Meine Damen und Herren! Der Antrag, den das Zentrum stellt, hat einen wirtschaftspolitischen Zweck, einen wirtschaftspolitischen Zweck, obwohl wir uns in einer Finanzdebatte befinden. Aber es ist wohl notwendig, daß gerade in der Finanzdebatte derartige wirtschaftspolitische Dinge erörtert werden, weil die Höhe der Steuern entscheidend ist für das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftlichen Maßnahmen, die die einzelnen Steuerpflichtigen treffen. Dementsprechend hatte auch die Regierung in ihrer Drucksache zur Begründung des Änderungsgesetzes angeführt:
Die Förderung der Kapitalbildung gehört daher
zu den wichtigsten wirtschaftspolitischen Auf-
gaben. Gleichzeitig gilt es, das Kapital an
diejenigen Stellen zu investieren, an denen der
größte volkswirtschaftliche Nutzeffekt erwartet
werden kann.
Dieses Ziel, das sich die Bundesregierung mit der Vorlage gesetzt hatte, ist aber in der ganzen Vorlage nicht in die Tat umgesetzt worden. Zwar ist in der Vorlage hier und dort eine Bestimmung gestrichen worden, die bisher der Selbstfinanzierung diente. Es ist auch die Begrenzung der Sonderausgaben auf 15 O/ gestrichen worden. Durch diese Streichung ist nur der Effekt erzielt worden, daß noch eine gewisse zusätzliche Selbstfinanzierung für das laufende Rechnungsjahr möglich ist. In dem hier vorliegenden Gesetzentwurf ist aber keine einzige Bestimmung dahin getroffen worden, daß der wirtschaftspolitische Effekt, den die Regierung mit der Einbringung dieser Vorlage erreichen wollte, tatsächlich überhaupt erfüllt wird. Tatsächlich dient die Vorlage nur dem Zweck, fiskalische Ziele zu erreichen.
Um die Vorlage entsprechend den eigenen Wünschen der Regierung und entsprechend der allgemeinen Überzeugung der Volkswirtschaft in Deutschland brauchbarer zu machen, haben wir uns bemüht, hier eine Vorschrift einzufügen, die erst in die Vorlage solch eine wirtschaftspolitische Zielsetzung hineinbringt. Diese wirtschaftspolitische Zielsetzung ist: Ablenkung der Kaufkraft vom Konsum und Hinlenkung zur Investition, und zwar ohne Zwangssparen. Wir halten nichts vom Zwangssparen, weil das Zwangssparen später vom Gläubiger nicht realisiert werden kann und der Vertrauensschwund als Folge eines Zwangssparens noch viel schlimmer für das gesamte wirtschaftliche Geschehen ist als das Zwangssparen selber. Wir glauben, daß mit einer derartigen Bestimmung, wie wir. sie hier vorgeschlagen haben, in erheblichem Maße Konsumkaufkraft in den Investitionssektor umgelenkt werden kann. Man kann uns nicht einwenden, daß die Pläne, die die Industrie vorhabe, indem sie eine Rohgewinnabgabe zur Finanzierung von Kohle und Stahl, zur Finanzierung der Elektrizitätsindustrie einführen wolle, hier genügten. Tatsächlich soll diese Bestimmung hier nicht nur für die Industrie gelten, sondern sie soll sich an das ganze breite Publikum der Sparer wenden, an die breite Schicht derer, die früher immer den größten
Teil des Sparkapitals aufgebracht haben. Es sollen auch nicht nur die Zwecke begünstigt werden, die durch die Industrieumlage begünstigt werden sollen, sondern ganz allgemeine Zwecke. Unter Wertpapieren sind sowohl Aktien, beispielsweise des Schiffsbaues, zu verstehen als auch Papiere für den Wohnungsbau, eben alle diejenigen Wertpapiere, die von dem bereits bestehenden Kapitallenkungsorgan genehmigt werden, Papiere, die für die Beseitigung von volkswirtschaftlichen Engpässen ausgegeben werden können. Diese Dinge sind ja auch weniger entscheidend als die Vorfrage: Wird tatsächlich Kapital gebildet werden?
Ich bin der Überzeugung — und der Bundestag hat dieser Überzeugung auch schon Ausdruck gegeben —, daß in dem Augenblick, in dem man die steuerliche Begünstigung durch steuerliche Prämien, nämlich durch Abzug des Begünstigungsbetrages von dem Steuerbetrag selber, einführt, ein beachtlicher Spareffekt erzielt werden wird. Der Bundestag hat schon in zwei Entschließungen eine Anrechnung von 25 °/o der Sparbeträge für Wohnungszwecke auf den Steuerbetrag beschlossen. Die entsprechende Vorlage, die der Bundestag vom Bundesfinanzminister gefordert hat, läßt bisher immer noch auf sich warten. Hier haben wir jetzt, indem wir auf den Steuerbetrag einen bestimmten Sparbetrag gutschreiben, die Möglichkeit, tatsächlich das breiteste Publikum anzusprechen und es durch eine völlig klare und eindeutige Vergünstigung zu veranlassen, nunmehr zu sparen.
Gerade die Wertpapiere haben in den letzten Jahren eine Sicherheit der Anlage gezeigt, soweit es sich um Aktien handelte, denen Reichsmarkforderungen nicht innegewohnt haben. Wir würden also bei einer solchen Begünstigung sowohl die Frage der Sicherung als auch auf der anderen Seite die Frage einer einfachen steuerlichen Begünstigung lösen können. Daß ein Ausfall an Steuern hier eintreten kann, ist klar; aber das kann immer nur dann geschehen, wenn das Dreifache an Beträgen für die Investition zur Verfügung gestellt wird. Würde also beispielsweise ein Ausfall an Steuern von 100 Millionen DM anzunehmen sein, so müßten zunächst, und zwar zeitlich wesentlich früher, 300 Millionen DM den behördlich genehmigten Investitionszwecken und damit den Engpässen in der deutschen Volkswirtschaft zugeflossen sein. Aus diesen Gründen glaube ich, daß gerade diese Form einer Begünstigung eines Versuches wert ist.
Der Ausfall an Steuern ist im übrigen auch dadurch immer wieder wettgemacht, daß sich mit der Beseitigung von Engpässen in Deutschland unsere gesamte Produktivkraft ausdehnen kann, daß die Produktionskraft, die heute infolge von Reibungen große Disproportionalitäten aufzuweisen hat, wieder voll ausgeschöpft werden kann und damit eine zusätzliche volkswirtschaftliche Umsatzausweitung ermöglicht wird. Wohl alle werden der Überzeugung sein, daß eine Umlenkung von der Konsumkaufkraft in die Investitionssphäre eine der vordringlichsten und wichtigsten Aufgaben ist. Das hat die Bundesregierung selber bestätigt, und das ist auch von der Finanzwissenschaft und von der Volkswirtschaftslehre wiederholt anerkannt worden.
Ich glaube, daß unser Antrag einen gangbaren Weg aufzeigt. Ich bitte Sie, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.