesellenwohnungen — durch dieses - Bauprogramm wurde eine große Anzahl von Wohnungen für Bundesbedienstete erstellt, ganz besonders für die Bundesbediensteten, die zunächst noch von ihren Frauen getrennt leben müssen —;
d) schließlich in der Verwendung einzelner Bauten — ich denke da besonders an das
Palais Schaumburg und an die Villa Hammerschmidt — für völlig andere Zwecke, und zwar Zwecke, die auch ein gewisses Maß von Repräsentation erforderlich machen.
Drittens. Es ist festgestellt worden, daß bei der Einrichtung der Bundesbehörden, von einigen wenigen, in dem Bericht besonders dargelegten Fällen abgesehen, keinerlei unvertretbarer Aufwand getrieben wurde.
Viertens. Es ist vom Untersuchungsausschuß festgestellt worden, daß in allen Fällen Neubauten wesentlich teurer gewesen wären als die vorgenommenen Umbauten alter vorhandener Gebäude.
Fünftens. Es ist kein Fall von Korruption der Beamten und Angestellten festgestellt worden und keinerlei schuldhafte Bevorzugung einzelner Gebiete oder einzelner Firmen.
Meine Damen und Herren! In diesem Zusammenhang bin ich noch zu einer Feststellung gezwungen. Der Ausschuß hat den Eindruck gewonnen, daß in einzelnen Fällen, so z. B. beim Presse- und Informationsamt, Überforderungen vorgekommen sind.
Eine der beteiligten Firmen hat nun durch ihren Rechtsbeistand Protest gegen die Schlußfolgerungen des Ausschusses eingelegt. Ich möchte dazu erklären, daß zwar eine bei dieser Firma vorgenommene Betriebsprüfung die Richtigkeit der Kalkulationen dieser Firma ergeben hat, ja daß diese Kalkulationen mit Rücksicht auf das Niveau dieses Einrichtungshauses sogar besonders günstig sind; der Ausschuß ist aber der Auffassung, daß zur Einrichtung von Bundesdienststellen niemals das Niveau eines sicherlich sehr renommierten Einrichtungshauses als 'Maßstab gelten kann. Ein Gutachten von Sachverständigen der Industrie- und Handelskammer Bonn und der Handwerkskammer Köln ist zu dem Ergebnis gekommen, daß die Preise die sonstigen handelsüblichen Preise teilweise erheblich übersteigen. Der Ausschuß ist natürlich in der Würdigung seiner Beweiserhebung völlig frei, und wir haben uns insbesondere nach einer 'Besichtigung der in Frage kommenden Räumlichkeiten und Einrichtungsgegenstände auf das Gutachten der Sachverständigen gestützt.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß ist bemüht, die noch offenstehenden Fragen schnellstens und mit der gleichen Sorgfalt zu untersuchen. Im Namen des Ausschusses habe ich den Antrag zu stellen, daß das Hohe Haus dem vorgelegten ersten Bericht zustimmen möge.