Rede von
Dr.
Gebhard
Seelos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(BP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (BP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben sehr "Eingehendes vernommen über ERP-Zahlungen und über die Technik dieser Dinge. Ich habe aber eines vermißt: daß man nämlich zunächst einmal bei diesen Beratungen den Dank des deutschen Volkes für die große Hilfe ausspricht, die wir von Amerika für den Aufbau unserer Wirtschaft bekommen haben. Das wollen wir hier mit allem Nachdruck sagen.
Etwas anderes ist es, ob man mit der Organisation dieser ERP-Leistungen, mit der Organisation der ERP-Behörde einverstanden sein kann. Die Bayernpartei war von Anfang an gegen die Überzahl von Ministerien in der Bundesregierung. Insbesondere hat sie auch das ERP-Ministerium als nicht notwendig betrachtet, weil es für uns doch einen ungeheuren Luxus darstellt, wenn die anderen Länder ohne ein besonderes Ministerium auskommen und ausgerechnet wir, das arme Deutschland, uns diesen Luxus leisten. Natürlich braucht man einen ERP-Minister; wir sollten es aber machen wie die anderen Länder, die eben eine Personalunion mit einem anderen Ministerium geschaffen haben.
Es ist aber nicht bloß eine finanzielle Frage, sondern unserer Ansicht nach ist ein eigenes ERP-Ministerium unzweckmäßig. Wir wissen, wie schwierig es schon ist, die Meinungsverschiedenheiten von Wirtschafts-, Finanz- und Ernährungsministerium auszugleichen und abzugleichen. Dadurch, daß sich noch ein weiteres Ministerium in all diese Fragen einmischt, machen wir uns die Aufgabe nur noch schwerer. Materiell bleibt doch die Entscheidung immer beim Wirtschaftsministerium oder Ernährungsministerium oder Finanzministerium. Das ERP-Ministerium kann nur eine gewisse Koordinierung durchführen, die ebensogut in einer Abteilung des Wirtschaftsministeriums erfolgen könnte, wie es ja im Anfang tatsächlich war. Jedenfalls steht die Bedeutung des ERP-Ministeriums zu der der anderen Ministerien etwa im gleichen Verhältnis, in dem die Bedeutung des ERP-Ausschusses dieses Hauses zu der des Wirtschaftsausschusses, des Ernährungs- oder des Finanzausschusses steht, die in der Fülle der Arbeit ersticken und die materiell alle Entscheidungen fällen müssen, während der ERP-Ausschuß — dessen Herrn Vorsitzenden man leider hier nicht begrüßen kann — die Aufgabe hat, sich so etwa alle drei Wochen zu versammeln, einen Vortrag anzuhören über ERP-Dinge und viel Papier in Empfang zu nehmen über Einzelheiten technischer Art. Aber praktisch materielle Entscheidungen kann der ERP-Ausschuß gar nicht treffen.
5504 Deutscher Bundestag — 129. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26: April 1951
Genau so überflüssig wie der ERP-Ausschuß ist auch das ERP-Ministerium. Schließlich besteht die Aufgabe eines ERP-Ministeriums, wenn einmal all die materiellen Entscheidungen getroffen sind, nur darin, die diesen Bestimmungen entsprechenden Gelder, zur Zeit noch 800 Millionen, weiter zu verteilen. Das kann doch dann wirklich auch ein gehobener Referent machen.
Wir haben aber auch etwas zu der Person des Herrn ERP-Ministers zu sagen. Der Herr ERP-Minister gehört zu den Sonntagsrednern, die die FDP in so reicher Zahl in das Kabinett geschickt hat. Jüngst hat er nun eine Lanze geritten
gegen den Föderalismus, gegen die Länder. Er hat
die Kulturpolitik der Länder als überflüssig bezeichnet. Er hat gesagt, die Länder sollten möglichst auf das Niveau von Verwaltungseinheiten
kommen; sie sollten so eine Art Provinzen sein.
Ich frage mich: Ist das die Aufgabe des Herrn ERP-Ministers, der zugleich Vizekanzler in diesem Kabinett ist, eines Kabinetts, das sich ausdrücklich zum Föderalismus bekannt hat? Ist es seine Aufgabe, so der Hauptmatador gegen den Föderalismus zu werden?
(Zuruf von der SPD: Ein angezogener,
Herr Kollege!)
Was sehen wir in seiner Person? — Hier wandelt der lebende Beweis durch die deutschen Lande, daß sich nur der Zentralismus so überflüssige Ministerien leisten kann, an deren Einrichtung kein Land denken würde.
Hier müssen wir einsetzen, hier können wir sparen, und deshalb möchte ich mich ganz entschieden gegen diese Ausgabenwirtschaft des Zentralismus wenden, der hier die Möglichkeit hat, mit dem Sparen voranzugehen. Jeden Tag kann er das machen, indem er das Ministerium abschafft, aber nicht, indem er theoretisch die Länder angreift und sagt, sie könnten sparen, wo doch in den Ländern jeder Pfennig umgedreht wird.
Deshalb möchte sich die Bayernpartei zum Etat des ERP-Ministeriums der Stimme enthalten.