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ID0113910500

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    Deutscher Bundestag — 139. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951 5477 139. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen . . . . 5479C, 5485B Bericht des Bundeskanzlers betr. Schritte der Bundesregierung wegen Aufhebung der Wasserchlorisierungsmaßnahmen (Nr 2194 der Drucksachen) 54'79C Zur Tagesordnung 5479D, 5557A Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . . 5479D Ordnungsruf gegen den Abg. Dr. Ott wegen eines Zurufs in der 136. Sitzung . . . . 5480A Fortsetzung der zweiten und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Erbschaftsteuergesetzes (Nr. 1575 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen (11. Ausschuß) (Nr. 2077 der Drucksachen); Anderungsanträge Umdruck Nr. 79, 120 (neu), 126 5480B Dr. Gülich (SPD) 5480D, 5483B Dr. Bertram (Z) 5481A, 5484B Dr. Horlacher (CSU) . . . 5482B, 5483A Dr. Kneipp (FPD) (zur Geschäftsordnung) 5483A Abstimmungen . . . 5480B, 5481A, D, 5484C Beratung der Interpellation der Fraktionen der CDU/CSU, FDP, DP, BP betr. Verfassungswidrige Volksabstimmung (Nr 2185 der Drucksachen) 5485A Brookmann (CDU), Interpellant . 5485A, 5498A Dr. Dr. h. c. Lehr, Bundesminister des Innern 5486C Frau Wessel (Z) 5487B Rische (KPD) 5491B Loritz (WAV) 5493A Frau Dr. Brökelschen (CDU) . . . 5493D Wehner (SPD) 5494B von Thadden (DRP) 5497B Euler (FDP) 5498B Dr. von Merkatz (DP) 5498D Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan V — Haushalt des Bundesministeriums für Angelegenheiten des Marshallplans .(Nr. 1905 der Drucksachen); Einzelplan Va — Haushalt des deutschen Vertreters im Rat der Internationalen Ruhrbehörde und des Deutschen Delegationsbüros in Düsseldorf (Nr. 1906 der Drucksachen) 5499A, 5502D Blachstein (SPD), Berichterstatter . . 5499B Dr. Seelos (BP) 5503C Blücher, Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplans 5504B, 5512D Paul (Düsseldorf) (KPD) 5508B Loritz (WAV) 5509C, 5515B Dr. Reismann (Z) 5510B Kalbitzer (SPD) 5511B, 5515A Dr. Vogel (CDU) 5513D Abstimmungen 5515D Erste Beratung des Entwurfs eines Wohnraummangelgesetzes (Nr. 2158 der Drucksachen) in Verbindung mit der . Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Frühwald u. Gen. betr. Mittel für Siedlungsvorhaben (Nrn. 2157, 1709 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z und Gruppe BHE-DG betr. Bereitstellung von Bundeshaushaltsmitteln für den sozialen Wohnungsbau im Haushaltsjahr 1951/52 (Nr. 2123 der Drucksachen) 5516A Wildermuth, Bundesminister für Wohnungsbau 5516A Glüsing (CDU), Berichterstatter . . 5516D Lücke (CDU) (zur Geschäftsordnung) 5517A Schäffer, Bundesminister der Finanzen 5517B Ausschußüberweisung 5517B Abstimmungen 5520C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): a) Einzelplan XXIV — Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben (Nr. 1923 der Drucksachen); b) Einzelplan XXV — Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 (Nr. 1924 der Drucksachen); c) Einzelplan XXVII — Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten (Nr. 1926 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Erhöhung der Besatzungskosten (Nr. 2080 der Drucksachen) und mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Abgeltung von Besatzungsschäden und Besatzungsleistungen (Nr. 2029 der Drucksachen) sowie mit der Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Einstellung der Truppenübungen der Besatzungsmächte (Nr. 2124 der Drucksachen) 5520C, 5558 Dr. Krone (CDU): schriftlicher Bericht . . . 5520D, 5558 zur Geschäftsordnung 5549C Dr. Seelos (BP): als Antragsteller 5520D zur Abstimmung 5548D Dr. Etzel (Bamberg) (BP), Antragsteller 5523B Müller (Frankfurt) (KPD), Antragsteller 5524C Dr. Schmid (Tübingen) (SPD) . . . 5526C Strauß (CSU): zur Sache 5532B zur Geschäftsordnung 5549B Dr. Pfleiderer (FDP) . . . . 5538B, 5548B Fisch (KPD) : zur Sache 5541D zur Geschäftsordnung 5549D Dr. von Merkatz (DP): zur Sache 5543D zur Geschäftsordnung 5549C Hartmann, Staatssekretär im Buridesministerium der Finanzen- ,-5546A, 5547C Matthes (FDP) 5546C Schoettle (SPD) . . . . . . 5547D Abstimmungen 5549A, D Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 155) 5550A Beschlußfassung 5550A Beratung der Übersicht Nr. 25 über Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bundestages über Petitionen (Umdruck Nr. 151) 5550B Beschlußfassung 5550B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über den von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft (Nrn. 1969 [neu], 2022 der Drucksachen) . . . . 5550B Dr. Bleiß (SPD), Berichterstatter . 5550B Naegel (CDU) 5551B Abstimmungen 5551B, C Zweite und dritte Beratung des vom Deutschen Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Abänderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 9. Dezember 1948 (Nr. 1783 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Fragen der Jugendfürsorge (33. Ausschuß) (Nr. 2155 der Drucksachen) 5552A Farke (DP), Berichterstatter . . . 5552A Beschlußfassung 5552C Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes für Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Ergänzungsgesetz) (Nr. 2082 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 2182 der Drucksachen) 5552C Naegel (CDU), Berichterstatter . . 5552D Kurlbaum (SPD) 5554A Abstimmungen 5554A, D Zweite und dritte Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll (Nr. 1977 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (21. Ausschuß) (Nr. 2176 der Drucksachen) 5554D Frau Schroeder (Berlin), Berichterstatterin 5555A Beschlußfassung 5555C Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Bundesrundfunkgesetzes (Nr. 2006 der Drucksachen) . . 5555D, 5557A zur Geschäftsordnung: Brunner (SPD) 5555D Dr. Mühlenfeld. (DP) 5556A Beratung abgesetzt 5556A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Verkehrswesen (27. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Even, Winkelheide u. Gen. betr. Fahrpreisermäßigung für Teilnehmer an Volksbildungslehrgängen (Nrn. 2144, 1865 der Drucksachen) 5556A Herrmann (SPD), Berichterstatter . 5556B Beschlußfassung 5556B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion des Zentrums betr. Veröffentlichung von Anstellungen und Beförderungen der höheren Beamten in den Amtsblättern (Nr. 2153, 1773 der Drucksachen) 5556C Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 5556C Beschlußfassung 5556D Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Beamtenrecht (25. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Zahlung einer Ausgleichszulage für ins Beamtenverhältnis überführte Arbeiter und Angestellte der Bundesbahn (Nrn. 2154, 1659 der Drucksachen) . . . 5556D Dr. Kleindinst (CSU), Berichterstatter 5556D Beschlußfassung 5557A Persönliche Erklärung nach § 85 der Geschäftsordnung: Jacobs (SPD) 5557B Nächste Sitzung 5557A, D Anlage: Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen) betr. Einzelplan XXIV — Haus- _ halt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben —, Einzelplan XXV — Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 — und Einzelplan XXVII — Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten (zu Drucksachen Nrn. 1923, 1924 und 1926) 5558 Die Sitzung wird um 9 Uhr 32 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Anlage zum Stenographischen Bericht der 139. Sitzung Schriftlicher Bericht des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen) und zwar: Einzelplan XXIV — Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben; Einzelplan XXV — Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949; Einzelplan XXVII — Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Krone Der Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben — Einzelplan XXIV — umfaßt an Ausgaben für das Rechnungsjahr 1950 4 048 558 500 DM. Der Rat der Alliierten Hohen Kommission hat davon Abstand genommen, die Höhe der im Rechnungsjahr 1950 voraussichtlich erfolgenden Einnahmen zu veranschlagen, weil deren Höhe nicht genau abzuschätzen sei. Unter Berücksichtigung bisheriger Erfahrungen ist die Gesamthöhe der Einnahmen im Rechnungsjahr 1950 seitens der Regierung auf 37 50p 000 DM geschätzt worden, so daß für den Einzelplan XXIV ein Zuschußbedarf von 4 011 058 500 DM besteht. Der Haushalt der Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 für das Rechnungsjahr 1950 — Einzelplan XXV — umfaßt an Ausgaben 399 000 000 DM. An Einnahmen sind eingesetzt 2 500 000 DM, so daß ein Zuschußbedarf von 396 500 000 DM entsteht. Da die Alliierte Hohe Kommission entscheidenden Wert darauf legt, die Besatzungskosten und Auftragsausgaben der Auslaufzeit 1949 getrennt von den Besatzungskosten und Auftragsausgaben des Rechnungsjahres 1950 nachzuweisen, war die Aufstellung eines besonderen Einzelplanes XXV notwendig. Der Haushalt der Sonstigen Kriegsfolgelasten für das Rechnungsjahr 1950 — Einzelplan XXVII — umfaßt an Ausgaben 150 800 000 DM, an Einnahmen 1 100 000 DM. Mithin ein Zuschußbedarf von 149 700 000 DM. Im Einzelplan XXVII handelt es sich um Ausgaben erheblichen Umfanges, die mit der Besetzung entstanden sind. Die Trennung dieser Ausgaben von denen in den Einzelplänen XXIV und XXV geht wiederum auf ein Verlangen der Alliierten Hohen Kommission zurück. Der überwiegende Teil dieser Ausgaben entsteht im Zusammenhang mit Lohn- und Gehaltszahlungen an Arbeitskräfte im Dienste der Besatzungsmächte, und zwar im wesentlichen durch Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Es handelt sich hier um Ausgaben, deren Buchung als Besatzungskosten nicht zugelassen wurde. Im Vorwort der Bundesregierung zum Haushalt der Besatzungskosten ist darauf verwiesen, daß Besatzungslasten zu den Gebieten gehören, die den Besatzungsmächten vorbehalten sind. Eine deutsche Befugnis zur Gesetzgebung und Verwaltung ist insofern gegeben, als diese sich auf eine ausdrückliche Ermächtigung der Besatzungsmächte stützen kann. In einer Note vom 8. März 1950 hat der Rat der Alliierten Hohen Kommission der Bundesregierung die Voranschläge für die inneren Besatzungskosten und die inneren Auftragsausgaben zum Vollzug zugeleitet. Die Ausgaben sind mit Vorrang aus den ordentlichen Einnahmen des Haushaltes zu decken. Ein Blick in die Einzelpläne XXIV und XXV zeigt, daß diese Pläne nur allgemeine Ausgabepositionen enthalten, daß aber nähere Erläuterungen zu ihnen fehlen. Der Haushaltsausschuß war bei dieser Gegebenheit nicht in der Lage, in eine Beratung im einzelnen einzutreten. Er hat von den Ausgabepositionen der Einzelpläne XXIV und XXV und ihren Endsummen nur Kenntnis genommen. Er empfiehlt dem Hohen Hause die unveränderte Annahme dieser Einzelpläne. Der Einzelplan XXVII enthält, da es sich hier um die Sonstigen Kriegsfolgelasten handelt, die getrennt von den Einzelplänen XXIV und XXV zu buchen sind, Erläuterungen. Der Haushaltsausschuß empfiehlt nach Beratung und Prüfung des Einzelplanes XXVII auch dessen Annahme. Im Haushaltsausschuß kam die einmütige Auffassung zum Ausdruck, daß auf Grund der jetzt gegebenen innen- und außenpolitischen Verhältnisse die Frage der Besatzungskosten nicht wie bisher auf dem einseitigen Wege der Forderung gelöst werden könne, sondern auf dem Wege des Verhandelns und gegenseitigen Einvernehmens. Es wurde ferner betont, daß für die Zukunft die Besatzungskosten sich immer mehr zu einem deutschen Beitrag für die gesamteuropäische Sicherheit umwandeln müssen und daß dieser Beitrag von der Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik abhänge. Die Leistungsfähigkeit der Bundesrepublik werde nicht zuletzt auch dadurch mitbestimmt und begrenzt, daß das deutsche Volk in einem besonderen Ausmaße soziale Verpflichtungen zu tragen habe, deren gerechte Lösung auch einen wesentlichen Beitrag unseres Volkes und Staates für den Frieden der Welt bedeute. Dr. Krone Berichterstatter
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Franz Josef Strauß


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Feststellung des Staatshaushalts und die Beschlußfassung über den Staatshaushalt ist eine ureigene, vielleicht die echteste und älteste Aufgabe des Parlaments in einer Demokratie. Das Parlament trägt dabei sowohl die Verantwortung gegenüber denen, die einen Anspruch auf finanzielle Zuweisungen durch den Staat haben, als auch — was heute allzu leicht und allzu gern vergessen wird — ebensosehr eine echte Verantwortung gegenüber denen, die für den Staat und seine Aufgaben die Mittel aufzubringen haben, d. h. gegenüber dem Steuerzahler. Darum obliegt dem Parlament die Nachprüfung der Notwendigkeit und der Zweckmäßigkeit der einzelnen Ausgaben. Es obliegt ihm auch die Einschränkung gewisser Ausgaben und die Streichung solcher Ausgaben, die nach den anzulegenden Maßstäben ungerechtfertigt erscheinen. Da der Deutsche Bundestag gemäß der Satzung der Alliierten Hohen Kommission, auch gemäß dem Art. II e des revidierten Besatzungsstatuts diesen Aufgaben bei den Einzelplänen XXIV und XXV des Haushaltsjahres 1950/51 nicht nachkommen kann, sieht sich die Fraktion der CDU/CSU — in voller Zustimmung zu dem Antrag Drucksache Nr. 2200 — nicht in der Lage, darüber sachlich zu beschließen, sondern sie kann nur von der Anordnung der Besatzungsmächte Kenntnis nehmen, daß der Bund in diesem Haushaltsjahr, das am 1. April 1951 abgelaufen ist, eine Summe von 4 407 558 500 DM als Besatzungskosten zur Verfügung zu stellen hat. Meine Fraktion kann keine parlamentarische Verantwortung für die Höhe und für die Verwendung dieses Betrages übernehmen. Ich darf mir erlauben, den hier dargestellten Generalstandpunkt in kurzem zu begründen.
    Wir haben weder die Absicht — wir denken gar nicht daran —, uns unseren Verpflichtungen aus den Folgen des zweiten Weltkrieges zu entziehen, noch beabsichtigen wir, die Notwendigkeit eigener finanzieller und damit auf jeden Fall auch wirtschaftlicher und sozialer Opfer für die Verteidigung und Sicherheit der freien Völker abzulehnen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Aber wir wollen für diese Verpflichtungen und Notwendigkeiten eigene Verantwortung übernehmen können. Wir müssen so handeln, weil wir aus dem Zustand der weisunggebundenen Demokratie heraus zum Zustand der verantwortlichen Demokratie auch in Deutschland vordringen wollen. Das deutsche Volk muß durch seine verfassungsmäßigen Organe zu seinen Aufgaben ja sagen können. Es muß aus seinem Gewissen heraus, nicht aus Auftrag heraus ja sagen, wenn es die ihm in der Gegenwart und in den nächsten Jahren zugedachten Aufgaben und zufallenden Pflichten übernehmen und ihnen gerecht werden soll. Uns bewegen dabei nicht so sehr etwa die haushaltsrechtlichen oder die materiellen Gründe, uns bewegen in erster Linie echte politische Motive, diesen Standpunkt einzunehmen.
    Herr Kollege Professor Dr. Schmid hat über die einzelnen haushaltsrechtlichen Bedenken gegenüber den Haushaltsplänen XXIV und XXV referiert. Angesichts der vorgeschrittenen Zeit würde es über den Rahmen unserer Diskussion vielleicht hinausgehen, wenn ich — ich will damit nicht etwa einem Auftrag untreu werden — noch zu jedem einzelnen Kapitel oder Titel oder zu jeder einzelnen Ziffer, die von der Alliierten Hohen Kommission eingefügt worden ist, Stellung nehmen wollte. Es geht bei dem Thema der Besatzungskosten um etwas ganz Bestimmtes. Es geht jetzt um einen geometrischen Ort der gegenwärtigen deutschen Politik, der deutschen Politik, die ebensosehr um ihr Vertrauen im Auslande ringen muß und darauf gewisse Rücksichten zu nehmen hat, wie auch um die Anerkennung der deutschen Demokratie vor unserem eigenen Volk, was auch von den Besatzungsmächten nicht vergessen werden sollte.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Es handelt sich um einen geometrischen Ort, an dem sich vier politische Linien schneiden, einmal die Relikte der Besatzungspolitik der Sieger gegenüber dem besiegten Volke, Relikte, die nicht zu Petrefakten werden sollen, was sie beinahe schon geworden sind. Es dreht sich ein anderes Mal um


    (Strauß)

    die Notwendigkeit der europäischen Sicherheit, zu der nach einer feierlichen Garantie der Besatzungsmächte im September letzten Jahres auch die Sicherheit der Bundesrepublik gehört. Es dreht sich drittens um die Rücksicht auf die ersten Schritte einer neuen deutschen Außenpolitik, die um Vertrauen ringt. Es dreht sich aber ebensosehr um die unabdingbaren Notwendigkeiten der deutschen Innenpolitik, zu der hier in erster Linie Wirtschafts- und Sozialpolitik zählen. Dafür bitten wir um Verständnis im gesamten demokratischen Ausland. Dafür bitten wir um Berücksichtigung bei den alliierten Hohen Kommissaren und bei den Besatzungsmächten. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage und auch gar nicht gewillt, mit den Propagandamitteln und Propagandazwangsmitteln der Diktatur auf die öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen. Selbst wenn sie es könnte, würde sie es nicht tun. Wir haben ebensosehr wie die Amerikaner, die Engländer und die Franzosen bei der Gestaltung unserer Politik auch auf das Rücksicht zu nehmen, was das Volk denkt und was das Volk will. Die Berufung auf die öffentliche Meinung, die uns von ausländischer Seite her manchmal in mißbräuchlicher Weise entgegengehalten wird, muß dort, wo es um ernste und echte Anliegen geht, auch uns möglich sein, oder wir werden zur Farce und hier zum Theater.
    Das Wort von der Besatzung und ihren Kosten birgt einen Begriffsinhalt, der nicht mehr den gegenwärtigen Verhältnissen entspricht, weder den theoretischen noch den praktischen. Allein schon die Formulierung Besatzungskosten ist überholt. Gegenüber dem damit heute noch verbundenen Begriffsinhalt und gegenüber der Realität der Entwicklung ist diese Formulierung falsch. Die ursprünglich mit der Besatzung verfolgten Ziele sind entweder erfüllt oder völlig verändert. Es ist grundfalsch, etwa den Besatzungsmächten aus ihrer Anwesenheit hier einen Vorwurf zu machen. Es wäre aber ebenso grundfalsch, zu leugnen oder von uns diese Leugnung zu verlangen, daß der Zweck ihrer Anwesenheit sich gewandelt hat. Es erübrigt sich, Betrachtungen darüber anzustellen, warum die Besatzungsmächte ins Land gekommen sind. Wir wollen uns in unseren Ausführungen ausdrücklich von all den verbrecherischen Ansätzen zu einer Art Dolchstoßlegende distanzieren, die sich heute wieder zeigen. Damit haben wir bei unserem Widerstand gegen die Besatzungskosten, bei unserem Wunsch zu ihrer Umwandlung, zu ihrer Überprüfung und zu ihrer Unterstellung unter deutsche Hoheit nicht das geringste zu tun.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wohl aber ist es der Mühe wert, sich vor Augen zu halten, warum die Besatzungsmächte noch hier sind und warum sie ihre militärische Stärke hier sogar laufend vermehren. Der ursprüngliche Zweck der Besatzungspolitik — von der anderen Seite proklamiert und von uns entgegengenommen — bestand doch darin, nach dem militärischen Sieg der Alliierten — ursprünglich der West- und der Ost-Alliierten — dafür zu sorgen, daß die demokratische Staats- und Lebensform in Deutschland wieder eingeführt wird, um zu verhindern, daß Nationalsozialismus und Militarismus in Deutschland wieder die Oberhand erringen können, um zu verhindern, daß die Gefahr für einen dritten Weltkrieg etwa von Deutschland ausgehen könnte. Es bleibt mir eine noch immer unvergeßliche Erinnerung, in den Büros der Militärregierung der amerikanischen Zone so im Juni 1945 ein Bild gesehen zu haben, in dem die Weltgeschichte in
    wahrhaft sinnfälliger Einfalt und Primitivität dargestellt wurde, zumindest die Weltgeschichte der letzten 80 Jahre. Dort war es einmal der alte deutsche Helm des Krieges 1870/71; darunter war die Unterschrift „Frieden 1871" mit dem Zusatz „phony peace" — falscher Friede. Dann kam der Stahlhelm des ersten Weltkrieges von 1914/18, darunter die Jahreszahl 1919 mit dem Zusatz „falscher Friede". Dann kam der Stahlhelm des zweiten Weltkrieges mit seinen Emblemen. Darunter stand „1939/45", und nach der Jahreszahl „45" stand „echter Friede". Wenn diese dilettantische Prognose von damals — man soll sie nicht als Prophezeiung ansprechen — nur einen Kern von Richtigkeit enthalten hätte, brauchten wir uns heute über dieses Thema in dieser Form und mit diesem Ernst nicht zu unterhalten.
    Der Zweck der Besatzung, soweit er uns betroffen hat, dürfte wohl jetzt als erreicht oder als erledigt zu betrachten sein. Was die Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus anbetrifft, so scheint der Zweck trotz der Methoden der Entnazifizierung er reicht zu sein.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Na, na!)

    — Ich sage, trotz der Methoden der Entnazifizierung.

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Und ich sage: Na, na!)

    — Das können Sie dazu sagen, aber kaum zu den Methoden, Herr Kollege. (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Nein, nein!)

    Die Politik der Sieger endigt — ohne daß wir jetzt auf die Hintergründe und Nebengründe eingehen wollen — in einer Zweiteilung Deutschlands, in einer neuen, aus dem Osten kommenden Bedrohung der freien Völker und schließlich in einer Umgruppierung der alten Kategorien der Sieger und Besiegten, die man qua Besatzungskosten noch aufrechterhalten will, in die Kategorien derer, die bereit sind, ihre Freiheit zu verteidigen, und derjenigen, die sie gefährden. Es hat heute keinen Sinn mehr, von Besatzung im echten Sinne des Wortes, von occupatio bellica, zu sprechen. Das deutsche Volk — entwaffnet — bekennt sich zur Freiheit, zu einer Freiheit, von der man glaubte, sie müsse zuerst gegen das deutsche Volk verteidigt werden, zu einer Freiheit, von der man jetzt zugeben muß, daß sie auch für das deutsche Volk verteidigt und gehalten werden muß,

    (Abg. Dr. Schmid [Tübingen]: Und nur mit!)

    — und von der man überzeugt sein muß, daß sie nur mit dem deutschen Volk gehalten werden kann.
    Wie ich heute aus der Zeitung entnommen habe, wird die Bundesrepublik in diesen Tagen aus dem Munde des amerikanischen Hohen Kommissars aufgefordert, sich auf der Grundlage der Gleichberechtigung freiwillig an dieser Verteidigung zu beteiligen. Es gibt in diesem Zusammenhang, wenn von Verteidigung gesprochen wird, keine Frage der deutschen Sicherheit oder der französischen Sicherheit oder der englischen oder der amerikanischen Sicherheit — letzten Endes auch nicht der amerikanischen Sicherheit! —, es gibt nur eine unteilbare Sicherheit der freien Völker. Wo das vor dem Juni letzten Jahres nicht geglaubt wurde, hat Korea die Richtigkeit dieses Satzes mit deutlicher Eindringlichkeit bewiesen. Es gibt nur eine unteilbare Sicherheit und eine unteilbare Freiheit. Für die unteilbare Sicherheit übernehmen die Besatzungsmächte, die bisherigen Besatzungsmächte, auch jetzt noch die Verantwortung in Deutsch-


    (Strauß)

    land. Damit sind sie aber Sicherheitsmächte geworden, Teile einer europäischen Verteidigungsarmee. Das Wort von Besatzung und ihren Kosten kann den durch die Gewalt der Tatsachen verlagerten Akzent nicht mehr zurückverschieben. Wenn der Zweck der Besatzung auf der einen Seite erfüllt, auf der anderen Seite weggefallen ist, dann können unter diesem Titel Besatzung und ihre Kosten in Zukunft keine Leistungen mehr verlangt werden, die wesentlich höher sind als die Reparationsleistungen nach dem ersten Weltkrieg, und zwar Leistungen, die über den Stand von 4,6 Milliarden DM in dem abgelaufenen Haushaltsjahr auf 6,6 Milliarden DM gesteigert werden sollen.
    Das Anliegen der Sicherheit ist heute allen europäischen Völkern gemeinsam. Das Tor, das gegen die Freiheit aufgestoßen werden kann, liegt an den Grenzen Deutschlands, wie Kollege Schmid vorhin in klarem Bilde dargelegt hat. Die Mittel, die für die gemeinsame Sicherheit aufgebracht werden müssen, müssen deshalb gemeinsam aufgebracht werden, und zwar entsprechend der Leistungsfähigkeit der Völker und der Belastung, die ihnen noch in anderem Zusammenhang erwachsen ist. Für diesen Zweck ist das deutsche Volk bereit, im Rahmen seiner Mittel, nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit und im Rahmen der Aufgaben, die ihm zukommen, seinen Beitrag freiwillig zu leisten. Wir möchten aber heute vor einer Gefahr warnen, die dadurch entsteht, daß man durch Beibehaltung von Wort und Begriff der Besatzungskosten einen psychologischen und nicht wieder gut zu machenden Fehler gegen den guten Willen unseres Volkes begeht, den man nicht zuschütten oder ersticken, sondern den man wecken, erhalten und stärken soll.
    Es ist überflüssig, über die einzelnen Kapitel, Titel und die alliierten Kennzeichnungen dieses Haushaltes im einzelnen zu sprechen. Es handelt sich durchweg um Pauschalgebühren. Wir haben auch gar nicht die Absicht gehabt, etwa den Herrn Bundesfinanzminister dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß wir uns etwa pikante Einzelheiten aus dem Besatzungskostenhaushalt zur Ausstattung dieser Rede verschaffen wollten. Es wäre ohne Zweifel auch ohne die Hilfe des Bundesfinanzministers möglich gewesen. Es handelt sich auch nicht darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier einige pikante Sensationen zu bringen, die vorhin, und zwar mit Recht angedeutet worden sind. Es handelt sich nicht darum, die Ausstattung gewisser Schlösser, die Kosten für die dort eingerichteten Schlafzimmer und für die Schreibtische mit ihren von elektrischen Motoren getriebenen Schubladen und was auf dem Gebiet alles noch aufzuzählen wäre, zu kritisieren, so interessant es auch wäre. Es hat auch keinen Sinn, auf die alliierte Kühlschrankfront für 8 bis 9 Millionen DM oder die Möbelausstattung für 35 Millionen DM einzugehen. Wir haben das einmal in unserer Interpellation getan: Uns kommt es gar nicht darauf an, noch in der Vergangenheit nachzurechnen, weil das nicht mehr geändert werden kann. Wir werden auch unseren Standpunkt für die Vergangenheit nicht verleugnen und ihn immer aufrechterhalten. Uns kommt es aber darauf an, daß liier für die Zukunft grundlegender Wandel geschaffen wird.

    (Sehr gut! und Sehr richtig! in der Mitte.) Unter diesen Umständen können wir nicht mehr weitermachen.

    Wenn man nur einzelne Punkte herausgreift, so stellt man fest, daß für Besatzungsschäden 93 550 000 DM vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang richten wir in Übereinstimmung mit dem einen Antrag der Bayernpartei an die Besatzungsmächte und an die Bundesregierung die Bitte, uns in zwei Punkten zu helfen, nämlich einmal für diejenigen Personen, die durch Einwirkung der Besatzungsmacht entweder ihr Leben oder ihre Arbeitsfähigkeit verloren haben, und zwar in voller Anwendung der Härteklausel gemäß Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission in jedem Falle die Umstellung der Entschädigung im Verhältnis 1 zu 1 zu genehmigen und es in keinem Falle bei der Umstellung 10 zu 1 zu belassen oder eine solche, weil die Auszahlung schon vor dem 21. Juni 1948 erfolgt ist, nunmehr stillschweigend zu belassen. Das ist ein echt soziales Anliegen derer, die unter der Besatzungsmacht unverschuldet Leben oder Gesundheit verloren haben.
    Es geht uns dann zweitens darum, bei allen Sachleistungen und Sachschäden für die vor dem 21. Juni 1948 entstandenen Schäden nicht den Einheitsmaßstab einer Abwertung 10 zu 1 zugrunde zu legen, sondern hier gemäß den allgemeingültigen Grundsätzen eine volle Aufwertung durchzusetzen. Und drittens geht es uns darum, auch die Feststellung der Besatzungsschäden und die Entschädigung in die Zuständigkeit der deutschen Gesetzgebung, des Bundestages und der Bundesregierung, zu überführen.
    Es ist von uns auch nicht vermessen, wenn wir einmal einen Hinweis darauf geben, daß kostspielige Objekte mit hoher Miete wie Hotels und Kurheime von der Beschlagnahme befreit werden sollten. Damit würde ein doppelter Zweck erreicht: einmal, daß erhebliche Mietbeträge eingespart werden, und zweitens, daß diese Objekte auch wieder für die deutsche Wirtschaft, für die Fremdenverkehrswirtschaft und damit als Devisenbringer nutzbar gemacht werden. Der Schaden, der durch diese Aufrechterhaltung der Beschlagnahmen entstanden ist, ist somit ein doppelter.
    Ich möchte aus zahlreichen Zuschriften, die ich erhalten habe, Zuschriften, die ich wegen der Schärfe ihrer Sprache und der aus der Formulierung herausklingenden Erbitterung hier nicht wiedergeben kann, nur eine herausgreifen. Es handelt sich um die Privatklinik eines Dr. Katz in Stuttgart. Diese Privatklinik — ich muß die Richtigkeit der Angaben in der Zuschrift unterstellen —, die aus zwei Gebäudekomplexen und 15 Häuschen mit 64 Krankenzimmern und 75 Betten besteht, ist ursprünglich für die Zwecke der UNRRA als Durchgangslager benutzt und ab 30. November 1948 von den DP's geräumt worden. Gleichzeitig ist der Hauptteil der Möbel und der Einrichtung verschwunden. Seit dem 30. November 1948 wird diese Institution für die German Youth Activities, die GYA, benutzt, also für den deutsch-amerikanischen Jugendclub. Die Mittel, die dafür aufgewendet werden, sollte man in klarer Teilung der Pflichten und Aufgaben lieber den deutschen Jugendverbänden geben, anstatt mit ihnen diese unglückselige Einrichtung der deutsch-amerikanischen Jugendclubs mit ihren zum Teil wenig positiven Einflüssen aufrechtzuerhalten.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Für diese beschlagnahmte Privatklinik zahlte der deutsche Steuerzahler im Jahre 1949 eine Entschädigungssumme von ungefähr 25 000 DM, im Jahre 1950 22 000 DM. Dafür aber sind Besatzungs-, i. e. Sicherheitskosten nicht vorgesehen.


    (Strauß)

    Ein besonders interessanter Posten von nicht 32-, sondern 35 051 000 DM betrifft die Entmilitarisierung. Dieser Posten ist vorhin schon erwähnt worden. Uns würde das gegenläufige Verhältnis der Kosten interessieren, d. h. der Kosten für die eine Stelle, die für Entmilitarisierung und Entwaffnung arbeitet, und der Kosten für die andere Stelle, die zum Studium der Frage unserer Wiederbewaffnung eingesetzt ist. Es ist uns auch ohne indiskrete Einsichtnahme in Unterlagen nicht möglich, die Einzelbeträge für die zivile Luftfahrt, die sich auf 20 Millionen DM belaufen, zu beurteilen. Wir wissen nur eines, daß wir auf der Grundlage der Charterung von Flugzeugen mit 20 Millionen DM auch einen bescheidenen deutschen Zivilluftverkehr aufbauen könnten.
    In dem Kapitel Ausgaben sind 414 Millionen DM vorgesehen, hauptsächlich für Kasernen und Wohnungen. Wir wollen nicht darum rechten, aber wir würden doch sehr gern eines sehen: Nachdem diese Kasernen und Wohnungen in dem alliierten Besatzungskostenhaushalt als Wertanlage für das deutsche Volk hingestellt werden, sollten sie doch auch so gebaut werden, daß sie für eine spätere deutsche Verwertung in Frage kommen. Vor kurzem hat mir ein maßgebender Beamter der dafür zuständigen Dienststelle in Süddeutschland erklärt, daß im Falle der Freigabe dieser Wohnungen die Miete in den nächsten Jahren, nur um Zinsen und Amortisationen aufbringen zu können, nach deutscher Preisfestsetzung, nach dem Preisstopp vom Jahre 1936 mit den inzwischen ergangenen Zusatzverordnungen, 350 DM betragen müsse. Die Bitte aber, die Wohnungen so zu bauen, daß sie später zwei- oder dreigeteilt werden können, hat man abgelehnt. Für eine solche Art von Wohnungsbau haben wir, besonders wenn es sich um eine deutsche Kapitalanlage handeln soll, herzlich wenig Verständnis!
    Aber ich will noch auf unseren Antrag zurückkommen. Es gibt heute so viele im Kriege und nach dem Kriege geschädigte Personen, die ihre Heimat durch Austreibung oder durch Bombenschaden verloren haben. Alle diese Menschen fühlen sich von einem harten Schicksal getroffen. Von einem unverständlichen Schicksal aber fühlen sich diejenigen getroffen, die auch heute noch an ihren schon seit sechs Jahren beschlagnahmten Häusern vorbeigehen müssen ohne die Aussicht, sie zurückzubekommen, und die im Laufe der vergangenen Jahre zusehen mußten, wie Teil um Teil ihrer Einrichtung nicht nur abgenutzt, sondern großenteils zerstört worden ist. Die Zahl dieser Menschen in Deutschland, die mit ihren Angehörigen durch die Besatzungsmacht verdrängt oder irgendwie geschädigt worden. sind, beläuft sich auf weit über eine Million. Unter diesen Menschen zeigt sich eine gefährliche Reaktion, zeigen sich Symptome, die dann von denen ausgenutzt werden, die am allerwenigsten das Recht dazu hätten. Aber das ist nun einmal so.
    Deswegen möchten wir unsere dringende Bitte wiederholen, die wir schon einmal in einer Anfrage an die Regierung gerichtet haben. Dabei muß ich Ihnen, verehrter Herr Staatssekretär Hartmann, leider sagen, daß wir mit der Auskunft, die wir auf unsere Anfrage erhalten haben, nicht zufrieden sind. Wir haben angefragt, ob die Bundesregierung bereit ist, darauf hinzuwirken — und ich will das jetzt noch etwas deutlicher machen und sagen: mit allen Mitteln und mit aller Schärfe darauf hinzuwirken —, daß von den neugebauten Wohnungen mindestens ein Drittel, also von je drei Wohnungen eine Wohnung für die Freimachung eines der bisher beschlagnahmten Häuser verwendet wird. Es handelt sich nicht darum, daß die Leute jetzt alle mit einem Schlage ihre Häuser wieder erhalten. Es handelt sich darum, daß sie einen Anfang sehen, daß sie die. Hoffnung haben können, ihre Häuser wiederzuerhalten, daß mit diesem Projekt endlich einmal ein konkreter Anfang gemacht wird.

    (Abg. Dr. von Brentano: Sehr gut!)

    Bei diesen Einzelpositionen geht es aber im wesentlichen um etwas anderes. Es geht um die zukünftige Verwendung der bisher als „Besatzungskosten" bezeichneten Mittel. Für die nächsten Jahre kann kein Zweifel darüber bestehen, daß wir, was die Verwendung betrifft, die Leistungen unseres Staates auf diesem Gebiet als Sicherheitsausgaben betrachten und demgemäß gestalten müssen. Es ist ein Erfordernis, das der politischen Änderung der Verhältnisse entspricht, daß diese Leistungen auf der Grundlage vertraglicher Abmachungen festgelegt werden. Erst damit wird dem Bundestag die Möglichkeit gegeben werden, parlamentarische Verantwortung für den größten Ausgabeposten im Haushalt des Bundes überhaupt zu übernehmen. Wir haben schon einmal von dieser Stelle aus klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß wir diese Forderung nicht aus nationalistischen Gründen erheben, nicht etwa, weil wir Konfliktstoffe schaffen wollten. Nein, die Konfliktstoffe sind von anderer Seite geschaffen worden. Aber wir haben die Reaktion im Volk draußen zu beachten, haben uns auf diese Reaktion einzustellen und müssen den Mut haben, diese Dinge auch hier zu vertreten. Wir wollen nicht an Konflikten die Gemüter unseres Volkes künstlich erhitzen.
    Es darf auch keinen Zweifel daran geben, daß wir die kommunistischen Vorstöße gegen die Besatzungskosten als einen Akt besonderer Scheinheiligkeit und Heuchelei empfinden, nicht nur deswegen, weil in der ostelbischen Kolonie Rußlands, genannt „Deutsche Demokratische Republik", allein schon die Diskussion über die Besatzungskosten und Besatzungsleistungen ein Verbrechen gegen Staat und Gesellschaft ist, das mindestens mit der Strafe des Verschwindens auf Nimmerwiedersehen bestraft wird.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Ich möchte auf Ihre Äußerung, Herr Kollege Müller, nicht näher eingehen. Ich meine es auch nicht persönlich, obwohl ich einen Ordnungsruf nicht scheue. Ich möchte nur eines sagen: daß die Brandstifter zuletzt das Recht haben, sich über den von der Feuerwehr verursachten Flurschaden zu beklagen.

    (Sehr gut! und Heiterkeit in der Mitte. — Abg. Müller [Frankfurt]: Sie tragen die Verantwortung!)

    Für uns, meine sehr verehrten Damen und Herren, handelt es sich darum, gemeinsam mit den andern Völkern, mit denen wir in einer Schicksalsgemeinschaft leben, die aber auch mit uns in einer Schicksalsgemeinschaft leben — um daran keinen Zweifel zu lassen —, den richtigen Weg zu finden, damit jeder Pfennig und jede Mark, den das durch Krieg und Kriegsfolgen schwerer als alle anderen Völker getroffene deutsche Volk aufzubringen hat, dem richtigen Zweck zugeführt wird. Dieser Zweck kann nichts anderes sein als Sicherheit, Sicherheit und nochmals Sicherheit! Geistige Sicherheit, soziale Sicherheit und militärische Sicherheit. Es


    (Strauß)

    ist nicht zufällig, daß heute die kommunistische Propaganda — einschließlich der Schlußworte vom Herrn Kollegen Müller — mit dem Schreckgespenst „Korea" das deutsche Volk in Terror zu stürzen versucht. Es steckt eine berechnende Absicht dahinter, die seit Monaten in der Öffentlichkeit vorhandene Erregung der Gemüter hinsichtlich der Herausgabe der deutschen Brückenbaupläne zum Zweck des Einbaues von Sprengkammern künstlich auch noch für diese Zwecke zu benutzen. Auf der anderen Seite trägt aber diese Diskussion nicht dazu bei, diesen Terror zu vermindern. Und daran hätten die Besatzungsmächte denken sollen.
    Das deutsche Volk wehrt sich heute mit seiner ganzen ihm verbliebenen und mit seiner wiedererstarkten Lebenskraft aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit heraus gegen alle Vorstellungen und gegen die Möglichkeit, daß Deutschland Kriegsschauplatz nach dem Beispiel von Korea werden könnte. Der Kriegsminister Marshall hat laut „Neue Zeitung", Ausgabe vom letzten Montag, in einer Rede am letzten Samstag die gegenwärtige Weltlage — nach wörtlichem Zitat — als „äußerst gefährlich" bezeichnet. Er sagte:
    Wir gehen zur Zeit durch eine der kritischsten Perioden in der Weltgeschichte.
    Er fügte hinzu:
    Ich möchte es sogar noch stärker formulieren, wenn ich sage, eine der kritischsten Perioden in der Geschichte der Zivilisation.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Worte haben wir vor Augen, wenn wir uns gegen diese Höhe der sogenannten Besatzungskosten und ihre Verwendung in der bisherigen Form zur Wehr setzen.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Wenn die Weltlage so gefährdet ist, wie sie von
    dem zuständigen Politiker der größten Weltmacht
    — Marshall war es, der Kriegsminister — dargestellt wird, wenn damit auch Europas und Deutschlands Lage in besonderem Maße kritisch ist, dann haben wir in voller Übereinstimmung mit allen freien Völkern der Welt das Recht, zu verlangen, daß die bisherigen Besatzungsausgaben — Besatzungskontributionen — in reine Sicherheitsausgaben umgewandelt werden und in nichts anderes mehr. Der Bau von Kegelbahnen und Klubhäusern und alle sonstigen für den unmittelbaren Bedarf der Besatzungsmacht und für den unmittelbaren Bedarf der Sicherheit nicht benötigten Einrichtungen müssen in diesen Zeiten, für die der amerikanische Kriegsminister selbst das Stichwort gegeben hat, gegenüber dem zurücktreten, was wirklich notwendig ist. Allein von diesem Standpunkt aus, das darf man wohl sagen, sind bisher alle Fragen, alle Anträge und alle Äußerungen von unserer Seite zu diesem Punkt zu verstehen, und aus keinem anderen Standpunkt heraus.
    Wenn heute irgendwo in der Öffentlichkeit eine Notiz erscheint, daß 100 000 DM von den Besatzungsmächten sinnlos und sinnwidrig ausgegeben sind, ist der psychologische Flurschaden viel größer, als wenn 100 Millionen zweckmäßig ausgegeben worden sind.

    (Abg. Dr. von Brentano: Richtig!)

    Es liegt uns fern, es dem amerikanischen oder englischen oder französischen Soldaten zu verübeln,
    wenn ihm — neben dem Soldatendienst — die
    Zeit seines Aufenthaltes in Deutschland angenehm und erträglich gestaltet werden soll. Es geht uns nicht darum, den Lebensstandard der Völker und ihrer Besatzungskräfte hier zu kritisieren, die als Sieger in unser Land kommen. Es geht um etwas anderes: zu verhindern, daß wieder kostbare Zeit verlorengeht, daß wieder Mittel für Dinge verbraucht werden, die dem einzigen Zweck, der jetzt vorherrschen muß, nicht entsprechen.
    In diesem Zusammenhang brauchen ja nicht
    wir das Wort zu ergreifen. Wir brauchen uns nur
    auf das zu berufen, was in den amerikanischen
    Zeitungen heute in ganz offener Kritik über diese
    Verhältnisse gesagt wird. Darum soll man auch
    nicht unsere Äußerungen als nationalistische Äußerungen oder als unangemessene Kritik empfinden;
    denn uns ist es ja ernst um die Zukunft. In der
    „New York Times" stand vor kurzem ein Artikel
    zum Problem der Luxussoldaten. Dort heißt es: Obwohl die Atlantikpaktstaaten jährlich fast 20 Milliarden Dollar, also ungefähr ebensoviel wie die Sowjetunion, für ihre Verteidigung ausgegeben haben, verfügen sie über eine relativ geringe Kampfstärke. Dafür gibt
    es viele Gründe. Einer der wichtigsten ist, daß die Demokratien sich vom Prinzip der üblichen militärischen Genügsamkeit abgewendet haben und versuchen, ihre Truppen auf einem gewissen Luxusstandard zu erhalten. In dieser Hinsicht waren die USA tonangebend. Sie bezahlen ihre Soldaten nicht nur sehr gut, sondern sie stellen ihnen auch eine Vielzahl von Einrichtungen zur Verfügung, die z. B. jede Infanteriedivision dazu zwingen, rund 60 000 Mann im rückwärtigen Dienst einzusetzen. Dazu kommen noch zahlreiche Zivilangestellte usw. Die Sowjettruppen kommen mit einem Zehntel dieses Personals aus. Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil sie nicht nur ein finanzielles Problem darstellt, sondern weil sie auch in dem Augenblick akut wird, wenn nach den Brüsseler Beschlüssen eine gemeinsame Verteidigungsarmee aufgestellt wird.
    Das deutsche Volk stellt heute aus Radio, Presse und an seinem eigenen Körper fest, daß überall auf der Welt die Regierungen den Völkern enorme Ausgaben zumuten, um den zivilen Luftschutz auf den notwendigen Stand zu bringen. Wir sollten meinen, wenn schon das Kapitel Sicherheit heute obenan auf der Tagesordnung steht, daß unter diesem Begriff auch einmal etwas für die deutsche Sicherheit getan werden muß, wenn alle übrigen Völker Vorsorge treffen und wir hier ohne alle Vorbereitungen in eine ungewisse Zukunft gehen. Man soll heute nicht den Teufel an die Wand malen. Man soll nicht wieder Worte aussprechen, die sechs Jahre hindurch — eine grausige Erinnerung — uns in Schrecken gehalten haben. Wenn aber auf Schritt und Tritt in Radio, Illustrierten und Presse von den Vorbereitungen der anderen berichtet wird, dann fragt unsere Bevölkerung heute mit Recht: Was geschieht in diesem Falle mit uns, wenn ein solcher Fall eintritt, ohne daß wir etwa das geringste aktiv zum Ernstfall beigetragen hätten? — Da, meine ich, wäre manche Million besser angebracht; wenn schon für diese traurigen Zwecke überhaupt notwendig, dann besser für diese als für irgendwelche anderen, die heute nicht auf der ernsten Seite unserer Notwendigkeiten stehen. Wir sollten meinen, es ließe sich auch vorstellen, daß für 'die Verstärkung der Sicherheit der Bundesrepublik das deutsche
    Deutscher Bundestag — Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951 5 537

    (Strauß)

    Straßen- und Eisenbahnnetz noch ausgebaut und verbessert werden könnte und daß vor allem sein Schutz gegen Gefahren und Sabotageakte bewerkstelligt werden könnte. Das schließt aber in sich ein, daß nicht nur alle über die unmittelbaren Notwendigkeiten hinausgehenden Aufwendungen der Truppe gestrichen werden müssen, sondern das schließt eine Bitte ein, die wir jetzt als beschwörende Forderung erheben müssen, daß nämlich die gesamte Verwaltungsbürokratie der Besatzungsmächte restlos und endgültig abgebaut wird.

    (Sehr gut! in der Mitte und rechts.)

    Die Voraussetzung dafür ist die Aufhebung des Besatzungsstatuts und die Überführung auf eine Vertragsbasis, eine Überführung, die — in materieller und psychologischer Hinsicht — unsere Verhältnisse bessern wird. Ich kann dem Herrn Kollegen Schmid hier in dem, was er als Ziel anstrebt, recht geben. Er muß uns aber eine Möglichkeit lassen, nämlich den ersten Schritt vor dem zweiten Schritt zu tun. Man kann nicht vom Bundeskanzler Adenauer, in diesem Falle als Außenminister, verlangen, daß er auf den Tisch haut, bevor er überhaupt einen Stuhl hat, um sich an den Tisch zu setzen.
    Dem deutschen Volke muß endlich das Gefühl genommen werden, auf der einen Seite ein Objekt der Besatzungsmächte, auf der anderen Seite mögliches Opfer eines neuen Krieges und zwischen diesen beiden Zuständen eine Art von Pseudo-Verbündeter zu sein. Es gibt nur eine unteilbare Sicherheit der freien Völker, die in völliger Solidarität ihre wirtschaftlichen und finanziellen Hilfsmittel für die Sicherheit gegen eine Weltgefahr vereinigen müssen. Wir hatten es als hoffnungsvolles Anzeichen vermerkt, als die Presse am 11. Februar berichtete — einige Wochen nach der grundsätzlichen Aussprache hier im Bundestag —, daß die amerikanischen Vertreter in der Hohen Kommission gegenüber den Engländern und Franzosen für eine drastische Senkung der Besatzungskosten eingetreten sind. Der amerikanische Vertreter hat die völlige Streichung einer Reihe von Ausgaben vorgeschlagen. Wir haben am 14. Februar — wieder aus der Presse — mit Kopfschütteln von einer Mitteilung eines alliierten Sprechers Kenntnis erhalten, daß es über diese Frage auf dem Peters-berg zu keiner Einigung kam, weil die britischen und französischen Vertreter die amerikanischen Vorschläge für verfrüht gehalten hätten; man wolle erst die Entscheidung über eine deutsche Wiederbewaffnung abwarten.
    Entweder ist die Weltlage so ernst, wie sie dargestellt wird; dann gibt es kein „zu früh" für eine Umstellung der Besatzungskosten auf reine Sicherheitsausgaben.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Oder diese Weltlage ist nicht so ernst; dann verstehen wir nicht, warum die Völker 10 bis 15 % ihres Sozialprodukts für diese Zwecke aufzubringen haben.

    (Sehr wahr! in der Mitte.)

    Dann ist uns die ganze Entwicklung unverständlich, die seit einigen Monaten bei uns angehoben hat.
    Ich möchte fragen: Ist es den Besatzungsmächten und ihren Heimatvölkern bekannt, daß von den sogenannten deutschen Besatzungskosten 1,4 Milliarden DM allein für Verwaltung ausgegeben werden? — Diese Verwaltung erstreckt sich heute noch von der Hohen Kommission auf der Bundesebene über Landeskommissare hinab zu den Kreisoffizieren mit dem ganzen dafür benötigten Aufwand. Man sollte unsere Bitte, diesen ganzen Apparat aufzulösen und sich mit Botschaften und Konsulaten auf Vertragsgrundlage zu begnügen, nicht für unangemessen erklären. Man sollte sie für sehr ernst nehmen, weil sie aus der Kenntnis um die Stimmung unseres Volkes und aus dar ernsten Einschätzung unserer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lage kommt. Allein die bisherigen Verwaltungsausgabcn umfassen ja beinahe das gesamte Jahresaufkommen aus der Soforthilfe bzw. aus dem Lastenausgleich. Es ist müßig festzustellen, wieviel mehr an militärischer Sicherheit durch Verzicht allein auf den bürokratischen Apparat erreicht werden kann. Für die Truppe sind als sogenannte innere Besatzungskosten — ohne Ausrüstung, Bekleidung, Verpflegung, Besoldung, Bewaffnung usw. — rund 2 Milliarden DM vorgesehen. Das macht eine Kopfquote von 10 000 DM für 200 000 Mann. Bei der Rheinland-Besatzung nach dem ersten Weltkrieg hatten wir eine Kopfquote von 1000 Goldmark, das sind 1600 DM, also 1/7 der heutigen Kopfquote für innere Besatzungskosten.
    Wir haben also nicht unrecht mit der Schlußfolgerung, daß von diesen 2 Milliarden DM mindestens 1,2 Milliarden DM unwirtschaftlich verwendet werden; und damit haben wir auch ein Recht zu der Schlußfolgerung, daß die Verstärkung der Besatzungstruppe zu einer Sicherheitsarmee in Stärke von mindestens 350 000 Mann vollmotorisierter Truppen insgesamt nicht mehr kosten dürfte als das, was jetzt aufgebracht wird, wenn Verwaltungskosten ganz gestrichen werden und für die Zeit der Bedrohung unserer Sicherheit auf unwirtschaftliche Ausgaben für die Armee verzichtet wird. Man könnte dazu eine Reihe von Einzelheiten bringen; ich komme zum Schluß auf die einzelnen Anträge zu sprechen.
    Wir haben selber folgende Forderungen zu stellen, die wir der Bundesregierung — es ist sehr bedauerlich, daß die verhandlungsberechtigten Instanzen der Bundesregierung nicht anwesend sind — unterbreiten, weil wir wissen, daß sie ernst genommen werden müssen.
    müssen vorschlagen: erstens einen völligen Wegfall der Verwaltungskosten, zweitens eine Beschränkung der Ausgaben der Truppe auf das für die Sicherheit Wesentliche, drittens eine Neuregelung der deutschen Leistungen auf vertraglicher Basis, viertens Vergebung aller Aufträge auf Lieferungen und Arbeiten durch eine zentrale deutsche Stelle; die Rohstoffe lenken und Aufträge verteilen kann, was auch im Interesse unserer inneren Wirtschaftsgestaltung dringend notwendig ist. Dann wird noch eine Möglichkeit gegeben werden müssen, auch einmal denjenigen dunklen deutschen Ehrenmännern etwas auf die Finger zu klopfen, die — durch überhöhte Rechnungen und falsche Angaben über Leistungen — aus dem Geschäft mit den Besatzungsmächten einen Profit für sich machen.

    (Sehr richtig! in der Mitte und bei der SPD.)

    Fünftens fordern wir eine Kontrolle aller Verwendungen durch den Bundesrechnungshof.
    Noch einen Vorschlag müßte man einmal ernstlich mit den Alliierten besprechen. Sie sind hier nicht als Sieger und Kantinenverbraucher, sie sind hier als alliierte Sicherheitsgarnison für Europa. Da wir für ihre Anwesenheit erhebliche Opfer zu bringen haben, würden wir sehr darum bitten, daß die zusätzliche Kaufkraft, die damit neben den zusätzlichen Lasten in das Land kommt, für die deutsche Wirtschaft aktiviert werden kann, was


    (Strauß)

    möglich ist, wenn die Besatzungstruppe ihren Bedarf nicht in den PX-Läden und Marketendereien deckt, sondern in deutschen Läden. Dann wird die Erhöhung der Umsatzsteuer für Sicherheitszwecke auf der anderen Seite auch eine Erhöhung des Einkommens für den einzelnen Geschäftsmann und des Steuereinkommens für unser Volk bringen.
    Weiter fordern wir Gerechtigkeit in der Entschädigung der Besatzungsgeschädigten und Besatzungsbeschädigten und als letztes eine Anerkennung eines Teiles unserer Kriegsfolgelast als Verteidigungsbeitrag. Es wirkt befremdend, wenn die Alliierte Hohe Kommission in einem Briefe an den Herrn Bundeskanzler vom März dieses Jahres zum Ausdruck bringt, daß selbst der Betrag von 6,6 Milliarden — von dem heute mindestens eine Milliarde auf jeden Fall ungedeckt ist, die nur durch weitere über die geplante hinausgehende Steuererhöhung gedeckt werden kann — relativ niedrig sei und mit 6,2 % des deutschen Volkseinkommens pro Jahr wesentlich niedriger sei als die horrenden Beträge, die die anderen Völker aufzubringen hätten. Ich möchte keine Einzelzahlen mehr dafür bieten. Aber eines müssen die Herren uns zugute halten, eines müssen sie uns glauben: daß jährlich 5 Milliarden DM an sozialer Hypothek auf uns lasten, nicht als Kriegsfolgelasten, sondern als Folgelasten der nach dem Krieg über uns durch sinnlose Zerstörung verhängten Maßnahmen. Das sind 3 Milliarden DM jährlich für Flüchtlinge, eine Millarde für Berlin, eine Milliarde für Remontage und ähnliche Zwecke. Das sind zusammen 5 Milliarden, die als Verteidigungsbeitrag eingesteckt werden und deshalb auch als solcher angerechnet werden müssen. Sonst, wenn sie in der bisherigen Berechnung weiterfahren, geht die Rechnung weder für sie noch für uns auf.
    Zu den einzelnen Anträgen möchte ich folgendes sagen. Die Bayernpartei bitte ich, den Antrag auf Drucksache Nr. 2080 durch den Antrag auf Drucksache Nr. 2200 als erfüllt oder gegenstandslos anzusehen, weil hier der Regierung eine klare Marschroute gegeben wird, wie sie sich bei den kommenden Verhandlungen verhalten muß.
    Über den Antrag Nr. 2124 der KPD sollten wir aus den Gründen „Brandstiftung und Feuerwehrflurschaden" zur Tagesordnung übergehen.
    Den Anträgen der Bayernpartei auf Drucksachen Nr. 2029 und 2198 stimmen wir zu. Ebenfalls empfehlen wir die Annahme des Antrags der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 2201. Dem Gesamtantrag auf Drucksache Nr. 2200 stimmen wir in vollem Umfange zu.
    Uns geht es bei all diesen Aussprachen, die wir über dieses Thema hier schon gehabt haben, im Kampf um die Zeit, im Kampf um den sozialen Standard, im Kampf um die politische Entwicklung, die immer drohender und näher auf uns zukommt, nicht darum, in einen Konflikt mit den Besatzungsmächten hineinzugeraten; uns geht es darum, in den entscheidenden Monaten, in denen Deutschlands Schicksal vorbereitet wird, rechtzeitig warnend unsere Stimme erhoben und die Regierung zum Handeln veranlaßt zu haben.

    (Lebhafter Beifall in der Mitte und rechts.)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Pfleiderer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Georg Pfleiderer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute über den Besatzungskostenhaushalt zu sprechen. Das ist eine harte Nuß. Das Problem hat an Bedeutung zugenommen, weil sich die Beträge erhöht haben. Das Problem ist auch nicht weniger heikel geworden. Denn die ganze Entwicklung vollzieht sich in einer ständigen Auseinandersetzung mit den Besatzungsmächten. Wir haben hier im Hause schon oft über Besatzungslasten gesprochen und haben es stets in vollkommener Offenheit getan. Auch heute hat niemand ein Blatt vor den Mund genommen. Ich möchte auch kein Blatt vor den Mund nehmen. Aber dies veranlaßt mich zu einer ausdrücklichen und besonderen Bemerkung. Nicht in ganz Deutschland ist es möglich, in aller Offenheit und ohne Behinderung über Angelegenheiten zu sprechen, die die Besatzungsmächte betreffen. Die Lage in den östlichen Zonen ist eine andere als in der Bundesrepublik. Ich möchte hier mit einem Gefühl der Befriedigung feststellen, daß die Politik der Alliierten in der Bundesrepublik von Anfang an so eingerichtet war, daß diesem Hause jede nur wünschenswerte Redefreiheit gewährleistet gewesen ist.
    An den Besatzungskosten treten die inneren und äußeren Schwierigkeiten unseres staatlichen Lebens besonders klar zutage. Ich möchte zunächst von den inneren Schwierigkeiten sprechen. Unser Staatswesen steht unter einer doppelten Hoheit, unter einer deutschen und unter einer alliierten, unter einer demokratischen und einer kriegsrechtlich-autoritären, wobei die deutsche die demokratische und die alliierte die autoritäre ist. Die Frage der Besatzungslasten gehört nun zu der kriegsrechtlich-autoritären. Hier haben und hätten wir Deutsche eigentlich überhaupt nichts zu sagen. Die Regierung ist hier nur die Empfängerin von Befehlen oder von Anordnungen der Hohen Kommission. Und das Parlament hätte da nichts anderes zu tun, als von diesen Anordnungen Kenntnis zu nehmen und die erforderlichen Beträge zur Verfügung zu stellen. Aber dies kann und wird und soll uns nicht hindern, die Angelegenheit sehr gründlich zu erörtern. Denn wir können von den größten, drückendsten und umstrittensten Posten unseres Haushalts nicht nur in stummer Ergriffenheit Kenntnis nehmen und unseren Wählern die Rechenschaft schuldig bleiben. Wenn aber bei den Besatzungslasten die deutsche Regierung mehr oder minder nur die Empfängerin von alliierten Anordnungen ist, dann hat es auch nicht viel Sinn, die Sache mit der Bundesregierung zu erörtern. Denn von ihr können wir nur hören, welche verzweifelten und bis heute vergeblichen Anstrengungen sie gemacht hat, um die Anordnungen der Alliierten zu mildern. Wenn wir über Besatzungslasten, über ihren Rechtsgrund, über ihre absolute Höhe und die Art der Verwendung sprechen, müßte die Regierungsbank eigentlich ganz anders besetzt sein.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Dann müßte eine Art unmittelbarer Rede und Gegenrede zwischen uns und den Alliierten stattfinden. Wenn wir die Regierungsbank gerade heute betrachten, müssen wir feststellen, daß dort noch genügend Platz wäre, daß noch andere Herren Platz nehmen könnten. Aber, meine Herren, ich fürchte, daß der horror pleni, der Abscheu vor dem Plenum, der die Regierungsbank immer so leer bleiben läßt, nicht auf die deutsche Seite beschränkt bliebe. Vielleicht liegt dies am rheinischen Klima und seiner ansteckenden Wirkung. Jedenfalls ist es unmöglich, über die dem Hause vorgelegten Einzelpläne XXIV und XXV sachlich zu beschließen. Die für das Haushaltsjahr 1950 angeforderten Beträge werden nur aus haushaltstechnischen Grün-


    (Dr. Pfleiderer)

    den in den Haushaltsplan eingesetzt. Eine Verantwortung können wir für diese Beträge nicht übernehmen. Auch in den fremden Parlamenten, in den Parlamenten der alliierten Staaten scheinen diese Haushaltspläne im einzelnen nicht erörtert zu werden, so daß inmitten Europas Milliarden an öffentlichen Geldern ausgegeben werden, die einer parlamentarischen Kontrolle nicht unterliegen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Die Besatzungslasten sind uns von den Besatzungsmächten auferlegt, und zwar auf Grund des Besatzungsstatuts. Ich möchte gerade diese Tatsache zum Anlaß nehmen, allgemein etwas über die Besetzung und über das Recht, unser Land besetzt zu halten, zu sagen; denn nur von diesem Punkte aus können wir der ganzen Frage richtig näherkommen.
    Man hat unser Land aus zwei Gründen besetzt: um uns und die Verhältnisse unseres Landes zu ändern und um die Welt vor uns zu schützen. Es handelt sich also bei der Besatzung um eine sogenannte Interventionsbesatzung. Die Ziele der Intervention sind uns bekannt: Demilitarisierung, Denazifizierung, Demokratisierung, Demontage und Dekartellisierung. Diese Ziele sind heute als erreicht zu bezeichnen, ja, wir können sagen, daß die Pläne der Intervention nicht nur erfüllt, sondern übererfüllt worden sind.

    (Abg. Renner: Meinen Sie etwa die sieben Naziminister in Schleswig-Holstein? — Zuruf rechts: Ruhe in Moskau! — Abg. Bausch: Die sind nicht demokratisiert!)

    Wir sind so sehr abgerüstet worden, daß es jetzt ernste Schwierigkeiten bereitet, das Problem der Wiederaufrüstung zu beraten; wir sind so sehr p demokratisiert, daß wir den autoritären kriegsrechtlichen Eingriff in die deutsche Staatshoheit als außerordentlich störend und unzeitgemäß empfinden; wir sind so sehr demontiert worden, daß sich die Demontagen als eine echte Behinderung unseres wirtschaftlichen Beitrages zur Verteidigung der freien Welt erwiesen haben.
    Dies alles zeigt uns, daß die Intervention abgeschlossen ist. Ich wage, das folgende zu sagen: was jetzt noch an Demokratisierung zu tun ist, das muß schon von den Deutschen selbst getan werden.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Ich glaube, dieses Haus ist in seinem überwiegenden Teil damit beschäftigt, dies zu tun. Alle fremden Einwirkungsmöglichkeiten haben, wenn sie
    nicht oberflächlich bleiben sollen, eine Grenze, und
    diese Grenze ist erreicht. Die Intervention kann als
    Grund der Besetzung nicht mehr anerkannt werden.

    (Sehr gut! rechts.)

    Auch militärisch hat die Besetzung — das ist ja schon ausgeführt worden — ihr Gesicht gewandelt. Es handelt sich heute nicht mehr darum, die freie Welt vor uns zu schützen, sondern die freie Welt und uns als einen Teil von ihr vor Gefahren zu schützen, die ihr drohen.

    (Zuruf von der KPD: Oder uns vor der freien Welt!)

    Diese Aufgabe gibt aber keinen rechtlichen Grund mehr, uns als ein nach Kriegsrecht besetztes Land zu betrachten und demgemäß zu behandeln. Es ist nötig, der Anwesenheit fremder Truppen im Lande baldmöglichst eine neue rechtliche Grundlage zu geben, und zwar eine Grundlage, die mit dem Zweck, dem die Anwesenheit der Truppen heute dient, übereinstimmt.
    Ich möchte aber die heutige Gelegenheit doch auch benutzen, um die Anwesenheit der fremden Truppen in der Bundesrepublik im Namen meiner Freunde nicht nur zu begrüßen, sondern ganz offen als die Voraussetzung unserer Freiheit zu bezeichnen. Hierüber soll bei allen diesen Diskussionen zwischen uns und den Alliierten keinerlei Mißverständnis . aufkommen.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Die Alliierten werden vielleicht sagen, daß ihnen die bedingungslose Kapitulation vom Jahre 1945 das Recht gebe, uns als besetztes Gebiet im kriegsrechtlichen Sinne zu betrachten, uns kraft der Besatzungsgewalt unter Besatzungsstatut zu halten und uns Besatzungslasten aufzuerlegen. Hierzu möchte ich das eine gleich bemerken: Wer sich heute noch auf bedingungslose Kapitulation beruft, der zeigt, daß er noch in den Gedanken und Vorstellungen des zweiten Weltkrieges befangen ist. Wir glauben, daß es sich heute nicht mehr darum handelt, den zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen fortzusetzen; denn die Welt hat sich in der Zwischenzeit politisch völlig neu gruppiert. Es handelt sich heute darum, zusammen mit den Deutschen den dritten Weltkrieg zu vermeiden.

    (Sehr richtig!)

    Wenn man heute noch die bedingungslose Kapitulation anführt und in den Vorstellungen des
    zweiten Weltkrieges denkt, dann kann man nicht
    gleichzeitig über einen deutschen militärischen
    Beitrag verhandeln, weder in Paris noch in Bonn
    noch auf dem Petersberg. Wenn man mit der
    Bundesrepublik über Soldaten sprechen will, dann
    muß man nicht die Vergangenheit fortsetzen wollen,
    sondern dann soll man die Zukunft neu gestalten,
    genau so wie man dann einmal den deutschen
    Soldaten sagen muß, welches die Grenzen nicht nur
    unseres Erdteils, sondern unseres Vaterlandes sind.

    (Sehr gut! rechts.)

    Wenn aber die Intervention abgeschlossen ist und wenn die Aufgabe der Truppen in Deutschland sich verändert hat, dann ist auch für eine Berufung auf diese bedingungslose Kapitulation kein Raum mehr.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Diese Kapitulation ist kein Selbstzweck; sie ruht juristisch nicht in sich selbst, und sie kann losgelöst von ihrem Zweck zeitlich nicht unbegrenzt fortgesetzt werden.

    (Erneute Zustimmung bei der FDP.)

    Wenn dem so ist, dann hängt auch das Besatzungsstatut und hängen die uns einseitig auferlegten Besatzungslasten heute schon in der Luft, politisch und juristisch.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Vielleicht wird man mir einwenden, ich stellte die Dinge zu hart dar und ich vergäße den gleitenden Übergang vom Krieg zum Frieden, um den sich ja die alliierte Diplomatie so angelegentlich bemüht. Nun, ich habe selbst an den gleitenden Übergängen und den zarten Pastelltönen schon lange das Vergnügen eines wenn auch bescheidenen Kenners der einschlägigen Spielregeln. Aber wenn man dies vor seinen Wählern vertreten soll und wenn man dies vor einem Volk vertreten soll, das aus einer tiefen Zerrüttung und Verwirrung in die großen politischen Aufgaben der freien Welt zurückfinden soll, dann verlieren diese zarten Pastelltöne ihre Wirkung; dann müssen wir mit klaren Tatsachen und Entscheidungen kommen; dann müssen wir der bedingungslosen Kapitulation und


    (Dr. Pfleiderer)

    dem Besatzungsstatut entsagen, und dann müssen wir erklären, ob wir und die Alliierten kriegführende oder befreundete Nationen sind.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Für Besatzungslasten im kriegsrechtlichen Sinne ist heute kein Raum mehr, und deshalb wird das, was wir heute leisten, sobald es eben als Besatzungslast geleistet wird, nicht mehr zu Recht geleistet. Was wir leisten, sind der politischen Lage nach bereits Verteidigungsbeiträge, und zwar Verteidigungsbeiträge, die mit den Schlacken der Interventionslasten beschwert sind. Um diese politisch und juristisch unwahr gewordene Lage in Ordnung zu bringen, kann nur eines helfen: erst Verhandlungen und dann ein Vertrag, ein klarer, echter Vertrag, der beides in sich vereinigt: Großzügigkeit und Sorgfalt, und zwar von beiden Seiten.
    Ich möchte die heutige Beratung der Einzelpläne XXI V und XXV zum Anlaß nehmen, hier zu entwickeln, was bei der Umstellung von einseitigem Kriegsrecht auf zweiseitiges oder mehrseitiges Vertragsrecht und bei der Umstellung von Besatzungslasten auf Verteidigungsbeiträge zu berücksichtigen sein wird. Dabei gehört unsere ganze Aufmerksamkeit natürlich der Zukunft, nämlich dem Haushalt 1951/52; denn über das Vergangene ist nicht allzuviel zu sagen, da das Geld bereits verausgabt ist. Ich möchte aber glauben, daß das deutsche Volk auf das bitterste enttäuscht wäre, wenn die sehr viel höheren Beträge des neuen Haushaltsjahres in der bisherigen Weise bewilligt werden sollten — ohne Vertrag und nur auf Anordnung der Hohen Kornmission und auf Grund eines Statuts, das nicht nur die Deutschen, sondern auch die Alliierten selbst politisch als überholt bezeichnen.
    Es gibt in besetzten Ländern — und wir Deutschen haben darin selber die bittersten Erfahrungen gesammelt — in manchen politischen Fragen einen sogenannten psychologischen Augenblick. Dieser psychologische Augenblick scheint mir gekommen zu sein. Wenn man ihn versäumt, dann entsteht Schaden, der kaum wieder gutzumachen ist.

    (Abg. Kühn: Richtig!)

    Es muß sich heute etwas ändern. Dies ist, glaube ich, die Überzeugung aller Deutschen.

    (Zustimmung bei der FDP und CDU.)

    Wenn wir über einen Verteidigungsbeitrag einen Vertrag abschließen, dann müssen wir wohl davon ausgehen, daß die Vereinigten Staaten, das Vereinigte Königreich und die Republik Frankreich die richtigen Partner sind. Denn diese drei haben den Schutz der Bundesrepublik und der Stadt Berlin übernommen. Die Verhandlungen über den Heven-Plan stehen noch zu sehr im Anfangsstadium, als daß wir diese kleineuropäische oder kleinsteuropäische Staatengemeinschaft als echte Partner heute schon betrachten könnten, und andere westliche Staatengemeinschaften stehen für die Bundesrepublik im Augenblick noch außer Betracht.
    Ich glaube, der erste und der wichtigste Punkt, über den sich die vertragschließenden Teile würden einigen müssen, ist die Festsetzung der absoluten Höhe des deutschen Beitrags. Wenn man diese schwierigen Angelegenheiten anfaßt, dann wird man die eigenen Leistungen und die eigene Leistungsfähigkeit mit der fremden vergleichen. Es ist eine Frage der Sachverständigen, ob hierzu die Steuersysteme ausreichen, ob hier gemeinsame Steuerkraftzahlen errechnet werden können oder ob man nicht an das Sozialprodukt anknüpft, sei es in seiner einfachen oder in seiner veredelten Form. -
    Über alle deutschen Sonderbelastungen ist schon ausführlich geredet worden, so daß ich diese übergehen kann. Wir haben nur manchmal das Gefühl, als sollte mit den Besatzungslasten nicht nur das Geld für die Besetzung aufgebracht werden, sondern als sollte der deutschen Volkswirtschaft eine global bestimmte Last auferlegt werden als bewußter Ausgleich dafür, daß wir keine eigene Armee zu unterhalten haben. Mit dieser Art alliierter Besatzungslastenpolitik können wir uns nicht einverstanden erklären; denn wir haben an unseren tausenderlei Sonderlasten schon schwer genug zu schleppen und wollen nicht Lasten um der Lasten willen tragen.
    Es ist in allen Verhandlungen des Bundestages über Besatzungslasten soviel vom Luxus der Besatzungsmächte gesprochen worden. Eigentlich müßte auch ich vom Luxus sprechen; aber ich möchte von etwas anderem ausgehen. Ich glaube, das erste Unterscheidungsmerkmal, das wir an die zu leistenden Beträge anlegen wollen, ist das, ob diese Beträge der Verteidigung dienen oder nicht, und dann können alle diejenigen Ausgaben, die nur der Fortsetzung der Intervention dienen, nicht mehr als Verteidigungsbeitrag angesehen werden.
    Der Fortsetzung der Intervention aber dient das ganze engmaschige Netz von Dienststellen, das von Kreisstadt zu Kreisstadt über unser Land gesponnen ist.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Dieser Intervention dient auch eine Behörde wie das Sicherheitsamt in Koblenz, das nach Ton und Arbeit — wie berichtet wird — noch durchaus im Stil vergangener Jahre befangen zu sein scheint.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Hier einmal aufzuräumen, und zwar gründlich aufzuräumen, wird die Alliierten vor eine ernste und undankbare Aufgabe stellen. Wir wissen, daß kaum je eine Behörde der Ansicht ist, sie sei überflüssig. Auf diesem Gebiet haben wir Deutschen auch unsere Erfahrungen gesammelt. Ein höheres Interesse erfordert aber hier von den Alliierten Folgerichtigkeit und Entschlossenheit.
    Wir alle haben, ich möchte nicht sagen: mit Neid, sondern mit offener Mitfreude die rasche Lösung schier unlösbar erscheinender Probleme in Japan und im pazifischen Raum beobachtet. Diesen Vorsprung hat Japan nicht erst jetzt erhalten, sondern schon durch an die letzten Jahre hindurch besessen. Ich bitte, Ihnen nur folgende Daten vortragen zu dürfen. 12. Mai 1949: Einstellung der japanischen Reparationslieferungen. Am gleichen Tage Veröffentlichung eines gemeinsamen japanisch-alliierten Planes über die Errichtung von Außenhandelsvertretungen. Juni 1949 — noch ehe hier der Bundestag gewählt war —: Beendigung der Demontagen und Rückgabe von 894 Fabriken und Anlagen, die für Reparationslieferungen bestimmt gewesen waren. 3. August 1949: Beendigung der Konzernentflechtungen und Auflösung des Entflechtungs-Überwachungsamtes. 25. Oktober 1949: Aufhebung der Mindestverkaufspreise für Ausfuhrgüter; und bis 1. Januar 1950: völlige Wiederherstellung der Außenhandelsfreiheit. Wir möchten wünschen, daß die Dinge bei uns in ähnlicher Schnelligkeit vor sich gingen. Schließlich haben wir in Europa nicht mehr Zeit zu verlieren, als man sie in Ostasien zu verlieren hat.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)



    (Dr. Pfleiderer)

    Es wäre verfehlt, gemeinsame Fragen sich verschieden entwickeln zu lassen, nur weil in dem einen Land nur eine Besatzungsmacht, in einem anderen Land aber drei Besatzungsmächte vorhanden sind, die in ihren Methoden nicht ganz übereinstimmen.
    Was nun den reinen Verteidigungsbeitrag anlangt, so soll dieser natürlich auch sparsam verwendet werden.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Es ist eine höchst beunruhigende Tatsache, daß wir über unsere Leistungsfähigkeit hinaus belastet sind, ohne daß es noch eine einzige deutsche Division gibt.

    (Sehr richtig! rechts.)

    Wir wissen aus den vergangenen Jahren, daß die Kriegsgötter, wenn sie fremdes Land betreten, das Bestreben haben, groß und prächtig zu werden. Sie wollen sich offenbar von allem erholen, was sie so „im Feldquartier, auf hartem Stein" vorher erduldet haben. Sie wollen es genießen, daß sie dem heimischen Steuerzahler entronnen sind und daß sie neben dem heimischen Steuerzahler einen neuen gefunden haben und daß diese beiden nicht einmal miteinander in Verbindung stehen und nie dazu kommen, die Ausgaben zusammenzurechnen und festzustellen, was ein GI oder ein Tommy oder ein Poilu in toto kostet. Aber auch hier ist eines nötig, daß nämlich die zivilen Gewalten, denen letzten Endes die Verantwortung für den Gang der Welt anvertraut ist, auf der Höhe ihrer Wachsamkeit und ihrer Verantwortung bleiben.
    Fremde Truppen sind nach Völkerrecht exterritorial, mögen sie zur Besetzung oder zur Verteidigung oder zur Parade anwesend sein. Man wird
    nicht erwarten können, daß diese fremden Truppen in Beurteilung dessen, was überflüssige Ausgaben seien, sich rein deutschen Maßstäben unterwerfen. Auf der anderen Seite wäre es unbefriedigend, wenn die Deutschen, die sich letzten Endes zur Aufbringung des Geldes verpflichten, nicht die Möglichkeit hätten, die Verwendung ihres Geldes nachzuprüfen und dabei mitzureden. Es erscheint daher angezeigt, eine deutsch-alliierte Prüfungsbehörde einzusetzen, die den Regierungen oder den Parlamenten verantwortlich ist.

    (Sehr gut! rechts.)

    Wir haben hier die Frage der Besatzungslasten unter völkerrechtlichen, politischen und finanziellen Gesichtspunkten betrachtet. Wir sollten jedoch nicht versäumen, zum Schluß zu den Fragen auf diesem weitschichtigen Gebiet auch unter rein menschlichen Gesichtspunkten Stellung zu nehmen. Von den Besatzungslasten sind nicht nur die Bundesrepublik und der Steuerzahler betroffen, sondern Zehntausende von deutschen Staatsbürgern, deren Häuser für die Besatzungsmächte beschlagnahmt sind, und jene, die durch die Besatzungsmächte Schaden erlitten haben.
    Meine Freunde und ich sind der Ansicht, daß in dem Augenblick, in dem das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Besatzungsmächten auf eine vertragliche Grundlage gestellt werden soll, auch die Rechtsbeziehungen zwischen den Besatzungsbetroffenen auf der einen Seite und ihrem Staat und den Alliierten auf der anderen Seite rechtlich einheitlich geregelt werden sollen. Das materielle und formelle Besatzungsrecht müßte nicht nur mehr nach alliierten Normen geregelt werden, sondern nach Normen, die von deutscher Seite in Beratung und in Vereinbarung mit den Alliierten erlassen werden,
    Wir denken daran, daß alle diese Fragen auch in Österreich bereits seit langem vertraglich geregelt worden sind. Ich glaube, es ist höchste Zeit geworden, daß das Kriegs- und Besatzungsregime endlich beendet wird und die Normen des Friedens und die Normen der Gleichwertigkeit der Partner auf diesem Gebiet Platz greifen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Das Besatzungsregime, wie es zur Zeit noch besteht, ist — ich glaube, das ist die Auffassung aller Deutschen — ganz unbefriedigend geworden. Und wenn wir auf diesem Gebiet der deutschen Außenpolitik mit so viel Leidenschaft und Hingabe tätig sind, dann nicht deshalb, um uns mit den Alliierten zu entzweien, sondern um uns mit ihnen zu vereinigen. Wir wollen endlich diesen Stein des Anstoßes beseitigen und wir wollen den Weg frei machen für eine gemeinsame Verteidigung und für die Sicherung des Friedens in dieser Welt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)