Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eine Reihe von Bemerkungen, die heute hier gefallen sind, machen es doch notwendig, noch einige Worte zu dem Verlauf der Debatte zu sagen.
Zunächst vermisse ich eines. Wenn ein Volk als besiegtes Volk nach diesem Kriege Kredite in einem solchen Ausmaß zu seinem Wiederaufbau empfängt, dann hat dieses Volk wohl allen Grund dazu, für diese Kredite dankbar zu sein und froh darüber zu sein, daß ihm überhaupt ein solcher Aufbau, ein so märchenhaft schneller Aufbau, ermöglicht worden ist. Das wollte ich nur gegenüber diesen höchst merkwürdigen und mir deplaciert anmutenden Bemerkungen des Abgeordneten Loritz einmal feststellen, der sich bemüßigt fühlte, ausgerechnet in einem solchen Augenblick die Patentfrage und die Frage der deutschen Auslandsguthaben in einen Zusammenhang mit den ERP-Krediten zu bringen.
Ich möchte noch etwas weiteres dazu sagen. Herr Abgeordneter Loritz, ich meine, wir wissen um sehr viele Dinge in Deutschland. die wir mit Hilfe von ERP-Mitteln aufbauen könnten. Wir könnten z. B. Irrenhäuser bauen.
Wir könnten noch sehr viele andere Dinge in
Deutschland bauen. Es wäre so vieles notwendig.
Aber wir können nicht alles machen.
Was Ihre Bemerkungen über die Kredite an Zeitungenanbetrifft, so möchte ich Ihnen dazu folgendes sagen. Es handelt sich keineswegs um ERP-Mittel, sondern um GARIOA-Mittel. Das hat sich ja in voller Öffentlichkeit abgespielt. Die deutsche Presse behandelte gerade diese ihre eigene Sache in völliger Offenheit. Man weiß, daß diese Mittel als Kredite von den Amerikanern zur Verfügung gestellt worden sind und daß die Regierung keinerlei Einfluß auf die Verteilung dieser Kredite hatte.
Man weiß auch, daß sich die deutsche Verlegerschaft untereinander — alle Verleger, die oppositionellen Verleger, die unabhängigen, wie die zur Regierungskoalition gehörenden Verleger — friedlich zusammengesetzt haben, um zu entscheiden, welche Zeitungen bedacht- werden sollten: gerade die Zeitungen, Herr Loritz, die wir, ob sie der Oppositionsseite oder der Regierungsseite angehören, zur Stärkung des demokratischen Gedankens in Deutschland und zur Abwehr aller dieser Dinge, die auch von Ihrer Seite häufig genug zur Zerstörung der Demokratie dahergeredet worden sind, für notwendig halten.
Um diesen Sachverhalt einmal klarzustellen, fühlte ich mich mitverpflichtet, heute hier das Wort zu ergreifen.
Ich glaube, daß diese Kredite, wenn sie abgewikkelt sind, in vollkommener Öffentlichkeit nachgeprüft werden können. Ich glaube, daß sie dann auch die volle Billigung der Öffentlichkeit erhalten werden.
Zu den Bemerkungen, die von seiten der KP gefallen sind, habe ich nur folgendes zu sagen.
Ich bin maßlos erstaunt darüber, wie lange sich das deutsche Volk noch derartige Behauptungen bieten lassen wird.
Wir müssen uns wohl langsam an die Tatsache gewöhnen, daß, wenn Milliardenvermögen aus der Ostzone nach dem Osten verschleppt werden, wir das als Wohltätigkeitsbeweise von seiten Väterchen Stalins angepriesen bekommen. 'Gegenüber diesen Verdrehungen kann man nur noch jenen Spruch des Alten Testaments zitieren, der eigentlich in großen Lettern über der KP aufgehängt werden sollte: „Wenn du den Narren im Mörser zerstampfst zu Staub, du wirst ihm die Narrheit nicht austreiben"!
Dies möchte ich aber nur nebenbei bemerkt haben.
Nun noch ein anderes Wort, das hier bisher leider nicht gesprochen worden ist. Ich möchte — ich glaube, auch im Namen der Regierungskoalition — ausdrücklich den Dank für die wirklich hingebungsvolle Arbeit, die vor allen Dingen von seiten der deutschen ERP-Delegationen im Ausland in diesem Jahre geleistet worden ist, aussprechen. Wer die Möglichkeit hat, in diese Arbeit Einsicht zunehmen, wird wissen, daß es eine ungeheuer verantwortungsvolle Arbeit war, eine Arbeit, die mit nur wenigen Menschen gegenüber drei- und vierfach so stark besetzten Delegationen der anderen beteiligten Länder von Deutschland geleistet worden ist. Wenn trotzdem für uns ein so guter Anteil noch aus diesem uns gebotenen Kuchen herausgeschnitten werden konnte, dann ist es nicht zuletzt den Bemühungen und der treuen Arbeit dieser an der Verwaltung beteiligten Personen zu verdanken. Ich glaube, wir sind es uns selbst schuldig, das vor der Öffentlichkeit einmal in aller Klarheit festzustellen.
Dann möchte ich noch über etwas anderes mein Erstaunen aussprechen. Es wird hier so oft gesagt: Das Ministerium m u ß im Jahre 1952 seine Arbeit einstellen. Ich glaube, wir täten uns viel leichter, Herr Kollege Kalbitzer, und sollten uns doch wohl einigen in der Bitte, diese ERP-Mittel aus den Vereinigten Staaten weiterfließen zu lassen. Das wäre viel besser, und wir hoffen es von Herzen. Wir sind noch weit davon entfernt — darin sind wir uns, ob Opposition oder Regierung doch wohl vollkommen einig —, daß wir es wohl kaum erreichen werden — infolge des durch unsere Nachbarn im Osten heraufbeschworenen Koreakrieges —,
die Lücke zwischen Einfuhr und Ausfuhr zu schließen. Solange wir vor dieser Lebensfrage des deutschen Volkes stehen, muß es unser aller Anliegen sein, die Vereinigten Staaten zu bitten, in dieser 'großzügigen Kreditgewährung so lange wie irgend möglich fortzufahren.
— Lieber Herr Zwischenrufer, ich möchte Ihnen nur das eine sagen: Ich für meine Person ziehe es vor, Kredite aus dem Ausland zu erhalten, selbst wenn Sie das „kapitalistische Versklavung" nennen. Ich halte das für besser, als jährlich nach dem Osten, ich weiß nicht wieviel Milliardenwerte an 'Produkten verschleppt zusehen.
Die Notwendigkeit der Kreditbeschaffung aus den Vereinigten Staaten, ob sie in der bisherigen Form gegeben werden oder in einer anderen Form, wird wohl von keinem von uns bestritten. _
Und wenn der Herr Minister vorhin gerade — ich glaube, in einer ziemlich eindrucksvollen Weise — nachweisen konnte, daß die Hauptmasse des Zuwachses in seinem Ministerium aus rein technischen Kräften besteht, dann halte ich diese Erklärung für ausreichend und befriedigend. Wir alle werden uns jedenfalls in dem gemeinsamen Wunsch an die Vereinigten Staaten zusammenfinden, uns in Europa auf diesem entscheidend wichtigen Gebiet in einem solch kritischen Augenblick nicht im Stich zu lassen und uns ihre Hilfe auch weiterhin zukommen zu lassen.