Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Berichterstatter hat soeben den Beschluß des 20. Ausschusses vorgetragen, den Antrag Stücklen und Genossen der Bundesregierung als Material zu überweisen. Damit dürfte nach altem parlamentarischem Brauch praktisch das Schicksal dieses Antrages besiegelt sein. Das bedauern wir sehr. Obwohl der Herr Berichterstatter schon die Fréundlichkeit hatte, manche Probleme zu berühren, die mit der Behebung der Not des Arbeiters auf dem Lande und überhaupt mit der Sorge der Landwirtschaft, einen Landarbeiter zu bekommen, zusammenhängen, gestatten Sie mir noch ein paar ergänzende Ausführungen dazu. Ich möchte schon jetzt, bevor ich die bestehenden Möglichkeiten aufzeige, an die Damen und Herren des Hauses, vor allen Dingen an diejenigen Damen und Herren, die noch auf Länder- oder Kreisebene tätig sind — denn gerade dort werden diese Dinge zum größten Teil bearbeitet und entschieden —, die Bitte richten, sich für diese Möglichkeiten stark zu machen.
Was hat nun im großen und ganzen gesehen der Antrag Stücklen und Genossen zur Grundlage? Er wollte vor allen Dingen die immer stärker werdende Landflucht bekämpfen und damit auch dem großen Mangel an landwirtschaftlichen Arbeitskräften abhelfen. Wenn wir feststellen, daß in den übervölkerten Ländern Schleswig-Holstein, Bayern und Niedersachsen schon ein großer Landarbeitermangel vorhanden ist, wie mag es dann erst in den industrienahen Ländern aussehen! Es ist uns bekannt, daß die Arbeitsämter aus den Industriegegenden heute schon mit Kommissionen nach Schleswig-Holstein und Bayern kommen, um zu versuchen, von dort Landarbeitskräfte wegzuziehen. Wir wissen auf Grund von Erfahrungen ebenfalls, daß die Landarbeitskräfte, wenn sie von dort oben oder aus dem Süden in dem Industrieland angekommen sind, dies nur als ein Sprungbrett benutzen, um dann später zur Industrie überzuwechseln. In jedem Falle können wir feststellen, daß sich diese Entwicklung, daß eben die Landwirtschaft nicht genügend Landarbeitskräfte zur Verfügung hat, produktionshemmend auswirkt. Wenn wir uns an die gestrige Agrardebatte erinnern, müssen wir zugeben, daß das keinesfalls im Interesse der Gesamtheit unseres Volkes liegt.
Welche Möglichkeiten haben wir nun, diesem Notstand abzuhelfen? Es ist vor allen Dingen zunächst einmal die Freimachung des Werkwohnraums. Meines Erachtens ist es ein unmöglicher Zustand, daß Leute, die in dem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten, schlechter untergebracht sind als solche Leute, die auf dem Hofe wohnen, aber betriebsfremd arbeiten. Der Herr Berichterstatter hat das Problem des Landarbeiterwohnungsbaus schon angesprochen. Das ist eine sehr wichtige Angelegenheit. Hier und dort werden in den verschiedenen Ländern gute Fortschritte erzielt. In diesem Zusammenhang ist es vielleicht interessant, zu wissen, daß die Länder nach den Richtlinien für den sozialen Wohnungsbau durchaus Gelder für den verbilligten Landarbeiterwohnungsbau abzweigen können. Wir haben schon längst die Erfahrung gemacht, daß der Landarbeiter dort, wo man ihm zu einem Eigenheim, womöglich mit einem Stück Land dazu, verhilft, unter bestimmten anderen Voraussetzungen, deren Erfüllung noch hinzukommen müßte, gern bereit ist, in der Landwirtschaft zu bleiben. Zu diesen bestimmten Voraussetzungen, meine ich, gehört, daß es auch den Landarbeitersöhnen ebenso wie den Bauernsöhnen ermöglicht werden muß, sich für einen Aufstieg in qualifizierte Stellen vorzubereiten. Er muß auch die landwirtschaftliche Schule besuchen können, um später einen Inspektor-Verwalterposten zu übernehmen. Wir sind Gott sei Dank in der Bundesrepublik so weit, daß wir überall die landwirtschaftlichen Berufsschulen eingerichtet haben, die alle besuchen können. Es hat sich erwiesen, und zwar erfreulicherweise, daß der landwirtschaftliche Arbeiter am Besuch dieser landwirtschaftlichen Berufsschulen stärkstens interessiert ist.
Weiter sind es die ungeregelten Arbeitsverhältnisse, die noch einer Lösung harren, und schließlich sind es die Lohnverhältnisse. Es ist auch eine berechtigte Forderung der Landarbeiterschaft, die Löhne mehr und mehr den städtischen Löhnen anzugleichen. Diese Forderung wird auch von der Landwirtschaft akzeptiert. Allerdings sagt die Landwirtschaft zugleich — das wissen wir alle, und es ist schon wiederholt auch in diesem Hause darüber gesprochen worden —, sie kann nur dann höhere Löhne für den Landarbeiter zahlen, wenn verschiedene Forderungen, die die Landwirtschaft schon seit längerer Zeit angemeldet hat, endlich einmal realisiert werden.
Der Herr Berichterstatter hat weiter davon gesprochen — und es war, meine ich, unter Punkt 4 des Antrages Stücklen aufgeführt —, daß man für eine geregelte Altersversorgung sorgen müsse. Diese werden wir wahrscheinlich in dem Augenblick erreichen, in dem die Lohnangleichung erfolgt ist, weil dann ja sowieso die Invalidenversicherungsbeiträge steigen und dementsprechend auch höhere Beträge aus der Altersrentenversorgung ausgeworfen werden. Damit wäre für den Landarbeiter im Alter seine Lebenshaltung stärker gesichert!
Meine Damen und Herren, zum Schluß darf ich zusammenfassend feststellen, daß also noch genügend Möglichkeiten vorhanden sind, um für den Landarbeiter alles zu tun, damit er wie bisher der getreue Mitarbeiter des Bauern auf dem Lande bleibt. Ich darf nochmals an Sie alle die eine Bitte richten: Wir sollten alles tun, diese Möglichkeiten auszunutzen und auszuschöpfen im Interesse des Landarbeiters, im Interesse der Landwirtschaft und damit auch im Interesse des gesamten deutschen Volkes.