Rede von
Dr.
August
Dresbach
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe nicht die Absicht, die Völker Europas und ihre heiligsten Güter in der Frage zu beschwören, ob die Einkommensteuer besser durch ein Landesfinanzamt oder ein Bundesfinanzamt veranlagt und erhoben wird. Aber zunächst möchte ich folgendes sagen — Herr Kollege Laforet, ich weiß nicht, ob ich Sie ganz richtig verstanden habe —: Bei aller Liebe für die Einheit der Verwaltung und einer angestammten Liebe für die Kommunalverwaltung und die allgemeine und innere Verwaltung, glaube ich, müssen wir uns doch zu dem Standpunkt durchringen, daß Steuerverwaltungen für alle Zeit Sonderverwaltungen sein müssen. Ich darf mich da auf einen Verstorbenen beziehen, auf Herrn Popitz, den ehemaligen Staatssekretär im Reichsfinanzministerium, der sich auch mit schwerem Herzen zu diesem Standpunkt durchgerungen hatte.
Nun zu dem Thema, das meines Erachtens von der Frage des Finanzbedarfs und seiner zweckmäßigsten Deckung doch nicht ganz zu trennen ist. Es ist nicht zu leugnen, daß der Finanzbedarf in den letzten Jahren beim Bund stärker gewachsen ist als bei allen anderen Gebietskörperschaften. Verzeihen Sie, meine Herren von der Bayernpartei, wenn ich auch die Länder als solche bezeichne; aber ich bitte hier um mildernde Umstände. Es ist für einen Menschen, der einmal ganz gern in Preußen gewohnt hat, unendlich schwer, einen Staatsbegriff „Nordrhein-Westfalen" über Tag und Nacht zu übernehmen.
Meine Damen und Herren! Der wirklich zeitgenössische Artikel des Grundgesetzes ist meines Erachtens der Art. 120. Darin ist uns die Aufgabe gestellt, einen gewaltigen Krieg zu liquidieren und, wie man uns neuerdings ja auch sagt, einen zukünftigen Krieg abzuwehren. Das ist eine Aufgabe, die leider Gottes zwangsläufig zu einer Verstärkung der Zentrale führen muß. Ich sage das besonders unter dem Gesichtspunkt der Gemeinden und Gemeindeverbände, die dabei zweifelsohne Not leiden müssen. Wer noch nicht daran geglaubt hat, daß dieser Finanzbedarf des Bundes vordringlich ist, der möge sich die Begründung zum Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1951, Drucksache Nr. 2245, einmal ansehen. Hier ist sogar vom Bundesfinanzministerium der Versuch eines Prioritätensystems im Finanzbedarf gemacht worden, und ich stehe persönlich nicht an, zuzugeben, daß es gelungen ist, den Nachweis dafür zu erbringen.
Nun erhebt sich folgende Frage. Wenn der Bund einen solchen starken und immer wachsenden Finanzbedarf hat, kann man dann noch Steuern, die er benötigt — in diesem Fall handelt es sich um einen wesentlichen Anteil an der Einkommen- und der Körperschaftsteuer —, in Auftragsverwaltung durch die Landesfinanzbehörden, d. h. die Finanzämter, veranlagen und einziehen lassen? Das ist die entscheidende Frage. Wir haben schon einmal auf diesem Gebiet Fiasko erlitten. Ich darf daran erinnern, daß die Reichsfinanzverwaltung im Jahre 1920 ja zunächst noch nicht eigene Hebestellen hatte, sondern die Gemeindekassen als Hebestellen
besaß und daß' die Gemeinden damals gesündigt haben. Ich denke aber auch daran, daß in den schwierigen, kritischen Jahren vor 1933 die preußischen Gemeinden als Hebestellen für die Hauszinssteuer des Staates Preußen und für die staatliche Grundsteuer versagt haben, indem sie diese Steuern zurückbehielten. Es gab hier in der Nachbarschaft eine große Stadt, die auf diesem Gebiete der Sünde den besonderen Vortritt hatte.