Rede von
Dr.
Paul
Bleiß
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich Sie zunächst bitten, in der Drucksache Nr. 2193 einen Druckfehler zu berichtigen. Auf der Rückseite der Drucksache, im Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete
der Mineralölwirtschaft, muß es in § 2 Abs. 1 Ziffer 1 in der zweiten Zeile statt „Zollausschüssen" „Zollausschlüssen" heißen.
Und nun zum materiellen Inhalt des Gesetzentwurfes.
Die bisherigen Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft sind bekanntlich am 31. März dieses Jahres abgelaufen. Kurz vor dem 31. März 1951 war dem Hohen Hause der Antrag Drucksache Nr. 1969 vorgelegt worden, mit dem man den Zweck verfolgte, die Geltungsdauer der Bewirtschaftungsvorschriften — in modifizierter Form — bis zum 30. Juni 1952 zu verlängern.
Dieser Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP fand damals nicht die Billigung des Hohen Hauses. Er wurde an den Wirtschaftspolitischen Ausschuß zurückverwiesen. Eine nochmalige Beratung vor dem 31. März, d. h. also vor dem Ablauf des alten Gesetzes, war nicht möglich. Damit ist die Bewirtschaftung der Treibstoffe mit Wirkung ab 1. April dieses Jahres aufgehoben.
In der Zwischenzeit hat das Bundeswirtschaftministerium einen neuen Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft eingebracht, der in den Ausschußberatungen die Fassung erhalten hat, wie sie Ihnen in der Drucksache Nr. 2193 nunmehr vorliegt.
Bei einem Vergleich mit der ursprünglichen, vom Hohen Hause nicht akzeptierten Vorlage ergeben sich folgende Veränderungen: Geblieben ist von der alten Vorlage im wesentlichen nur der Art. 3. Er ist — fast mit dem gleichen Text — im neuen Entwurf zu § 1 geworden. Er besagt, daß die Bundesregierung oder der Bundeswirtschaftsminister zur Sicherstellung des Bedarfs an Mineralöl mit Zustimmung des Bundesrats durch Rechtsverordnung Vorschriften über den Bezug von Mineralöl durch Verbraucher auf der Grundlage durchlaufender Bezugsberechtigungen erlassen kann.
Das heißt also, daß die Bewirtschaftung nur dann eingeführt werden soll, wenn sich Verknappungserscheinungen zeigen. Lenkungsorgan würde in einem solchen Falle die Bundesstelle für den Warenverkehr werden. Sie ist ermächtigt, die Durchführung der Bewirtschaftungsmaßnahmen der Fachstelle Mineralöl mit dem Sitz in Hamburg zu übertragen. Bei meiner früheren Berichterstattung habe ich schon ausführen dürfen, daß die Bundesstelle für den Warenverkehr zwecks Wahrnehmung von technischen Funktionen einen Qualitätsausschuß und einen Mengenausgleichsausschuß einsetzen kann, deren Mitglieder aus Kreisen der Mineralölwirtschaft stammen sollen. Hoheitsrechtliche Funktionen sollen und dürfen auf diese Ausschüsse nicht übertragen werden.
Der neue § 2 regelt die zu gewährenden Vergünstigungen. Nach Ziffer 1 des Abs. 1 ist der Finanzminister ermächtigt, durch Rechtsverordnungen die Zollsätze für die in inländischen Betriebsanstalten oder Zollausschlüssen gewonnenen Mineralöle, Mineralölerzeugnise und Nebenerzeugnisse zu ermäßigen. Diese Bestimmung bedeutet einen Schutz der inländischen Raffinerien, die ausländisches Rohöl verarbeiten, und will besagen, daß die höheren Raffinierungskosten des Inlandes durch Zollnachlässe ausgeglichen werden sollen.
Nach Ziffer 2 kann der Bundesminister der Finanzen Zollbefreiungen oder Zollermäßigungen den Firmen gewähren, die inländisches Rohöl, Erdölerzeugnisse oder Zusatzstoffe des freien Verkehrs
in einen Zollausschluß ausführen oder im Inland raffinieren. Vereinfacht dargestellt: auch diese Bestimmung dient dem Zweck, Produktionskostenunterschiede zwischen In- und Ausland durch Zollermäßigungen auszugleichen.
Der Abs. 2 des § 2 regelt die Verbilligungsvorschriften. Nach dem Wortlaut des Entwurfs hat die Bundesregierung oder der Bundesminister der Finanzen durch Rechtsverordnung für Mineralöl, das in der Binnenschiffahrt aus dem Zollausland in das Zollgebiet eingebracht und für den Betrieb der Schiffe an Bord verwendet wird, den Zoll so weit zu ermäßigen oder zu erlassen, als es erforderlich ist, um jeweils bestehenden internationalen Verpflichtungen zu entsprechen.
Wichtiger noch als diese Regelung sind die Verbilligungsvorschriften für die sogenannten privilegierten Verbraucher. Hier haben sich der Wirtschaftspolitische Ausschuß, der Verkehrsausschuß und der Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dahin geeinigt, daß die Bundesregierung ebenfalls durch Rechtsverordnung Vorschriften über die Verbilligung von Dieselkraftstoff für die Landwirtschaft und zum Betriebe von Schiffsmotoren in der Binnen-, Küsten- und Hochseefischerei und in der Binnen-, Küsten- und Hoch-seeschiffahrt zu erlassen hat. Dabei wurde man sich darüber einig, daß die Vergünstigungen in einer Höhe gewährt werden sollen, wie sie am 31. März 1951 bestanden, daß aber künftige wesentliche Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen oder Wettbewerbsbedingungen berücksichtigt werden müssen.
Das kommt zum Ausdruck in einer Entschließung zu § 2 Abs. 2 Ziffer 1 des Gesetzentwurfes. Die Entschließung hat folgenden Wortlaut:
Die Bundesregierung wird ersucht,
in Ausführung des § 2 Abs. 2 Ziffer 1 mit Wirkung vom 1. April 1951 Verbilligungen zu gewähren, die dem Stand vom 31. März entsprechen, solange sich nicht die zu diesem Zeitpunkt bestehenden wirtschaftlichen Verhältnisse und die Wettbewerbsbedingungen wesentlich verändern.
Mit dieser Entschließung, meine Damen und Herren, ist den vorgetragenen Änderungswünschen der beteiligten Ausschüsse Rechnung getragen, und ich darf Sie im Namen dieser Ausschüsse bitten, dem Antrag des Ausschusses auf Drucksache Nr. 2193 Ihre Zustimmung zu geben.