Beruhigen Sie sich doch! Ich wollte doch nur sagen, was einer Ihrer führenden Männer dem Ausschuß gesagt hat.
— Herr Strauß, darf ich Ihnen einmal etwas sagen.
Nachdem wir heute morgen im Ältestenrat erfahren haben, daß Sie sogar gelobt haben, sich gegen-
über dem Herrn Loritz etwas vornehmer zu be-
nehmen, versuchen Sie es vielleicht auch einmal mir gegenüber!
Ich zitiere z. B. den Herrn Schrader,
der gesagt hat, daß bei allen bürgerlichen Parteien
über die Finanzierung durch die Industrie doch
gar kein Zweifel bestünde. Und ich zitiere ein noch
etwas wichtigeres Organ Ihrer Front, ein Organ,
das doch vor allen Dingen die Aufgabe hat, Ihre
Jugend zu demokratischer Konzeption zu erziehen.
Ich meine den „Michael", in dem zu lesen steht: Nur muß man aber zunächst einmal festhalten, daß es juristisch keine Bestechung von Abgeordneten gibt. Abgeordnete sind keine Beamte. Wenn sie für eine bestimmte Haltung in einer bestimmten Frage Geschenke annehmen oder sie sich zusagen lassen, machen sie sich keiner Amtspflichtverletzung im juristischen Sinne schuldig, und kein Richter kann sie zur Verantwortung ziehen. Sie können ihre Parlamentsreden und das Gewicht ihrer Stimmen verkaufen, ohne sich strafbar zu machen. Das gehört nun einmal zur Freiheit der Abgeordneten. Es ist bekannt, daß unsere Parteien verhältnismäßig wenig eingeschriebene Mitglieder haben und deshalb auf Geldspenden angewiesen sind. Daß an solche Geschenke mehr oder weniger bestimmte politische Bedingungen geknüpft sind, ist wahrscheinlich.
„Wahrscheinlich", sagt der „Michael"; ich sage:
Es ist sicher.
— Ja, der muß es wissen, weil er Ihnen — nicht nur Ihnen, trotzdem Sie doch gar nicht ein so hundertprozentiger Gläubiger sind —
und Ihren Freunden von der CDU/CSU absolut nahesteht. Wenn also der „Michael" ausspricht, daß es, „wahrscheinlich" ist, daß die Hergabe dieser Bestechungsgelder die Empfänger dieser Bestechungsgeiler verpflichte, politische Entscheidungen nach dem Willen der Geldgeber auszurichten, dann brauche ich da wohl als Kommunist nicht mehr viel hinzuzufügen.
— Nein, das kann ich nicht sagen! Ich will nur an der Stelle festhalten, daß — laut Bericht — der Herr Heinrichsbauer und der Herr Telle es weit von sich gewiesen haben, daß sie etwa an uns Kommunisten Geld gegeben haben.
Das mußten die Herren weit von sich weisen. Mir genügt diese Erklärung.
Aber nun ein anderes Wort noch. Sehen Sie, gelegentlich hören wir hier einmal, vor allem aus dem Mund der Koalitionsfraktionen, die es so als selbstverständlich ansehen, daß sie mit Geldern der Großindustrie gefüttert werden, solche Feststellungen wie: man müsse die Forderung des Art. 21 des Grundgesetzes endlich erfüllen, man müsse ein Gesetz schaffen, durch das die Parteien gehalten wären, ihre finanziellen Einkünfte und die Herkunft ihrer Mittel öffentlich aufzudecken, usw. usw.
Ich weiß nicht, woher Sie den Mut nehmen, ein solches Gesetz überhaupt zu befürworten, wenn Sie doch selber zugeben müssen und wenn Sie durch den „Michael" ihrer eigenen Jugend erzählen, daß es „wahrscheinlich" sei, daß ihre Geldgeber die Linie Ihrer Politik bestimmen. Wie können Sie dann Ihren Wählern erzählen, daß in Ihrer Partei eine Politik im Sinne einer sozialen, einer christlichen Konzeption gemacht würde? Wie können Sie das denen erzählen? Das nimmt Ihnen nicht einmal mehr der dümmste Wähler ab. So liegen doch die Dinge. Deshalb bin ich der Meinung, Sie sollten bei der Propagierung dieser Ihrer Forderung auf Offenlegung der Geldgeberlisten vorsichtig sein. Es gibt in Deutschland ein Sprichwort: „Wes Brot ich ess', ,des Lied ich sing!"
Das fällt auf Sie zurück! Sie essen das Brot der deutschen Großunternehmer, und Sie singen ihr Lied, und Sie machen ihre Politik.
Nun sagt der Herr Telle, der es ja eigentlich wissen müßte, im Ausschuß: „Politik ist kein Geschäft. Ach, der Kauf von Abgeordneten, das ist eigentlich gar kein richtiges Geschäft." — Ich frage mich, warum werden sie denn geschmiert, die Abgeordneten, wenn das kein Geschäft ist. Warum schmiert ' man sie da, die kleinen Sünder? Die großen Sünder, die die Linie der Politik der großen bürgerlichen Parteien bestimmen, arbeiten ja mit vornehmeren Methoden. Aber alle beziehen sie die Masse ihres Geldes von den Herren der Kohle und des Eisens und von den großen Bankhyänen.
So sieht denn auch die Politik aus, die ihr Platzhalter und Interessenvertreter in der Person des Herrn Adenauer hier macht. Wenn man die Ergebnisse dieser Politik einmal kurz rekapituliert, wenn man sich z. B. an ein Werturteil der SPD-Fraktion erinnert, das besagt, daß die Politik der AdenauerRegierung die Armen immer ärmer und die Reichen immer reicher macht, wenn man sich 'an die Feststellung erinnert, daß die Großunternehmer, die Aktionäre, es fertiggebracht haben, daß ihre Aktienpakete im Verhältnis 1 : 1 aufgewertet worden sind, wenn man an die hohen Gewinne denkt, die gelegentlich einmal publik werden, wenn wir auf der anderen Seite daran denken, wie erbärmlich die Sozialpolitik dieser Regierung gegenüber den Massen des Volkes ist, dann scheint es doch bewiesen zu sein, daß der Ankauf von Abgeordneten und die Finanzierung bestimmter reaktionärer Parteien sich für das deutsche Großunternehmertum absolut lohnt, daß es ein lukratives Geschäft für sie ist.
Aber ich komme zurück auf die erste Feststellung. Da ist diese Regierung Adenauer gewählt mit einer Stimme Mehrheit, mit einer sehr, sehr fragwürdigen Mehrheit, was die Homogenität der Parteien angeht, die seinerzeit dahinter gestanden haben. Jedenfalls eine Regierung auf denkbar schmalster Basis. Daß diese Koalition und ihr „großer Führer" ein Interesse daran hatten, die Basis zu erweitern, das versteht sich für jeden denkenden Menschen. Aber woher nimmt diese Regierung, die sich stützt nicht auf das Vertrauen des Volkes, sondern auf eine erkaufte Mehrheit, —
woher resultiert der Rechtsanspruch dieser Regierung, sich als die Regierung zu bezeichnen, die getragen wird vom Vertrauen unseres Volkes? Oder woher resultiert der Anspruch, den sie bei jeder Gelegenheit geltend macht, anerkannt zu werden als die Regierung etwa sogar des gesamten deutschen Volkes?
Nein, diese Adenauer-Regierung, deren politische
Parteien finanziert und getragen werden in der
Hauptsache von den Geldern der deutschen Monopolkapitalisten, diese Regierung, deren Politik
gegenüber dem Volk systematisch darauf hinausläuft, den Hunger und das Elend zu vergrößern, —