Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu den Punkten 1 a und b der Tagesordnung.
Es liegt der Antrag vor, den Antrag auf Drucksache Nr. 2006 den folgenden Ausschüssen zu überweisen: erstens dem Ausschuß für Rechtswesen und Verfassungsrecht, zweitens dem Ausschuß für Presse, Rundfunk und Film, drittens dem Kulturausschuß. Weiterhin ist mir die Anregung zugegangen,
auch eine Überweisung an den Ausschuß für Post-und Fernmeldewesen vorzunehmen.
Da von der engen Verbindung mit dem Post- und Fernmeldewesen selbst im Grundgesetz gesprochen wird, würde ich Ihnen vorschlagen, diesen Ausschuß ebenfalls heranzuziehen. Ist das Haus mit dieser Überweisung einverstanden? —Das ist offenbar der Fall.
Weiterhin liegt der Antrag des Ausschusses für Post- und Fernmeldewesen auf Drucksache Nr. 2016 vor, den Antrag der Fraktion der Bayernpartei der Bundesregierung als Material zu überweisen. Ich bitte die Damen und Herren, die diesem Antrag zuzustimmen wünschen, die Hand zu erheben. — Offenbar die Mehrheit; die Überweisung ist erfolgt.
— Wer ist dagegen? —
Offenbar nur der Herr Abgeordnete Horlacher. Wer enthält sich? — Niemand.
Meine Damen und Herren, ich möchte eine Mitteilung einfügen. Ich habe vor einigen Wochen zu meinem Bedauern übersehen, Herrn Abgeordneten Grafen von Spreti nach einer langen Erkrankung in unserem Kreise wieder zu begrüßen. Da Herr Abgeordneter Etzel heute in unseren Kreis zurückgekehrt ist, möchte ich nicht den gleichen Fehler machen. Ich freue mich über seine Gesundung und heiße ihn unserem Kreise herzlich willkommen.
Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:
Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP betreffend Bezahlung von Handwerkerrechnungen
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Der Ältestenrat schlägt Ihnen eine Begründungszeit von 10 Minuten und eine Aussprachezeit von höchstens 60 Minuten vor.
Zur Begründung hat der Abgeordnete Günther das Wort.
Günther , Interpellant: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Normalerweise ist es im Geschäftsleben so, daß man auch bezahlt, was man bestellt, und zwar so bezahlt, wie es sich gehört. Es gibt Leistungen, die im voraus bezahlt werden; andere Leistungen werden während der Ausführung bezahlt, und bei manchen Leistungen wird die Bezahlung sofort nach Fertigstellung fällig. Wenn jemand mit der Eisenbahn fährt, nimmt er keinen Anstoß daran, daß er sich vorher eine Fahrkarte lösen muß. Bei der Beamtenschaft würde ein Sturm der Entrüstung losbrechen, wenn sie das Monatsgehalt rückwirkend statt wie üblich im voraus bekäme. Es ist auch ganz klar, daß auf der Straßenbahn während ihrer Leistung kassiert wird. Wenn -man in einer Gaststätte ein Glas Bier oder Wein trinkt, ist es auch üblich, nach dem Verzehr sofort zu bezahlen. Früher war es üblich, daß sich die öffentliche Hand beim Fälligwerden von Rechnungen nach der Verdingungsordnung für örtliche Bauleistungen richtete, Abschlagszahlungen leistete und vor allen Dingen Rechnungen spätestens acht Wochen nach Hereingabe ganz bezahlte.
Aber anscheinend haben gewisse Behörden eine Doppelmoral. Einmal verlangen sie vom Bürger, daß er seine Steuer pünktlich bezahlt. Tut er das nicht, dann wird der Bürger mit einem entsprechenden Aufschlag belegt. Auf der andern Seite kann man feststellen, daß dieselben Behörden, die den Bürger an seine Pflichten ketten, mit Forderungen, die die Handwerker an sie zu stellen haben, ganz anders verfahren. Es hat sich besonders im Bonner Raum, aber auch im gesamten Bundesgebiet herausgestellt, daß Rechnungen ungebührlich lange Zeit unbeglichen bleiben. Im vergangenen Jahr betrugen die Zeitspannen im Bonner Raum im Durchschnitt 6 Monate, zum Teil über ein Jahr. Heute noch gibt es unbeglichene Rechnungen aus dem Jahre 1949. Das ist — wenn ich diesen Ausdruck anwenden darf — ein Skandal.
Hinzu kommt, daß die Handwerker zur Zeit über Außenstände verfügen, wie sie sie noch zu keiner Zeit gehabt haben. Nach den Statistiken, die das Statistische Amt nach der Handwerkerzählung vom 1. Oktober 1949 aufgestellt hat, waren bei den Handwerkern nicht weniger als 807 325 000 DM an Außenständen zu verzeichnen. Es handelt sich hier um Außenstände, die älter als vier Wochen sind. Ein nicht unerheblicher Teil dieser Außenstände hegt bei der öffentlichen Hand.
Der Handwerker könnte zwar die Rechnungsbeträge einfordern, aber ihm liegt das Prozessieren nicht. Für den Handwerker ist es auch außerordentlich schwer, diesen Weg zu gehen, einmal weil er befürchten muß, dann vom Auftraggeber nicht mehr aufgefordert zu werden, zum anderen, weil ihm Zeit und Geld verloren gehen und er auf dem Standpunkt steht, man soll schlechtem Geld kein gutes nachwerfen.
Was man dem Handwerker hierdurch angetan hat und zum Teil noch antut, ist absolut nicht am Platze. Unsere Interpellation ist daher gerechtfertigt.
Um Ihnen zu beweisen, daß das, was ich vorbringe, auch berechtigt ist, darf ich Ihnen — der Herr Präsident wird es gestatten — einige Beispiele anführen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben haben. Über Malerarbeiten z. B. wurde am 31. 3. 1950 eine Rechnung über 20 000 DM ausgestellt. Am 4. 8. 1950 wurde eine Zahlung von 13 000 DM geleistet. Am 31. 1. 51 bestand noch eine Restforderung von 6750 DM. Eine Rechnung vom 26. Oktober 1950 über 772 DM ist bis zum heutigen Tage noch nicht bezahlt, es sei denn, daß es in den letzten vier Wochen geschehen ist. Von einer Rechnung vom 10. 6. 1950 über 4900 DM steht noch ein Rest von 847 DM offen.
In einem anderen Fall war eine längst fällige und zedierte Forderung von einer Sparkasse hier am Platze zu 80 % mit 11 000 DM beliehen worden. Die Rechnungsstelle hatte diese Forderung dem Kasseninstitut bestätigt mit der Zusicherung, daß die Rechnungsbeträge im Oktober 1950 gezahlt würden. Trotzdem wurde nicht bezahlt, und erst Anfang und Mitte Dezember 1950 wurden zwei Abschlagszahlungen in Höhe von 6 300 DM an das Kasseninstitut geleistet. Ende Januar forderte daher das Kasseninstitut den Schuldner auf, den Debetsaldo abzudecken. Die hierdurch dem Handwerker entstandenen Bankkosten und Bankzinsen betrugen 1000 DM, die von der Behörde nicht bezahlt wurden.
Ein anderer Handwerksmeister teilt mit, daß seine Forderungen vom 5. und 31. Mai 1950 über 1757 DM bis Ende März 1951, also neun Monate später noch nicht beglichen waren.
Wieder ein anderer, ein Schreinermeister, hat Außenstände von 3661 DM, die noch in das Jahr 1950 zurückgehen. In einem anderen Fall, wo er für ein Ministerium gearbeitet hat, hatte er die Leistung im September 1949 erbracht. Die Rechnungen tragen die Eingangsdaten des betreffenden Ministeriums vom 27. Oktober und 6. November 1949. Am 28. Februar dieses Jahres bekommt er von diesem Ministerium eine Antwort, in der es heißt:
In der Auseinandersetzung zwischen dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen über die Bezahlung von. Leistungen beim Aufbau von Bundesministerien in Bonn hat das Land Nordrhein-Westfalen nunmehr die Bezahlung übernommen und das Staatliche Hochbauamt in Bonn auch den Betrag für die beim Ausbau unseres Dienstgebäudes angefallenen Rechnungen überwiesen. Das Staatliche Hochbauamt ist nicht in der Lage, Ihre Rechnungen in der vorliegenden Form ohne Angabe der Leistungsbeschreibungen, der Maße und ohne unterschriebene Tagelohnzettel zu bezahlen. Ich bitte deshalb um Ergänzung bzw. Neuaufstellung und direkte Einreichung an das Staatliche Hochbauamt Bonn.
Dieses Schreiben setzt dem ganzen Verhalten gegenüber den Handwerkern die Krone auf. Anderthalb Jahre nach Erbringung der Leistung soll der Mann die Lohnzettel wieder einschicken, damit nachgeprüft werden kann, ob die Rechnung in Ordnung geht oder nicht.
Ein anderer Handwerker, ein Installateur, hat den Klageweg beschritten. Ein Ministerium hatte Arbeiten durch ihn ausführen lassen. Zu guter Letzt hat das Ministerium erklärt, es sei nur Vermittler gewesen, die Hausbesitzer hätten diese Rechnungen zu bezahlen. Daraufhin hat sich der Betreffende an den Rechtsanwalt gewandt. Ein Rechtsanwalt des Ministeriums hat dem Handwerksmeister geantwortet, daß das Ministerium die Bezahlung ablehne, weil die Leistungen nicht für das Ministerium erbracht worden seien. Als man hörte, daß hier eine Interpellation anstand, hat das Ministerium seine Einwände zurückgezogen; offenbar fühlte es sich nicht ganz wohl bei dieser Angelegenheit.
Die Handwerker sind auf jeden Fall durch diese Art der Behandlung außerordentlich geschädigt. Sie hätten sich im vergangenen Sommer vielleicht besser in die Sonne oder ins Gras gelegt als hier zu arbeiten; denn die Unkosten, die sie durch die Eintreibung des Geldes haben, übersteigen zum Teil den Verdienst. Man muß auch an die Unkosten denken, die sie bei ihren Hausbanken haben, bei denen sie zum Teil 12 und 15 % und mehr an Zinsen für kurzfristige Gelder zahlen müssen. Der Handwerker erleidet hier kolossalen Schaden. Er hat durch den Währungsschnitt sowieso sehr wenig Betriebskapital zur Verfügung, so daß er nicht die Lieferanten und zugleich auch die Bank befriedigen kann. Immer wieder muß prolongiert werden. Dadurch wird das Ansehen und der Kredit des Handwerkers auf die Dauer geschädigt. Dabei tragen vielfach die Behörden die Schuld.
Ein anderer Handwerker schreibt, daß er bei einer ganzen Reihe von Rechnungen, die auf das Besatzungskostenamt lauteten, 14, 12, 14, 18, 14, 10, 16 Monate usw. auf die Bezahlung der Rechnungsbeträge wartete und daß jetzt auch schon wieder mehrere Rechnungen über 4, 5 Monate alt sind. Als er sich bei der Kreisfeststellungsbehörde in Köln beschwerte, wurde erklärt, daß die Schuld einmal daran läge, daß der Sachbearbeiter krank sei und Unklarheiten über die Zuständigkeit vorhanden wären, zum andern daran, daß die Art der Organisation eine gewisse zeitliche Dauer für die Erledigung der Rechnungen beanspruche. Es ist natürlich, daß in dem einen oder anderen Fall eine Verzögerung eintritt; aber man muß sich meines Erachtens an die Verdingungsordnung, die nun einmal in Kraft ist, halten, und es müßte, ohne daß es einer Einklagung bedürfte, die entsprechende Verzinsung und der Ersatz des dem Handwerker sonst entstehenden Verlustes eo ipso geleistet werden; dann könnte der Handwerker ohne weiteres zu seiner Bank gehen, die ihm den Rechnungsbetrag vorlegt. Auf diese Weise würde der Handwerker vor Schaden bewahrt.
Es kommt noch folgendes hinzu. Wenn die Rechnungen über das Jahresende offenstehen, werden diese Beträge als Guthaben für die Berechnung der Gewerbe-, Vermögen- und Einkommensteuer herangezogen. Der Handwerker hat aber noch außerordentlich viel Arbeit, wenn er dann im kommenden Jahr das Geld einzutreiben versucht. Daß die Behörden es anders können, haben sie bei der Währungsreform bewiesen; da haben sie sich außerordentlich geeilt, da wurden die Rechnungen innerhalb von vierzehn Tagen kontrolliert und auch bezahlt, um nicht mit vielen Schulden in die DM-Zeit hineinzugehen. Und wenn im Etat einer Behörde am Jahresende noch etwas vorhanden ist, werden im Februar und im März sehr schnell Aufträge gegeben, und dann werden die Rechnungen auch noch bis zum 15. April bearbeitet. Das ist ein Zeichen dafür, daß man es auch schneller machen kann. Deswegen kann man einen Teil der Entschuldigungen, die von den Behörden kommen, nicht ohne weiteres hinnehmen.
Ein anderer Fall — auch bei Besatzungsbauten —, der sich in Köln abgespielt hat: Da hat ein Handwerker auf Veranlassung des Architekten einen Auftrag zusätzlich zu seinem Angebot ausgeführt. Diese Arbeitsgemeinschaft für Besatzungsbauten Köln — Siegkreis — Godesberg gibt diese Rechnungen, nachdem einige Monate verstrichen sind, zurück mit der Erklärung, die Rechnungen könnten, da von ihr kein Auftrag erteilt sei, nicht bezahlt werden, und man stelle anheim, sie bei der Stelle einzureichen, die den Auftrag erteilt habe. Auf die Rechnung hatte aber der Hausarchitekt, der von dieser Stelle eingesetzt war, handschriftlich den Vermerk gesetzt: Von der Besatzung nachträglich gewünscht und deshalb in Auftrag gegeben. Der Handwerker muß sich heute wer weiß wie bemühen, um diesen Betrag zu bekommen.
Wir wollen die Verhältnisse, wie sie sich hier in dem Streit zwischen Nordrhein-Westfalen und dem Bund entwickelt haben, nicht weiter behandeln. Es ist aber eine Tatsache, daß Handwerker wegen dieses Verhaltens im vergangenen Jahr mehr als ein Jahr auf ihr Geld warten mußten. Es ist nicht mehr als recht und billig, daß von Staats wegen denjenigen, die länger als fünf Monate auf die Bezahlung von Rechnungen warten müssen, ein Prozent pro Monat nachgezahlt wird, ohne daß sie erst den Rechtsweg beschreiten müssen, und daß zum andern in Zukunft für jeden Verzug einer Behörde — egal, ob der Sachbearbeiter krank ist oder nicht -- von der betreffenden Behörde dieser Aufpreis bezahlt wird, ohne daß das eingeklagt ,zu werden braucht. Das ist nicht mehr als recht und billig, und deswegen möchte ich diese Forderung erheben. Ich möchte das zuständige Bundesministerium bitten, die Bundesstellen anzuweisen, so zu verfahren, zugleich aber auch einen Einfluß auf die Länder und auf die Gemeinden auszuüben, damit auch dort ebenso verfahren wird.
Außerdem habe ich noch eine berechtigte Bitte. Auch derjenige, der öffentliche Mittel zur Finanzierung seines Vorhabens beansprucht, muß angewiesen werden, die Handwerkerrechnungen pünktlich zu bezahlen. Das ist im normalen bürgerlichen Leben eine Selbstverständlichkeit. Wer Aufträge erteilt, ohne das Geld dafür zu haben, kann eben nur als Hochstapler bezeichnet werden. Ich möchte wünschen, daß die Behörden — gleichgültig, ob Bund, Land oder Gemeinden — in Zukunft von der bis jetzt geübten Methode Abstand nehmen.