Rede:
ID0115202100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag — 152. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 14. Juni 1961 6025 152. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 14. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 6026A, 6073C Genesung der Abg. Frau Thiele 6026B Fortsetzung der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Versorgung mit Hausbrandkohle und Nutzholz (Nr. 2295 der Drucksachen) 6026B Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft 6026B, 6029A Willenberg (Z) 6027A Frau Thiele (KPD) 6027D Dr. Kreyssig (SPD) 6028C Beschlußfassung 6029C Beratung der Interpellation der Fraktion der SPD betr. Verkündung des Gesetzes über Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten- und Pensionsversicherungen (Nr. 2263 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung der Interpellation der Fraktion der FDP betr. Leistungen aus vor der Währungsreform eingegangenen Renten-und Pensionsversicherungen (Nr. 2282 der Drucksachen) 6029C Seuffert (SPD) 6029D, 6031D Dr. Dehler, Bundesminister der Justiz 6030D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6031A Ausschußüberweisung 6032A Erste Beratung des von der Fraktion der FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (Nr 2260 der Drucksachen) 6032A Dr. Dr. Höpker-Aschoff (FDP), Antragsteller 6032B, 6051D Schäffer, Bundesminister der Finanzen 6035B Dr. Laforet (CSU) 6038A Dr. Greve (SPD) 6040A Dr. Fink (BP) 6042B Fisch (KPD) 6044A Farke (DP) 6045D Dr. Dresbach (CDU) 6047A( Dr. Bertram (Z) 6048A von Thadden (DRP) 6049C Dr. Jaeger (CSU) 6050C Ausschußüberweisung 6053A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes betr. die Industriekreditbank Aktiengesellschaft (Nr. 1854 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 2217 der Drucksachen) . . . 6053A Dr. Hoffmann (FDP), Berichterstatter 6053B Beschlußfassung 6054A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für den Lastenausgleich (17. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Preiß, Neber, Farke, Eichner, Dr. Glasmeyer, Reindl u. Gen. betr. Soforthilfeabgabe am 20. Mai 1951 (Nrn. 2296, 2215 der Drucksachen) 6054B Kunze (CDU), Berichterstatter . . 6054B Beschlußfassung 6054A Beratung des Ersten Berichts des Untersuchungsausschusses zur Prüfung der im Raume Bonn vergebenen Aufträge (42. Ausschuß) (Nrn. 2275, 523 der Drucksachen) 6054D Dr. Hasemann (FDP) : als Berichterstatter 6054D als Abgeordneter 6064D Renner (KPD) 6055D Erler (SPD) 6057C Hoogen (CDU) 6061D Ewers (DP) 6067B Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 6067D Beschlußfassung 6068C Erste, zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, SPD und FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet (Nr. 2292 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für gesamtdeutsche Fragen (8. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Tillmanns u. Gen. betr. Flüchtlingsausgleich zwischen Berlin und der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2312 der Drucksachen) 6068C Dr. Tillmanns (CDU), Berichterstatter 6068D Bielig (SPD), Berichterstatter . . . 6069B Brookmann (CDU) 6069C Dr. Reif (FDP) 6070B Frau Schroeder (Berlin) (SPD) . . 6070C Dr. Lukaschek, Bundesminister für Vertriebene 60'71C Beschlußfassung 6072A Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Verlängerung der Zuckerungsfrist bei Wein (Nrn. 2163 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (19. Ausschuß) (Nr. 2290 der Drucksachen) 6072B Gibbert (CDU), Berichterstatter . 6072B Beschlußfassung 6072C Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über den vorläufigen Handels- und Schiffahrtsvertrag vom 19. Dezember 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Island (Nr. 2150 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses Außenhandelsfragen (14. Ausschuß) (Nr. 2293 der Drucksachen) 6072D Lange (SPD), Berichterstatter . . . 6072D Beschlußfassung 6073A Nächste Sitzung 6073C Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Höpker-Aschoff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Meine Damen und Herren! Das Problem, das mit dem von meiner Fraktion eingereichten Antrag angeschnitten wird, ist ein uraltes Problem. Es wird im allgemeinen bekannt sein, daß in der Zeit vor 1914 die Steuern des alten Reiches nicht durch eine eigene Reichsfinanzverwaltung eingehoben wurden, sondern durch die Gliedstaaten im Auftrage des Reiches, daß aber diese Verwaltungsarbeit der damaligen Gliedstaaten durch Kontrolleure des Reiches überwacht werden konnte. Meine Damen und Herren, es sind schon damals, vor 1914, sehr lebhaft Klagen darüber geführt worden, daß diese Verwaltung der Steuern des Reiches durch die Gliedstaaten im Auftrage und für Rechnung des Reiches sehr unregelmäßige Ergebnisse hätte. Es ergab sich, daß in den Ländern von gleicher Steuerkraft das Aufkommen durchaus verschieden war. Diese Klagen verschärften sich, als dann im Jahre 1913 nach der Ausschreibung des Wehrbeitrages und der sogenannten Besitzsteuer auch diese Steuern im Auftrage des Reiches durch die Verwaltung der Gliedstaaten eingehoben wurden. Das Ergebnis war in den einzelnen Gliedstaaten so verschieden, daß auf irgendeine Weise Abhilfe geschaffen werden mußte. Es ist dann, noch während des ersten Weltkrieges, ein Reichsgesetz vom 26. Juli 1918 über die Einrichtung eines Reichsfinanzhofes und die Reichsaufsicht über Steuern und Zölle ergangen, ohne daß diese Gesetzgebung einen sichtbaren Erfolg gezeitigt hätte.
    Durch diese Erfahrungen gewitzigt haben dann die Gesetzgeber der Weimarer Verfassung die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsteuern durch den Art. 83 der Weimarer Verfassung einer Reichsfinanzverwaltung übertragen. Diese Einrichtung einer Reichsfinanzverwaltung wurde dann alsbald durch ein Gesetz auf Grund des Art. 14 der Weimarer Verfassung auch auf die direkten Steuern ausgedehnt, so daß damals in der Weimarer Zeit alle wesentlichen Steuern, die das Reich ganz oder zum Teil für sich in Anspruch nahm, durch eine reichseigene Verwaltung eingehoben wurden.
    Meine Damen und Herren! Ich darf in diesem Zusammenhang an die Begründung erinnern, die der damalige Reichsfinanzminister Erzberger bei der Einbringung des Gesetzentwurfs über die Reichsfinanzverwaltung in der Nationalversammlung am 12. August 1919 abgab. Sie lautete so:
    Jetzt ist aber bei dem hohen Maß von Steuern,
    das wir ausschöpfen müssen, gleichmäßige Veranlagung durch ganz Deutschland erste Voraussetzung. Gleichmäßige Veranlagung kann
    nur erfolgen, wenn wir eine in einheitlichem
    Geist geschulte und erzogene Beamtenschaft
    haben, wenn man unmittelbaren Einfluß auf
    die Beamten selbst besitzt.
    Man könnte vielleicht sagen: durch einheitliche Grundsätze und scharfe Kontrolle kann dasselbe erreicht werden. Das ist ein Vorschlag, der mir auch gemacht worden ist. Das ist aber ein Irrtum. Die Vergangenheit hat bewiesen, daß die Reichsverwaltung einheitliche Grundsätze auf dem Papier wohl erlassen kann; aber wenn 25 verschiedene Verwaltungen zur Durchführung dieser einheitlichen Grundsätze herangezogen werden, dann braucht sich niemand zu wundern, wenn die Auslegung dieser Grundsätze 25mal verschieden ist.

    (Sehr richtig! bei der SPD.)

    Was mußte das' Reich denn daneben schaffen? Es mußte eine große Zahl von Reichskontrolleuren aufgestellt werden. Das wäre für die einzelnen Staaten unerträglich.
    Meine Damen und Herren, ich glaube, daß diese Grundsätze noch heute ihre Bedeutung haben. Bei der Beratung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat trat dann das Problem von neuem an uns heran. Im Herrenchiemseer Konvent, in dem doch ganz gewiß der Föderalismus gut vertreten war — denn die Mitglieder dieses sogenannten Konvents waren ja von den Ministerpräsidenten berufen worden —, war nicht etwa eine einheitliche Auffassung vertreten, sondern es wurden damals drei Varianten vorgeschlagen: eine Landesfinanzverwaltung, eine Finanzverwaltung im Auftrage des Bundes oder eine Bundesfinanzverwaltung.
    Meine Damen und Herren! Die Ausschüsse des Parlamentarischen Rates, zunächst der Finanzausschuß und der Hauptausschuß, entschieden sich damals für eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung, und zwar nachdem sie zuvor eine große Reihe von Sachverständigen gehört hatten. Wir haben damals — ich 'erinnere die Mitglieder des Hauses, die an diesen Beratungen teilgenommen haben, daran — Sachverständige aus Kreisen der Wirtschaft, Vertreter des Industrie- und Handelstages, Vertreter der Gewerkschaften, Vertreter der kommunalen Spitzenverbände gehört. Dazu haben wir einige Oberfinanzpräsidenten und einige Finanzminister der Länder gehört. Von den Finanzministern einmal abgesehen, war das einhellige Urteil aller Sachverständigen, die wir damals gehört haben, daß die einheitliche Bundesfinanzverwaltung eine strenge Notwendigkeit sei.

    (Sehr richtig! bei der FDP und bei der SPD.)



    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    Die Landesfinanzminister, die wir damals gehört haben — es waren das Herr Minister Dr. Weitz aus Nordrhein-Westfalen, ,der Finanzsenator Dr. Dudek aus Hamburg, Finanzminister Dr. Hoffmann aus Rheinland-Pfalz —, vertraten denselben Standpunkt, nämlich daß eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung eine unbedingte Notwendigkeit sei. Der damalige niedersächsische Finanzminister Strickrodt schwankte in seinem Urteil. Von den befragten Landesfinanzministern setzte stich nur der bayerische Finanzminister Dr. Kraus für eine Landesfinanzverwaltung ein.
    Meine Damen und Herren, auch das Kompromiß, das damals im Parlamentarischen Rat zwischen der CDU/CSU, der SPD und der FDP abgeschlossen wurde, um eine möglichst schnelle und einheitliche Verabschiedung des Grundgesetzes zu gewährleisten, schloß diese einheitliche Bundesfinanzverwaltung ein. Diese einheitliche Bundesfinanzverwaltung wäre damals ein Bestandteil des Grundgesetzes geworden, wenn nicht aus dem Raume der Besatzungsmächte der Widerstand gekommen wäre.

    (Hört! Hört! und Sehr richtig! bei der FDP und bei der SPD.)

    Ich erinnere die Herren, die damals an den Beratungen des sogenannten Fünferausschusses mit den Verbindungsstäben teilgenommen haben, an eine mir unvergeßliche Episode. Als wir mit den Verbindungsstäben verhandelten und nun aus unserem Kreise heraus die Frage aufgeworfen wurde, was denn geschehen solle, wenn Reichssteuern durch die Länder verwaltet werden, und wer die Gewähr dafür gebe, daß dann der Bund zu den seinigen komme, da erhielten wir von dem Vorsitzenden des Verbindungsstabes — ich glaube, es I war damals ein Franzose am Turnus — die Antwort: Die Gewähr dafür geben die Besatzungsmächte.

    (Heiterkeit.)

    Nun, meine Damen und Herren, ich erinnere mich mit - besonderer Freude dessen, was damals der Kollege Schmid darauf erwiderte. Er sagte, nämlich, die Herren der Verbindungsstäbe würden begreifen, daß es uns kein Vergnügen mache, ein Grundgesetz zu verabschieden, dessen Durchführung von dem Eingreifen der Besatzungsmächte abhängig sei.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    So damals! Aber wir müssen uns doch darüber klar sein, daß diese Einwendungen, die sich dann auf der Frankfurter Ebene bei den Verhandlungen mit den Gouverneuren wiederholten, aus dem politischen Raum kamen. Denn das war doch eben das Elend der damaligen Situation, daß bei den Besatzungsmächten die Besorgnis vor einem starken Bund alles überwog und infolgedessen der Föderalismus innerhalb ,des Grundgesetzes eine so starke Geltung bekam, daß heute die Handlungsfähigkeit der Bundesrepublik — ich glaube, das kann man wohl aussprechen — nicht nur auf diesem Gebiete immer wieder in Frage gestellt ist.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Meine Damen und Herren, der Parlamentarische Rat mußte sich damals fügen, wenn er die Verabschiedung des Grundgesetzes nicht überhaupt in Frage stellen wollte, und er mußte in den sauren Apfel einer geteilten Finanzverwaltung beißen. So wurde dann der Art. 108 in seiner heutigen Form geschaffen. Dabei ergab sich ein ganz böses Dilemma. Geteilte Finanzverwaltung war aus praktischen Gründen nur in der Form möglich, wenn
    man bei uns nicht alles zerstören wollte, daß auf der einen Seite die Verwaltung der Zölle und Verbrauchsteuern Bundesfinanzverwaltung und daß auf der anderen Seite .die Besitz- und Verkehrsteuerverwaltung Landesfinanzverwaltung wurde. Aber diese Aufteilung entsprach ja nicht der Aufteilung der Steuern selber. Infolgedessen mußten dann in den Art. 108 einige Aushilfen eingebaut werden, Auftragsverwaltung und dergleichen, und wir haben dann weitere Aushilfen in das Gesetz über die Ordnung der Finanzverwaltung vom 6. September 1950 einbauen müssen.
    Meine Damen und Herren, niemand wird mit Vergnügen von der krausen Regelung, die dieses Gesetz über die Finanzverwaltung uns gebracht hat, Kenntnis nehmen. Ich erwähne insbesondere die Verwaltung der Umsatzsteuer und Beförderungsteuer durch die Oberfinanzdirektionen unmittelbar, die Einschaltung der Finanzämter als Hilfsorgane der Oberfinanzdirektionen. Ich sage, niemand wird von dieser krausen Regelung dieses Gesetzes mit Befriedigung Kenntnis nehmen.
    Wie haben sich die Dinge nun weiter entwickelt? Es häufen sich die Klagen, daß die Länder die Einkommen- und Körperschaftsteuer keineswegs nach einheitlichen Gesichtspunkten verwalten.

    (Hört! Hört! bei der SPD.)

    Die einen packen schärfer zu, die anderen lassen Milde walten. Die Veranlagung wird vielfach — ich vermeide es, hier Beispiele anzuführen, denn nomina sunt odiosa — in den Dienst der Landeswirtschaft gestellt. Man versucht in manchen Ländern, neue Unternehmungen in das Land hineinzuziehen, indem man ihnen Steuervergünstigung durch Stundungen, Erlaß und Erstattungen gewährt. Da aber das Aufkommen der Einkommen-
    und Körperschaftsteuer auch bei der Durchführung des horizontalen Finanzausgleichs als Bemessungsgrundlage dient, wird hierdurch natürlich auch der Finanzausgleich zwischen starken und schwachen Ländern verfälscht.
    Es herrscht endlich Einmütigkeit darüber, daß eine gleichmäßige und straffe Durchführung der Veranlagung ein viel höheres Aufkommen an Einkommen- und Körperschaftsteuer ergeben würde.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Es sind in dieser Beziehung sehr hohe Zahlen genannt worden, die sich nicht ohne weiteres bis zum letzten nachprüfen lassen. Wenn uns aber die Sachverständigen des Bundesfinanzministeriums als ihre Überzeugung sagen, daß bei einer einheitlichen Bundesfinanzverwaltung ein Mehr von einer Milliarde im Jahr bei sorgfältiger und gleichmäßiger Veranlagung herausgeholt werden könnte, so ist das eine Aussage, an der wir schlechthin nicht vorbeigehen können,

    (lebhafter Beifall bei der FDP, in der Mitte und links)

    zumal in einer Zeit, in der wir gezwungen sind, den Steuerzahlern immer wieder neue Steuerlasten aufzupacken.

    (Sehr gut!)

    Nun hat uns inzwischen der Herr Bundesfinanzminister einen Gesetzentwurf vorgelegt, der auf dem Gebiete der Einkommen- und Körperschaftsteuer die Einflußmöglichkeiten des Bundesfinanzministers auf die Veranlagung und Verwaltung der Einkommen- und Körperschaftsteuer verstärkt. Ich erinnere die Damen und Herren, die vorgestern an unseren Beratungen im Finanz- und Steueraus-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    schuß über diesen Gesetzentwurf teilgenommen haben, an den Verlauf dieser Sitzung. Keiner wird mit Befriedigung an diese Beratung zurückdenken. Wir haben uns unsägliche Mühe gegeben, dem Herrn Bundesfinanzminister weiterzuhelfen, die Bestimmungen dieses neuen Gesetzentwurfs notdürftig mit der Verfassung in Einklang zu bringen. Ich glaube aber — ich darf alle Mitglieder des Ausschusses einschließen, vielleicht mit Ausnahme des Kollegen Besold —, daß wir alle im Finanz- und Steuerausschuß der Meinung waren, daß das, was mit diesem Gesetzentwurf an Verschärfung der Veranlagung durch eine straffere Aufsicht durch den Bundesfinanzminister versucht wird, doch ein unzulänglicher Versuch ist, der nicht zu einem Ziel führen wird.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Daher kann' die Verabschiedung dieses Gesetzes, wenn das Plenum den Beschlüssen des Finanz- und Steuerausschusses beitreten sollte, bestenfalls nur als eine Abschlagszahlung betrachtet werden.
    Meine Damen und Herren, ich darf hier noch einmal zu einem Zitat greifen. Ich denke an einen der besten Vertreter der deutschen Finanzwissenschaft überhaupt, den Herrn Professor Dr. Gerloff, der sich bereits im Jahre 1947 mit überzeugenden Gründen für eine Bundesfinanzverwaltung ausgesprochen hat. Er meint, man könne natürlich erwägen, die Veranlagung und Erhebung der Steuer wieder in die Hände der alten Staaten zu legen. Die Gleichmäßigkeit der Steuerbewirtschaf tung, der Intensität in der Durchführung der Steuergesetze, insbesondere der Verwaltung der Steuern würde jedoch damit — das sei eine Erfahrung aus der partikularen Steuerverwaltung — preisgegeben werden. Er sagt dann weiter:
    Ein ausgezeichneter Kenner der deutschen Finanzverwaltung, der ehemalige württembergische Finanzminister Pistorius, hat darauf hingewiesen, daß unter den verschiedenen deutschen Steuerverwaltungen in Bezirken, die gemäß ihrer wirtschaftlichen Struktur gut miteinander vergleichbar seien, ganz verschiedene Steuererträge erwirtschaftet wurden. Ein Bundesstaat mit erträglichen Finanzverhältnissen kann sich das leisten; aber in- unserer Lage würde ein solcher Zustand finanziell, ökonomisch und sozial gleichermaßen unerwünscht, ja unerträglich sein.

    (Sehr richtig! bei der FDP!) '

    Meine Damen und Herren, es ist eben nicht richtig, daß schon einheitliche Gesetze und Durchführungsverordnungen eine gleichmäßige und gerechte Durchführung der Steuergesetze verbürgen. Ausführungsanweisungen, Einzelanweisungen des Finanzministers, eine immer wieder gleichmäßig geübte Verwaltungspraxis, die nur in einem einheitlichen Beamtenkörper möglich ist und gleichmäßige Laufbahnrichtlinien, gleichmäßige Schulung und Fortbildung voraussetzt, spielen eine entscheidende Rolle. Es ist schließlich auch für die Wirtschaft nicht gleichgültig, ob sie mit einer Finanzverwaltung oder mit elf Finanzverwaltungen zu tun hat, mit Veranlagungsrichtlinien und Veranlagungsformularen, die von elf für diejenigen Unternehmungen nicht gleichgültig, die, wie es heute ja an der Tagesordnung ist, Betriebsstätten in verschiedenen Ländern haben, ob sie sich dann den Weg durch das Gestrüpp der verschiedenen . Veranlagungsrichtlinien und Vordrucke bahnen müssen. Vergessen Sie auch eins nicht: Vor uns steht die
    Veranlagung des Lastenausgleichs, also eines Gesetzes, das die Verwaltung vor die allerschwierigsten Aufgaben stellen wird, weil hier ja nicht nur die Veranlagung, sondern auch die Ermittlung der Schäden eine außerordentliche Rolle spielen wird. Bei einem solchen Gesetz wird und muß also eine nicht gleichmäßige und ungerechte Durchführung Erbitterung hervorrufen.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Wer kann das Wagnis unternehmen, eine solche Veranlagung elf verschiedenen Landesfinanzverwaltungen anzuvertrauen?

    (Sehr gut!)

    Wir haben auch heute morgen im Ausschuß wieder diese Frage streifen müssen, als es sich in gemeinsamer Verhandlung mit Mitgliedern des Bundesrats um die Ausführung des Gesetzes zu Art. 106 Abs. 3 handelte. Man führte dabei mit Recht aus, daß vielleicht einmal ein anderer Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern in Ausführung des Art. 107 notwendig sei, aber man war sich darüber im klaren, daß das, was man möchte, also etwa eine Aufteilung nicht nur der Einkommen- und Körperschaftsteuer, sondern auch der Umsatzsteuer auf Bund und Länder immer nur dann durchführbar sein würde, wenn alle diese Steuern durch eine einheitliche Bundesfinanzverwaltung verwaltet werden.
    Man frage einmal, wie die Praktiker darüber denken! Ich habe vor Wochen Gelegenheit gehabt, in der neu eingerichteten Finanzschule in Siegburg zwei Vorlesungen zu halten, einmal im Kreise der Oberfinanzpräsidenten, ihrer Abteilungsleiter und der Beamten der Ministerien, das zweite Mal im Kreise einer Gruppe von Finanzamtvorstehern. Natürlich habe ich auch dieses Problem berührt, und als ich dabei als mein Werturteil zu erkennen gab, daß ich ein Anhänger der einheitlichen Bundesfinanzverwaltung sei, erntete ich stürmischen „spontanen" Beifall in diesem Fall.

    (Lebhafter Beifall bei der FPD.)

    Da war keiner von den Praktikern, der nicht auf meinem Standpunkt gestanden hätte; und das Gespräch hinterher bei einer Tasse Kaffee ergab dann, daß auch die beiden anwesenden Oberfinanzpräsidenten aus Bayern wohl dieser Meinung waren,

    (Hört! Hört!)

    aber doch glaubten, sich aus einer gewissen landsmannschaftlichen Verbundenheit gegenüber der bayerischen Regierung eine gewisse Zurückhaltung auferlegen zu müssen.

    (Zurufe.)

    Was ist es denn nun letzten Endes? Die Föderalisten verdammen die Bundesfinanzverwaltung als
    einen Eingriff in die föderale Struktur des Bundes.
    In jedem föderalen Staat, wie auch unserer einer
    ist, werden doch ohne alle Zweifel bestimmte Befugnisse der Exekutive unter allen Umständen dem
    Bunde übertragen werden müssen. Ich meine
    immer, ich möchte nicht in der Lage der Föderalisten sein, die hier eine Position wie ein föderales
    Heiligtum verteidigen, die nicht von einem deutschen Parlament aus freiem Willen und innerer
    Überzeugung geschaffen worden ist, sondern uns
    von den Besatzungsmächten aufgezwungen wurde,

    (lebhafter Beifall bei der FDP, SPD und in der Mitte)

    und zwar zu einer Zeit, als man bei den Besatzungsmächten noch nicht daran dachte, Deutschland als
    freien Partner einer gemeinsamen Verteidigungs-


    (Dr. Dr. Höpker-Aschoff)

    front anzusehen, sondern als den besiegten Gegner,
    den man nach Möglichkeit kraftlos halten müsse.

    (Zuruf von der FDP: Divide et impera!) So ist die Geschichte doch historisch zu erklären.


    (Abg. Dr. Seelos: Die Abstimmung im Bayerischen Landtag war durchaus freiwillig und ohne Einfluß der Besatzungsmächte!)

    Wie ist die Stimmung in den Ländern? Ich habe neulich mit einem Oberfinanzpräsidenten, dessen Namen ich auch wieder nicht nennen will, eine interessante Unterredung gehabt. Er versicherte mir aber, wenn die Möglichkeit einer freiwilligen Übertragung der Landesfinanzverwaltung auf den Bund bestehen würde, würden nach seiner Überzeugung 8 Länder dieser Übertragung zustimmen.

    (Hört! Hört! bei der FDP und bei der SPD.) Das ist doch eigentlich ein Zeugnis dafür, daß auch in Kreisen der Länder und der Landesfinanzminister die Überzeugung wächst, daß der heutige Zustand nicht aufrechterhalten werden kann und daß eine Bundesfinanzverwaltung auch für die Länder ihre Vorteile haben würde, weil eine gleichmäßige, gerechte und straffe Verwaltung im Interesse aller Länder läge,

    , (Sehr richtig! bei der FDP und bei der SPD) weil sie vor allen Dingen nicht dahin führen würde, daß die Länder, die auf diesem Gebiete am besten ihre Pflicht erfüllen, dafür auf dem Wege über den horizontalen Finanzausgleich Ausgleichsleistungen an andere Länder zahlen müssen, die es vielleicht mit ihrer Pflicht nicht so ernst nehmen.

    (Sehr richtig! bei der FDP und bei der SPD.)

    Wer den berechtigten Föderalismus erhalten will

    (Abg. Dr. Seelos: Reden Sie doch nicht von Föderalismus!)

    — und der Sinn des berechtigten Föderalismus liegt nach Meinung meiner Freunde in einer guten Selbstverwaltung bei den Gemeinden, Gemeindeverbänden, aber auch in den Ländern —, wer einen solchen gesunden Föderalismus aufrechterhalten will, der sollte nicht unhaltbar gewordene Positionen zu verteidigen suchen, er muß sie rechtzeitig räumen,

    (Beifall bei der FDP, SPD und einzelnen Abgeordneten der CDU)

    um so mehr, wenn diese Position nicht von uns in freier Entschließung aufgebaut, sondern uns von den Besatzungsmächten aufgezwungen worden ist. Es gibt ein schönes altes lateinisches Wort: „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus autem caritas." Zu den notwendigen Dingen, in denen Einigkeit herrschen muß, gehört nach unserem Dafürhalten die Bundesfinanzverwaltung an erster Stelle. Ich glaube, es wäre Zeit zu handeln, und ich hoffe, daß der Bundestag so handeln wird, daß er den Antrag meiner politischen Freunde billigt.

    (Lebhafter Beifall bei der FDP, der SPD und einigen Abgeordneten der CDU.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Abgeordneter Kohl beanstandet das lateinische Zitat. Mich wundert das, da Stuttgart innerhalb des Limes liegt.

(Heiterkeit.)

Das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Fritz Schäffer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst für meine Person zu dem Antrag Stellung nehmen. Ich bemerke dabei, daß meine Person nicht nur derzeitiger Bundesminister der Finanzen, sondern insbesondere auch der Abgeordnete des Wahlkreises Passau ist.

    (Zuruf von der Mitte: Aha! Zwei Seelen in der Brust!)

    Ich bitte, daran zu denken, daß sich der Mensch, der sowohl Bundestagsabgeordneter des Wahlkreises Passau als auch Bundesfinanzminister ist, als völlig harmonisches Ganzes empfindet und mit sich in keinem inneren Widerstreit befindet. Weil aber von den Besatzungsmächten gesprochen worden ist, deren Einwirken das Entstehen des Grundgesetzes zu verdanken sei, darf ich vielleicht daran erinnern, daß der, der hier vor Ihnen steht, seinerzeit, in den entscheidenden Monaten, im Mai 1945, auch bayerischer Ministerpräsident gewesen ist, allerdings nicht aus seinem Willen, sondern gerufen von den Besatzungsmächten. Ich darf daran erinnern, daß damals in den ersten Tagen der Versucher, der in anderen kleinen Teilen Deutschlands mit seiner Werbung dann mehr Erfolg hatte,

    (Hört! Hört!)

    an den bayerischen Ministerpräsidenten herantrat und ihn fragte, ob denn Bayern nicht selbständig werden wolle.

    (Hört! Hört!)

    Der bayerische Ministerpräsident von damals gab die Antwort: Bayern will das Unglück Deutschlands nicht vergrößern, gerade in der Stunde der Not wolle es seine deutsche Treue beweisen.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)

    Dieses Bayern ist es, das auch in der Frage des Grundgesetzes nicht unter dem Gesichtspunkt seine Stellung bezogen hat, was den Besatzungsmächten gefällt, sondern lediglich unter dem Gesichtspunkt, was seine eigene Überzeugung gewesen ist. Daß dieses Grundgesetz von Bayern nicht etwa deswegen gewünscht und gewollt wurde, weil es den Besatzungsmächten gefallen haben sollte, beweist einfach die Tatsache, daß Bayern dieses Grundgesetz abgelehnt und im bayerischen Landtag gegen das Grundgesetz gestimmt hat. Also ich glaube, damit ist bewiesen, daß ein innerer Zusammenhang zwischen dem Einfluß der Besatzungsmächte und der Stellung meiner bayerischen Heimat zu den Fragen des Grundgesetzes wirklich nicht besteht. Wenn es psychologische Schwierigkeiten zwischen Bayern und dem übrigen Bund gegeben hat, dann deswegen, weil man irrtümlicherweise die Einstellung Bayerns, das nun einmal ein Staat ist

    (Abg. Dr. Seelos: Sehr gut!)

    und ein Staatsgefühl hat,
    Abg. Dr. Seelos: Bravo!)
    verwechselt hat mit einer Untreue gegenüber dem gesamtdeutschen Reichs- oder Bundesgedanken.

    (Abg. Dr. Seelos: Ausgezeichnet! Beifall bei der BP. — Heiterkeit.)

    Das ist es, was psychologisch die Dinge immer erschwert hat.
    Ich darf nach dieser Reminiszenz an etwas anderes, Versöhnliches erinnern, nämlich an ein deutsches Märchen,

    (Abg. Dr. Greve: Mädchen oder Märchen?)

    an das Dornröschen — ein Märchen! —, und in diesem Märchen spielt ein Mädchen eine Rolle, nämlich die schlafende Prinzessin. Der glückliche junge Prinz wird König im Lande, wenn es ihm gelingt, dieses Mädchen zu küssen;

    (Heiterkeit)



    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    er muß allerdings durch eine Dornenhecke, und diese erschließt sich nur dem, der zur rechten Stunde und an dem rechten Ort den Weg zu dem Mädchen gesucht hat.

    (Anhaltende Heiterkeit und Beifall.)

    Heinrich Heine — um ein anderes Zitat zu erzählen —(Beifall links)

    singt in seinen wunderschönen Liedern von der Winterreise im Harz ja auch davon:
    Jetzo ist die rechte Stunde,
    Und jetzo ist der rechte Ort!
    Die Stunde und der Ort müssen für den Erfolg eines Bemühens immer richtig und klug gewählt sein. Wenn ich zu dem Antrag Stellung nehme, dann tue ich es zunächst deshalb, weil ich die Frage aufwerfen will: Ist dieser Antrag in der rechten Stunde gestellt? Kann er infolgedessen in dieser Stunde einen Erfolg haben,

    (Zuruf von der SPD: Wo Sie zufällig Finanzminister sind!)

    in dieser Stunde, in der Bund und Länder sich bemüht haben, aus den gesamten Schwierigkeiten, aus dem Wirrwarr der Dornenhecken, die das Grundgesetz auf finanzpolitischem Gebiet aufgerichtet hat — rein in dem gemeinsamen Bestreben, aus dem Buchstaben des Gesetzes etwas Vernünftiges, etwas Zweckmäßiges, etwas dem gemeinsamen Wohle Dienendes zu machen —, herauszukommen, und sich zusammengefunden haben? In all den Jahren, seit die junge deutsche Bundesrepublik entstanden ist, sind alle Finanzgesetze und alle Finanzverwaltungsgesetze im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern gemacht worden. Es ist ein gewisser Stolz, glaube ich, bei den vernünftigen Kreisen im Volke, wenn es in schwierigen Zeiten, in Zeiten einer unklaren Gesetzgebung gelingt, die Kräfte nicht in unnötigen Konflikten und unnötigen Streitigkeiten zu zersplittern, sondern die gesamte Kraft derer, die nun einmal berufen sind, von irgendeiner Stelle aus für das Gemeinsame zu arbeiten, der wirklichen Arbeit und nicht dem Streit zu widmen.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich hätte es als eine innere Befriedigung empfunden, wenn man, solange der ehrliche Wille des Zusammenarbeitens zwischen Bund und Ländern besteht, vermieden hättet um einer geliebten Theorie willen einen Konfliktstoff zwischen denen zu schaffen, die zum Zusammenarbeiten berufen sind und den Willen zur Zusammenarbeit bewiesen haben, gerade in der letzten Zeit bewiesen haben, in der Gesetzentwürfe, von denen viele hier im Hause geglaubt haben, daß sie bei den Beratungen des Bundesrats zu einem Konfliktstoff zwischen Bundesregierung und Länderregierungen werden würden, in einhelliger Übereinstimmung und mit einhelliger Zustimmung geschaffen und vorgelegt werden konnten.
    Nun werfe ich eine Frage auf. Es wird bei der Frage Föderalismus—Unitarismus — so muß es heißen — auch in der Öffentlichkeit und in der Presse immer wieder davon gesprochen, daß das eine System teuer und das andere sparsam sei. Ich wundere mich, daß das deutsche Volk so wenig daran denkt, daß wir ein unitarisches System in unserer Generation ja schon reichlich ausgekostet haben.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Es ist das System der Jahre 1933 bis 1945.

    (Zurufe von der SPD: So etwas! Das war Zentralismus! — Weitere Zurufe links und rechts.)

    Und rein vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit und Sparsamkeit aus gesprochen:

    (Erneute Zurufe rechts.)

    Wer kann behaupten, daß die Verwaltung im damaligen gesamten Reichsgebiet billiger und sparsamer gewesen wäre, als sie etwa jetzt im Bundesgebiet ist?

    (Lebhafte Zurufe rechts. — Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Unerhört!)

    — Ich weiß nicht, was unerhört sein soll,

    (Abg. Dr. Wellhausen: Der Vergleich mit 1933!)

    wenn ich die Tatsache feststelle, daß wir hier schon einmal ein unitarisches Reich gehabt haben.

    (Abg. Mellies: Das war ein verbrecherisches System! — Weitere lebhafte Zurufe links und rechts.)

    Ich spreche hier über die Frage der Sparsamkeit. Sie können heute noch die Ausgaben für die Verwaltung in jener Zeit nachrechnen, Sie können die Verwaltungsausgaben des Bundes und der Länder im deutschen Bundesgebiet prüfen, und Sie werden feststellen, daß, wenn man die Kaufkraft des Geldes berücksichtigt, die Verwaltung heute, welche man mit ungefähr 130 DM pro Kopf an Ausgaben berechnen kann, billiger ist, als sie in der Zeit zwischen 1933 und 1945 gewesen ist.

    (Erregte Zurufe von der FDP und SPD.)

    — Meine Herren, antworten Sie mit sachlichen Argumenten; ich höre sie sehr gern. Antworten Sie a auf Zahlen mit Zahlen.

    (Zurufe von der SPD. — Abg. Mellies: Ein Minister kann sich nicht auf ein Verbrechersystem berufen!)

    In der Öffentlichkeit wird behauptet, das unitarische System sei sparsamer, sei billiger und deshalb empfehlenswert.

    (Anhaltende erregte Zurufe von der FDP und SPD. — Abg. Mellies: Man kann nicht ein Verbrechersystem zum Vergleich heranziehen, Herr Minister!)

    — Ich ziehe die Erfahrung heran!

    (Abg. Mellies: Nein, Sie ziehen ein Verbrechersystem zum Vergleich heran!)

    — Wollen Sie behaupten, daß ich dieses Verbrechersystem dadurch, daß ich die Zahlen gebracht habe, etwa gebilligt und verteidigt hätte?

    (Erneuter Zuruf des Abg. Mellies.)

    Wenn Sie das behaupten, dann legen Sie' meine Worte bewußt falsch aus.

    (Beifall in der Mitte. Abg. Mellies: Wir wissen doch alle genau, wie das System gearbeitet hat; das wissen Sie auch selber! Sie wissen genau, daß man die Zahlen nicht heranziehen kann! — Zuruf von der SPD: Das sind ja Mätzchen! — Weitere Zurufe von der SPD.)

    Das System hat allerdings sehr stark nach einem Regiment, nach einem Kommando gearbeitet. Wenn Sie nach der Psychologie des Föderalismus fragen, kann ich darauf nur antworten, was ich schon oft gesagt habe: Für die Psychologie des Föderalismus gilt — wenigstens in meiner Heimat


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    - der Satz: Wir wollen niemanden kommandieren, aber auch nicht selber kommandiert sein. Wir wollen uns in Deutschland vertragen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und bei der BP.)

    Das ist freilich ein Gegensatz von grundlegender Bedeutung. In dem Bemühen, uns zu vertragen, haben wir bisher unsere Arbeit durchgeführt und werden sie weiter durchführen.
    Ich frage nur das eine: Wer kann aus der Erfahrung und aus der Geschichte beweisen, daß ein föderativ aufgebautes Land — nehmen Sie die Schweiz oder ein anderes Land — teurer sei als ein unitarisch gelenktes? Weiß man denn in Deutschland überhaupt, wie groß die Zahl der föderativ aufgebauten Länder ist? Will man etwa den Vereinigten Staaten von Amerika nachrechnen, daß ihr föderatives System mit 49 Staaten zu teuer sei und daß sie sich deswegen zu einem unitarischen Reich zusammenschließen sollten?

    (Erregte Zurufe von der FDP und SPD.)

    Meine Damen und Herren, ich bestreite die Behauptung, daß ein unitarisches Reich in seinem Staatsaufbau notwendigerweise billiger sei als ein föderativ aufgebautes.

    (Erneute Zurufe von der FDP.)

    Der Gegensatz ist ein ganz anderer.

    (Zuruf des Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg.)

    — Ich rede jetzt über den Grundsatz.

    (Abg. Dr. Wellhausen: Nur von der Finanzverwaltung ist die Rede!)

    — Ich komme schon darauf.

    (Abg. Dr. Freiherr von Rechenberg: Sie reden an der Sache vorbei!)

    Ich will einmal auf den Grundsatz eingehen, daß die Verwaltung zentral gestaltet werden soll. Bitte, Sie können auch an die Zeit von 1914 bis 1918 denken. Wir hatten damals auch eine Zusammenballung auf wirtschaftlichem Gebiet. Das führte dann oben bei der Zentrale dazu, daß nach Sparten und Departements unterschieden werden mußte. Wir erhalten bei diesem System für ein großes Gebiet zentrale Verwaltungen nebeneinander, die auf bestimmte Lebensgebiete spezialisiert sind. Die Ersparnis, die man durch Beseitigung einer Behörde lokal erreicht, wird durch das, was in der Zentrale an unzweckmäßiger Verwaltung wächst, mehr als ausgeglichen.

    (Lebhafte Zustimmung bei der BP und Abgeordneten der DP.)

    Auch diese Erfahrung sollte zu denken geben.
    Aber nun zu dem Thema. Ich hatte hier gesagt, daß ich für diesen Antrag besonders die rechte Stunde und den rechten Ort vermisse. Ich glaube, wenn wir uns im einzelnen über die Durchführung unterhalten würden, würde sich herausstellen, daß wir gar nicht weit auseinander sind.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich bin der Überzeugung, daß wir uns, wenn wir uns in Ruhe über die Frage unterhalten würden, was notwendig ist, finden würden. Notwendig ist eine Einheitlichkeit in der Handhabung der Gesetze; notwendig ist eine einheitliche Führung der Verwaltung; notwendig ist die Vermeidung von Differenzen, die nicht in der Natur der Sache begründet sind.

    (Abg. von Thadden: Daher Bundesfinanzverwaltung!)

    Wenn ich aber dieses Ziel in einem friedlichen gegenseitigen Einvernehmen erreichen kann, ist mir dieser Weg wertvoller als der andere Weg; das ist mir lieber als ein politischer Konflikt. Ich glaube auch, die derzeitige Entwicklung im Bund, die Zustimmung der Länder zu den Grundgedanken der Gesetzentwürfe nach Art. 106 und 108 des Grundgesetzes beweist schon das Vorhandensein einer Übereinstimmung zwischen Bund und Ländern darüber, daß der Kampf gegen die Steuerunehrlichkeit, der Kampf für eine Vereinheitlichung und Gleichmäßigkeit in der Verwaltung, der Kampf gegen das Entstehen von Steueroasen, die Anlaß zu Ungerechtigkeiten, zu Neid, Mißtrauen und Mißgunst geben, gemeinsam geführt werden muß, und zwar unter Führung des Bundes. Ich bin persönlich der Überzeugung, daß die Entwicklung, die sich hier anbahnt, dem Bunde das gibt, was der Bund heute in Anspruch nehmen kann und muß. Wenn der Bund auf Grund dieser Gesetze z. B. sein Betriebsprüfungssystem aus bauen muß, so wird der Ausbau dieses Systems — das wissen Sie genau so gut wie ich — nicht mit einem Federstrich geschehen sein. Ich muß vielmehr daran denken, daß das ganze eingeschulte, eingearbeitete Personal, das früher auf diesem Gebiet vorhanden war, sich in der Zwischenzeit in die einzelnen wirtschaftlichen Betriebe hinein verlaufen hat, die in der Frage der Besoldung und dergleichen leistungsfähiger sind als der Staat. Das Personal muß also erst gewonnen, neu geschult und neu herangebildet werden. Wenn der Bund auf Grund der Gesetze das leistet, was heute geleistet werden kann, dann ist dem Rechnung getragen, was derzeit notwendig ist. Das andere würde ich ruhig der Entwicklung überlassen; denn ich bin der Überzeugung, daß diese Entwicklung im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Bund und Ländern vor sich geht.

    (Zurufe von der SPD.)

    In den vorgesehenen Bestimmungen des Gesetzes nach Art. 106 des Grundgesetzes erblicke ich die Gewähr dafür, daß der Bund beim Vollzug der Gesetze, die durch die Gesetzgebung geschaffen worden sind und für die er dem Volk gegenüber eine politische Verantwortung trägt, für die Einheitlichkeit eintritt. Es fehlt vielleicht das, was man für die Einrichtung der Behörden braucht. Ich muß aber ehrlich sagen: Nachdem ich weiß, daß das praktische Leben ohnehin dazu führt, daß sich die Einstufung und Laufbahn des gesamten Personals ohne gesetzgeberischen Eingriff aus der Wucht der Tatsachen heraus von selbst immer mehr angleicht, bleibt das, was übrig ist — nämlich, ob ich das Recht habe, ein Finanzamt in Sonthofen oder ein Finanzamt in Immenstadt zu errichten —, vollkommen außerhalb des Interessengebietes des Bundes. Das kann dem Bund wirklich gleichgültig sein. Diese Entscheidungen, die stark von regionalen, lokalen und sonstigen Gesichtspunkten mit erwogen und getroffen werden müssen, können ruhig in der Zuständigkeit der Länder bleiben!
    Da bei grundsätzlichen Erwägungen die Temperamente hochgehen und da die Lösung einer Frage immer nur gefunden werden kann, wenn temperamentlos und ruhig darüber nachgedacht wird, würde ich vorschlagen, daß wir uns lediglich einmal auf eine Frage konzentrieren. Wir haben heute vormittag gehört, daß von keinem Land, gleichgültig welcher Richtung seine Landesregierung angehört, im Bundesrat eine Zustimmung zu einem Gesetzentwurf erwartet werden darf, der das Grundgesetz ändern und der die Bundesfinanz-


    (Bundesfinanzminister Schiffer)

    verwaltung plötzlich nicht mit der Entwicklung, sondern gegen die Entwicklung einleiten will. Ist es nun angesichts unserer jetzigen Gesetzgebung und angesichts unserer jetzigen politischen Verhältnisse notwendig, diesen Streit hervorzurufen? Ist es nicht im Interesse beider besser, eine natürliche Entwicklung in schiedlich-friedlichem Einvernehmen des Ganzen herbeizuführen und aus der Harmonie, aus dem harmonischen Zusammenarbeiten zwischen Bund und Ländern ein Gemeinwesen erstehen zu lassen, das dem Wohle des Ganzen zu dienen in der Lage ist? Wenn die derzeitigen Gesetzentwürfe nach Art. 106 und 108 des Grundgesetzes den Weg zu einer Angleichung in der Steuerverwaltung, zu einem Zusammenfassen der Kräfte zur Durchführung eines gemeinsamen Kampfes gegen die Steuerunehrlichkeit ermöglichen, dann bitte ich darum, daß dieser Weg auch gegangen wird, und zwar nicht um der einzelnen Länder, sondern um der Gesamtheit und um des politischen Friedens im deutschen Volke willen. Aus diesem Motiv habe ich gesprochen.
    Noch einen Satz zum Schluß. Der bayerische Ministerpräsident des Jahres 1945 hat Deutschland die Treue gehalten und hofft, auch mit der Überzeugung, die er hier vertritt, Deutschland einen Dienst der Treue zu erweisen.

    (Anhaltender, lebhafter Beifall bei der CDU/CSU, der DP und der BP.)