Rede von
Alfred
Loritz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(WAV)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (WAV)
Meine Damen und Herren! Die nur kurze Redezeit, die die kleineren Fraktionen von der Mehrheit des Hauses für die Debatte zugebilligt bekommen haben,
zwingt mich, mich auf einige wenige Dinge zu konzentrieren. Es gäbe zu diesem Haushaltsplan sehr viel zu sagen.
Ich möchte zuerst eines bemerken: Von einigen Vorrednern wurde bereits auf die Höhe der Summen hingewiesen, die von den amerikanischen Steuerzahlern via Marshallplan und so fort für Einfuhren nach Deutschland zur Verfügu -g gestellt wurden. Schön und gut! Es müßte aber gleichzeitig immer wieder darauf hingewiesen werden. welche Milliardenbeträge Amerika allein durch die Übernahme der deutschen Patente, für die man uns bisher noch keine Entschädigung gegeben hat,
und durch viele andere solcher wertvollsten Dinge von uns bekommen hat.
Meine Damen und Herren, zur Verwendung der Marshallplangelder erklären wir Ihr en eins: Wir haben an der Verwendung dieser Gelder sehr viel auszusetzen. Ich weiß, daß darüber nicht bloß der Herr ERP-Minister zu entscheiden hat. sondern daß es sich hier um eine Zusammenarbeit zwischen deutschen Amtsstellen und amerikanischen Stellen handelt, daß auch noch verschiedene Ausschüsse und Unterausschüsse eingesetzt und dazwischengeschaltet sind, vielleicht zuviel dazwischengeschaltet sind. Das weiß ich alles und berücksichtige es auch. Aber immerhin: es müßte ein trauriger ERP-Minister sein, wenn er nicht trotzdem seinen Standpunkt auch gegenüber amerikanischen Amtsstellen und auch gegenüber dazwischengeschalte ten Ausschüssen durchsetzen könnte oder wenigstens oftmals durchsetzen könnte.
Herr Minister Dr. Blücher, wir möchten Sie um eines bitten: daß Sie sich bezüglich der Verwendung dieser Gelder noch ganz anders als bisher zugunsten einer Wirtschaftspolitik einsetzen, die darauf hintendiert, zuerst die Mittel an diejenigen Industrien fließen zu lassen, die sie im Interesse der deutschen Volkswirtschaft am nötigsten haben, und sekundäre Zwecke erst danach zu berücksichtigen.
Ich sprach heute mit Ihnen, Herr Minister Blücher, bereits über eines dieser Dinge, auf die ich hier anspiele. Ihre Antwort darauf befriedigte mich nicht. So bin ich gezwungen, es hier im Plenum vorzutragen, nämlich die Tatsache, daß einige Zeitungen in Deutschland aus ERP-Mitteln große Beträge bekommen haben. Wir glauben, daß das nicht der Sinn der Marshallhilfe sein kann. zuerst an gewisse einzelne Zeitungen Gelder zu geben, während der Bau von Kraftwerken für die Elektrizitätserzeugung, während Meliorationen für die Landwirtschaft usw. von noch viel vordringlicherer Bedeutung sind. Der Herr ERP-Minister Blücher nannte mir die Summe von 17 Millionen DM, die für einige Zeitungen ausgeworfen ist. Herr Kollege Vogel nannte mir kurz darauf die Ziffer von 15 Millionen DM. Also schon darüber scheint keine Klarheit innerhalb der Regierungsparteien zu bestehen. Der Herr Minister Blücher dementierte
keineswegs, daß es sich hier um Marshallplangelder handelte. Der Herr Kollege Vogel erklärte, es seien GARIOA-Gelder. Wie dem auch sei, ob Marshallplan- oder GARIOA-Gegenwertmittel, diese Mittel müßten zu vordringlicheren Zwecken eingesetzt werden. Ich habe einige solcher vordringlicher Zwecke schon genannt, um die enorme Elektrizitätsnot beseitigen zu helfen und anderes mehr. Mit 17 Millionen DM können wir schon allerhand machen.
Die Verteilung dieser Gelder scheint mir auch sehr im argen zu liegen. Ich habe nämlich von einer süddeutschen Zeitung gehört — ich weiß nicht, ob es richtig ist; ich vermute aber sehr, daß es stimmt —, daß sie einen Millionen-Kredit bekommen haben soll oder bereits fest zugesichert bekommen haben soll. Andere Zeitungen haben wieder gar nichts bekommen. Bekommen regierungstreue Zeitungen hier vielleicht etwas und andere nichts? Der Herr ERP-Minister hat mir zwar erklärt, es würde durch ein Gremium von Verlegern selbst entschieden, an welche Zeitungsverlage diese Kredite gegeben werden. Nun kennt man ja diese Gremien alle! Da bekommen meistens die nichts, die nicht gerade im Vorstand drinsitzen. Das ist bei allen solchen Gremien der Fall. Diejenigen, die nicht im Vorstand, nicht an der Quelle sitzen, kommen meistens zu kurz. Wie dem auch sei, wir möchten jedenfalls den Scheinwerfer der Öffentlichkeit einmal auf diese Dinge richten. Wir verlangen, daß in einem Zeitpunkt, da Kraftwerke gebaut werden müssen und da Meliorationen notwendig sind, diese vordringlichen Zwecke zuerst bedacht werden. Die Marshallplangelder werden nicht ewig fließen. Sie sind bereits am Versiegen. Das wissen Sie alle. Um so wichtiger ist es, daß die Gegenwertmittel — seien es Mittel aus dem Marshallplan oder dem GARIOA-Fonds –, die heute noch nicht vergeben sind, richtig angesetzt werden.
Meine Damen und Herren! Angesichts all dieser Dinge, die noch keineswegs aufgeklärt sind, können wir dem Etat des ERP-Ministeriums nicht unsere Zustimmung geben.