Rede von
Dr.
Hermann
Ehlers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich verstehe die Ausführungen des Herrn Abgeordneten Euler dahin, daß die Interpellation zurückgezogen wird. Damit ist der Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Ich rufe auf Punkt 2 der Tagesordnung: Beratung der Interpellation der Fraktion der
SPD betreffend Devisenkontrolle .
Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 15 Minuten und eine Aussprachezeit von 60 Minuten vor.
Zur Begründung der Interpellation erteile ich dem Abgeordneten Dr. Bleiß das Wort.
Dr. Bleiß , Interpellant: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den letzten Wochen hatten wir mehr als einmal Veranlassung, auf die bedrohliche Entwicklung unserer Zahlungsbilanz hinzuweisen. Wir haben in den Debatten über die Wirtschaftspolitik immer wieder zum Ausdruck bringen müssen, daß die vorhandene Devisenklemme nach unserer Auffassung eine Folge der völlig verfehlten Liberalisierung des Außenhandels ist. Aber, meine Damen und Herren, ich will heute nicht über den legal en
Devisenschwund reden; das hat mein Freund Kalbitzer in der vorletzten Sitzung des Hohen Hauses sehr gründlich getan. Ich will mich heute mit dem illegalen Devisenschwund, mit der illegalen Kapitalausfuhr beschäftigen. Auch in dieser Beziehung haben wir Sorgen, die von einem Tag zum andern größer werden.
Es ist schwer zu schätzen, welchen Umfang die Kapitalflucht aus Westdeutschland angenommen hat. Nach einigen Informationen hat der Kapitalfluchtbetrag eine Höhe von über 800 Millionen DM erreicht. Es ist möglich, daß die effektive Zahl noch höher liegt. Es ist auch möglich, daß sie nicht ganz diese Höhe erreicht. Auf jeden Fall aber dürfte feststehen, daß die Devisenbeträge, die durch unverantwortliche Elemente in das Ausland verbracht werden, eine unerträgliche Höhe erreicht haben, und daß alles getan werden muß, um eine weitere Schwächung unserer Zahlungsbilanz zu verhindern.
Die Wege der Kapitalflucht sind mannigfaltig. Wir sind uns aber nicht darüber im klaren, ob seitens der Bundesregierung alles getan wurde, um zu verhindern, daß beispielsweise die Exporte zu niedrig fakturiert oder die ausländischen Waren zu überhöhten fiktiven Preisen nach Deutschland eingeführt werden, oder ob eine Kontrolle über die produktive Verwendung aller Importlizenzen mit aller Genauigkeit ausgeübt wurde.
Wir fragen deshalb die Bundesregierung:
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung seit ihrem Bestehen im Rahmen der ihr zustehenden Kompetenzen ergriffen, um einen illegalen Abfluß deutschen Kapitals an das Ausland zu unterbinden?
Wir fragen weiter:
Was beabsichtigt sie, in Zukunft in dieser Richtung zu tun?
Wir erwarten hierauf eine erschöpfende Auskunft.
Wir fragen insbesondere die Bundesregierung:
Von welchen Stellen werden die Im- und Exportpreise geprüft, und mit welchem Grad der Genauigkeit und Verantwortung werden diese Prüfungen durchgeführt?
Nach unseren Informationen ist im Zuge einer Revision des Besatzungsstatuts die Kontrolle über den Devisenverkehr, die bisher ausschließlich bei den ausländischen Dienststellen lag, zu einem erheblichen Teil auf deutsche Behörden übergegangen. Wir fragen deshalb die Bundesregierung:
Welche deutschen und alliierten Stellen sind heute auf dem Gebiete der Devisenkontrolle in der Bundesregierung tätig? Welches sind ihre Verantwortung und ihre Tätigkeit?
Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung bisher ergriffen, um eine weitgehende Koordinierung zwischen den Preisprüfungsstellen des Wirtschaftsministeriums und den Devisenkontrollstellen des Finanzministeriums herbeizuführen?
Wann und in welcher Weise wird die Zuständigkeit für die Devisenkontrolle zwischen den Bundesministern von der Bundesregierung geklärt?
Wir fragen weiter: Welche Schritte hat die Bundesregierung seit ihrem Bestehen unternommen, um die eigenen Kompetenzen auf dem Gebiete der Devisenkontrolle sicherzustellen bzw. um Einfluß auf die betreffende alliierte Gesetzgebung zu nehmen und endlich dafür zu sorgen, daß die Löcher in der Devisengesetzgebung endgültig gestopft werden?
Wir fragen schließlich die Bundesregierung, ob vor allem das vorhandene Devisenstrafrecht ausreicht, um die notorischen Devisenschieber so hart zu bestrafen, wie es unsere Devisenklemme verlangt.
Ich glaube, meine Damen und Herren, wir haben auf diesem Gebiet alles zu tun und wir dürfen nichts unterlassen, um endlich dafür zu sorgen, daß die illegale Kapitalausfuhr auf das äußerste beschränkt und daß die notorischen Sünder hart bestraft werden. In diesem Sinne bitte ich die Regierung zu unserer Interpellation Stellung zu nehmen.