Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muß Sie um gütige Nachsicht bitten, wenn ich zu diesem Punkt noch für wenige Minuten ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nehme. Ich habe heute morgen mit Genehmigung des Präsidenten draußen eine Tafel aufstellen lassen, die, glaube ich, besser als Worte aufzeigt, was unserer Bevölkerung in der Lüneburger Heide an Schäden zugefügt worden ist. Unser Hohes Haus ist allerdings nicht ganz frei von Schuld zu sprechen. Als wir im Juni vorigen Jahres als Drucksache Nr. 1114 einen Antrag meiner Fraktion betreffend Übungen der britischen Besatzungstruppen im Raum der Lüneburger Heide vorlegten, da hat Kollege Schoettle, statt daß dieser Antrag sofort angenommen wurde, Überweisung an den Ausschuß beantragt. In diesem Ausschuß schmort der Antrag noch heute!
Es ist nichts unternommen worden. Ich habe im Hinblick auf die Schäden nichts unversucht gelassen, um Abhilfe zu schaffen.
Ich will nicht auf die Einzelheiten eingehen. Es ist schlimm genug, wenn an einem Sonntag nachmittag, am 18. März, im Zeitraum von einer knappen Stunde 20 Panzer 40 ha Wintergetreide in der Gemarkung Melbeck umgepflügt haben.
— Darüber können Sie am allerwenigsten befinden, Sie sind der traurigste Vertreter in dieser Beziehung!
Ihre Opposition! In der Beziehung stehen wir gegen Sie in Opposition!
Wir machen das nicht der hohen Militärkommandobehörde zum Vorwurf, das ist eigenmächtiges Vorgehen der Panzerkommandanten, der Kompanie-
oder Bataillonsführer oder wie sich das dort nennt.
— Das ist leider zum Teil erwiesen. Aber wir müssen daran denken, daß die Gefahr noch viel größer ist für die Menschen, die in der sogenannten blauen Zone am Rande der Truppenübungsplätze wohnen. Daß außerdem gerade der riesige Truppenübungsplatz im Raum der Lüneburger Heide einschließlich der jetzt wiederum beschlagnahmten Fläche von 137 000 ha,
ausgerechnet dieses Gelände, das das größte Truppenübungsgelände in der deutschen Bundesrepublik darstellt, für die Übungen dieser Panzerdivisionen nicht ausreichen soll, ist unverständlich, besonders wenn man daran denkt, daß die amerikanische Militärbehörde in Grafenwöhr derartige Dinge nicht nötig hat; denn dort ist es ja möglich.
Wir treten heute mit einem Antrag an das Hohe Haus heran — Drucksache Nr. 2201 — , eine Fachabteilung einzurichten, die allerschnellstens anfängt zu wirken — das muß unbedingt sein —, um diese Dinge zu untersuchen. Denn was auf dem einen Truppenübungsplatz möglich ist, sollte auf dem andern ebenfalls durchzuführen sein. Am Sonntag nachmittag hat mir einer der Flüchtlingssiedler, die wir mit hohen Investitionen ausgerechnet in der „blauen Zone" angesetzt haben, gesagt — dieser Flüchtlingssiedler hat. es mir. selbst erzählt —, er hätte dem Panzerkommandanten, einem jungen Leutnant, erklärt: „Bitte, fahren Sie
doch auf der Feldschneise lang, Sie brechen mir ja meinen ganzen Roggen um". Da sagte dieser junge Offizier: ,,Morgen gehe ich auf Ihren anderen Schlag". Prompt ist es so geschehen, so daß dieser Mann ohne einen Viertelmorgen Ackerland dasteht.
— Das weiß ich, Herr Müller, aber Sie sind ja gar nicht dazu berufen, darüber zu sprechen.
— Nein, der gehört zu Ihnen, Verzeihung. Ja, meine Herren, es tut mir leid, daß Sie plötzlich in diesen Dingen in die Opposition gehen müssen. Vielleicht versuchen Sie es mal! Hat es Erfolg, werden Ihnen Tausende von Menschen in der Lüneburger Heide danken, wenn Sie einen solchen Versuch unternehmen. Vielleicht ist er erfolgreicher als in der Demontagefrage. In der Demontagefrage war es gleichfalls ein Versager.
Wir bedauern es außerordentlich. Viel, viel schlimmer als das Umreißen dieser kahlen Ackerkrumen in der Lüneburger Heide auf Hunderttausende von Hektaren und Morgen ist, daß die Herzens-,,Krume" der Bevölkerung umgepflügt wird. Das ist doch keine Liebe und keine Verständigung und kein Verstehen, keine Versöhnung und kein Verzeihen, sondern dadurch entwickelt sich der Haß.
— Jawohl, ich pflichte Ihnen vollkommen bei, verehrter Herr Kollege Hilbert.
Ohne weiter auf diese Dinge einzugehen, möchte ich heute nur noch einen einzigen Satz dazu sagen. Wir werden, weil wir noch eine neue Panzerdivision in diesen Raum bekommen haben, in Kürze erleben, daß die Dörfer am Rande des Truppenübungsplatzes geräumt werden müssen. Vier Dörfer allein, die man da vorgesehen hat, kosten .ins, der Bundesrepublik, 10 Millionen Mark zuzüglich 4 Millionen Investierungen. Auf die Sicherheitsfrage und Legalisierung dieser Frage will ich wegen Zeitmangel nicht weiter eingehen.
Ich bitte Sie dringend, wie es vorhin der Kollege Strauß bereits zum Ausdruck brachte, diesem Antrag Drucksache Nr. 2201 im Interesse der Beteiligten — auf allen Truppenübungplätzen — doch zuzustimmen.