Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine politischen Freunde und ich begrüßen den Antrag, der von der Fraktion der SPD eingebracht worden ist. Ich würde wünschen, daß alle Parteien dieses Hohen Hauses in diesem Punkte einer Meinung wären.
Wenn wir von Indien sprechen, dann werden bei uns ja nicht nur verstandesmäßige Überlegungen ausgelöst, sondern auch sehr starke Gefühle, und zwar zunächst einmal Gefühle der Bewunderung für den politischen Weg, den Indien im Laufe der letzten Jahre durchmessen hat. Gefühle der Bewunderung werden für die außerordentlichen Persönlichkeiten geweckt, die das neue Indien geschaffen haben. Ich brauche nur den Namen Gandhi oder die Namen des Präsidenten Prasad oder des Ministerpräsidenten und Außenministers Nehru zu nennen, Männer, die alle ihre Namen in das Buch der Geschichte eingeschrieben haben.
Das neue Indien ist von dem Augenblick an, in dem es seine Selbständigkeit erlangt hatte, vor große Probleme gestellt worden, zunächst einmal vor Probleme außenpolitischer Art als Mittlerin zwischen Ost und West, als die zentrale Macht Asiens, die durch unendlich viele Bande, auch durch die Zugehörigkeit zum britischen Commonwealth, mit Europa verbunden ist. Und Indien ist vor soziale Probleme ganz außerordentlicher Art gestellt worden, die sich durch den raschen Zuwachs der Bevölkerung ergeben haben, durch das Flüchtlingsproblem, für das wir nur zu viel Verständnis aufbringen, und durch schwere Naturkatastrophen.
Die indische Regierung und mit ihr das ganze Commonwealth haben heroische Anstrengungen gemacht, um diesen schweren Problemen zu begegnen. Ich brauche hier nur an den Colombo-Plan zu erinnern. Ich glaube, die Antragsteller haben nicht geglaubt, daß sich das, was wir tun könnten, mit den großen Anstrengungen messen könnte, die hier von indischer Seite und von seiten des Commonwealth gemacht worden sind.
Darum handelt es sich auch nicht, sondern es handelt sich darum, einen Ausdruck einer menschlichen Solidarität zu finden. Was wir geben können, wird mehr oder weniger symbolischen Charakter tragen müssen. Aber wir haben umgekehrt festgestellt, daß in den indischen Beziehungen zur Bundesrepublik vom ersten Augenblick an ein Element der Aufmerksamkeit, der Achtung und der menschlichen Wärme enthalten war, das uns zu erwiderndem Dank verpflichtet. Ich möchte hier an die außerordentlich freundliche Aufnahme erinnern, die die deutsche Wirtschaftsdelegation im letzten Jahre in Indien gefunden hat. Ich möchte daran erinnern, daß Indien das erste Land war, das den Kriegszustand mit Deutschland für beendet erklärt hat, so daß wir uns seit dem 1. Januar dieses Jahres mit Indien im Friedenszustand befinden. Ich möchte daran erinnern, daß Indien das erste Land war, das nach der kleinen Revision des Besatzungsstatuts die diplomatischen Beziehungen mit der Bundesrepublik aufgenommen hat, und ich möchte schließlich an den ehrenvollen Besuch erinnern, den der indische Vizeaußenminister Dr. Keskar am 29. November vorigen Jahres dem Bundestag abgestattet hat.
So stellen sich die politischen Beziehungen den wirtschaftlichen würdig an die Seite, die sich in den letzten Jahren außerordentlich befriedigend entwickelt haben. Ich glaube, die Bundesrepublik Deutschland ist berufen, einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau der indischen Industrie zu leisten. Diesen politischen und diesen wirtschaftlichen Beziehungen stellen sich ebenfalls würdig an die Seite die kulturellen Beziehungen, die stets zu den stolzesten Beziehungen unseres Geisteslebens gehört haben, seit den Zeiten eines Humboldt, eines Goethe und eines Rückert bis zu den großen Indologen der Gegenwart, einem Herrn von Glasenapp und Herrn von Veltheim, der in seinen Berichten kurz vor dem Kriege noch einmal den Reichtum Indiens vor seinen deutschen Freunden ausgebreitet hat. In der Zukunft werden diese kulturellen Beziehungen wohl auch darin bestehen, daß indische Studenten und Gelehrte zu uns kommen, um hier zu studieren. Ich darf hier wohl in aller Namen versichern, daß diese Herren in der Bundesrepublik stets willkommen sein werden.
Es war ein guter Gedanke von den Antragstellern, daß wir gerade Arzneimittel nach Indien schicken könnten. Denn diese Industrie ist für uns ja nicht nur eine Industrie unter Industrien, sondern sie ist für uns eine Art nationale Institution, an der wir alle lebendigen Anteil haben. In dieser Industrie hat das Genie der Forscher in Deutschland seine höchste Stufe erreicht: dort der Weitblick der Unternehmer, dort der Fleiß und das Geschick und die hohe Intelligenz unserer Arbeiter! Für uns ist diese Industrie ein Industrie gewesen, die Millionen leidender Menschen Befreiung von Schmerz und Befreiung von Krankheit gebracht hat. Das wollen wir gegenüber der so oft versuchten Diffamierung dieser Industrie zum Ausdruck bringen. Es wird unsere Freude und unser Stolz sein, hier eine Gabe nach Indien zu geben als einen Beitrag zu den menschlichen und humanitären Beziehungen unserer Bundesrepublik zu einer großen und befreundeten Nation.