Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den vorliegenden Anträgen. Die Fraktion der CDU/CSU hat beantragt, es möge alles getan werden, um die Verabschiedung der Strafrechtsnovelle und insbesondere der Bestimmungen über die sogenannte politische Lüge zu beschleunigen. Mir scheint es zum mindesten von reichlich viel Geschmacklosigkeit zu zeugen, einen solchen Antrag ausgerechnet aus Anlaß der heutigen Debatte zu stellen. Mir scheint, daß die Fraktion der CDU/CSU kein Verständnis dafür zeigen w i 11, welche Probleme hier zur Debatte stehen und welche Fragen insbesondere draußen im Volke jetzt an dieses Parlament gerichtet werden. Der Antrag der CDU/CSU scheint mir darauf hinauszugehen, jede Kritik, sagen wir einmal zurückhaltend: an Unsauberkeiten, die sich hier zutragen, zu unterbinden und jeden zu diffamieren, der etwas unternimmt, solche Unsauberkeiten der Öffentlichkeit mitzuteilen, die diesem Hause und der Regierung alles andere als zur Ehre gereichen.
Ich möchte aber auch einige Bemerkungen zu den Anträgen der SPD machen. Ich glaube, daß sie damit auf halbem Wege stehen geblieben ist. Ich kenne die Gründe nicht, weshalb die Anträge vor der letzten Konsequenz plötzlich abbrechen und sich zumindest teilweise mit Schlußfolgerungen begnügen, die dem Ernst der aufgeworfenen Frage keineswegs entsprechen. In dem ersten Teile des Antrages wird davon gesprochen, es sollen Maßnahmen getroffen werden gegen die Verwendung von Geldern, deren Herkunft durch Einschaltung eines Mittelsmannes und durch die Art der Zahlung absichtlich verborgen wird. Meine Damen und Herren, geht es denn bei diesem ganzen Komplex lediglich um die Verteilung von Geldern, deren Mittelsmann absichtlich oder unabsichtlich verborgen ist? — Ich denke, der Ausschuß hätte in seinen Sitzungen Gelegenheit genug gehabt, etwas mehr über die wirklichen Mittelsmänner und Hintermänner herauszubringen, wenn ihm wirklich daran gelegen gewesen wäre. Aber nicht, daß die Mittelsmänner unsichtbar sind, ist das Delikt, um
das es sich hier handelt, sondern das Delikt ist doch, daß zur Beeinflussung von Abgeordneten, zur Einflußnahme auf den Ablauf der Politik überhaupt mit Geldern gearbeitet worden ist.
Herr Mayer möge sonst irgendwo erzählen, es handele sich hier nur um Gelder, wie sie bei den armen Parteien so üblich seien, die dazu verpflichtet sind, überall und an allen Türen anzuklopfen.
Er möge doch nicht so tun, als ob er nicht wüßte, daß die Gelder, von denen hier die Rede ist, zu ganz bestimmten politischen Zwecken gegeben worden sind
und nicht etwa zur Finanzierung von Parteihäusern.
— Sie haben allen Grund zu schweigen, Herr Mayer. Ich will Ihnen beweisen, um welche Art Gelder es sich handelt, wollen Sie vielleicht behaupten, daß die 5000 DM im Falle der Nachwahl im Wahlkreis Kulmbach nur zur allgemeinen Auffrischung der ramponierten Kassenautorität der Bayernpartei gegeben worden sind? Wollen Sie vielleicht abstreiten, daß diese Summe zu dem einen Zweck gegeben worden ist, dem Kandidaten der Regierungsparteien, dem Herrn Dr. Semler, zur Mehrheit in einem Wahlkreise zu verhelfen, die er nicht erhalten hätte, wenn die Bayernpartei ihren eigenen Kandidaten präsentiert hätte?
Aber das galt es gerade mit der Spende von .5000 DM zu verhindern. Die Wahlkampagne in Bayern war unter den neuen Umständen in Kulmbach für die Bayernpartei bedeutend weniger kostspielig, als wenn sie mit einem eigenen Kandidaten aufgetreten wäre. Also nur um ihrer armen Kasse aufzuhelfen, waren doch die 5000 DM in diesem Falle völlig unangebracht. Sie wollten erreichen, daß der Kandidat des Herrn Dr. Adenauer hier einzieht; und zu diesem Zwecke wurden die 5000 DM gegeben. Das Resultat wurde von meinem Freunde Heinz Renner bereits angeführt. Das Resultat ist, daß der Mann, der auf Grund dieser durch korruptive Maßnahmen zustande gekommenen Stimmenabgabe der Bayernpartei für den Kandidaten der Regierungskoalition gewählt wurde, nun der Vorsitzende des Ausschusses geworden ist, der sich ausgerechnet mit Korruptionsangelegenheiten zu befassen hat. Das ist der Fall Nummer eins.
Im Falle Nummer zwei handelt es sich um den spendenfreudigen Herrn Telle. Es handelt sich doch auch in diesem Falle ganz klar um Gelder, die zu ganz bestimmten Zwecken gegeben worden sind, nicht etwa um irgendwelchen Idealen oder politischen Programmen allgemeiner Art mehr Resonanz in diesem Hause zu verleihen, sondern um dem ganz primitiven Zwecke zu dienen, die Profite der Erdölindustrie und der Erdöl-Handelsgesellschaften zu steigern.
Um der Mehrung der Profite willen wurden Abgeordnete bestochen und wurden nach allen Seiten Gelder verteilt. Ich brauche Herrn Telle hier nicht zu zitieren. Sie wissen es alle, daß er in seinen Erklärungen vor dem Ausschuß nur unsere Partei bei der Aufzählung der Parteien ausgenommen hat, die zu seinen Kunden und Gesprächspartnern gehörten.
Ich nenne den dritten Fall, es ist die Rede von den „Unterhaltungen" ganz normaler, harmloser politischer, wahrscheinlich theoretischer Art, die der Herr Bundesfinanzminister Schäffer unter trauter Assistenz des Herrn Strauß im Herbst 1949 mit dem Ehrenmann Aumer und seinem politischen Freunde Donhauser geführt hat. Sie wollen doch wohl niemandem weismachen, daß sich die Gespräche und die daran geknüpften finanziellen Konsequenzen um irgendwelche allgemeine „politische Ideale" gedreht haben.
Der Zweck, der hier verfolgt wurde, war doch, der schwächlichen Plattform der Regierungskoalition eine künstliche Stütze zu verleihen, und dies um jeden Preis, auch um den Preis der Zuleitung konspirativer und korruptiver Gelder:
Sie wollten einige Leute aus der anrüchigen Bayernpartei-Front herausbrechen, um die Mehrheit für Herrn Adenauer zu festigen; und es kam Ihnen gar nicht darauf an, ob es sich hier um die Dekkung von privaten Schulden oder um die Deckung von politischen Schulden, ob es sich um solche miserablen Figuren wie den Herrn Aumer handelte, der sich unwidersprochen in irgendwelchen Blättchen nachsagen läßt, er hätte silberne Löffel geklaut,
es kam Ihnen gar nicht darauf an, ,,moralische" Unterscheidungen zu machen. Sie haben wieder einmal bewiesen, daß Ihnen jedes, auch das schmutzigste Mittel recht ist, um diesen einen Zweck zu erreichen, nämlich die Stützung der schwächlichen, der gefährdeten Regierungskoalition.
Meine Damen und Herren! Aus diesem Grunde halten wir den Abs. 1 des Antrages der SPD für völlig unzureichend.
Im Abs. 2 wird uns die Nachahmung eines amerikanischen Musters empfohlen. nämlich: die Herren Geldvermittler aus Industriekreisen usw. mögen sich irgendwo registrieren lassen, vielleicht etwa auch noch mit Nummern auf dem Rockaufschlag ausstatten lassen. oder durch eine Armbinde kennzeichnen lassen, damit sie jeder als Agent des Herrn Pferdmenges oder des Herrn Zangen, und wie sie alle heißen mögen, erkennen kann. Daß man sich ausgerechnet auf Beispiele aus USA bezieht. das beweist doch, wie sehr man hier auf die Methode verfallen ist, den Bock zum Gärtner 7U machen. Ich glaube. ein Angehöriger jeder anderen Parteirichtung als der meinigen müßte doch wohl auch zugeben. daß es in keinem anderen Lande der Welt. in keinem Parlament der Welt so viel politische Korruption gibt wie gerade in den Vereinigten Staaten von Amerika.
Und die dortigen Einrichtungen wollen Sie uns zum Vorbild machen, um dem hier eingerissenen Zustand des Kaufs von Stimmen, der politischen Bestechung von Abgeordneten entgegenzuwirken? Das, meine Damen und Herren, hätten Sie sich doch wohl etwas besser überlegen müssen.
Zum Punkt 3 des Antrages habe ich nur kurz zu sagen, daß wir ihm zustimmen können. Wir werden diesem Teil auch zustimmen, obwohl zu dem Antrag auf Drucksache Nr. 2315, den wir für völlig unangebracht halten, eine gewisse Verbindung besteht. In diesem Antrag beantragen Sie, die Fünfergarnitur von kleinen Leuten exemplarisch zu bestrafen. Das macht auf jemand, der nicht
weiß, um was es geht, einen fabelhaften Eindruck, den Eindruck, den gewisse Leute von der Regierungskoalition mit dem ganzen Verfahren auch beabsichtigt haben. Sie wollten nämlich haben, daß am Ende dieser ganzen Affäre folgendes festgestellt wird: In diesem Hause gibt es vier oder fünf unehrenhafte Leute. Schimpf und Schande über sie! Jagt sie hinaus aus dem Tempel! Sie gefährden das Ansehen des Hohen Hauses! Alle anderen — das wollten Sie doch wohl sagen —, sowohl unten im Saal wie hier oben auf der Regierungsbank, sind Ehrenmänner. Meine Damen und Herren! Mit diesem Antrag in Drucksache Nr. 2315 stützen Sie diese Theorie von den fünf Dunkelmännern und den übrigen Ehrenmännern unten und oben in diesem Haus,
Sie gestatten, daß wir uns dieser Darlegung des Falles nicht anschließen können.
Mein Parteifreund Renner ,hat bereits erklärt, daß in dieser ganzen Affäre die eigentlichen Schlüsselpositionen der Korruption mit dem Mantel der christlichen Nächstenliebe zugehängt 'werden. Er hat bereits erklärt, daß man im Ausschuß ängstlich vermieden hat, die interessanten, die wirklich politischen Zusammenhänge aufzudecken, und daß man sich — wie bei der heutigen Debatte — damit begnügte, die kleinen Leute, entweder kleine Schmutzkerle à la Aumer oder kleine Leute, die ausgerutscht sind und eine Dummheit gemacht haben wie Herr Schmidt, mit dem ganzen Schimpf der Verurteilung und Achtung zu behaften. Nein, nein, meine Damen und Herren, so einfach geht das nicht! Meine Fraktion könnte nur dann einem solchen Antrag zustimmen, wenn die Zahl der Namen um drei erweitert würde, nämlich um die Namen des Herrn Ministers für Finanzen, Dr. Fritz Schäffer, des Herrn Abgeordneten Franz Joseph Strauß und des Abgeordneten Dr. Pferdmenges. Es hat keinen Sinn, die kleinen Leute zu jagen, wenn man diejenigen, die das Spiel eingefädelt haben, als Ehrenmänner aus dem Hause gehen läßt.
Ich habe den Bericht des Ausschusses vor mir.
Gestatten Sie, daß ich noch einmal etwas zitiere,
was im Anschluß an das freundnachbarliche Zusammensein des Herrn Schäffer, Strauß, Aumer
und Donhauser zustande gekommen ist. Es heißt
auf Seite 8 des Ausschußberichtes folgendermaßen:
In diesem Gespräch oder mehreren Gesprächen
hat der Abgeordnete Donhauser dem Bundesminister der Finanzen offenbar zumindest
nahegelegt, ihn doch bei der Beschaffung von
Mitteln zur Abdeckung seiner Wahlschulden
aus der Bundestagswahl zu unterstützen. Es
kann kein Zweifel bestehen, daß allen Beteiligten die Möglichkeiten, solche Mittel aufzubringen, bekannt waren,
— also doch auch Ihnen, Herr Strauß? —
wie ja auch die mit Heinrichsbauer angeknüpften Verhandlungen zeigen.
Über die Person des Herrn Heinrichsbauer brauche ich mich nicht zu äußern. Er ist genügend gekennzeichnet worden. Auf der folgenden Seite des Berichts heißt es:
Es steht hiernach fest, daß Aumer um die fragliche Zeit, nämlich im November des Jahres
1949, erhebliche Zahlungen im Zusammenhang
mit Heinrichsbauer und mit der Besprechung mit dem Bundesminister der Finanzen zugegangen sind.
— Herr Ewers, Sie haben sich hier ereifert. Ihr Gewissen hat sich aufgebäumt gegen die sogenannte Methode Aumer. Ja, wie kann man von einer Methode Aumer sprechen, wo es doch notorisch ist, daß es sich hier um eine Methode Schäffer-Strauß handelt und wo Aumer nur der kleine Komplize dieser Methode gewesen ist?
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch einen anderen Hinweis. Auf Seite 12 des Protokolls heißt es ausdrücklich:
Es ist die Frage aufgeworfen worden, ob die Unterstützung von einzelnen Angehörigen der Bayernpartei auf Empfehlung des Abgeordneten Bundesminister der Finanzen Schäffer hin an sich zu beanstanden ist.
Und nun bitte ich das Folgende genau zu registrieren; denn der Satz, der jetzt kommt, ist doch wohl der Kernsatz, der bezeichnend ist für die ganze Methode des Verfahrens, für die Absicht, die ihm zugrunde liegt, und für das magere Resultat, das es schließlich nach sich gezogen hat. Dieser Satz lautet:
Der Ausschuß hat sich jedoch für die Beantwortung dieser Frage nicht für zuständig erachtet, sondern sich auf die hierzu gemachten
tatsächlichen Feststellungen beschränkt.
Mit anderen Worten, der Ausschuß hat gerade in dem Augenblick seine Aktendeckel zugeklappt, als es sich, darum handelte, die eigentlichen Hintermänner, die eigentlichen Organisatoren unsauberer Vorgänge bloßzustellen und ihre Unschädlichmachung einzuleiten.
Aus diesem Grunde, meine Damen und Herren, sind wir nicht in der Lage, dem vorliegenden Antrag auf Billigung des Ausschußberichts zuzustimmen. Wir sind auch nicht in der Lage, dem vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion zuzustimmen.