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ID0114804700

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    Deutscher Bundestag — 148. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1951 5883 148. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 7. Juni 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5884A, 5930B, 5944D, 5945D Änderung der Tagesordnung . . . 5884B, 5945C Zur Geschäftsordnung: betr. Landsberger Hinrichtungen: Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP) . . 5884B betr. Genehmigung zur Verhaftung des Abg. Hedler: Hedler (DRP) 5884D Erste Beratung des von der Fraktion der BP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag und zur ersten Bundesversammlung der Bundesrepublik Deutschland (Nr. 2271 der Drucksachen) 5885A Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5885A Ausschußüberweisung 5885B Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (Nr. 511 der Drucksachen) und des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen (Nr. 1152 'der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit (12. Ausschuß) (Nr. 1877 [neu] der Drucksachen; Änderungsanträge Umdruck Nrn. 170, 185, 194) in Verbindung mit der Ersten, zweiten und dritten Beratung des von den Abg. Dr. Krone, Dr. Reif u. Gen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Sitz des Bundesaufsichtsamts für das private Versicherungswesen (Nr. 2199 der Drucksachen) 5886B Ruhnke (SPD), Berichterstatter . . 5886C Dr. Tillmanns (CDU), Antragsteller 5887C Dr. Brönner (CDU) 5888C Brandt (SPD) 5889D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5891C, 5894B, 5896A Dr. Reif (FDP) 5892B Walter (DP) - 5893B Kaiser, Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen 5893D Dr. Preusker (FDP) . . . . 5895A, 5896B Dr. Horlacher (CSU) 5895B Beschlußfassung . . ... . . . 5894A, 5896A, D Beratung des Antrags der Abg. Dr. Dr. Müller (Bonn), Kriedemann, Dannemann, Tobaben, Wartner, Dr. Glasmeyer u. Gen. betr. Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft (Nr. 2304 der Drucksachen) 5896D Dr. Dr. Müller (Bonn) (CDU), Antragsteller 5896D Beschlußfassung 5897B Beratung des Berichts des Untersuchungsausschusses (44. Ausschuß) gemäß Antrag der Fraktionen der BP, CDU/CSU, SPD, FDP, DP, WAV und des Zentrums (Nrn. 2274, 1397 [neu] der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion des Zentrums betr. Subventionen an die Industrie (Nr. 1594 der Drucksachen) und der Beratung des Antrags „der Fraktion des Zentrums betr. Zahlungen der Industrie an politische Fonds (Nr. 1595 der Drucksachen) 5897B Zur Sache: Seuffert (SPD), Berichterstatter . . . 5897C Dr. Seelos (BP) 5897D Renner (KPD) 5899C Dr. Reismann_ (Z) 5905B Mayer (Stuttgart) (FDP) . . . 5910D, 5938D Ewers (DP) 5914C Dr. Arndt (SPD) 5917D Dr. Solleder (CSU) 5924C Loritz (WAV) 5929D Donhauser (Unabhängig) 5934B Goetzendorff (DRP-Hosp.) 5934C Fisch (KPD) 5936C Schoettle (SPD) 5939A Strauß (CSU) 5939C Dr. Horlacher (CSU) 5940D Persönliche Bemerkungen: Freiherr v. Fürstenberg (Unabhängig) 5942A Loritz (WAV) 5942A, C Schmitt (Mainz) (CDU) 5942B Rahn (CSU) 5942C Abstimmung vertagt 5930B, 5942D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität des Abg. Dr. Arndt gemäß Schreiben des Bundesministers der Justiz vom 16. April 1951 (Nr. 2261 der Drucksachen) 5942D Hoogen (CDU), Berichterstatter . . 5943A Beschlußfassung 5944A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Geschäftsordnung und Immunität (3. Ausschuß) betr. Aufhebung der Immunität von Abgeordneten (Nr. 2076 [neu] der Drucksachen) 5944B Ritzel (SPD), Berichterstatter . . . 5944B Ewers (DP) 5944D Schoettle (SPD) 5945C Abstimmung vertagt 5944B Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 217) 5945C Beschlußfassung 5945C Nächste Sitzung 5945D Die Sitzung wird um 14 Uhr durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Gebhard Seelos


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (BP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bayernpartei hat am 5. Oktober 1950 den Antrag gestellt, die in der Presse erschienenen Vorwürfe der Bestechung von Abgeordneten in der Hauptstadtfrage durch einen Untersuchungsausschuß prüfen zu lassen, der mit größter Beschleunigung und mit größtem Nachdruck volle Aufklärung schaffen und alle etwa Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen sollte. Der Antrag der Bayernpartei, dem sämtliche Fraktionen gefolgt sind, ist einstimmig angenommen worden, denn jeder Abgeordnete und jeder Demokrat war sich bewußt, daß hier völlige Klarheit geschaffen werden müsse, wenn nicht der Demokratie schwerer Schaden zugefügt werden sollte. Insbesondere für die junge deutsche Demokratie ist es unerläßlich, von Anfang ah für Sauberkeit der wichtigsten demokratischen Einrichtung, nämlich des Bundestages, zu sorgen.
    Jedes Volk hat seine guten und seine schlechten Eigenschaften. Auch wir Deutsche haben nicht nur gute, sondern auch gefährliche und unangenehme Eigenschaften. Zu unseren Vorzügen gehörte, von verschwindenden Ausnahmen abgesehen, die Unbestechlichkeit und Sauberkeit des politischen und geschäftlichen Lebens. Wenn auch zwei verlorene Kriege, einige politische und wirtschaftliche Revolutionen, die Entrechtung und Entmachtung ganzer Schichten und die unsägliche Härte und Not der Zeit bei vielen die Ehrbegriffe leider haben laxer werden lassen, so dürfen die Träger eines Regimes, besonders wenn dieses Regime gar nicht so sehr volkstümlich und beliebt ist, diese laxen Ansichten


    (Dr. Seelos)

    nicht durchgehen lassen. Die Deutschen würden sonst ihr Gesicht verlieren. Deshalb müssen wir kompromißlos alles ausmerzen, was unsauber ist und was zur Diffamierung, zur Herabsetzung der wesentlichen Institution der Demokratie führen könnte.

    (Bravorufe.)

    Wenn ich von dieser Ansicht ausgehe, dann kann ich meine Ausführungen auch nicht als Parteipolitiker machen, sondern kann dazu nur sprechen mit der Objektivität eines Menschen, der sein Leben lang für Sauberkeit in allen Dingen eingetreten ist und der es bedauert, mit politischem Schmutz auch nur in Berührung zu kommen. Ich darf annehmen, daß auch die anderen Redner im Geiste einer allgemeinen Verantwortung sprechen und nicht etwa versuchen werden, ein parteipolitisches Süppchen zu kochen. Denn die Feinde der Demokratie lauern schon darauf, aus etwaigen Verfehlungen einzelner der Institution der Demokratie als solcher einen Strick zu drehen.
    Indem ich von dieser Auffassung ausgehe, stehe ich nicht an zu erklären, daß ich die in dem Bericht gegebene Darstellung der Vorkommnisse als maßvoll betrachte. Ich erkenne an, daß die Mitglieder des Ausschusses die zeitweise bestehende große Gefahr vermieden haben, in zwei Gruppen zu zerfallen und eine Mehrheits- und eine Minderheitsmeinung abzugeben, was die Beurteilung des Ausschußergebnisses sehr beeinflußt hätte.
    Es war schon bedauerlich, daß in den Sitzungen des Ausschusses die Abstimmungen in der Regel nach politischen Fraktionen erfolgten.

    (Abg. Seuffert: Nein!)

    Wären sie auch quer durch die Fraktionen gegangen, hätte das die Einschätzung der Arbeiten als unpolitisch von Anfang an erleichtert. Wenn der Ausschuß schon mit hohen richterlichen Befugnissen ausgestattet ist und über die politische Qualifikation und die Ehre eines Abgeordneten ein Urteil fällen kann, gegen das es keine Berufung gibt, so mußten sich alle Mitglieder des Ausschusses dieser hohen richterlichen Funktion bewußt sein und durften nicht Iden Ausschuß dadurch in den Verdacht eines politischen Instruments bringen, daß verschiedene Mitglieder 'des Ausschusses, ohne das Endergebnis abzuwarten, einzelne Aussagen im Wahlkamf für ihre politischen Zwecke benutzten.

    (Abg. Dr. Solleder: Sehr richtig!)

    Dies läßt daran zweifeln, ob in unserer so sehr politisierten Zeit völlig neutrale Untersuchungsausschüsse, wie sie die Verfassung für unser Parlament vorsieht, überhaupt möglich sind und ob es nicht viel besser und viel richtiger wäre, wenn das Parlament das oberste Gericht oder unabhängige Richter mit den Arbeiten eines Untersuchungsausschusses beauftragen würde. Ich begrüße deshalb die Tendenz des Antrages der SPD Drucksache Nr. 2303, der vorsieht, die Verfassung dahingehend zu ergänzen, daß auf Antrag des Bundestages das Bundesverfassungsgericht einem Abgeordneten, der seine Mitgliedschaft im Bundestag gewinnsüchtig mißbraucht, diese Mitgliedschaft aberkennen kann.
    Die Mitglieder des Ausschusses hätten sich um so mehr zurückhalten müssen, als ein Teil der Presse trotz meines bei der Einbringung des Antrages an sie gerichteten Appells, an dieser schwierigen Angelegenheit verantwortungsvoll mitzuarbeiten, in den ersten Wochen geglaubt hat, mit
    wahrer Lust in politischem Unrat wühlen zu müssen, ohne das Endergebnis abzuwarten, 'das doch nun ganz anders aussieht, als diese teilweise unverantwortlichen Pressemitteilungen haben erwarten lassen.

    (Zuruf rechts: Baumgartnersche!)

    Die Presse hat die Angelegenheit weitgehend so dargestellt, als ob sie eine Entdeckung des „Spiegel" sei, und meist verschwiegen, daß diese Frage vor über einem Jahr in Regensburg vor allen Bezirksvorsitzenden der Bayernpartei öffentlich verhandelt worden ist

    (Abg. Seuffert: Aber wie!)

    und daß die Bayernpartei geradezu darum gerungen hat, über die Hintergründe einer möglichen finanziellen Beeinflussung von außen her Klarheit zu gewinnen,

    (Abg. Seuffert: Aber wie gerungen!)

    ohne die Machtmittel des 44. Ausschusses zu besitzen. Obwohl damals nur ein Teil der Vorkomnisse bekannt wurde, hat die Bayernpartei bereits im Juli einen der betroffenen Abgeordneten aus der Partei ausgeschlossen.

    (Zuruf links: Aber den falschen!)

    Ich kann insbesondere mit Befriedigung feststellen, daß der Bericht die Integrität der Bayernpartei nicht angreift, 'sie vielmehr ausdrücklich bestätigt, wenn auch manche Methoden des politischen Kampfes mit Recht 'kritisiert werden. Man muß aber unterscheiden zwischen dem Verhalten der Partei als solcher und dem Verhalten einzelner Abgeordneter. Ich wäre nie so unanständig, etwa die jetzigen Millionenskandale in München gemäß der Parteizugehörigkeit der Angeklagten einer Partei in die Schuhe zu schieben.
    Bei der Objektivität, die ich angekündigt habe, stehe 'ich aber auch nicht an, zu erklären, daß ich die Kritik des Untersuchungsausschusses an dem
    erhalten einiger Abgeordneter, gleichgültig welcher Partei sie angehören, nicht nur billige, sondern als fast allzu zurückhaltend bezeichnen muß.
    Was mich an dem Bericht aber nicht befriedigt, ist die Unklarheit über einige Vorgänge, deren Klärung zum Verständnis notwendig ist. Aus den Protokollen muß man nämlich feststellen, daß zu Beginn der Vernehmungen die Inempfangnahme geringfügiger politischer Geldmittel durch Abgeordnete mit Entrüstung zur Kenntnis genommen worden ist und daß man dies zum Anlaß genommen hat, die internen Angelegenheiten einer Partei aufs peinlichste zu erforschen, während das Fragespiel auf einmal versickerte, als die Riesensummen zur Diskussion kamen, die an andere Parteien geflossen sind. Ich gebe allerdings zu, daß diese verschiedene Behandlung bei den Vernehmungen in dem Bericht keinen Niederschlag gefunden hat.
    Im übrigen möchte ich auf Einzelheiten des Berichtes nicht eingehen, sondern mich auf diese allgemeinen Betrachtungen beschränken; denn wenn ich den Bericht, der eine Gemeinschaftsarbeit aller im Ausschuß vertretenen Fraktionen ist, akzeptiere, so steht es mir nicht zu, Einzelheiten zu kritisieren. Ich bedaure aber, daß der Ausschuß sich mit Feststellungen begnügt und trotz des Fehlens gesetzlicher Handhaben nicht auch Empfehlungen ausspricht hinsichtlich des Vorgehens des Bundestages gegen betroffene Abgeordnete, sondern dies dem Bundestag selbst überläßt.
    Von verschiedenen Fraktionen wurde, in Abstufung schon angeregt, sechs, vier, zwei oder nur


    (Dr. Seelos)

    einem der betroffenen Abgeordneten zu empfehlen, das Bundestagsmandat niederzulegen. Wenn ich auch die Auffassung vertrete, daß es eine selbstverständliche Pflicht des Bundestages ist, sich im Interesse einer Selbstreinigung von den eindeutig betroffenen Mitgliedern zu befreien, so erscheint es mir doch bedenklich, auf Grund der Feststellungen des Ausschusses durch ein Votum des Plenums eine Maßnahme zu treffen, ,die das politische Leben der Betreffenden vernichtet, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, vorher noch einmal dazu Stellung zu nehmen, was schon deshalb notwendig ist, weil der „Spiegel"-Ausschuß jede subjektive Wertung bewußt vermieden hat. Ferner bestehen ja keine Berufungsmöglichkeiten. Der Bundestag hat allerdings kein Zwangsmittel gegen die betreffenden Abgeordneten. Er kann sie nur auffordern, ihr Mandat von sich aus niederzulegen.
    Ich bitte deshalb, zu erwägen, ob nicht ein ad hoc berufener Ehrenrat nach Anhörung der betroffenen Abgeordneten dem Bundestag die Maßnahmen vorschlagen soll, die er auf Grund der Feststellungen des Untersuchungsausschusses treffen möge und über die dann möglichst ohne Diskussion abgestimmt werden sollte. Der Ehrenrat sollte sich, um diesmal die Erledigung innerhalb von 8 Tagen zu sichern, nur aus wenigen, vielleich einer Gruppe von fünf Mitgliedern, bestehend aus zwei Mitgliedern der CDU/CSU, zweien der SPD und einem der FDP, zusammensetzen. Es ist bedauerlich, daß -meiner Bitte vom 5. Oktober vorigen Jahres, den damals schon längst beschlossenen Ehrenrat durch Fertigstellung einer Ehrenordnung funktionsfähig zu machen, dies bis heute nicht geschehen ist, obwohl ich die Angelegenheit im Ältestenrat wiederholt angemahnt habe. Das 'Vertrauen des Volkes zum Bundestag muß leiden, wenn er nicht einmal in der Lage ist, die für sein eigenes Funktionieren notwendigen Einrichtungen zu schaffen. Man kann deshalb nicht einen schon vorhandenen Ehrenrat damit befassen, sondern muß zu diesem besonderen Zweck diesen vorgeschlagenen Ehrenrat schaffen. Ich behalte mir vor, später noch entsprechende Anträge einzureichen.
    Im übrigen kann ich hier mitteilen, daß die Abgeordneten von Aretin und Volkholz, um eine völlig objektive Klärung der Vorwürfe zu ermöglichen, beim Oberstaatsanwalt in Bonn bereits Strafanzeige gegen sich selbst erhoben und dem Präsidenten ein Schreiben überreicht und ihn um Aufhebung der Immunität gebeten haben.
    Es erscheint ferner dringend erforderlich, die gesamte Finanzierung der Parteien durchsichtiger zu gestalten. Ich muß hier offen aussprechen, .daß ich die Finanzierung von Parteien durch Interessenverbände nicht für gut halte, weil es unmöglich ist, die Grenzen zu ziehen, in denen eine Beeinflussung der Stimmabgabe ausgeschaltet werden kann. Die Parteien sind nun einmal eine notwendige Einrichtung unserer parlamentarischen Demokratie, und das Staatsvolk wird es, damit solche Zwischenfälle vermieden werden, gerne hinnehmen, wenn ihre Finanzierung in einer Weise erfolgt, daß etwa pro Wähler zum Bundestag ein Betrag von monatlich 2 Pfennig den Parteien zur Verfügung gestellt wird und daß es ihnen verboten wird, andere Gelder anzunehmen.

    (Zuruf von der Mitte: Mitgliederbeiträge!)

    Wir richten deshalb an die Bundesregierung das dringende Ersuchen, das verfassungsmäßig vorgesehene Parteiengesetz mit größter Beschleunigung vorzulegen. Die Fraktion der SPD hat soeben einen Umdruck eingereicht, in dem Vorschläge in dieser Richtung gemacht werden. Wir sind mit den Punkten 1 und 2 der Anträge der Fraktion der SPD einverstanden.
    Darüber hinaus erscheint es uns notwendig, daß — schon zur Abschreckung für künftige Fälle —eine Ergänzung des Strafgesetzbuches hinsichtlich der Bestechung von Abgeordneten eingeführt wird.
    Ich glaube, wenn alle diese Maßnahmen getroffen sind, dann ist das getan, was eine Demokratie zu ihrem Selbstschutz tun muß. Dann kann auch die Bevölkerung die Sicherheit haben, daß die politisch verantwortlichen Parteien der Allgemeinheit objektiv und ohne Rücksicht auf Interessengruppen dienen.

    (Beifall bei der BP.)



Rede von Dr. Carlo Schmid
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Abgeordnete Renner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Heinz Renner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (KPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte als Generalnenner

    (Zuruf rechts: General Renner! — Heiterkeit — Unruhe)

    — schreien Sie doch nachher, ich habe ja noch gar nichts gesagt — über das Ergebnis der Arbeit dieses Untersuchungsausschusses den Satz stellen: „Es kreißen die Berge und sie gebären eine Maus!" Mehr ist dabei nicht herausgekommen. Einige kleine Sünder, die sich unmanierlich betragen haben, haben gegen die Regeln, die man in der vornehmen Gesellschaft zu wahren verpflichtet ist, wenn man das Gesicht wahren will — das „deutsche, Gesicht" ist hier sogar gesagt worden —, verstoßen. Sie waren ungeschickt, und das muß man büßen, zumal wenn gewisse Parteien in gewissen Situationen daran interessiert sind, einige kleine Sünder herauszustellen. Das war in Bayern der Fall, wo man ja die Bayernpartei zur Ausbreitung der dortigen und der hiesigen Koalition innerlich ein bißchen zersetzen mußte, innerlich etwas auseinanderbringen mußte. Dabei sind diese kleinen Sünder auf der Strecke geblieben. Es lohnt sich kaum, über sie viel zu reden.
    Aber desto mehr muß man meines Erachtens über die Art reden, wie diese Untersuchungen in dem zuständigen Ausschuß von vornherein aufgezogen worden sind, wie man sich an das Wort „Beweisthema" geklammert hat, wie man sich systematisch gegen alle Versuche, hinter die Schleier zu kommen, die wahren Geldgeber, die wahren Blutspender für gewisse Parteien zu ermitteln, mit Erfolg zur Wehr gesetzt hat.
    Um das zu erkennen, muß man nur den Ausschußbericht selber einmal etwas studieren. Da heißt es in seinem Auftakt:
    Der Ausschuß hatte den Gegenstand' seiner Untersuchungen durch Auslegung des Bundestagsbeschlusses festzustellen, nachdem der Beschluß selbst das Thema nicht ganz klar abgegrenzt hatte. Dabei war zu berücksichtigen, daß der Beschluß selbst den Gegentand der Untersuchung nicht auf Zahlungen im Falle der Hauptstadtfrage Bonn-Frankfurt beschränkt, sondern auch von Zahlungen bei anderen Angelegenheiten an Abgeordnete spricht.
    Dann heißt es weiter:
    Der Ausschuß hat es demnach als seine Aufgabe angesehen, zu prüfen, ob Zahlungen an Abgeordnete erfolgt sind oder angeboten worden sind, oder ob Abgeordnete solche Zahlun-


    (Renner)

    gen zu erlangen versucht haben unter Bedingungen oder Zweckbestimmungen, die mit den an einen Abgeordneten zu stellenden Anforderungen nicht vereinbar waren.
    Und dann weiter:
    Zu den für die Beurteilung der Zahlungen in
    Betracht zu ziehenden Umständen war unvermeidlich auch die Frage zu rechnen, wie Ab-
    geordnete Gelder, die ihnen aus politischen
    Gründen oder in politischem Zusammenhang
    übergeben worden waren, verwandt hatten.
    Wenn wir uns dann die Geldgeber betrachten, die im Zuge dieser Verhandlungen, die unser Volk — es ist wohl nicht übertrieben — viele Zehntausende von Mark gekostet haben, vernommen wurden, wenn man die Art, wie man sie angepackt hat, wenn man ihre Aussagen, wenn man das Entgegenkommen gewisser Mitglieder des Ausschusses diesen Herren gegenüber — als es darauf ankam, ihnen allzu unbequeme Fragen zu vermeiden — betrachtet, dann gewinnt das, was ich sage, meiner festen Überzeugung nach eine wirkliche Beweiskraft.
    Nun, fangen wir einmal an mit den Herren, die im Ausschuß als Geldgeber aufgetaucht sind. Da steht im Vordergrund der Herr Abgeordnete Pferdmenges,

    (Heiterkeit rechts. — Zuruf rechts: Ach, alter Freund!)

    uns allen ja nicht unbekannt. Das ist der Mann,

    (Abg. Frau Dr. Weber: Er ist ja Kollege! — Weiterer Zuruf rechts: Engerer Landsmann!)

    der nach dem Protokoll folgendermaßen aussieht: Der Abgeordnete Pferdmenges hat nach seiner Aussage im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 1949 Wahlgelder für verschiedene Parteien, insbesondere die CDU, gesammelt. (Widerspruch. — Zuruf: Nein, verwaltet!)

    — Das ist das Protokoll.

    (Erneuter Widerspruch.)

    — Das ist das Protokoll, meine Herren!

    (Zuruf rechts: Da hat er euch übersehen!)

    — Das steht im Protokoll,

    (Zuruf von der Mitte: Stimmt doch auch!)

    in dem Protokoll, das Ihr Vertreter mit genehmigt hat!
    Aber dann geht es weiter:
    Nach der Aussage des Abgeordneten Pferdmenges und nach der Überzeugung des Ausschusses handelt es sich nicht um Gelder, die im Sinne des Bundestagsbeschlusses zur Beeinflussung der politischen Haltung von Abgeordneten oder Parteien oder mit unzulässigen Zweckbestimmungen gegeben worden sind.
    In dieser Beziehung hat der Ausschuß dann „in
    der Regel" — so heißt es —, wenn solche Fragen
    gestellt wurden, von weiteren Ermittlungen abgesehen, wenn die Verwendung von Geldern zu politischen Zwecken im Interesse einer Partei oder in
    einem echten politischen Interesse genügend glaubhaft gemacht erschien, und beim Herrn Pferdmenges hat man das geglaubt!

    (Heiterkeit. — Zuruf rechts: Bei euch nicht!) Man hat ihm geglaubt, daß er Gelder für alle Parteien sammelt und sie ohne jede Zweckbestimmung, ohne jeden Hintergedanken,


    (Zuruf rechts: Das ist für euch ganz unfaßlich!)

    ohne jede politische Bindung, so wie der liebe Gott seinen Segen über alle, mehr oder weniger Gute, herabträufelt, -

    (Heiterkeit)

    an sie verteilt hätte. Der vornehme Herr Pferdmenges, der Großbankier ,der Regierungskoalition, — bei ihm war man sehr vorsichtig. Man hat nicht gekratzt, und er kam sehr gut ab. Das ist auch zu verstehen, wenn er selber sagt: „Ich habe ihnen allen etwas gegeben". Nun, es ist schlecht dagegen anstinken.

    (Abg. Dr. Schumacher: Ist ja nicht wahr! Oder haben Sie was bekommen?)

    — Er hat gesagt: „Ich habe allen Parteien, die mich — —

    (Erneuter Widerspruch)

    — Dann bin ich gezwungen, mir nachher das Protokoll — —

    (Lebhafte Zurufe.)

    — Da müssen Sie` Ihr Protokoll holen! Er hat
    natürlich nicht Sie gemeint, Herr Dr. Schumacher.

    (Heiterkeit. — Zuruf: Sie?)

    — Ich zitiere hier, Herr Arndt, wörtlich aus dem Protokoll;

    (Zurufe: Nein, nein!)

    und wenn die Zitate nicht stimmen, dann sind die
    Abfasser des Protokolls lächerliche Figuren, nicht
    ich! Ich zitiere und werde Ihnen gleich an Hand
    der Protokolle zeigen, daß ich, richtig zitiert habe.

    (Abg. Dr. Arndt: Ist ja Quatsch!)

    Nun, dieser vornehme und feine Mann, der die Gelder sammelt und sie an alle abgibt — er meint natürlich die Parteien der Koalition! —, dieser feine Mann ist, wie gesagt, wenig belästigt worden. Man hat ihm geglaubt, daß er nicht irgendwelche zweckbestimmten Absichten mit dieser Hergabe der Gelder, die er gesammelt hat, verbindet. Es heißt aber dann in dem Bericht:
    Nicht außer Betracht gelassen werden konnten
    die Geldgeber solcher Zahlungen und die Absichten und Gründe, aus denen heraus die Zahlungen von ihnen geleistet worden waren.
    Damit kommen wir zu der zweiten Gruppe von Geldgebern. Das waren, möchte ich sagen, die Männer, die so in der ersten Dreckfront der Politik ihre Spenden abgegeben haben. Die haben das nicht gemacht wie der Herr Pferdmenges, der die Beträge, die er gesammelt hat, an die Kassen der Parteien abgeführt hat; die haben sich einzelne Abgeordnete vorgeknöpft und diese einzelnen Abgeordneten dotiert. Deshalb bezeichne ich sie als die Männer, die ihre Korruptionsarbeit in der vordersten Drecklinie gemacht haben, und zwar an den Kleinen. Auch wieder einmal — damit ich das ja nicht vergesse — ein Beweis dafür, wie man versucht hat, gewisse Zusammenhänge zwischen diesen Spenden und etwa der Frage der Versteuerung, der Verbuchung dieser Spenden aus der Welt zu schaffen. Da steht an einer Stelle im Protokoll — als Aussage, als Auffassung des Abgeordneten Schmitt (Mainz) —: „Verbuchung der Gelder geht uns nichts an". Also ob die Gelder als verlorener Zuschuß, als Geschenk oder als Betriebsunkosten verbucht worden sind, ob Steuern dafür bezahlt worden sind oder nicht, das geht nach Meinung des Herrn Schmitt den Ausschuß nichts an.

    (Abg. Dr. Wuermeling: Das geht das Finanzamt an!)

    — Ich bin der Meinung, meine Herren, es geht uns sehr viel an!

    (Zurufe.)



    (Renner)

    — Ja, aber Sie sind doch schließlich der Repräsentant des Staates,

    (Zuruf: Nein, der Ausschuß!)

    und man sollte Ihnen, die Sie auch die Finanzämter unter sich haben oder zu kontrollieren vorgeben, auch zutrauen dürfen, daß Sie ein Interesse daran haben, ob die Gelder versteuert worden sind oder ob sie einfach der Steuer hinterzogen worden sind. Das sollte für uns von Interesse sein. Ich stelle nur fest, daß laut Protokoll der Ausschuß dafür kein Interesse gezeigt hat.
    Dann heißt es weiter zur Sache selber:
    Es werden zwar nun bekanntermaßen ständig und in nicht geringem Umfange Zahlungen für politische Zwecke geleistet, jedoch, wie dem Ausschuß ersichtlich wurde, in vielen Fällen durch Mittelsmänner, wobei der eigentliche Geber dem eigentlichen Empfänger oft gar nicht bekannt ist und die Weiterleitung sowie die schließliche Verwendung der Gelder oft dem Ermessen der Beteiligten oder aber auch der Mittelsmänner überlassen bleibt.
    Damit kommen wir wieder zu der zweiten Gruppe, die ich eben als die Gruppe der kleinen Macher in der vordersten Drecklinie bezeichnet habe. Da steht im Vordergrund Herr Heinrichsbauer. Er ist gefragt worden, was er eigentlich sei. Nach dem Protokoll hat er gesagt, er sei Syndikus, er habe eine Handelsgesellschaft. Erst nach und nach hat er sich dazu bequemt zu sagen, daß er ein Angestellter ist. Er ist aber auch vom Ausschuß gar nicht besonders gedrängt worden zu erklären, wer denn seine „Brötchengeber" sind. Aber das ist auch wieder begreiflich. Er hat gesagt: „Das ist eine Frage des Vertrauens, daß man mir das Geld zur Weiterleitung gibt; das ist eine Frage des Vertrauens zwischen mir und meinen Geldgebern, an wen und in welcher Höhe ich das Geld abgebe". — Quittungen? -- Unter Ehrenmännern braucht man doch keine Quittungen, sagt er, das ist eine Frage des Vertrauens, der „Ehre". So ist es zu erklären, daß Quittungen bei diesen „Transformationen

    (Heiterkeit)

    und Transfigurationen"

    (erneute Heiterkeit)

    kaum aufgetaucht sind. Das ging alles so auf der Basis des Ehrenwortes und des gegenseitigen Vertrauens vor sich.
    Nun ist dieser Herr Heinrichsbauer ja bekanntlich kein Neuling. Er hat selber gesagt, daß er zu seinen Geldgebern zum Teil schon seit 25 und 30 Jahren in einem absoluten Vertrauensverhältnis steht. Das stimmt. Er ist ein alter Mann, der in jahrzehntelanger Arbeit immer wieder dasselbe gemacht hat:

    (Heiterkeit.)

    Er hat die Gelder, die ihm die Großunternehmer und die Syndikate abgaben, um einzelne Abgeordnete zu bestechen und zu kaufen, weitergeleitet.

    (Lachen rechts.)

    — Diese Gelder hat er weitergeleitet. — Sehen Sie, hier vor mir liegt ein Werk von ihm, erschienen im Jahre 1948: Schwerindustrie und Politik, von August Heinrichsbauer, vertraulich, nur zur persönlichen Information, jeder Nachdruck ist untersagt, da die Abhandlung nicht zur Veröffentlichung und Weiterverbreitung bestimmt ist. Das Ganze ist im Zuge des Prozesses in Nürnberg gegen die großen industriellen Kriegsverbrecher herausgekommen. Es läuft darauf hinaus, den Nachweis zu erbringen, daß sie eigentlich gar nicht in
    nennenswertem Umfange die Nazis unterstützt haben.

    (Abg. Dr. Greve: Dazu hat Dr. Dehler wohl das Vorwort geschrieben?)

    Er geht sogar zu Anfang von einer Feststellung aus, die man etwa so zusammenfassen kann: Er wirft den deutschen Großunternehmern vor der Nazizeit vor, daß sie eigentlich den Wert einer politischen Steuerung der Arbeit der Parteien und der Parlamente durch Hergabe von Geldern in ihrer ganzen Bedeutung gar nicht erkannt hätten. Er wirft ihnen direkt vor: Damals haben sie eigentlich viel zu wenig getan, und in der Nazizeit haben sie such nicht allzu viel getan. — Dann ist auch noch ein Versuch darin, die denkwürdige Konferenz in Düsseldorf 1932, an deren Vorbereitung der Herr Lehr sehr wesentlich beteiligt war,

    (Heiterkeit)

    in ihrer Bedeutung herabzusetzen — nicht wahr? Aber eines ist da schon interessant. Herr Dr. Heinrichsbauer zeigte damals auch schon die jetzige Linie in seiner Arbeit auf. Er geht nicht an die Parteien heran, er holt sich da auch einzelne, in der NSDAP führende Spitzenfunktionäre heraus, löst sie aus der Reihe heraus, macht sie korrupt und kauft sie so. Und dann besitzt er die Kühnheit zu sagen, das hätte er eigentlich nur getan, um dem Nationalsozialismus gewisse „Giftzähne" auszubrechen. Das hört man auch heute noch gelegentlich von anderer Seite, dieselbe Formulierung!
    Aber das war der Mann, der sozusagen den Finger auf dem richtigen Knopf hatte. Der Mann stand unter Eidespflicht. Wenn man gewollt hätte, dann hätte man ihn bestimmt aus seiner Diskretion herausbringen können. Dann hätte man erreicht, daß er diese hohen ehrenwerten Personen, mit deren Geldern er schon seit 25 und 30 und mehr Jahren politische Parteifunktionäre und Parlamentarier besticht, genannt hätte. Man hätte diese Hintermänner entdecken können, wenn man nur gewollt hätte.

    (Sehr richtig! bei der KPD.)

    Was wäre das eine illustre Liste von illustren Namen geworden!

    (Sehr gut! bei der KPD. — Heiterkeit rechts.)

    Eine illustre Liste! Was hätten wir da an manchen alten Bekannten wiedergesehen,

    (Heiterkeit)

    so manchen alten Bekannten aus den hohen Kreisen um den Herrn Pferdmenges und den Herrn Adenauer herum! Aber auch da wieder fiel der Mantel der christlichen Nächstenliebe: Noli me tangere — nur nicht daran rühren —, es könnte unangenehm werden! Aber da hätte man die Blutspender herauskriegen können. Da hätte man die Namen dieser Personen, dieser Großgeldbesitzer, dieser Großaktionäre, der wahren Leiter und Lenker der Politik der bürgerlichen Reaktion herauskriegen können. Da hätte man die Hintermänner entdecken können, in deren Namen Adenauer wie Hitler Politik gegen das Volk machen.

    (Pfui-Rufe rechts.)

    — Die Namen hätte man aufdecken können.

    (Erneute Pfui-Rufe rechts.)

    Aber man hat das nicht gewollt. Man ist darüber hinweggegangen.
    Dann ist da noch ein anderer in diesem illustren Kreis. Der Mann riecht bedenklich nach Petroleum. Das ist der Herr Telle von der Gewerkschaft


    (Renner)

    Elwerath: Ich habe gelegentlich schon immer wieder hier gesagt: Wenn Sie, meine Herren, von Moral reden, dann stinkt das nach Petroleum.

    (Heiterkeit.)

    Und hier haben wir wieder einmal einen Beweis.

    (Zuruf aus der Mitte: Und Sie riechen nach Nylonstrümpfen!)

    Sehen Sie, das ist dieser Herr Telle; der holt sich einen von diesen kleinen Männern heraus. Er weiß gar nicht, wer der Mann ist. Er weiß nicht, daß der Vater dieses Bundestagsabgeordneten schon in der bayerischen Erdölindustrie gewisse Interessen gehabt hat. Das weiß er alles gar nicht. Er wagt dem Ausschuß zu erzählen, er sei Preuße, und da er die bekannte Aversion der Bayern gegen uns S-a-u-Preußen kenne und da er diese Aversion etwas besänftigen wolle, habe er es für richtig gehalten, diesem Bajuvaren reinsten Blutes ein bißchen mit Geld auf die Sprünge zu helfen.

    (Heiterkeit.)

    Das steht alles im Ausschußbericht drin, das ist nicht meine Erfindung. Aber als er diese Gelder lockergemacht hatte, da stand im Bundestag ein sehr heißes Thema an, die Frage nämlich der Erhöhung des Preises für Treibstoffe. Es täte mir direkt weh, wenn ich mir einreden wollte oder sollte, daß zwischen dieser Geldhergabe und dem Problem der Erhöhung der Preise kein logischer Zusammenhang bestände. Ich bin nicht dumm genug, mir das einzureden, und ich glaube, auch keiner von Ihnen ist so dumm, das anzunehmen; Sie sehen genau so wie wir diese Zusammenhänge. Hier ist also Geld hergegeben worden von einem Mann, der jetzt an der Stelle sitzt, an der früher einmal einer unserer jetzigen Minister gesessen hat. Das hatte den Sinn, eine Abstimmung im Interesse der Ölmagnaten zu beeinflussen, gegen die Interessen der Verbraucher und damit gegen die Interessen des Volkes.
    Damit komme ich zu einem anderen Thema. Das ist das Thema Schäffer-Donhauser.

    (Heiterkeit.)

    Ich berufe mich da auch nur — als vorsichtiger Europäer — auf das Protokoll!

    (Heiterkeit und Zuruf rechts: Europäer? — Osteuropäer!)

    — Glauben Sie denn daran, daß ich keiner bin? Oder unterstellen Sie mir, ich könnte ruhig ein bißchen mehr riskieren?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sie haben doch für Asien optiert!)

    — Ich sage Ihnen gleich, warum ich vielleicht ein bißchen mehr riskieren kann. Ich freue mich, wenn Sie mir das Stichwort nachher geben, damit ich es ja nicht vergesse. Vielleicht kann ich dann noch ein bißchen weitergehen.
    Sehen Sie, das ist das Protokoll, der Ausschußbericht. Da lese ich:
    Der Abgeordnete Donhauser hat überdies mehrfach, insbesondere in einem Gespräch am Buß- und Bettag
    — einen eigenartigen Tag hat er sich da herausgesucht! —
    des Jahres 1949, welches im Arbeitzszimmer des Bundesministers der Finanzen Schäffer im Beisein des Abgeordneten Strauß
    — Strauß! —

    (Heiterkeit)

    und mindestens teilweise im Beisein des Abgeordneten Aumer stattfand, dem Abgeordneten und Bundesminister der Finanzen Schäffer, mit dem er von Beginn seiner politischen Tätigkeit an politisch befreundet war. — —
    Dasselbe sagt auch der Herr Schäffer in seiner
    Aussage, siehe im Stenogramm über die Sitzung.
    Er betont auch die politische Freundschaft,
    die alte politische Bindung! Also da hat der Herr
    Aumer dem Herrn Finanzminister Schäffer
    die bestehenden Finanznöte dargelegt. Er hat insbesondere darauf hingewiesen, daß die Leitung der Partei unter Dr. Baumgartner denjenigen Mitgliedern der Partei, die politische Gegensätze mit Dr. Baumgartner hätten, finanzielle Schwierigkeiten mache und ihnen keine Mittel zur Verfügung stelle. Die innerhalb der Bayernpartei bestehenden Gegensätze brauchen hier nicht im einzelnen erörtert zu werden;
    — das steht im Bericht! —
    klar geworden ist jedoch, daß die sogenannte Gruppe Donhauser, im Gegensatz zur Führung der Partei unter Dr. Baumgartner, Ansichten vertrat, die denjenigen des Bundesministers der Finanzen in Bezug auf die bayerische Politik mehr entgegenkamen als die offizielle Politik der Landesleitung. In diesem Gespräch oder mehreren Gesprächen hat der Abgeordnete Donhauser dem Bundesminister der Finanzen offenbar zumindest nahegelegt, ihn doch bei der Beschaffung von Mitteln zur Abdeckung seiner Wahlschulden aus der Bundestagswahl zu unterstützen. Es kann kein Zweifel bestehen, daß allen Beteiligten die Möglichkeiten, solche Mittel aufzubringen, bekannt waren, wie ja auch die mit Heinrichsbauer angeknüpften Verhandlungen zeigen.
    Fest steht jedenfalls, daß der Bundesminister der Finanzen auf Grund seiner politischen Verbindungen nach seiner Aussage zustimmend und
    — im Protokoll Soundso —
    empfehlend dahin gewirkt hat, daß dem Abgeordneten Donhauser oder seiner Gruppe Zahlungen aus dem Fonds, der aus allgemeinen Sammlungen großer Wirtschaftsverbände für den Bundestagswahlkampf stammt, zuflossen.
    — Das war in den Tagen der Nachwahl in Kulmbach,

    (Zuruf: Nein!)

    kurz vorher oder kurz nachher, um die Zeit herum.

    (Abg. Dr. Solleder: 27. November 1949!)

    — Die Wahl in Kulmbach war im Mai 1950. Einigen wir uns aber auf den halben Nenner! Aber die Wahl war, und sie hat sich unter gewissen neuen Aspekten vollzogen. Neu war nämlich das Wahlbündnis, das man eingegangen war, das Wahlbündnis CSU, FDP und Bayernpartei. Die örtlichen Funktionäre und die Gruppe Donhauser haben da in Einheitsfront für den Kandidaten der CSU gekämpft, und dieser wurde dann auch gewählt. Das hat dem Herrn Donhauser einige tausend Mark eingebracht. Und der Gewählte ist jetzt der Vorsitzende des 44. Ausschusses.

    (Heiterkeit.)

    — Ja, ja, der Gewählte ist der Vorsitzende des 44. Ausschusses! Es gibt böse Menschen und Ausschußmitglieder, die behaupten, daß der Herr Finanzminister mit dem Blick auf diese Wahl im besonderen, auf die Tatsache, daß die Bayernpartei


    (Renner)

    unter der Führung dieser Leute immer mehr zu einer Adenauer-koalitionstreuen Partei sich entwickle, die Meinung gewann, daß dies durch Beteiligung an dem großen Futternapf belohnt werden müsse, über den der Herr Heinrichsbauer zum Teil, aber zum überwiegenden Teil auch der Herr Bankier Pferdmenges und unser Minister verfügt hat.

    (Heiterkeit.)

    Wenn ich vorhin gesagt habe, als vorsichtiger Europäer will ich mich vorsichtig ausdrücken, fällt mir jetzt ein, daß ich das eigentlich gar nicht nötig habe. Ich kann ruhig etwas deutlicher werden. Sehen Sie, da ist der Herr Etzel. Der Herr Etzel, däs ist auch so eine Person, die in den „Rahmen" nicht hineinpaßt,

    (Heiterkeit)

    dem es offensichtlich unwohl war angesichts all dieser Korruption um ihn herum. Dieser Herr Etzel sagte im Ausschuß:
    Schäffer ist die zentrale Figur der ganzen Affäre. Der Herr Bundesfinanzminister ist der Großsiegelbewahrer der Korruptionsgelder.
    Das sagt der Herr Etzel,

    (Abg. Dr. Solleder: Das hat er zurückgenommen!)

    und ich habe bisher noch nicht gehört, daß der Herr Bundesfinanzminister gegen ihn eine Beleidigungsklage angestrengt hat.

    (Abg. Dr. Solleder: Jawohl! Das hat er zurückgenommen! — Abg. Strauß: Sie sind falsch berichtet! — Abg. Stücklen: Sie haben geschlafen, Herr Renner, er hat es zurückgenommen! — Abg. Strauß: Sie müssen mehr Zeitung lesen, aber erzählen Sie ruhig weiter! — Zuruf von der Mitte: Sie haben im Geschäftsordnungsausschuß gefehlt, sonst wüßten Sie es!)

    — Hat er es zurückgenommen? — Ja, komisch, dann fällt damit wohl die Feststellung in dem heutigen offizielen Ausschußprotokoll zusammen, daß er die „zentrale Figur" ist? Fällt das damit zusammen? — Dann bin ich beruhigt.

    (Große Heiterkeit.)

    Ich stelle nur fest: Diese Herren Minister aus diesem Kreis von illustren Personen, die so hauchzart empfindlich sind und entsprechend reagieren, wenn es gilt, irgendeine vermeintliche Beleidigung irgendeines Bundestagsabgeordneten zurückweisen zu müssen, etwa durch Anrufung des Gerichts, diese Herren Minister sind in d e r Frage ziemlich dickfellig. --- Sie lassen das über sich heruntergehen, ohne sich irgendwie zu wehren!
    Nun komme ich langsam zum Schluß meiner Betrachtungen.

    (Zurufe: Gott sei Dank! — Weiter!)

    Viele Monate lang hat dieser Ausschuß gebraucht, um trotz einer Unzahl von Sitzungen und eines umfangreichen Berichts und viel, viel, viel Geld an der Klärung der Frage vorbeizukommen. Man ist nämlich glatt an der Klärung der Grundfrage vorbeigekommen: Wo sitzen denn nun die wirklichen großen Geldgeber und damit die wirklichen Männer,

    (Abg. Strauß: Im Osten! — Heiterkeit)

    die die Politik dieser reaktionären Adenauer-Regierung bestimmen? An dieser Klärung geht man bewußt aus parteiegoistischen Gründen vorbei.
    Nun, in Bonn versuchte Dr. Adenauer, der politische Geschäftsfüher der westdeutschen Schwerindustrie, vom ersten Tag an

    (Lachen in der Mitte — Zurufe: Oho!)

    mit allen Miteln seine recht schmale Regierungsbasis zu erweitern. Und nun hören wir aus dem Beschluß und aus dem Protokoll, das der Ausschuß erarbeitet hat, daß zwar nicht direkt beweisbar, aber mit einer großen Wahrscheinlichkeit annehmbar ist, daß sogar die Frage der Wahl Bonns als Sitz der Bundesregierung nur diesem Ergebnis zu danken ist, daß in der letzten Minute aus einer gewissen Front, nicht wahr, einzelne Abgeordnete herausgelöst worden sind.

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

    — Ich empfehle Ihnen das Studium der Ausschußberichte!

    (Abg. Mayer [Stuttgart]: Sie wissen es doch besser!)

    Aber abgesehen von dieser Frage komme ich jetzt zur Frage der Wahl Dr. Adenauers, die damals bekanntlich mit einer Stimme Mehrheit erfolgt ist. Wir haben bisher immer angenommen, diese eine Stimme wäre seine eigene Stimme gewesen.

    (Abg. Mayer [Stuttgart] : Wir dachten, es wäre die Ihre! — Heiterkeit.)

    — Hören Sie, ich hätte beinahe gesagt, so dumm sind Sie nicht einmal, wenn Sie schlafen!

    (Lachen in der Mitte.)

    Wir haben immer angenommen, es war seine Stimme, mit der er gewählt worden ist. Jetzt ist immerhin mit einer Spur von Wahrscheinlichkeit die Annahme berechtigt, daß da auch bereits die Stimme irgend so eines gekauften Abgeordneten dahintersteckt.

    (Lärm. — Abg. Strauß: Das ist eine Unverschämtheit! — Weitere Zurufe von der Mitte und rechts.)

    Es ist immerhin mit einer deutlichen Spur von Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß er mit der Stimme eines gekauften Abgeordneten regiert.

    (Anhaltende große Unruhe. — Zuruf: Unverschämtheit! — Abg. Stücklen: So etwas kann sich nur ein Renner erlauben! — Weitere Zurufe. — Klappen mit den Pultdeckeln.)

    Nun zu entscheidenden Fragen. Welche Industriegruppe finanziert — —(Andauernde große Unruhe und Zurufe.)