Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Feststellung des Staatshaushalts und die Beschlußfassung über den Staatshaushalt ist eine ureigene, vielleicht die echteste und älteste Aufgabe des Parlaments in einer Demokratie. Das Parlament trägt dabei sowohl die Verantwortung gegenüber denen, die einen Anspruch auf finanzielle Zuweisungen durch den Staat haben, als auch — was heute allzu leicht und allzu gern vergessen wird — ebensosehr eine echte Verantwortung gegenüber denen, die für den Staat und seine Aufgaben die Mittel aufzubringen haben, d. h. gegenüber dem Steuerzahler. Darum obliegt dem Parlament die Nachprüfung der Notwendigkeit und der Zweckmäßigkeit der einzelnen Ausgaben. Es obliegt ihm auch die Einschränkung gewisser Ausgaben und die Streichung solcher Ausgaben, die nach den anzulegenden Maßstäben ungerechtfertigt erscheinen. Da der Deutsche Bundestag gemäß der Satzung der Alliierten Hohen Kommission, auch gemäß dem Art. II e des revidierten Besatzungsstatuts diesen Aufgaben bei den Einzelplänen XXIV und XXV des Haushaltsjahres 1950/51 nicht nachkommen kann, sieht sich die Fraktion der CDU/CSU — in voller Zustimmung zu dem Antrag Drucksache Nr. 2200 — nicht in der Lage, darüber sachlich zu beschließen, sondern sie kann nur von der Anordnung der Besatzungsmächte Kenntnis nehmen, daß der Bund in diesem Haushaltsjahr, das am 1. April 1951 abgelaufen ist, eine Summe von 4 407 558 500 DM als Besatzungskosten zur Verfügung zu stellen hat. Meine Fraktion kann keine parlamentarische Verantwortung für die Höhe und für die Verwendung dieses Betrages übernehmen. Ich darf mir erlauben, den hier dargestellten Generalstandpunkt in kurzem zu begründen.
Wir haben weder die Absicht — wir denken gar nicht daran —, uns unseren Verpflichtungen aus den Folgen des zweiten Weltkrieges zu entziehen, noch beabsichtigen wir, die Notwendigkeit eigener finanzieller und damit auf jeden Fall auch wirtschaftlicher und sozialer Opfer für die Verteidigung und Sicherheit der freien Völker abzulehnen.
Aber wir wollen für diese Verpflichtungen und Notwendigkeiten eigene Verantwortung übernehmen können. Wir müssen so handeln, weil wir aus dem Zustand der weisunggebundenen Demokratie heraus zum Zustand der verantwortlichen Demokratie auch in Deutschland vordringen wollen. Das deutsche Volk muß durch seine verfassungsmäßigen Organe zu seinen Aufgaben ja sagen können. Es muß aus seinem Gewissen heraus, nicht aus Auftrag heraus ja sagen, wenn es die ihm in der Gegenwart und in den nächsten Jahren zugedachten Aufgaben und zufallenden Pflichten übernehmen und ihnen gerecht werden soll. Uns bewegen dabei nicht so sehr etwa die haushaltsrechtlichen oder die materiellen Gründe, uns bewegen in erster Linie echte politische Motive, diesen Standpunkt einzunehmen.
Herr Kollege Professor Dr. Schmid hat über die einzelnen haushaltsrechtlichen Bedenken gegenüber den Haushaltsplänen XXIV und XXV referiert. Angesichts der vorgeschrittenen Zeit würde es über den Rahmen unserer Diskussion vielleicht hinausgehen, wenn ich — ich will damit nicht etwa einem Auftrag untreu werden — noch zu jedem einzelnen Kapitel oder Titel oder zu jeder einzelnen Ziffer, die von der Alliierten Hohen Kommission eingefügt worden ist, Stellung nehmen wollte. Es geht bei dem Thema der Besatzungskosten um etwas ganz Bestimmtes. Es geht jetzt um einen geometrischen Ort der gegenwärtigen deutschen Politik, der deutschen Politik, die ebensosehr um ihr Vertrauen im Auslande ringen muß und darauf gewisse Rücksichten zu nehmen hat, wie auch um die Anerkennung der deutschen Demokratie vor unserem eigenen Volk, was auch von den Besatzungsmächten nicht vergessen werden sollte.
Es handelt sich um einen geometrischen Ort, an dem sich vier politische Linien schneiden, einmal die Relikte der Besatzungspolitik der Sieger gegenüber dem besiegten Volke, Relikte, die nicht zu Petrefakten werden sollen, was sie beinahe schon geworden sind. Es dreht sich ein anderes Mal um
die Notwendigkeit der europäischen Sicherheit, zu der nach einer feierlichen Garantie der Besatzungsmächte im September letzten Jahres auch die Sicherheit der Bundesrepublik gehört. Es dreht sich drittens um die Rücksicht auf die ersten Schritte einer neuen deutschen Außenpolitik, die um Vertrauen ringt. Es dreht sich aber ebensosehr um die unabdingbaren Notwendigkeiten der deutschen Innenpolitik, zu der hier in erster Linie Wirtschafts- und Sozialpolitik zählen. Dafür bitten wir um Verständnis im gesamten demokratischen Ausland. Dafür bitten wir um Berücksichtigung bei den alliierten Hohen Kommissaren und bei den Besatzungsmächten. Die Bundesregierung ist nicht in der Lage und auch gar nicht gewillt, mit den Propagandamitteln und Propagandazwangsmitteln der Diktatur auf die öffentliche Meinung Einfluß zu nehmen. Selbst wenn sie es könnte, würde sie es nicht tun. Wir haben ebensosehr wie die Amerikaner, die Engländer und die Franzosen bei der Gestaltung unserer Politik auch auf das Rücksicht zu nehmen, was das Volk denkt und was das Volk will. Die Berufung auf die öffentliche Meinung, die uns von ausländischer Seite her manchmal in mißbräuchlicher Weise entgegengehalten wird, muß dort, wo es um ernste und echte Anliegen geht, auch uns möglich sein, oder wir werden zur Farce und hier zum Theater.
Das Wort von der Besatzung und ihren Kosten birgt einen Begriffsinhalt, der nicht mehr den gegenwärtigen Verhältnissen entspricht, weder den theoretischen noch den praktischen. Allein schon die Formulierung Besatzungskosten ist überholt. Gegenüber dem damit heute noch verbundenen Begriffsinhalt und gegenüber der Realität der Entwicklung ist diese Formulierung falsch. Die ursprünglich mit der Besatzung verfolgten Ziele sind entweder erfüllt oder völlig verändert. Es ist grundfalsch, etwa den Besatzungsmächten aus ihrer Anwesenheit hier einen Vorwurf zu machen. Es wäre aber ebenso grundfalsch, zu leugnen oder von uns diese Leugnung zu verlangen, daß der Zweck ihrer Anwesenheit sich gewandelt hat. Es erübrigt sich, Betrachtungen darüber anzustellen, warum die Besatzungsmächte ins Land gekommen sind. Wir wollen uns in unseren Ausführungen ausdrücklich von all den verbrecherischen Ansätzen zu einer Art Dolchstoßlegende distanzieren, die sich heute wieder zeigen. Damit haben wir bei unserem Widerstand gegen die Besatzungskosten, bei unserem Wunsch zu ihrer Umwandlung, zu ihrer Überprüfung und zu ihrer Unterstellung unter deutsche Hoheit nicht das geringste zu tun.
Wohl aber ist es der Mühe wert, sich vor Augen zu halten, warum die Besatzungsmächte noch hier sind und warum sie ihre militärische Stärke hier sogar laufend vermehren. Der ursprüngliche Zweck der Besatzungspolitik — von der anderen Seite proklamiert und von uns entgegengenommen — bestand doch darin, nach dem militärischen Sieg der Alliierten — ursprünglich der West- und der Ost-Alliierten — dafür zu sorgen, daß die demokratische Staats- und Lebensform in Deutschland wieder eingeführt wird, um zu verhindern, daß Nationalsozialismus und Militarismus in Deutschland wieder die Oberhand erringen können, um zu verhindern, daß die Gefahr für einen dritten Weltkrieg etwa von Deutschland ausgehen könnte. Es bleibt mir eine noch immer unvergeßliche Erinnerung, in den Büros der Militärregierung der amerikanischen Zone so im Juni 1945 ein Bild gesehen zu haben, in dem die Weltgeschichte in
wahrhaft sinnfälliger Einfalt und Primitivität dargestellt wurde, zumindest die Weltgeschichte der letzten 80 Jahre. Dort war es einmal der alte deutsche Helm des Krieges 1870/71; darunter war die Unterschrift „Frieden 1871" mit dem Zusatz „phony peace" — falscher Friede. Dann kam der Stahlhelm des ersten Weltkrieges von 1914/18, darunter die Jahreszahl 1919 mit dem Zusatz „falscher Friede". Dann kam der Stahlhelm des zweiten Weltkrieges mit seinen Emblemen. Darunter stand „1939/45", und nach der Jahreszahl „45" stand „echter Friede". Wenn diese dilettantische Prognose von damals — man soll sie nicht als Prophezeiung ansprechen — nur einen Kern von Richtigkeit enthalten hätte, brauchten wir uns heute über dieses Thema in dieser Form und mit diesem Ernst nicht zu unterhalten.
Der Zweck der Besatzung, soweit er uns betroffen hat, dürfte wohl jetzt als erreicht oder als erledigt zu betrachten sein. Was die Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus anbetrifft, so scheint der Zweck trotz der Methoden der Entnazifizierung er reicht zu sein.
— Ich sage, trotz der Methoden der Entnazifizierung.
— Das können Sie dazu sagen, aber kaum zu den Methoden, Herr Kollege.
Die Politik der Sieger endigt — ohne daß wir jetzt auf die Hintergründe und Nebengründe eingehen wollen — in einer Zweiteilung Deutschlands, in einer neuen, aus dem Osten kommenden Bedrohung der freien Völker und schließlich in einer Umgruppierung der alten Kategorien der Sieger und Besiegten, die man qua Besatzungskosten noch aufrechterhalten will, in die Kategorien derer, die bereit sind, ihre Freiheit zu verteidigen, und derjenigen, die sie gefährden. Es hat heute keinen Sinn mehr, von Besatzung im echten Sinne des Wortes, von occupatio bellica, zu sprechen. Das deutsche Volk — entwaffnet — bekennt sich zur Freiheit, zu einer Freiheit, von der man glaubte, sie müsse zuerst gegen das deutsche Volk verteidigt werden, zu einer Freiheit, von der man jetzt zugeben muß, daß sie auch für das deutsche Volk verteidigt und gehalten werden muß,
— und von der man überzeugt sein muß, daß sie nur mit dem deutschen Volk gehalten werden kann.
Wie ich heute aus der Zeitung entnommen habe, wird die Bundesrepublik in diesen Tagen aus dem Munde des amerikanischen Hohen Kommissars aufgefordert, sich auf der Grundlage der Gleichberechtigung freiwillig an dieser Verteidigung zu beteiligen. Es gibt in diesem Zusammenhang, wenn von Verteidigung gesprochen wird, keine Frage der deutschen Sicherheit oder der französischen Sicherheit oder der englischen oder der amerikanischen Sicherheit — letzten Endes auch nicht der amerikanischen Sicherheit! —, es gibt nur eine unteilbare Sicherheit der freien Völker. Wo das vor dem Juni letzten Jahres nicht geglaubt wurde, hat Korea die Richtigkeit dieses Satzes mit deutlicher Eindringlichkeit bewiesen. Es gibt nur eine unteilbare Sicherheit und eine unteilbare Freiheit. Für die unteilbare Sicherheit übernehmen die Besatzungsmächte, die bisherigen Besatzungsmächte, auch jetzt noch die Verantwortung in Deutsch-
land. Damit sind sie aber Sicherheitsmächte geworden, Teile einer europäischen Verteidigungsarmee. Das Wort von Besatzung und ihren Kosten kann den durch die Gewalt der Tatsachen verlagerten Akzent nicht mehr zurückverschieben. Wenn der Zweck der Besatzung auf der einen Seite erfüllt, auf der anderen Seite weggefallen ist, dann können unter diesem Titel Besatzung und ihre Kosten in Zukunft keine Leistungen mehr verlangt werden, die wesentlich höher sind als die Reparationsleistungen nach dem ersten Weltkrieg, und zwar Leistungen, die über den Stand von 4,6 Milliarden DM in dem abgelaufenen Haushaltsjahr auf 6,6 Milliarden DM gesteigert werden sollen.
Das Anliegen der Sicherheit ist heute allen europäischen Völkern gemeinsam. Das Tor, das gegen die Freiheit aufgestoßen werden kann, liegt an den Grenzen Deutschlands, wie Kollege Schmid vorhin in klarem Bilde dargelegt hat. Die Mittel, die für die gemeinsame Sicherheit aufgebracht werden müssen, müssen deshalb gemeinsam aufgebracht werden, und zwar entsprechend der Leistungsfähigkeit der Völker und der Belastung, die ihnen noch in anderem Zusammenhang erwachsen ist. Für diesen Zweck ist das deutsche Volk bereit, im Rahmen seiner Mittel, nach Maßgabe seiner Leistungsfähigkeit und im Rahmen der Aufgaben, die ihm zukommen, seinen Beitrag freiwillig zu leisten. Wir möchten aber heute vor einer Gefahr warnen, die dadurch entsteht, daß man durch Beibehaltung von Wort und Begriff der Besatzungskosten einen psychologischen und nicht wieder gut zu machenden Fehler gegen den guten Willen unseres Volkes begeht, den man nicht zuschütten oder ersticken, sondern den man wecken, erhalten und stärken soll.
Es ist überflüssig, über die einzelnen Kapitel, Titel und die alliierten Kennzeichnungen dieses Haushaltes im einzelnen zu sprechen. Es handelt sich durchweg um Pauschalgebühren. Wir haben auch gar nicht die Absicht gehabt, etwa den Herrn Bundesfinanzminister dadurch in Verlegenheit zu bringen, daß wir uns etwa pikante Einzelheiten aus dem Besatzungskostenhaushalt zur Ausstattung dieser Rede verschaffen wollten. Es wäre ohne Zweifel auch ohne die Hilfe des Bundesfinanzministers möglich gewesen. Es handelt sich auch nicht darum, meine sehr verehrten Damen und Herren, hier einige pikante Sensationen zu bringen, die vorhin, und zwar mit Recht angedeutet worden sind. Es handelt sich nicht darum, die Ausstattung gewisser Schlösser, die Kosten für die dort eingerichteten Schlafzimmer und für die Schreibtische mit ihren von elektrischen Motoren getriebenen Schubladen und was auf dem Gebiet alles noch aufzuzählen wäre, zu kritisieren, so interessant es auch wäre. Es hat auch keinen Sinn, auf die alliierte Kühlschrankfront für 8 bis 9 Millionen DM oder die Möbelausstattung für 35 Millionen DM einzugehen. Wir haben das einmal in unserer Interpellation getan: Uns kommt es gar nicht darauf an, noch in der Vergangenheit nachzurechnen, weil das nicht mehr geändert werden kann. Wir werden auch unseren Standpunkt für die Vergangenheit nicht verleugnen und ihn immer aufrechterhalten. Uns kommt es aber darauf an, daß liier für die Zukunft grundlegender Wandel geschaffen wird.
Unter diesen Umständen können wir nicht mehr weitermachen.
Wenn man nur einzelne Punkte herausgreift, so stellt man fest, daß für Besatzungsschäden 93 550 000 DM vorgesehen sind. In diesem Zusammenhang richten wir in Übereinstimmung mit dem einen Antrag der Bayernpartei an die Besatzungsmächte und an die Bundesregierung die Bitte, uns in zwei Punkten zu helfen, nämlich einmal für diejenigen Personen, die durch Einwirkung der Besatzungsmacht entweder ihr Leben oder ihre Arbeitsfähigkeit verloren haben, und zwar in voller Anwendung der Härteklausel gemäß Gesetz Nr. 47 der Alliierten Hohen Kommission in jedem Falle die Umstellung der Entschädigung im Verhältnis 1 zu 1 zu genehmigen und es in keinem Falle bei der Umstellung 10 zu 1 zu belassen oder eine solche, weil die Auszahlung schon vor dem 21. Juni 1948 erfolgt ist, nunmehr stillschweigend zu belassen. Das ist ein echt soziales Anliegen derer, die unter der Besatzungsmacht unverschuldet Leben oder Gesundheit verloren haben.
Es geht uns dann zweitens darum, bei allen Sachleistungen und Sachschäden für die vor dem 21. Juni 1948 entstandenen Schäden nicht den Einheitsmaßstab einer Abwertung 10 zu 1 zugrunde zu legen, sondern hier gemäß den allgemeingültigen Grundsätzen eine volle Aufwertung durchzusetzen. Und drittens geht es uns darum, auch die Feststellung der Besatzungsschäden und die Entschädigung in die Zuständigkeit der deutschen Gesetzgebung, des Bundestages und der Bundesregierung, zu überführen.
Es ist von uns auch nicht vermessen, wenn wir einmal einen Hinweis darauf geben, daß kostspielige Objekte mit hoher Miete wie Hotels und Kurheime von der Beschlagnahme befreit werden sollten. Damit würde ein doppelter Zweck erreicht: einmal, daß erhebliche Mietbeträge eingespart werden, und zweitens, daß diese Objekte auch wieder für die deutsche Wirtschaft, für die Fremdenverkehrswirtschaft und damit als Devisenbringer nutzbar gemacht werden. Der Schaden, der durch diese Aufrechterhaltung der Beschlagnahmen entstanden ist, ist somit ein doppelter.
Ich möchte aus zahlreichen Zuschriften, die ich erhalten habe, Zuschriften, die ich wegen der Schärfe ihrer Sprache und der aus der Formulierung herausklingenden Erbitterung hier nicht wiedergeben kann, nur eine herausgreifen. Es handelt sich um die Privatklinik eines Dr. Katz in Stuttgart. Diese Privatklinik — ich muß die Richtigkeit der Angaben in der Zuschrift unterstellen —, die aus zwei Gebäudekomplexen und 15 Häuschen mit 64 Krankenzimmern und 75 Betten besteht, ist ursprünglich für die Zwecke der UNRRA als Durchgangslager benutzt und ab 30. November 1948 von den DP's geräumt worden. Gleichzeitig ist der Hauptteil der Möbel und der Einrichtung verschwunden. Seit dem 30. November 1948 wird diese Institution für die German Youth Activities, die GYA, benutzt, also für den deutsch-amerikanischen Jugendclub. Die Mittel, die dafür aufgewendet werden, sollte man in klarer Teilung der Pflichten und Aufgaben lieber den deutschen Jugendverbänden geben, anstatt mit ihnen diese unglückselige Einrichtung der deutsch-amerikanischen Jugendclubs mit ihren zum Teil wenig positiven Einflüssen aufrechtzuerhalten.
Für diese beschlagnahmte Privatklinik zahlte der deutsche Steuerzahler im Jahre 1949 eine Entschädigungssumme von ungefähr 25 000 DM, im Jahre 1950 22 000 DM. Dafür aber sind Besatzungs-, i. e. Sicherheitskosten nicht vorgesehen.
Ein besonders interessanter Posten von nicht 32-, sondern 35 051 000 DM betrifft die Entmilitarisierung. Dieser Posten ist vorhin schon erwähnt worden. Uns würde das gegenläufige Verhältnis der Kosten interessieren, d. h. der Kosten für die eine Stelle, die für Entmilitarisierung und Entwaffnung arbeitet, und der Kosten für die andere Stelle, die zum Studium der Frage unserer Wiederbewaffnung eingesetzt ist. Es ist uns auch ohne indiskrete Einsichtnahme in Unterlagen nicht möglich, die Einzelbeträge für die zivile Luftfahrt, die sich auf 20 Millionen DM belaufen, zu beurteilen. Wir wissen nur eines, daß wir auf der Grundlage der Charterung von Flugzeugen mit 20 Millionen DM auch einen bescheidenen deutschen Zivilluftverkehr aufbauen könnten.
In dem Kapitel Ausgaben sind 414 Millionen DM vorgesehen, hauptsächlich für Kasernen und Wohnungen. Wir wollen nicht darum rechten, aber wir würden doch sehr gern eines sehen: Nachdem diese Kasernen und Wohnungen in dem alliierten Besatzungskostenhaushalt als Wertanlage für das deutsche Volk hingestellt werden, sollten sie doch auch so gebaut werden, daß sie für eine spätere deutsche Verwertung in Frage kommen. Vor kurzem hat mir ein maßgebender Beamter der dafür zuständigen Dienststelle in Süddeutschland erklärt, daß im Falle der Freigabe dieser Wohnungen die Miete in den nächsten Jahren, nur um Zinsen und Amortisationen aufbringen zu können, nach deutscher Preisfestsetzung, nach dem Preisstopp vom Jahre 1936 mit den inzwischen ergangenen Zusatzverordnungen, 350 DM betragen müsse. Die Bitte aber, die Wohnungen so zu bauen, daß sie später zwei- oder dreigeteilt werden können, hat man abgelehnt. Für eine solche Art von Wohnungsbau haben wir, besonders wenn es sich um eine deutsche Kapitalanlage handeln soll, herzlich wenig Verständnis!
Aber ich will noch auf unseren Antrag zurückkommen. Es gibt heute so viele im Kriege und nach dem Kriege geschädigte Personen, die ihre Heimat durch Austreibung oder durch Bombenschaden verloren haben. Alle diese Menschen fühlen sich von einem harten Schicksal getroffen. Von einem unverständlichen Schicksal aber fühlen sich diejenigen getroffen, die auch heute noch an ihren schon seit sechs Jahren beschlagnahmten Häusern vorbeigehen müssen ohne die Aussicht, sie zurückzubekommen, und die im Laufe der vergangenen Jahre zusehen mußten, wie Teil um Teil ihrer Einrichtung nicht nur abgenutzt, sondern großenteils zerstört worden ist. Die Zahl dieser Menschen in Deutschland, die mit ihren Angehörigen durch die Besatzungsmacht verdrängt oder irgendwie geschädigt worden. sind, beläuft sich auf weit über eine Million. Unter diesen Menschen zeigt sich eine gefährliche Reaktion, zeigen sich Symptome, die dann von denen ausgenutzt werden, die am allerwenigsten das Recht dazu hätten. Aber das ist nun einmal so.
Deswegen möchten wir unsere dringende Bitte wiederholen, die wir schon einmal in einer Anfrage an die Regierung gerichtet haben. Dabei muß ich Ihnen, verehrter Herr Staatssekretär Hartmann, leider sagen, daß wir mit der Auskunft, die wir auf unsere Anfrage erhalten haben, nicht zufrieden sind. Wir haben angefragt, ob die Bundesregierung bereit ist, darauf hinzuwirken — und ich will das jetzt noch etwas deutlicher machen und sagen: mit allen Mitteln und mit aller Schärfe darauf hinzuwirken —, daß von den neugebauten Wohnungen mindestens ein Drittel, also von je drei Wohnungen eine Wohnung für die Freimachung eines der bisher beschlagnahmten Häuser verwendet wird. Es handelt sich nicht darum, daß die Leute jetzt alle mit einem Schlage ihre Häuser wieder erhalten. Es handelt sich darum, daß sie einen Anfang sehen, daß sie die. Hoffnung haben können, ihre Häuser wiederzuerhalten, daß mit diesem Projekt endlich einmal ein konkreter Anfang gemacht wird.
Bei diesen Einzelpositionen geht es aber im wesentlichen um etwas anderes. Es geht um die zukünftige Verwendung der bisher als „Besatzungskosten" bezeichneten Mittel. Für die nächsten Jahre kann kein Zweifel darüber bestehen, daß wir, was die Verwendung betrifft, die Leistungen unseres Staates auf diesem Gebiet als Sicherheitsausgaben betrachten und demgemäß gestalten müssen. Es ist ein Erfordernis, das der politischen Änderung der Verhältnisse entspricht, daß diese Leistungen auf der Grundlage vertraglicher Abmachungen festgelegt werden. Erst damit wird dem Bundestag die Möglichkeit gegeben werden, parlamentarische Verantwortung für den größten Ausgabeposten im Haushalt des Bundes überhaupt zu übernehmen. Wir haben schon einmal von dieser Stelle aus klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß wir diese Forderung nicht aus nationalistischen Gründen erheben, nicht etwa, weil wir Konfliktstoffe schaffen wollten. Nein, die Konfliktstoffe sind von anderer Seite geschaffen worden. Aber wir haben die Reaktion im Volk draußen zu beachten, haben uns auf diese Reaktion einzustellen und müssen den Mut haben, diese Dinge auch hier zu vertreten. Wir wollen nicht an Konflikten die Gemüter unseres Volkes künstlich erhitzen.
Es darf auch keinen Zweifel daran geben, daß wir die kommunistischen Vorstöße gegen die Besatzungskosten als einen Akt besonderer Scheinheiligkeit und Heuchelei empfinden, nicht nur deswegen, weil in der ostelbischen Kolonie Rußlands, genannt „Deutsche Demokratische Republik", allein schon die Diskussion über die Besatzungskosten und Besatzungsleistungen ein Verbrechen gegen Staat und Gesellschaft ist, das mindestens mit der Strafe des Verschwindens auf Nimmerwiedersehen bestraft wird.
Ich möchte auf Ihre Äußerung, Herr Kollege Müller, nicht näher eingehen. Ich meine es auch nicht persönlich, obwohl ich einen Ordnungsruf nicht scheue. Ich möchte nur eines sagen: daß die Brandstifter zuletzt das Recht haben, sich über den von der Feuerwehr verursachten Flurschaden zu beklagen.
Für uns, meine sehr verehrten Damen und Herren, handelt es sich darum, gemeinsam mit den andern Völkern, mit denen wir in einer Schicksalsgemeinschaft leben, die aber auch mit uns in einer Schicksalsgemeinschaft leben — um daran keinen Zweifel zu lassen —, den richtigen Weg zu finden, damit jeder Pfennig und jede Mark, den das durch Krieg und Kriegsfolgen schwerer als alle anderen Völker getroffene deutsche Volk aufzubringen hat, dem richtigen Zweck zugeführt wird. Dieser Zweck kann nichts anderes sein als Sicherheit, Sicherheit und nochmals Sicherheit! Geistige Sicherheit, soziale Sicherheit und militärische Sicherheit. Es
ist nicht zufällig, daß heute die kommunistische Propaganda — einschließlich der Schlußworte vom Herrn Kollegen Müller — mit dem Schreckgespenst „Korea" das deutsche Volk in Terror zu stürzen versucht. Es steckt eine berechnende Absicht dahinter, die seit Monaten in der Öffentlichkeit vorhandene Erregung der Gemüter hinsichtlich der Herausgabe der deutschen Brückenbaupläne zum Zweck des Einbaues von Sprengkammern künstlich auch noch für diese Zwecke zu benutzen. Auf der anderen Seite trägt aber diese Diskussion nicht dazu bei, diesen Terror zu vermindern. Und daran hätten die Besatzungsmächte denken sollen.
Das deutsche Volk wehrt sich heute mit seiner ganzen ihm verbliebenen und mit seiner wiedererstarkten Lebenskraft aus den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit heraus gegen alle Vorstellungen und gegen die Möglichkeit, daß Deutschland Kriegsschauplatz nach dem Beispiel von Korea werden könnte. Der Kriegsminister Marshall hat laut „Neue Zeitung", Ausgabe vom letzten Montag, in einer Rede am letzten Samstag die gegenwärtige Weltlage — nach wörtlichem Zitat — als „äußerst gefährlich" bezeichnet. Er sagte:
Wir gehen zur Zeit durch eine der kritischsten Perioden in der Weltgeschichte.
Er fügte hinzu:
Ich möchte es sogar noch stärker formulieren, wenn ich sage, eine der kritischsten Perioden in der Geschichte der Zivilisation.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Worte haben wir vor Augen, wenn wir uns gegen diese Höhe der sogenannten Besatzungskosten und ihre Verwendung in der bisherigen Form zur Wehr setzen.
Wenn die Weltlage so gefährdet ist, wie sie von
dem zuständigen Politiker der größten Weltmacht
— Marshall war es, der Kriegsminister — dargestellt wird, wenn damit auch Europas und Deutschlands Lage in besonderem Maße kritisch ist, dann haben wir in voller Übereinstimmung mit allen freien Völkern der Welt das Recht, zu verlangen, daß die bisherigen Besatzungsausgaben — Besatzungskontributionen — in reine Sicherheitsausgaben umgewandelt werden und in nichts anderes mehr. Der Bau von Kegelbahnen und Klubhäusern und alle sonstigen für den unmittelbaren Bedarf der Besatzungsmacht und für den unmittelbaren Bedarf der Sicherheit nicht benötigten Einrichtungen müssen in diesen Zeiten, für die der amerikanische Kriegsminister selbst das Stichwort gegeben hat, gegenüber dem zurücktreten, was wirklich notwendig ist. Allein von diesem Standpunkt aus, das darf man wohl sagen, sind bisher alle Fragen, alle Anträge und alle Äußerungen von unserer Seite zu diesem Punkt zu verstehen, und aus keinem anderen Standpunkt heraus.
Wenn heute irgendwo in der Öffentlichkeit eine Notiz erscheint, daß 100 000 DM von den Besatzungsmächten sinnlos und sinnwidrig ausgegeben sind, ist der psychologische Flurschaden viel größer, als wenn 100 Millionen zweckmäßig ausgegeben worden sind.
Es liegt uns fern, es dem amerikanischen oder englischen oder französischen Soldaten zu verübeln,
wenn ihm — neben dem Soldatendienst — die
Zeit seines Aufenthaltes in Deutschland angenehm und erträglich gestaltet werden soll. Es geht uns nicht darum, den Lebensstandard der Völker und ihrer Besatzungskräfte hier zu kritisieren, die als Sieger in unser Land kommen. Es geht um etwas anderes: zu verhindern, daß wieder kostbare Zeit verlorengeht, daß wieder Mittel für Dinge verbraucht werden, die dem einzigen Zweck, der jetzt vorherrschen muß, nicht entsprechen.
In diesem Zusammenhang brauchen ja nicht
wir das Wort zu ergreifen. Wir brauchen uns nur
auf das zu berufen, was in den amerikanischen
Zeitungen heute in ganz offener Kritik über diese
Verhältnisse gesagt wird. Darum soll man auch
nicht unsere Äußerungen als nationalistische Äußerungen oder als unangemessene Kritik empfinden;
denn uns ist es ja ernst um die Zukunft. In der
„New York Times" stand vor kurzem ein Artikel
zum Problem der Luxussoldaten. Dort heißt es: Obwohl die Atlantikpaktstaaten jährlich fast 20 Milliarden Dollar, also ungefähr ebensoviel wie die Sowjetunion, für ihre Verteidigung ausgegeben haben, verfügen sie über eine relativ geringe Kampfstärke. Dafür gibt
es viele Gründe. Einer der wichtigsten ist, daß die Demokratien sich vom Prinzip der üblichen militärischen Genügsamkeit abgewendet haben und versuchen, ihre Truppen auf einem gewissen Luxusstandard zu erhalten. In dieser Hinsicht waren die USA tonangebend. Sie bezahlen ihre Soldaten nicht nur sehr gut, sondern sie stellen ihnen auch eine Vielzahl von Einrichtungen zur Verfügung, die z. B. jede Infanteriedivision dazu zwingen, rund 60 000 Mann im rückwärtigen Dienst einzusetzen. Dazu kommen noch zahlreiche Zivilangestellte usw. Die Sowjettruppen kommen mit einem Zehntel dieses Personals aus. Diese Frage ist deshalb so wichtig, weil sie nicht nur ein finanzielles Problem darstellt, sondern weil sie auch in dem Augenblick akut wird, wenn nach den Brüsseler Beschlüssen eine gemeinsame Verteidigungsarmee aufgestellt wird.
Das deutsche Volk stellt heute aus Radio, Presse und an seinem eigenen Körper fest, daß überall auf der Welt die Regierungen den Völkern enorme Ausgaben zumuten, um den zivilen Luftschutz auf den notwendigen Stand zu bringen. Wir sollten meinen, wenn schon das Kapitel Sicherheit heute obenan auf der Tagesordnung steht, daß unter diesem Begriff auch einmal etwas für die deutsche Sicherheit getan werden muß, wenn alle übrigen Völker Vorsorge treffen und wir hier ohne alle Vorbereitungen in eine ungewisse Zukunft gehen. Man soll heute nicht den Teufel an die Wand malen. Man soll nicht wieder Worte aussprechen, die sechs Jahre hindurch — eine grausige Erinnerung — uns in Schrecken gehalten haben. Wenn aber auf Schritt und Tritt in Radio, Illustrierten und Presse von den Vorbereitungen der anderen berichtet wird, dann fragt unsere Bevölkerung heute mit Recht: Was geschieht in diesem Falle mit uns, wenn ein solcher Fall eintritt, ohne daß wir etwa das geringste aktiv zum Ernstfall beigetragen hätten? — Da, meine ich, wäre manche Million besser angebracht; wenn schon für diese traurigen Zwecke überhaupt notwendig, dann besser für diese als für irgendwelche anderen, die heute nicht auf der ernsten Seite unserer Notwendigkeiten stehen. Wir sollten meinen, es ließe sich auch vorstellen, daß für 'die Verstärkung der Sicherheit der Bundesrepublik das deutsche
Deutscher Bundestag — Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. April 1951 5 537
Straßen- und Eisenbahnnetz noch ausgebaut und verbessert werden könnte und daß vor allem sein Schutz gegen Gefahren und Sabotageakte bewerkstelligt werden könnte. Das schließt aber in sich ein, daß nicht nur alle über die unmittelbaren Notwendigkeiten hinausgehenden Aufwendungen der Truppe gestrichen werden müssen, sondern das schließt eine Bitte ein, die wir jetzt als beschwörende Forderung erheben müssen, daß nämlich die gesamte Verwaltungsbürokratie der Besatzungsmächte restlos und endgültig abgebaut wird.
Die Voraussetzung dafür ist die Aufhebung des Besatzungsstatuts und die Überführung auf eine Vertragsbasis, eine Überführung, die — in materieller und psychologischer Hinsicht — unsere Verhältnisse bessern wird. Ich kann dem Herrn Kollegen Schmid hier in dem, was er als Ziel anstrebt, recht geben. Er muß uns aber eine Möglichkeit lassen, nämlich den ersten Schritt vor dem zweiten Schritt zu tun. Man kann nicht vom Bundeskanzler Adenauer, in diesem Falle als Außenminister, verlangen, daß er auf den Tisch haut, bevor er überhaupt einen Stuhl hat, um sich an den Tisch zu setzen.
Dem deutschen Volke muß endlich das Gefühl genommen werden, auf der einen Seite ein Objekt der Besatzungsmächte, auf der anderen Seite mögliches Opfer eines neuen Krieges und zwischen diesen beiden Zuständen eine Art von Pseudo-Verbündeter zu sein. Es gibt nur eine unteilbare Sicherheit der freien Völker, die in völliger Solidarität ihre wirtschaftlichen und finanziellen Hilfsmittel für die Sicherheit gegen eine Weltgefahr vereinigen müssen. Wir hatten es als hoffnungsvolles Anzeichen vermerkt, als die Presse am 11. Februar berichtete — einige Wochen nach der grundsätzlichen Aussprache hier im Bundestag —, daß die amerikanischen Vertreter in der Hohen Kommission gegenüber den Engländern und Franzosen für eine drastische Senkung der Besatzungskosten eingetreten sind. Der amerikanische Vertreter hat die völlige Streichung einer Reihe von Ausgaben vorgeschlagen. Wir haben am 14. Februar — wieder aus der Presse — mit Kopfschütteln von einer Mitteilung eines alliierten Sprechers Kenntnis erhalten, daß es über diese Frage auf dem Peters-berg zu keiner Einigung kam, weil die britischen und französischen Vertreter die amerikanischen Vorschläge für verfrüht gehalten hätten; man wolle erst die Entscheidung über eine deutsche Wiederbewaffnung abwarten.
Entweder ist die Weltlage so ernst, wie sie dargestellt wird; dann gibt es kein „zu früh" für eine Umstellung der Besatzungskosten auf reine Sicherheitsausgaben.
Oder diese Weltlage ist nicht so ernst; dann verstehen wir nicht, warum die Völker 10 bis 15 % ihres Sozialprodukts für diese Zwecke aufzubringen haben.
Dann ist uns die ganze Entwicklung unverständlich, die seit einigen Monaten bei uns angehoben hat.
Ich möchte fragen: Ist es den Besatzungsmächten und ihren Heimatvölkern bekannt, daß von den sogenannten deutschen Besatzungskosten 1,4 Milliarden DM allein für Verwaltung ausgegeben werden? — Diese Verwaltung erstreckt sich heute noch von der Hohen Kommission auf der Bundesebene über Landeskommissare hinab zu den Kreisoffizieren mit dem ganzen dafür benötigten Aufwand. Man sollte unsere Bitte, diesen ganzen Apparat aufzulösen und sich mit Botschaften und Konsulaten auf Vertragsgrundlage zu begnügen, nicht für unangemessen erklären. Man sollte sie für sehr ernst nehmen, weil sie aus der Kenntnis um die Stimmung unseres Volkes und aus dar ernsten Einschätzung unserer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Lage kommt. Allein die bisherigen Verwaltungsausgabcn umfassen ja beinahe das gesamte Jahresaufkommen aus der Soforthilfe bzw. aus dem Lastenausgleich. Es ist müßig festzustellen, wieviel mehr an militärischer Sicherheit durch Verzicht allein auf den bürokratischen Apparat erreicht werden kann. Für die Truppe sind als sogenannte innere Besatzungskosten — ohne Ausrüstung, Bekleidung, Verpflegung, Besoldung, Bewaffnung usw. — rund 2 Milliarden DM vorgesehen. Das macht eine Kopfquote von 10 000 DM für 200 000 Mann. Bei der Rheinland-Besatzung nach dem ersten Weltkrieg hatten wir eine Kopfquote von 1000 Goldmark, das sind 1600 DM, also 1/7 der heutigen Kopfquote für innere Besatzungskosten.
Wir haben also nicht unrecht mit der Schlußfolgerung, daß von diesen 2 Milliarden DM mindestens 1,2 Milliarden DM unwirtschaftlich verwendet werden; und damit haben wir auch ein Recht zu der Schlußfolgerung, daß die Verstärkung der Besatzungstruppe zu einer Sicherheitsarmee in Stärke von mindestens 350 000 Mann vollmotorisierter Truppen insgesamt nicht mehr kosten dürfte als das, was jetzt aufgebracht wird, wenn Verwaltungskosten ganz gestrichen werden und für die Zeit der Bedrohung unserer Sicherheit auf unwirtschaftliche Ausgaben für die Armee verzichtet wird. Man könnte dazu eine Reihe von Einzelheiten bringen; ich komme zum Schluß auf die einzelnen Anträge zu sprechen.
Wir haben selber folgende Forderungen zu stellen, die wir der Bundesregierung — es ist sehr bedauerlich, daß die verhandlungsberechtigten Instanzen der Bundesregierung nicht anwesend sind — unterbreiten, weil wir wissen, daß sie ernst genommen werden müssen.
müssen vorschlagen: erstens einen völligen Wegfall der Verwaltungskosten, zweitens eine Beschränkung der Ausgaben der Truppe auf das für die Sicherheit Wesentliche, drittens eine Neuregelung der deutschen Leistungen auf vertraglicher Basis, viertens Vergebung aller Aufträge auf Lieferungen und Arbeiten durch eine zentrale deutsche Stelle; die Rohstoffe lenken und Aufträge verteilen kann, was auch im Interesse unserer inneren Wirtschaftsgestaltung dringend notwendig ist. Dann wird noch eine Möglichkeit gegeben werden müssen, auch einmal denjenigen dunklen deutschen Ehrenmännern etwas auf die Finger zu klopfen, die — durch überhöhte Rechnungen und falsche Angaben über Leistungen — aus dem Geschäft mit den Besatzungsmächten einen Profit für sich machen.
Fünftens fordern wir eine Kontrolle aller Verwendungen durch den Bundesrechnungshof.
Noch einen Vorschlag müßte man einmal ernstlich mit den Alliierten besprechen. Sie sind hier nicht als Sieger und Kantinenverbraucher, sie sind hier als alliierte Sicherheitsgarnison für Europa. Da wir für ihre Anwesenheit erhebliche Opfer zu bringen haben, würden wir sehr darum bitten, daß die zusätzliche Kaufkraft, die damit neben den zusätzlichen Lasten in das Land kommt, für die deutsche Wirtschaft aktiviert werden kann, was
möglich ist, wenn die Besatzungstruppe ihren Bedarf nicht in den PX-Läden und Marketendereien deckt, sondern in deutschen Läden. Dann wird die Erhöhung der Umsatzsteuer für Sicherheitszwecke auf der anderen Seite auch eine Erhöhung des Einkommens für den einzelnen Geschäftsmann und des Steuereinkommens für unser Volk bringen.
Weiter fordern wir Gerechtigkeit in der Entschädigung der Besatzungsgeschädigten und Besatzungsbeschädigten und als letztes eine Anerkennung eines Teiles unserer Kriegsfolgelast als Verteidigungsbeitrag. Es wirkt befremdend, wenn die Alliierte Hohe Kommission in einem Briefe an den Herrn Bundeskanzler vom März dieses Jahres zum Ausdruck bringt, daß selbst der Betrag von 6,6 Milliarden — von dem heute mindestens eine Milliarde auf jeden Fall ungedeckt ist, die nur durch weitere über die geplante hinausgehende Steuererhöhung gedeckt werden kann — relativ niedrig sei und mit 6,2 % des deutschen Volkseinkommens pro Jahr wesentlich niedriger sei als die horrenden Beträge, die die anderen Völker aufzubringen hätten. Ich möchte keine Einzelzahlen mehr dafür bieten. Aber eines müssen die Herren uns zugute halten, eines müssen sie uns glauben: daß jährlich 5 Milliarden DM an sozialer Hypothek auf uns lasten, nicht als Kriegsfolgelasten, sondern als Folgelasten der nach dem Krieg über uns durch sinnlose Zerstörung verhängten Maßnahmen. Das sind 3 Milliarden DM jährlich für Flüchtlinge, eine Millarde für Berlin, eine Milliarde für Remontage und ähnliche Zwecke. Das sind zusammen 5 Milliarden, die als Verteidigungsbeitrag eingesteckt werden und deshalb auch als solcher angerechnet werden müssen. Sonst, wenn sie in der bisherigen Berechnung weiterfahren, geht die Rechnung weder für sie noch für uns auf.
Zu den einzelnen Anträgen möchte ich folgendes sagen. Die Bayernpartei bitte ich, den Antrag auf Drucksache Nr. 2080 durch den Antrag auf Drucksache Nr. 2200 als erfüllt oder gegenstandslos anzusehen, weil hier der Regierung eine klare Marschroute gegeben wird, wie sie sich bei den kommenden Verhandlungen verhalten muß.
Über den Antrag Nr. 2124 der KPD sollten wir aus den Gründen „Brandstiftung und Feuerwehrflurschaden" zur Tagesordnung übergehen.
Den Anträgen der Bayernpartei auf Drucksachen Nr. 2029 und 2198 stimmen wir zu. Ebenfalls empfehlen wir die Annahme des Antrags der Deutschen Partei auf Drucksache Nr. 2201. Dem Gesamtantrag auf Drucksache Nr. 2200 stimmen wir in vollem Umfange zu.
Uns geht es bei all diesen Aussprachen, die wir über dieses Thema hier schon gehabt haben, im Kampf um die Zeit, im Kampf um den sozialen Standard, im Kampf um die politische Entwicklung, die immer drohender und näher auf uns zukommt, nicht darum, in einen Konflikt mit den Besatzungsmächten hineinzugeraten; uns geht es darum, in den entscheidenden Monaten, in denen Deutschlands Schicksal vorbereitet wird, rechtzeitig warnend unsere Stimme erhoben und die Regierung zum Handeln veranlaßt zu haben.