Rede von
Dr.
Otto Heinrich
Greve
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine sehr verehrten Damen und 'Herren! Wenn 'es noch eines Beweises bedurft hätte, was der Herr Bundesjustizminister hat sagen wollen und auch gesagt hat, dann wäre er durch die Kommentierung seiner Rede durch Herrn Abgeordneten Euler eben erbracht worden.
Das, was Herr Euler hier eben gesagt hat, ist genau dasselbe, was der Herr Bundesjustizminister in seinen vielen Reden zum Ausdruck gebracht hat.
Herr Euler konnte es nicht unterlassen, davon zu reden, daß die Gewerkschaften durch ihre Handlungen schwere Angriffe gegen die demokratische Ordnung gerichtet 'und diese erschüttert haben. Das ist im Grunde genommen das gleiche, was der Herr Bundesjustizminister gesagt hat. Ich will mich aber nicht mit Herrn Euler, sondern mit dem Herrn Bundesjustizminister befassen.
Ich bin der Auffassung: wenn der Herr Bundesminister der Justiz nur einen Funken von Empfinden dafür gehabt hätte, was eines Mannes würdig 'ist, der Mitglied der Regierung ist, dann hätte er sich hier erklärt, er hätte das gesagt, was er gesagt hat, bedauere es aber und könne sich nicht dazu bekennen. Auch in das politische Leben
gehört menschlicher Anstand, wenn man für sich in
Anspruch nimmt, als Charakter bewertet zu werden.
Der Herr Bundesminister der Justiz hat 'es selbst nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Schröder fertiggebracht, das in Abrede zu stellen, was er selbst unterschrieben hat. Der Herr Bundesminister der Justiz hat gesagt, er hätte nur zum Ausdruck gebracht, daß die Gewerkschaften es unternommen hätten, den Bundestag unter Druck zu setzen und ihn zu nötigen. Nun, bitte, hören Sie einmal in Ruhe an, was der Herr Bundesminister der Justiz selbst unterschrieben hat:
Ich bezeichnete weiterhin als eine schwere Erschütterung der demokratischen Rechtsordnung, daß die Gewerkschaften, unterstützt von der Sozialdemokratie, durch 'die Streikdrohung den Bundestag zur gesetzgeberischen Anerkennung ihrer Forderung des Mitbestimmungsrechts in den Unternehmen des Bergbaues und der Eisen- und Stahlindustrie nötigte.
Meine Damen und Herren, hier steht nichts davon: „Ich habe gesagt, daß die Gewerkschaften es unternommen haben ..." Hier steht es schwarz auf weiß: der Herr Bundesminister der Justiz hat gesagt: die Gewerkschaften haben den Bundestag genötigt.
Der Herr Kollege Dr. Schröder hat sich von diesen ...Äußerungen des Herrn Bundesministers der Justiz mit Recht abgesetzt.
Wir können gegenüber diesem Mitglied der Bundesregierung nur sagen: solange es ein Deutsches Reich gibt, gleichviel in welcher Staatsform, hat es noch keinen Reichsminister oder Bundesminister der Justiz gegeben, der der demokratischen Rechtsordnung und dem, was in einer demokratischen Rechtsordnung gehörig ist, soviel Schimpf und Schande 'angetan hat wie dieser Bundesjustizminister Dr. Dehler.