Rede von
Günter
Goetzendorff
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(WAV)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Alle Debatten können nicht darüber hinwegtäuschen, daß hier in diesem Hause heute die Demokratie, besonders aber die. Regierungskoalition einen „schwarzen Donnerstag" erlebt hat.
Das einzig Erfreuliche an der Angelegenheit wird
vielleicht nur sein, daß die Besucher des Rheins
künftig nicht mehr mit dem Schiff vorbeiziehen und singen: „Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld?",
sondern sich vielleicht direkt zum Bundesfinanzminister Schäffer begeben.
Ich habe mich vorhin erheitert, wie sich fast jeder Redner der Opposition und der Regierungsparteien darin ergangen ist, immer wieder das Wort Demokratie in den Mund zu nehmen und wie man sich schützend wie eine Glucke vor ihre Küchlein stellt.
— Was wollen Sie sagen mit meinen Kilometergeldern? Ich könnte Ihnen etwas anderes vorwerfen! Hat das ein Gericht bewiesen? Ich kann Ihnen Lügen und die Verleumdungen nachsagen und andere Dinge.
Sie werden mich nicht beirren, obwohl ich keine Geräuschkulisse habe wie Sie! Sie zeigen Ihren Geistesreichtum, indem Sie in Zwischenrufen glänzen, Herr Abgeordneter Kahn. Sagen Sie doch hier oben, was Sie zu bemerken haben; gestalten Sie Ihre Zurufe geistvoller! Aber das wird Ihnen schlecht möglich sein bei Ihrem Talent.
— Herr Kollege, ich fürchte für Ihre Gesundheit; Ihr roter Hals ängstigt mich.
— Ich wiederhole mich, weil Sie mich aus dem Konzept zu bringen versuchen!
Meine Damen und Herren! Hier steht eines fest: Es wurde der Untersuchungsausschuß 44 begonnen, und man sagte: „Er wird ausgehen wie das Hornberger Schießen!" Und er ist tatsächlich so ausgegangen wie das Hornberger Schießen; denn heute ging es nur darum, von dieser Stelle von den einzelnen Parteien eine Gelegenheit zu finden, um Fensterreden zu halten, über Dinge zu reden, die in keinem Zusammenhang mit den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses stehen. Ich wundere mich als ein parlamentarischer Anfänger, daß die Worte des Abgeordneten Arndt, die, so klar und bestimmt und zwingend formuliert waren, hier nicht auf Verständnis, sondern auf gehässige Ablehnung gestoßen sind und auf dieser Seite des Hauses nichts anderes hervorgerufen haben als Stimmaufwand, der wahrscheinlich wieder einmal die Demokratie demonstrieren sollte.
Ich habe mich auch gewundert, daß in diesem Hause kein Wort davon gesagt wurde, zu welchem Ende die Ergebnisse dieses Ausschusses führen sollten, daß außer dem Abgeordneten Dr. Arndt niemand hier erklärt hat: „Wir lassen diese Ausschußergebnisse nicht auf sich selbst beruhen, sondern müssen jetzt die Ergebnisse auswerten." Bisher ist der Erfolg dieser Aussprache nur gewesen, daß man sich entweder gegenseitig angegriffen hat oder daß man von der eigenen Partei behauptet hat, wie gut sie sei und wie demokratisch sie denke. Meine Damen und Herren, der Erfolg dieser Aussprache in der deutschen Bevölkerung draußen wird Ihnen zeigen, daß Sie einen falschen Weg gegangen sind. Die Bevölkerung wird sagen: „Wenn es sich um irgendwelche Abgeordnete einer kleinen Gruppe handelt,
dann zieht man alle Register, um sie unmöglich
zu machen; wenn es sich aber um Menschen handelt, an deren Schutz man ein persönliches Interesse hat, wenn es sich sogar um einen Herrn Minister handelt, so wird alles mit dem Tuche des Schweigens und des Vergessens bedeckt.
Auch die langen, manchmal sogar erheiternden Ausführungen des Herrn Dr. Solleder haben diesen fatalen Eindruck in uns nicht töten können,
daß man hier nichts anderes will, als die Dinge vertuschen.
Der Abgeordnete Strauß hat sich früher einmal in so witziger Weise mit dem Vogel, seinem zoologischen Namensvetter, verglichen. Heute, dünkt es mich, war er in der Debatte ein wenig kleinlaut in seinen — sonst so permanenten — Zwischenrufen, heute folgt er vielleicht wieder einem Beispiel seines zoologischen Namensvetters und steckt den Kopf in den Sand; es könnte sonst etwas ins Auge gehen.