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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag - 136. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. April 1951 5818 136. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. April 1951. Geschäftliche Mitteilungen 5314D Vorlage der Entwürfe von Verordnungen über Verarbeitung, Lieferung, Bezug, Vorratshaltung und statistische Erfassung von Nichteisen-Metallen (NEM I/51), Verwendungsbeschränkungen von Kupfer und Kupferlegierungen (NEM II/51) und Verwendungsbeschränkungen von Zink und Zinklegierungen (NEM III/51) 5314D Änderungen der Tagesordnung . . 5315A, 5381D Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (Nr. 2131 der Drucksachen) 5315A Storch, Bundesminister für Arbeit 5315A, 5321B Sabel (CDU) 5315D Richter (Frankfurt) (SPD) 5317A Dr. Seelos (BP) 5318C, 5322D Willenberg (Z) 5319A Walter (DP) 5319B Dr. Schäfer (FDP) 5319C Renner (KPD) 5320D Frau Dr. Rehling (CDU) 5321D Arndgen (CDU) 5322A Schoettle (SPD) 5322B Ausschußüberweisung 5323A Fortsetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines zweiten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und WürttembergHohenzollern (Nrn. 821, 1752, 1849 der Drucksachen); Mündlicher Bericht des Ausschusses für innergebietliche Neuordnung (30. Ausschuß) (Nr. 2160 der Drucksachen) . . . . 5323B Dr. Schmid (Tübingen) (SPD): zur Geschäftsordnung 5323C zur Sache 5327A, 5338C von Thadden (DRP) . . . . 5323D, 5342C Dr. Kopf (CDU) 5324A, 5340B, 5344D, 5345C Farke (DP) 5326B Dr. von Merkatz (DP) . . . 5326C, 5343A Freudenberg (FDP) 5330D Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5331B Donhauser (Unabhängig) 5331D Fisch (KPD) 5331D Dr. Ehlers (CDU) 5333C Dr. Müller, Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollern . . . 5334D Wohleb, Staatspräsident von Baden 5337C Dr. Hamacher (Z) 5338B Mayer (Stuttgart) (FDP) . . 5338C, 5342B Ewers (DP) 5339D Clausen (SSW) 5341A Erler (SPD) 5341B Dr. Jaeger (CDU) 5343D Euler (FDP) 5345D Abstimmungen . 5323C, 5339A, 5345B, 5346A Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) Einzelplan XV — Haushalt des Bundesministeriums für Vertriebene (Nr. 1916 der Drucksachen) in Verbindung mit der Beratung des Antrags der Fraktion der BP betr. Errichtung einer UmsiedlungsAusgleichskasse für Heimatvertriebene, Flüchtlinge und Evakuierte (Nr. 2112 der Drucksachen) 5346A Frau Dr. Probst (CSU), Berichterstatterin 5346B Reitzner (SPD) 5348B Schütz (CSU) 5351A Tichi (BHE-DG) 5353D Trischler (FDP) 5355A Wittmann (WAV) 5357D Willenberg (Z) 5360A Dr. Seelos (BP) 5360B Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 5361B Müller (Frankfurt) (KPD) 5361C Farke (DP) 5363C Dr. Goetzendorff (DRP-Hosp.) . . 5364B Dr. Lukaschek, Bundesminister für Angelegenheiten der Vertriebenen 5365A Meyer (Bremen) (SPD) (zur Abstimmung) 5367B Dr. Kather (CDU) (persönliche Bemerkung) 5367C Abstimmungen 5367B Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts (Nr. 2130 der Drucksachen) 5368D Dr. Dresbach (CDU) 5368D Tenhagen (SPD) 5369D Dr. Besold (BP) 5370D Ausschußüberweisung 5371A Beratung des Antrags der Fraktion der WAV betr. Maßnahmen zur Sicherung deutschen Eigentums in Österreich (Nr 2024 der Drucksachen) 5371A Dr. Richter (Niedersachsen) (SRP), Antragsteller 5371A Mellies (SPD) 5373B Ausschußüberweisung 5373C Beratung des Antrags der Fraktion der KPD betr. Anweisung auf Herausgabe der Brückenbaupläne im Bereich der Bundesstraßen und der Bundesbahn an die US-Armee zum Zwecke des Einbaues von Sprengkammern (Nr. 2085 der Drucksachen) 5373C Fisch (KPD), Antragsteller 5373C Schoettle (SPD) 5375B Ausschußüberweisung 5375C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag des Abg. Stücklen u. Gen. betr. Maßnahmen zur Behebung des Landarbeitermangels (Nrn. 2126, 1870 der Drucksachen) 5375D Dr. Kneipp (FDP), Berichterstatter . 5375D Glüsing (CDU) 5377A Frau Strobel (SPD) 5377D Eichner (BP) 5378D Dr. Preiß (FDP) 5379B Ausschußüberweisung 5380B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Abg. Dr. Ott u. Gen. betr. Arbeitslosenfürsorgeunterstützung (Nrn. 2127, 1768 der Drucksachen) 5380B Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 5380B Beschlußfassung 5380C Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Arbeit (20. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der KPD betr. Erhöhung von Unterstützungssätzen (Nrn. 2128, 1434 der Drucksachen) . . . 5380D Pelster (CDU), Berichterstatter . . . 5380D Müller (Frankfurt) (KPD) 5381A Keuning (SPD) 5381C Beschlußfassung 5381D Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP, DP, BP, Z und Gruppe BHE-DG betr. Bereitstellung von Bundeshaushaltsmitteln für den sozialen Wohnungsbau im Haushaltsjahr 1951/52 (Nr. 2123 der Drucksachen) . . . 5381D, 5382A Beratung abgesetzt 5382B Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wiederaufbau und Wohnungswesen (18. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der SPD betr. Sicherungsmaßnahmen für den sozialen Wohnungsbau 1951 (Nrn. 2145, 1970 der Drucksachen) . 5381D, 5382B Wirths (FDP), Berichterstatter . . 5382C Beschlußfassung 5382C Beratung des interfraktionellen Antrags betr. Überweisung von Anträgen an die Ausschüsse (Umdruck Nr. 150) 5382C Beschlußfassung 5382C Erklärung nach § 85 der Geschäftsordnung: Dr. Wuermeling (CDU) 5382D Nächste Sitzung 5383C Die Sitzung wird um 13 Uhr 31 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Günter Goetzendorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (WAV)
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    Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Es ist mir ein Bedürfnis, vorweg dem Herrn Abgeordneten Dr. Seelos eine Aufklärung zu geben, der hier die Besorgnis ausgesprochen hat, die Vertriebenen wollten mit den Geldern für Kulturzwecke einen Staat im Staate bilden. Ich möchte dem Herrn Dr. Seelos sagen, daß gerade die Pflege des heimatlichen Brauchtums nicht nur bei den Erwachsenen, sondern gerade bei den Kindern der Vertriebenen sehr wichtig ist, damit sie den Willen zur Rückkehr haben, wenn diese Stunde eines Tages kommen mag. Ich glaube, damit ist auch einem „Herzenswunsch" der Bayernpartei entsprochen; denn was nutzt es, wenn eines Tages die Möglichkeit zur Rückkehr kommt, die jungen Heimatvertriebenen aber nicht mehr die starke Anhänglichkeit und Liebe zu ihrer Heimat haben!
    Meine Damen und Herren, mich wundert die maßvolle Zurückhaltung, mit der heute alle Wünsche und Anregungen an den Herrn Bundesminister herangetragen worden sind. Ich denke,
    er läßt sich davon nicht verleiten, zu glauben, er habe allen berechtigten Wünschen der Heimatvertriebenen draußen im Lande entsprochen.
    Nach der maßvollen Rede des Abgeordneten Reitzner bleibt wenig zu sagen. Ich glaube, daß trotz dieses zurückhaltenden Tones der Herr Bundesvertriebenenminister sich einige Dinge zu eigen machen wird, die Herr Reitzner gefordert hat. Es ist gesagt worden, welch großen Personenkreis der Vertriebenenminister betreut, und wir haben im gleichen Atemzuge gehört, daß nicht einmal die Begriffsbestimmung dieses Personenkreises feststeht, weil das hierzu erforderliche Bundesvertriebenengesetz noch immer nicht erlassen worden ist. Ich habe mir erlaubt, vor eineinviertel Jahren die Anfrage an die Regierung zu richten, wann sie dieses Gesetz dem Hohen Hause vorzulegen gedenkt. Damals ließ Dr. Lukaschek das Hohe Haus wissen, man könnte etwa im April 1950 damit rechnen. Herr Bundesvertriebenenminister, Sie haben ein Jahr länger gebraucht, und Sie werden noch ein halbes Jahr brauchen, um uns dieses Gesetz vorzulegen.
    Der Herr Abgeordnete Schütz hat vorhin ein schönes Wort in seinen Allegorien, in seiner bilderreichen Sprache gesprochen: Sie mögen an verschiedene Türen klopfen. Ich möchte hinzufügen: Klopfen Sie, klopfen Sie aber auch ein wenig auf die Finger Ihrer Referenten, damit sie sich beeilen. Ich möchte die Warnung des Abgeordneten Reitzner besonders unterstreichen, ein wachsames Auge auf die Verwendung der Gelder für kulturelle Zwecke zu haben. Die kulturellen Zwecke sind für die Vertriebenen von großer Wichtigkeit. Wenn es nicht gelingt, in den vertriebenen Menschen den Gedanken an die Heimat, in den jungen, aufwachsenden Menschen ein Vertrautsein mit dem heimatlichen Brauchtum zu erwecken und zu erhalten, dann sehen wir schwarz in die Zukunft bei einer Neubesiedlung des deutschen Ostens, die vielleicht unter härteren Bedingungen vor sich gehen wird, als einstmals die Ausweisung vor sich ging. Jeder Pfennig, der dieser großen Aufgabe entzogen wird, ist ein Verbrechen an den Heimatvertriebenen. Es stimmt uns sehr bedenklich, daß aus dem Fonds für kulturelle Aufgaben ein lächerlich geringer Betrag, ein Bettel geradezu für eine Institution ausgegeben worden ist, wie sie der AdalbertStifter-Verein darstellt, eine Institution, die Großes und vieles für die kulturellen Belange der Vertriebenen leistet. Es stimmt uns sehr besorgt, daß man den ZvD mit einer Summe bedacht hat, die zu denken gibt. Herr Bundesvertriebenenminister, prüfen Sie einmal, ob dieses Geld auch wirklich kulturellen Bedürfnissen zukommt, ob es nicht nur verwendet wird, um sich eine persönliche Hausund Streitmacht zu schaffen. Überlegen Sie in dem gleichen Zusammenhang einmal, daß Sie nur Ihre Aufsichtspflicht beweisen, wenn Sie die Kreditgebung der Vertriebenenbank untersuchen, von der man behauptet, man habe zur Stützung der Zeitung „Ost-West-Kurier" 50 000 DM freigemacht, und das nur auf Anraten gewisser Persönlichkeiten.
    Herr Bundesvertriebenenminister, ich glaube, Sie sollten allen diesen Dingen, die ja in Ihrem Amtsbereich liegen, auf den Grund gehen. Es ist schon so, wie vorhin Herr Abgeordneter Reitzner andeutete, daß Sie sich mit einem Kreis von Menschen umgeben, denen der gute Wille, die Anständigkeit und die Zuverlässigkeit zwar nicht immer abgesprochen werden kann. Es wird aber oft nötig sein, zu untersuchen, welche Ziele diese Menschen im einzelnen verfolgen. Ich weiß nicht, ob der Herr




    (Goetzendorff)

    Abgeordnete Kather das Wort noch ergreifen wird. Ich sehe es aber als meine Pflicht an, hier für seine Ehre einzutreten, nachdem der kommunistische Abgeordnete Müller von seinen Häusern gesprochen hat. Ich glaube, das gehört nicht hierher. Die 15 Häuser, die der Abgeordnete Kather in Iserlohn, die zwei, die er in Ludwigsburg und die drei, die er in Kornwestheim haben soll, sind — so steht es wenigstens in der letzten Nummer der Zeitung „Die Stimme" — angeblich mit 150 % des Einheitswertes belastet.

    (Abg. Renner: Er hat sie aber!)



Rede von Dr. Hermann Ehlers
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Das Wort hat der Bundesminister für Vertriebene.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Um das Problem der Heimatvertriebenen und damit die Aufgaben des Ministeriums für Vertriebene zu umreißen, brauche ich einige Stunden. Denn es ist ein Problem, das in alle Kreise des deutschen Volkes eingreift, seien es wirtschaftliche, seien es soziale Angelegenheiten. Ich bin dem Redner der Opposition, Herrn Reitzner, persönlich sehr dankbar, daß er die Dinge von der Problematik des Ministeriums aufgefaßt hat. Wenn Sie sich den Bericht des Ausschusses, in dem die Zahlen angegeben sind, ansehen, dann ersehen Sie daraus allein schon die ganze Problematik. In diesem Bericht ist nicht eine Zahl materieller Unterstützung zu finden. Es ist also nur ein Koordinierungs-Ministerium. Die materiellen Dinge, mit denen die Vertriebenen gefördert werden können, stecken alle in den Sachministerien,

    (Zuruf von der KPD: In den Besatzungskosten stecken sie!)

    und dorthin gehören sie auch. Aber das ist ja die Problematik des Ministeriums, die Herr Abgeordneter Schütz auch mit seinem schönen Bild vom Heiligen Sebastian so liebevoll geschildert hat. Ich bin Herrn Reitzner auch sehr dankbar, daß er mich einen Bettelmann genannt hat. Das bin ich, und ich bin stolz darauf, daß ich als Bettelmann auch persönlich das Schicksal mit allen meinen Heimatvertriebenen teilen kann.

    (Abg. Fisch: Als Bettelmann haben Sie ziemlich viel gewonnen bei Ihrer sogenannten Flucht!)

    — Jawohl! Ich kann Ihnen genau sagen, wieviel. Als mich die Russen aus dem Gefängnis befreiten, besaß ich eine Zahnbürste. Als ich aus Weimar wegging, bestand mein gesamter Umzug aus 23 Pappkartons. Machen Sie mir das bitte nach, was ich getan habe!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Heute vor sechs Jahren stand ich vor dem Volksgericht. Machen Sie mir meinen Weg nach, auch den Weg, den ich heute — mit Stolz als Bettelmann — gehe.

    (Erneuter Beifall.)

    Aber wenn man Bettelmann ist, muß man auch den Mut haben, zu betteln.

    (Abg. Renner: Bettelmann mit Ministergehalt! — Zuruf von der Mitte: In der Ostzone machen sie es umsonst!?)

    — Arbeiten Sie soviel wie der armselige Minister? Aber darüber will ich mich mit Ihnen nicht unterhalten.

    (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von der Mitte: Das ist nämlich besser!)

    Das lohnt nicht! — Aber wenn man Bettelmann ist, dann muß man betteln und hat die Pflicht, als Bettelmann aufzutreten, nämlich mit dem Geist und der Aura des Armen, nicht mit dem Knüppel In der Hand.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Die Vielgestaltigkeit meines Ministeriums besteht ja darin, daß ich die ungeheure Not der Heimatvertriebenen in die Herzen derer hämmern muß, die helfen können. Glauben Sie mir, mir wäre es manchmal unendlich viel lieber, ich könnte als der Anwalt oder der Führer der Heimatvertriebenen auftreten, die Not schildern und an die Gewissen anklopfen, während ich einen anderen Weg gehen muß, um das Verständnis zu erlangen. Denn wenn man den ersten Weg geht, wird der Riß zwischen der westdeutschen Bevölkerung und den Heimatvertriebenen größer. Er ist groß genug, und er darf nicht größer werden.

    (Abg. Reitzner: Betrachten Sie Ihr Ministerium nicht nur als ein Apostolat des Wortes!)

    — Verzeihen Sie, „Apostolat des Wortes"! Mein Ministerium ist in alle Dinge eingeschaltet, es ist der ewige Mahner und der ewige Arbeiter. Ich besitze nicht den Mut, mich zu loben, weil ich die unerhörte Not und das Minus sehe, das zu leisten noch vor uns steht.
    Ich möchte aber folgendes sagen. Wir sind in den anderthalb Jahren doch außerordentlich viel weitergekommen. In den anderthalb Jahren haben wir — vielleicht auch etwas durch unsere Mühe — Schritt für Schritt im Ausland die Anerkennung gewonnen. Nicht ohne Grund spricht man heute bei der UNO, im Europarat und beim Internationalen Roten Kreuz von der Not der Vertriebenen und der sich hieraus ergebenden Verpflichtung. Ein Stückchen ist das doch unsere Arbeit. Ich muß mich vor meine Beamten und Angestellten stellen, die mit verbissener Wut arbeiten und die keine Dienststunden kennen. Ich weise das Wort zurück, daß die Zusammensetzung der Beamtenschaft nicht den Erfordernissen entspricht. In meinem Hause wird weder Parteipolitik noch irgendeine andere Politik getrieben, sondern nur die Politik, der Armut zu steuern. Wir alle stehen unter dem schweren Druck der nicht genügenden Leistung, ich an allererster Stelle.
    Ich bin ja nicht bloß Anwalt der Vertriebenen und Vater der Vertriebenen, wie man mich manchmal freundlicherweise nennt. Ich bin ja auch Kabinettsminister und muß das Problem in seinem ganzen Zusammenhang sehen. Es ist hier von der Umsiedlung gesprochen worden. Bisher sind umgesiedelt: im Jahre 1949 39 000 Personen, im Jahre 1950 bis heute von den 300 000 etwas über 250 000 Personen; im Mai wird der Überhang von 50 000 Personen umgesiedelt sein. Das ist eine gewaltige Leistung. Das läßt sich natürlich von Tag zu Tag schwerer durchführen — das gilt insbesondere von dem neuen Gesetz betreffend die Umsiedlung von 300 000 Personen —, da immer mehr die Notwendigkeit der Schaffung von Wohnungen und Arbeitsplätzen gegeben ist. Ich möchte dieses Problem einmal kurz erörtern. Die Umsiedlung von 300 000 Leuten macht es notwendig, im ganzen 75 000 Wohnungen zu schaffen. Die Schaffung von 75 000 Wohnungen bedeutet eine Finanzierung in Höhe von 750 Millionen DM. Die ersten Hypotheken müssen beschafft werden. Wir werden es — vielleicht nicht bis zum 31. Dezember - im großen




    (Bundesminister Dr. Lukaschek)

    und ganzen schaffen und die Mittel dafür aufbringen.
    Es wurde von dem Sonne-Plan gesprochen. Nun, Herr Sonne ist nicht aus eigenem Streben angereist gekommen, sondern daran hat unser Ministerium schon etwas getan. Wir haben die sieben Monate sehr, sehr schwer gearbeitet. Ich kann über dieses Zusammentragen und über die Kritik, die in dem Sonne-Plan steht, sehr glücklich sein, wie ich überhaupt für Kritik dankbar bin. Denn ich fasse die Kritik als Motiv auf, mir Kraft zu geben.

    (Abg. Fisch: Und was wird jetzt nach dem schönen Bericht getan?)

    - Nach dem schönen Bericht wird der Bericht erstmal sofort gedruckt,

    (Lachen bei der KPD; — Zurufe von der KPD: Auf Büttenpapier! — Soviel Druckerschwärze haben wir ja noch!)

    so daß der Bericht der Kritik der ganzen Öffentlichkeit offensteht. In der Zusammenfassung des Berichts wird für sechs Jahre die Aufbringung von 121/2 Milliarden DM vorgeschlagen.

    (Abg. Fisch: Bis dahin ist die Sonne längst untergegangen!)

    In dem Bericht steht, daß das Vertriebenenproblem innerhalb der sechs Jahre im wesentlichen zu lösen ist, wenn die Finanzierung gelingt.

    (Aha! bei der KPD.)

    Herr Sonne hat nicht gesagt — ich möchte das zur Berichtigung sagen —, daß wir die 1 Milliarde DM, die wir sofort aufbringen wollen — nämlich für den Wohnungsbau, für die Umsiedlung an den Stellen, wo der Wohnungsbau gleichzeitig produktive Arbeit schafft, also in den Zentren der Industrie hauptsächlich mit kleinen Gaben für den Siedlungswohnungsbau —, von den Besatzungskosten abziehen müßten. Er hat vielmehr folgendes gesagt, und dem trete ich absolut bei: Wenn die deutsche Bundesrepublik eine Milliarde aufbringt, so kann sie mit Recht darauf hinweisen, daß auf diese Leistung die Forderung der Besatzungskosten Rücksicht zu nehmen hat; denn die soziale Befriedung der Heimatvertriebenen ist einem Verteidigungsbeitrag mindestens gleichrangig.

    (Abg. Fisch: Und wann kriegen Sie die erste Milliarde?)

    — Wir werden sie bekommen, wie wir innerhalb des letzten Jahres für die Vertriebenen insgesamt in Bund, Ländern und Gemeinden 3,2 Milliarden aufgebracht haben. Das ist immerhin eine beachtliche Leistung.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Schließlich ist die Aufbringung für das Soforthilfegesetz in Höhe von 1,8 Milliarden auch eine recht, recht beachtliche Leistung, und wir können in dieser Beziehung auch nur dankbar sein.
    Also wenn wir die Umsiedlung als ein Beispiel hierfür sehen, dann können wir schon sagen: es ist eine gigantische Aufgabe, und sie wird allein systematisch diese eine Milliarde, die als das erste Programm in Aussicht genommen ist, in Anspruch nehmen. Wir können die Hoffnung haben, daß uns dazu vom Ausland ein Prozentsatz als Gabe dazugegeben wird. Ich hoffe das. Aber es ist das alles ein unendlich mühseliger Weg, das zusammenzubringen. Denn heute eine Milliarde aufzubringen in einem Augenblick, wo wir von Kreditrestriktionen sprechen müssen, — die Schwierigkeit dieser Aufgabe können Sie verstehen
    Kreditrestriktionen — auch ein Wort! Das alles trifft uns Arme am allermeisten; und es ist eine große Arbeit erforderlich, damit sich diese Kreditrestriktionen auf dem Sektor der Vertriebenen nicht auswirken. Und ich glaube, das erreichen wir.
    Und so geht es fort. Das Vertriebenengesetz wird in den allernächsten Tagen dem Kabinett zugehen. Es ist nämlich fertig, Gott sei Dank! Lange genug hat es gedauert, aber deshalb, weil wirklich die Materie unsagbar schwer ist, allein schon die Schaffung eines einheitlichen Vertriebenenbegriffes. In diesem Vertriebenengesetz werden auch die übrigen Vertriebenen, also die Holland-Vertriebenen, die Saarland-Vertriebenen

    (Abg. Hilbert: Auch die Luxemburger!)

    und Gott weiß was mit einbegriffen, und damit wird auch für diese Leute eine Zuständigkeit begründet werden. Ich will auf das Kapitel HollandVertriebene und Ihre Liebe dazu, Herr Müller, nicht eingehen.

    (Sehr gut! in der Mitte. — Zuruf von der KPD.)

    Dann bitte, gehen Sie einmal nach Holland und fragen Sie dort. Ich habe die Nase voll von diesen Fragen, muß ich sagen.

    (Abg. Müller [Frankfurt] : Darüber können wir sprechen! — Abg. Renner: Gehen Sie doch hin!)

    — Nein, es hat keinen Sinn! Wir sind nämlich überparteilich. Aber ich würde bitten, dann nicht den Mund aufzumachen. Denn es würde Ihnen gesagt werden, daß die, die Sie betreuen, eigentlich von Ihnen gerade nicht betreut werden sollten. Das nur dazu.

    (Abg. Renner: Lassen Sie das nur unsere Sorge sein!)

    Ich habe auch um sie die Sorge.

    (Abg. Renner: Wodurch unterscheiden Sie sich denn von den anderen Nazis? — Zuruf von der Mitte: Ist es denn notwendig, darauf Antwort zu geben?)

    — Herr Renner, mir können Sie jedes Verbrechen vorwerfen, nur nicht das, daß ich Nazi gewesen sei. Da können Sie nicht mit; wirklich nicht!

    (Zuruf von der Mitte: Aber lassen Sie sich doch nicht da hineinmischen! — Abg. Kuntscher: Das hat doch keinen Zweck!)

    Eins, meine Damen und Herren: Es handelt sich um das riesigste Problem, um ein gesamtdeutsches Problem, um ein Problem, das die Beheimateten hier beinahe mehr angeht als die Heimatvertriebenen. Denn wenn die hier in der Heimat Sitzenden es nicht als ihr Problem erkennen und es zu lösen mit allen Kräften bestrebt sind, dann gehen sie in diesem Problem unter. Und deshalb ist es so wichtig. Es ist aber auch wichtig, in der richtigen Form darauf hinzuweisen. Das hat mein Ministerium versucht, und es schaltet sich da überall-ein. Aber ich darf auch bitten: Verstehen Sie immer das Anklopfen an die Türen der westlichen Heimat, wenn es mit Liebe und mit Takt geschieht!

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien)