Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute über den Besatzungskostenhaushalt zu sprechen. Das ist eine harte Nuß. Das Problem hat an Bedeutung zugenommen, weil sich die Beträge erhöht haben. Das Problem ist auch nicht weniger heikel geworden. Denn die ganze Entwicklung vollzieht sich in einer ständigen Auseinandersetzung mit den Besatzungsmächten. Wir haben hier im Hause schon oft über Besatzungslasten gesprochen und haben es stets in vollkommener Offenheit getan. Auch heute hat niemand ein Blatt vor den Mund genommen. Ich möchte auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Aber dies veranlaßt mich zu einer ausdrücklichen und besonderen Bemerkung. Nicht in ganz Deutschland ist es möglich, in aller Offenheit und ohne Behinderung über Angelegenheiten zu sprechen, die die Besatzungsmächte betreffen. Die Lage in den östlichen Zonen ist eine andere als in der Bundesrepublik. Ich möchte hier mit einem Gefühl der Befriedigung feststellen, daß die Politik der Alliierten in der Bundesrepublik von Anfang an so eingerichtet war, daß diesem Hause jede nur wünschenswerte Redefreiheit gewährleistet gewesen ist.
An den Besatzungskosten treten die inneren und äußeren Schwierigkeiten unseres staatlichen Lebens besonders klar zutage. Ich möchte zunächst von den inneren Schwierigkeiten sprechen. Unser Staatswesen steht unter einer doppelten Hoheit, unter einer deutschen und unter einer alliierten, unter einer demokratischen und einer kriegsrechtlich-autoritären, wobei die deutsche die demokratische und die alliierte die autoritäre ist. Die Frage der Besatzungslasten gehört nun zu der kriegsrechtlich-autoritären. Hier haben und hätten wir Deutsche eigentlich überhaupt nichts zu sagen. Die Regierung ist hier nur die Empfängerin von Befehlen oder von Anordnungen der Hohen Kommission. Und das Parlament hätte da nichts anderes zu tun, als von diesen Anordnungen Kenntnis zu nehmen und die erforderlichen Beträge zur Verfügung zu stellen. Aber dies kann und wird und soll uns nicht hindern, die Angelegenheit sehr gründlich zu erörtern. Denn wir können von den größten, drückendsten und umstrittensten Posten unseres Haushalts nicht nur in stummer Ergriffenheit Kenntnis nehmen und unseren Wählern die Rechenschaft schuldig bleiben. Wenn aber bei den Besatzungslasten die deutsche Regierung mehr oder minder nur die Empfängerin von alliierten Anordnungen ist, dann hat es auch nicht viel Sinn, die Sache mit der Bundesregierung zu erörtern. Denn von ihr können wir nur hören, welche verzweifelten und bis heute vergeblichen Anstrengungen sie gemacht hat, um die Anordnungen der Alliierten zu mildern. Wenn wir über Besatzungslasten, über ihren Rechtsgrund, über ihre absolute Höhe und die Art der Verwendung sprechen, müßte die Regierungsbank eigentlich ganz anders besetzt sein.
Dann müßte eine Art unmittelbarer Rede und Gegenrede zwischen uns und den Alliierten stattfinden. Wenn wir die Regierungsbank gerade heute betrachten, müssen wir feststellen, daß dort noch genügend Platz wäre, daß noch andere Herren Platz nehmen könnten. Aber, meine Herren, ich fürchte, daß der horror pleni, der Abscheu vor dem Plenum, der die Regierungsbank immer so leer bleiben läßt, nicht auf die deutsche Seite beschränkt bliebe. Vielleicht liegt dies am rheinischen Klima und seiner ansteckenden Wirkung. Jedenfalls ist es unmöglich, über die dem Hause vorgelegten Einzelpläne XXIV und XXV sachlich zu beschließen. Die für das Haushaltsjahr 1950 angeforderten Beträge werden nur aus haushaltstechnischen Grün-
den in den Haushaltsplan eingesetzt. Eine Verantwortung können wir für diese Beträge nicht übernehmen. Auch in den fremden Parlamenten, in den Parlamenten der alliierten Staaten scheinen diese Haushaltspläne im einzelnen nicht erörtert zu werden, so daß inmitten Europas Milliarden an öffentlichen Geldern ausgegeben werden, die einer parlamentarischen Kontrolle nicht unterliegen.
Die Besatzungslasten sind uns von den Besatzungsmächten auferlegt, und zwar auf Grund des Besatzungsstatuts. Ich möchte gerade diese Tatsache zum Anlaß nehmen, allgemein etwas über die Besetzung und über das Recht, unser Land besetzt zu halten, zu sagen; denn nur von diesem Punkte aus können wir der ganzen Frage richtig näherkommen.
Man hat unser Land aus zwei Gründen besetzt: um uns und die Verhältnisse unseres Landes zu ändern und um die Welt vor uns zu schützen. Es handelt sich also bei der Besatzung um eine sogenannte Interventionsbesatzung. Die Ziele der Intervention sind uns bekannt: Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung, Demontage und Dekartellisierung. Diese Ziele sind heute als erreicht zu bezeichnen, ja, wir können sagen, daß die Pläne der Intervention nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt worden sind.
Wir sind so sehr abgerüstet worden, daß es jetzt ernste Schwierigkeiten bereitet, das Problem der Wiederaufrüstung zu beraten; wir sind so sehr p demokratisiert, daß wir den autoritären kriegsrechtlichen Eingriff in die deutsche Staatshoheit als außerordentlich störend und unzeitgemäß empfinden; wir sind so sehr demontiert worden, daß sich die Demontagen als eine echte Behinderung unseres wirtschaftlichen Beitrages zur Verteidigung der freien Welt erwiesen haben.
Dies alles zeigt uns, daß die Intervention abgeschlossen ist. Ich wage, das folgende zu sagen: was jetzt noch an Demokratisierung zu tun ist, das muß schon von den Deutschen selbst getan werden.
Ich glaube, dieses Haus ist in seinem überwiegenden Teil damit beschäftigt, dies zu tun. Alle fremden Einwirkungsmöglichkeiten haben, wenn sie
nicht oberflächlich bleiben sollen, eine Grenze, und
diese Grenze ist erreicht. Die Intervention kann als
Grund der Besetzung nicht mehr anerkannt werden.
Auch militärisch hat die Besetzung — das ist ja schon ausgeführt worden — ihr Gesicht gewandelt. Es handelt sich heute nicht mehr darum, die freie Welt vor uns zu schützen, sondern die freie Welt und uns als einen Teil von ihr vor Gefahren zu schützen, die ihr drohen.
Diese Aufgabe gibt aber keinen rechtlichen Grund mehr, uns als ein nach Kriegsrecht besetztes Land zu betrachten und demgemäß zu behandeln. Es ist nötig, der Anwesenheit fremder Truppen im Lande baldmöglichst eine neue rechtliche Grundlage zu geben, und zwar eine Grundlage, die mit dem Zweck, dem die Anwesenheit der Truppen heute dient, übereinstimmt.
Ich möchte aber die heutige Gelegenheit doch auch benutzen, um die Anwesenheit der fremden Truppen in der Bundesrepublik im Namen meiner Freunde nicht nur zu begrüßen, sondern ganz offen als die Voraussetzung unserer Freiheit zu bezeichnen. Hierüber soll bei allen diesen Diskussionen zwischen uns und den Alliierten keinerlei Mißverständnis . aufkommen.
Die Alliierten werden vielleicht sagen, daß ihnen die bedingungslose Kapitulation vom Jahre 1945 das Recht gebe, uns als besetztes Gebiet im kriegsrechtlichen Sinne zu betrachten, uns kraft der Besatzungsgewalt unter Besatzungsstatut zu halten und uns Besatzungslasten aufzuerlegen. Hierzu möchte ich das eine gleich bemerken: Wer sich heute noch auf bedingungslose Kapitulation beruft, der zeigt, daß er noch in den Gedanken und Vorstellungen des zweiten Weltkrieges befangen ist. Wir glauben, daß es sich heute nicht mehr darum handelt, den zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen fortzusetzen; denn die Welt hat sich in der Zwischenzeit politisch völlig neu gruppiert. Es handelt sich heute darum, zusammen mit den Deutschen den dritten Weltkrieg zu vermeiden.
Wenn man heute noch die bedingungslose Kapitulation anführt und in den Vorstellungen des
zweiten Weltkrieges denkt, dann kann man nicht
gleichzeitig über einen deutschen militärischen
Beitrag verhandeln, weder in Paris noch in Bonn
noch auf dem Petersberg. Wenn man mit der
Bundesrepublik über Soldaten sprechen will, dann
muß man nicht die Vergangenheit fortsetzen wollen,
sondern dann soll man die Zukunft neu gestalten,
genau so wie man dann einmal den deutschen
Soldaten sagen muß, welches die Grenzen nicht nur
unseres Erdteils, sondern unseres Vaterlandes sind.
Wenn aber die Intervention abgeschlossen ist und wenn die Aufgabe der Truppen in Deutschland sich verändert hat, dann ist auch für eine Berufung auf diese bedingungslose Kapitulation kein Raum mehr.
Diese Kapitulation ist kein Selbstzweck; sie ruht juristisch nicht in sich selbst, und sie kann losgelöst von ihrem Zweck zeitlich nicht unbegrenzt fortgesetzt werden.
Wenn dem so ist, dann hängt auch das Besatzungsstatut und hängen die uns einseitig auferlegten Besatzungslasten heute schon in der Luft, politisch und juristisch.
Vielleicht wird man mir einwenden, ich stellte die Dinge zu hart dar und ich vergäße den gleitenden Übergang vom Krieg zum Frieden, um den sich ja die alliierte Diplomatie so angelegentlich bemüht. Nun, ich habe selbst an den gleitenden Übergängen und den zarten Pastelltönen schon lange das Vergnügen eines wenn auch bescheidenen Kenners der einschlägigen Spielregeln. Aber wenn man dies vor seinen Wählern vertreten soll und wenn man dies vor einem Volk vertreten soll, das aus einer tiefen Zerrüttung und Verwirrung in die großen politischen Aufgaben der freien Welt zurückfinden soll, dann verlieren diese zarten Pastelltöne ihre Wirkung; dann müssen wir mit klaren Tatsachen und Entscheidungen kommen; dann müssen wir der bedingungslosen Kapitulation und
dem Besatzungsstatut entsagen, und dann müssen wir erklären, ob wir und die Alliierten kriegführende oder befreundete Nationen sind.
Für Besatzungslasten im kriegsrechtlichen Sinne ist heute kein Raum mehr, und deshalb wird das, was wir heute leisten, sobald es eben als Besatzungslast geleistet wird, nicht mehr zu Recht geleistet. Was wir leisten, sind der politischen Lage nach bereits Verteidigungsbeiträge, und zwar Verteidigungsbeiträge, die mit den Schlacken der Interventionslasten beschwert sind. Um diese politisch und juristisch unwahr gewordene Lage in Ordnung zu bringen, kann nur eines helfen: erst Verhandlungen und dann ein Vertrag, ein klarer, echter Vertrag, der beides in sich vereinigt: Großzügigkeit und Sorgfalt, und zwar von beiden Seiten.
Ich möchte die heutige Beratung der Einzelpläne XXI V und XXV zum Anlaß nehmen, hier zu entwickeln, was bei der Umstellung von einseitigem Kriegsrecht auf zweiseitiges oder mehrseitiges Vertragsrecht und bei der Umstellung von Besatzungslasten auf Verteidigungsbeiträge zu berücksichtigen sein wird. Dabei gehört unsere ganze Aufmerksamkeit natürlich der Zukunft, nämlich dem Haushalt 1951/52; denn über das Vergangene ist nicht allzuviel zu sagen, da das Geld bereits verausgabt ist. Ich möchte aber glauben, daß das deutsche Volk auf das bitterste enttäuscht wäre, wenn die sehr viel höheren Beträge des neuen Haushaltsjahres in der bisherigen Weise bewilligt werden sollten — ohne Vertrag und nur auf Anordnung der Hohen Kornmission und auf Grund eines Statuts, das nicht nur die Deutschen, sondern auch die Alliierten selbst politisch als überholt bezeichnen.
Es gibt in besetzten Ländern — und wir Deutschen haben darin selber die bittersten Erfahrungen gesammelt — in manchen politischen Fragen einen sogenannten psychologischen Augenblick. Dieser psychologische Augenblick scheint mir gekommen zu sein. Wenn man ihn versäumt, dann entsteht Schaden, der kaum wieder gutzumachen ist.
Es muß sich heute etwas ändern. Dies ist, glaube ich, die Überzeugung aller Deutschen.
Wenn wir über einen Verteidigungsbeitrag einen Vertrag abschließen, dann müssen wir wohl davon ausgehen, daß die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und die Republik Frankreich die richtigen Partner sind. Denn diese drei haben den Schutz der Bundesrepublik und der Stadt Berlin übernommen. Die Verhandlungen über den Heven-Plan stehen noch zu sehr im Anfangsstadium, als daß wir diese kleineuropäische oder kleinsteuropäische Staatengemeinschaft als echte Partner heute schon betrachten könnten, und andere westliche Staatengemeinschaften stehen für die Bundesrepublik im Augenblick noch außer Betracht.
Ich glaube, der erste und der wichtigste Punkt, über den sich die vertragschließenden Teile würden einigen müssen, ist die Festsetzung der absoluten Höhe des deutschen Beitrags. Wenn man diese schwierigen Angelegenheiten anfaßt, dann wird man die eigenen Leistungen und die eigene Leistungsfähigkeit mit der fremden vergleichen. Es ist eine Frage der Sachverständigen, ob hierzu die Steuersysteme ausreichen, ob hier gemeinsame Steuerkraftzahlen errechnet werden können oder ob man nicht an das Sozialprodukt anknüpft, sei es in seiner einfachen oder in seiner veredelten Form. -
Über alle deutschen Sonderbelastungen ist schon ausführlich geredet worden, so daß ich diese übergehen kann. Wir haben nur manchmal das Gefühl, als sollte mit den Besatzungslasten nicht nur das Geld für die Besetzung aufgebracht werden, sondern als sollte der deutschen Volkswirtschaft eine global bestimmte Last auferlegt werden als bewußter Ausgleich dafür, daß wir keine eigene Armee zu unterhalten haben. Mit dieser Art alliierter Besatzungslastenpolitik können wir uns nicht einverstanden erklären; denn wir haben an unseren tausenderlei Sonderlasten schon schwer genug zu schleppen und wollen nicht Lasten um der Lasten willen tragen.
Es ist in allen Verhandlungen des Bundestages über Besatzungslasten soviel vom Luxus der Besatzungsmächte gesprochen worden. Eigentlich müßte auch ich vom Luxus sprechen; aber ich möchte von etwas anderem ausgehen. Ich glaube, das erste Unterscheidungsmerkmal, das wir an die zu leistenden Beträge anlegen wollen, ist das, ob diese Beträge der Verteidigung dienen oder nicht, und dann können alle diejenigen Ausgaben, die nur der Fortsetzung der Intervention dienen, nicht mehr als Verteidigungsbeitrag angesehen werden.
Der Fortsetzung der Intervention aber dient das ganze engmaschige Netz von Dienststellen, das von Kreisstadt zu Kreisstadt über unser Land gesponnen ist.
Dieser Intervention dient auch eine Behörde wie das Sicherheitsamt in Koblenz, das nach Ton und Arbeit — wie berichtet wird — noch durchaus im Stil vergangener Jahre befangen zu sein scheint.
Hier einmal aufzuräumen, und zwar gründlich aufzuräumen, wird die Alliierten vor eine ernste und undankbare Aufgabe stellen. Wir wissen, daß kaum je eine Behörde der Ansicht ist, sie sei überflüssig. Auf diesem Gebiet haben wir Deutschen auch unsere Erfahrungen gesammelt. Ein höheres Interesse erfordert aber hier von den Alliierten Folgerichtigkeit und Entschlossenheit.
Wir alle haben, ich möchte nicht sagen: mit Neid, sondern mit offener Mitfreude die rasche Lösung schier unlösbar erscheinender Probleme in Japan und im pazifischen Raum beobachtet. Diesen Vorsprung hat Japan nicht erst jetzt erhalten, sondern schon durch an die letzten Jahre hindurch besessen. Ich bitte, Ihnen nur folgende Daten vortragen zu dürfen. 12. Mai 1949: Einstellung der japanischen Reparationslieferungen. Am gleichen Tage Veröffentlichung eines gemeinsamen japanisch-alliierten Planes über die Errichtung von Außenhandelsvertretungen. Juni 1949 — noch ehe hier der Bundestag gewählt war —: Beendigung der Demontagen und Rückgabe von 894 Fabriken und Anlagen, die für Reparationslieferungen bestimmt gewesen waren. 3. August 1949: Beendigung der Konzernentflechtungen und Auflösung des Entflechtungs-Überwachungsamtes. 25. Oktober 1949: Aufhebung der Mindestverkaufspreise für Ausfuhrgüter; und bis 1. Januar 1950: völlige Wiederherstellung der Außenhandelsfreiheit. Wir möchten wünschen, daß die Dinge bei uns in ähnlicher Schnelligkeit vor sich gingen. Schließlich haben wir in Europa nicht mehr Zeit zu verlieren, als man sie in Ostasien zu verlieren hat.
Es wäre verfehlt, gemeinsame Fragen sich verschieden entwickeln zu lassen, nur weil in dem einen Land nur eine Besatzungsmacht, in einem anderen Land aber drei Besatzungsmächte vorhanden sind, die in ihren Methoden nicht ganz übereinstimmen.
Was nun den reinen Verteidigungsbeitrag anlangt, so soll dieser natürlich auch sparsam verwendet werden.
Es ist eine höchst beunruhigende Tatsache, daß wir über unsere Leistungsfähigkeit hinaus belastet sind, ohne daß es noch eine einzige deutsche Division gibt.
Wir wissen aus den vergangenen Jahren, daß die Kriegsgötter, wenn sie fremdes Land betreten, das Bestreben haben, groß und prächtig zu werden. Sie wollen sich offenbar von allem erholen, was sie so „im Feldquartier, auf hartem Stein" vorher erduldet haben. Sie wollen es genießen, daß sie dem heimischen Steuerzahler entronnen sind und daß sie neben dem heimischen Steuerzahler einen neuen gefunden haben und daß diese beiden nicht einmal miteinander in Verbindung stehen und nie dazu kommen, die Ausgaben zusammenzurechnen und festzustellen, was ein GI oder ein Tommy oder ein Poilu in toto kostet. Aber auch hier ist eines nötig, daß nämlich die zivilen Gewalten, denen letzten Endes die Verantwortung für den Gang der Welt anvertraut ist, auf der Höhe ihrer Wachsamkeit und ihrer Verantwortung bleiben.
Fremde Truppen sind nach Völkerrecht exterritorial, mögen sie zur Besetzung oder zur Verteidigung oder zur Parade anwesend sein. Man wird
nicht erwarten können, daß diese fremden Truppen in Beurteilung dessen, was überflüssige Ausgaben seien, sich rein deutschen Maßstäben unterwerfen. Auf der anderen Seite wäre es unbefriedigend, wenn die Deutschen, die sich letzten Endes zur Aufbringung des Geldes verpflichten, nicht die Möglichkeit hätten, die Verwendung ihres Geldes nachzuprüfen und dabei mitzureden. Es erscheint daher angezeigt, eine deutsch-alliierte Prüfungsbehörde einzusetzen, die den Regierungen oder den Parlamenten verantwortlich ist.
Wir haben hier die Frage der Besatzungslasten unter völkerrechtlichen, politischen und finanziellen Gesichtspunkten betrachtet. Wir sollten jedoch nicht versäumen, zum Schluß zu den Fragen auf diesem weitschichtigen Gebiet auch unter rein menschlichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. Von den Besatzungslasten sind nicht nur die Bundesrepublik und der Steuerzahler betroffen, sondern Zehntausende von deutschen Staatsbürgern, deren Häuser für die Besatzungsmächte beschlagnahmt sind, und jene, die durch die Besatzungsmächte Schaden erlitten haben.
Meine Freunde und ich sind der Ansicht, daß in dem Augenblick, in dem das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Besatzungsmächten auf eine vertragliche Grundlage gestellt werden soll, auch die Rechtsbeziehungen zwischen den Besatzungsbetroffenen auf der einen Seite und ihrem Staat und den Alliierten auf der anderen Seite rechtlich einheitlich geregelt werden sollen. Das materielle und formelle Besatzungsrecht müßte nicht nur mehr nach alliierten Normen geregelt werden, sondern nach Normen, die von deutscher Seite in Beratung und in Vereinbarung mit den Alliierten erlassen werden,
Wir denken daran, daß alle diese Fragen auch in Österreich bereits seit langem vertraglich geregelt worden sind. Ich glaube, es ist höchste Zeit geworden, daß das Kriegs- und Besatzungsregime endlich beendet wird und die Normen des Friedens und die Normen der Gleichwertigkeit der Partner auf diesem Gebiet Platz greifen.
Das Besatzungsregime, wie es zur Zeit noch besteht, ist — ich glaube, das ist die Auffassung aller Deutschen — ganz unbefriedigend geworden. Und wenn wir auf diesem Gebiet der deutschen Außenpolitik mit so viel Leidenschaft und Hingabe tätig sind, dann nicht deshalb, um uns mit den Alliierten zu entzweien, sondern um uns mit ihnen zu vereinigen. Wir wollen endlich diesen Stein des Anstoßes beseitigen und wir wollen den Weg frei machen für eine gemeinsame Verteidigung und für die Sicherung des Friedens in dieser Welt.