Rede von
Dr.
Heinrich
Glasmeyer
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Da sang der kleine Finkenhahn,
Mein Schatz, nun rück' mal näher ran!
Sehen Sie, wenn Sie dieses schöne Liedchen dann
Ihren Ministerkollegen, Herrn Erhard und Herrn
Schäffer, und Ihrem Chef, Herrn Adenauer vorsingen, er möchte sich bestreben, der Landwirtschaft allmählich von allen Seiten näherzurücken,
dann wird es vielleicht glücken. Sonst bin ich der
Ansicht — besonders wenn ich die Stimmung des
Volkes beobachte, wie sie heute bei den Wahlkämpfen in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz ist —: Wehe der heutigen Regierung!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zum Etat selber: Wir freuen uns, daß im Bundeshaushaltsplan des nächsten Jahres für die Flurbereinigung eine verhältnismäßig hohe Summe vorgesehen werden soll. Wir möchten aber zu Seite 6, Tit. 55, Förderung des ländlichen Siedlungsbaues, noch folgendes sagen: 5 Millionen DM, Herr Minister, das scheint uns doch etwas sehr wenig zu sein. Wir haben im Unterausschuß für ländliche Siedlungen neulich vorgeschlagen, daß in Zukunft für diese außerordentlich wichtige Sache wenigstens 200 Millionen DM angesetzt werden sollen. Wir haben doch ein Flüchtlingssiedlungsgesetz, und das ist wichtig. Wir haben aber auch viele einheimische Kötter, Heuerlinge und nachgeborene Bauernsöhne, die auch unterkommen wollen.
Weiterhin: Seite 14, Tit. 20. Dort findet sich ein Ansatz von 524 900 000 DM. Damit kein Irrtum entsteht, möchte ich dazu bemerken, daß die Mittel, die hier ausgeworfen sind, am allerwenigsten der Landwirtschaft zufließen, sondern zum großen Teil zur Stärkung des Konsums verwandt werden.
Seite 15, Tit. 2, Erschließung des Emslandes: 4 Millionen DM. Ich glaube, wenn wir in den nächsten Jahren nicht wenigstens zehnmal so viel für diesen Zweck anwenden, werden wir auf die Erschließung des Emslandes — des Bourtanger Moores, des Hümmelings usw. — und auch auf die Erfüllung der Wünsche, die wir im Münsterland bezüglich der Eindeichung und Schiffbarmachung der Ems haben, noch jahrzehntelang warten können.
Vom Gemüsebau usw. möchte ich gar nicht sprechen. Wir wissen ganz genau, wie hier im Rheinlande die Lage ist, wir kennen die Klagen der kleinen Gemüsebauern. In diesem Punkte kann ich mich voll und ganz dem anschließen, was mein Vorredner, der Oppositionelle Kriedemann, gesagt hat.
Zur allgemeinen Politik. Wir haben uns neulich gefreut, als wir etwas von der Rhöndorfer Tagung hörten. Ja, da schlug uns das Herz doch einmal wieder freudig, da haben wir uns gesagt: Der gute Onkel Konrad beweist mal wieder, daß er ein Herz für die Landwirtschaft hat. Als wir jetzt vor wenigen Tagen in der Nacht zum 11. auf einmal dar n durch den Rundfunk gewahr wurden, daß die Fragen, die der Herr Bundeskanzler angeschnitten hat, vom Herrn Vizekanzler ganz anders ausgelegt wurden, da waren wir enttäuscht. Ich möchte daher offen zum Ausdruck bringen, daß die Zentrumspartei heute voll und ganz hinter den Forderungen und Entschließungen steht, die nicht nur vom Bauernverband, sondern auch vom Niedersächsischen Landvolkverband gestellt werden, die Forderungen nämlich auf Erhöhung der Milch-und Butterpreise, auf Subventionierung der Butterpreise; sie steht aber auch zu den Forderungen des Winzerverbandes bezüglich der Senkung der Weinsteuer. Man soll die guten Gaben, die unser Herrgott auf unserem kargen Boden wachsen läßt, um Gottes willen nicht als Luxus bezeichnen. Ein guter Wein, das ist die Milch des Alters, und ein guter Schaumwein, das ist die Spritzigkeit und das Feuer der Jugend. Das wollen wir anerkennen.
I Ich glaube, ich kann noch ein paar Minuten sprechen. — Etwas zum Getreidepreis: Mein Vorredner, Herr Schmidt, hat vorhin gesagt, es wäre gleichsam so etwas wie ein Berichtigungspreis gewesen. Das mag sein. Leider haben wir Bauern davon bis heute nichts gehabt. Wir haben nur den zweifelhaften Vorteil, daß man mit Fingern auf uns zeigt und uns sagt: Seht mal an, die Landwirtschaft hat so viel verdient, jetzt kann sie auch höhere Löhne bezahlen. Wir haben nur den zweifelhaften Vorteil, daß wir unser Saatgut und andere Dinge teurer bezahlen können, wenn derartige Entwicklungen eintreten. Ich habe damals selber dafür gestimmt, weil ich für den Fall, daß die Erhöhung nicht kam, für unsere Bauern einen Rattenschwanz von Prozessen vorausgesehen habe. Aber wenn solche Erhöhungen kommen müssen und kommen sollen, dann sollten sie zu Beginn der Ernte kommen. Etwa 5 % der Bauern hatten die Möglichkeit, ihr Getreide zu horten, weil sie vielleicht noch über ein großes Portemonnaie verfügten. Die anderen — auch wir — haben längst vorher verkaufen müssen, und das, was wir darüber hinaus an Getreide hatten, mußten wir an unser Vieh verfüttern. Es ist grundfalsch, wenn Zeitungen geschrieben haben: Der Bauer hat sein Korn verfüttert, weil er am Vieh mehr verdienen wollte. Nein, nicht weil er mehr verdienen wollte, sondern weil er sich bewußt war, daß das Vieh, daß die Schweine und auch die Kühe zur Erhaltung des Lebensstandards des deutschen Volkes unbedingt notwendig sind, und weil der deutsche Bauer genau weiß, daß es viel billiger ist, Futtergetreide und auch Brotgetreide vom Ausland einzuführen als die Veredlungsprodukte Fleisch, Milch und Fett.
Nun zum Fett! Wir haben im vorigen Jahre durchschnittlich 40 000 t Margarine monatlich verbraucht. Wir verbrauchen heuer monatlich 50- bis 55 000 t Margarine. Wir unterstützen die Margarineindustrie heute monatlich mit durchschnittlich 20 Millionen DM Subventionen. Dabei hat, wie ich höre, diese Industrie rund 25 Millionen DM für Propaganda ausgegeben, anscheinend mit Mitteln, die der Staat ihr gegeben hat. Bitte schön, meine Damen und Herren, bitte schön, Hoher Bundestag: Wenn du, Regierung, die Margarine-industrie unterstützen kannst, dann unterstütze bitte auch den einheimischen Bauern!
Wenn die Vorräte schwinden, wenn wir damals zu Beginn des Korea-Konflikts für 8 Monate Vorräte gehabt haben und heute nur noch vielleicht bis Ende Mai, dann soll man sorgen, daß die Landwirtschaft entsprechend unterstützt wird. Sie ist durchaus in der Lage, wenigstens 20 % mehr als im vergangenen Jahre zu erzeugen.
Wo drückt uns denn der Schuh? Drei Jahre lang warten wir jetzt schon auf den Lastenausgleich. Immer noch Soforthilfe! Immer Landwirtschaft, immer nur Besitz, und diejenigen, die zur Miete wohnen, die wertvolles Mobiliar haben, die überhaupt keinen Grundbesitz haben, aber vielleicht im Jahre 100 000 DM verdienen, die zahlen gar nichts. Der kleine Besitzer dagegen, der landwirtschaftliche Arbeiter und der Fabrikarbeiter mit einem kleinen Häuschen und einem Morgen Land, der muß bezahlen. Ich frage mich immer: wozu diese Ungerechtigkeit?
Trotz allem sage ich mir eines: In der deutschen Landwirtschaft steckt ein guter Kern, und die deutsche Landwirtschaft weiß, mögen wir auch von allen Seiten angegriffen werden, daß einer ihr helfen wird. Dieser eine ist der, von dem ein alter Spruch in „Großmutters heimlichem Liedergarten" singt:
Gott wird machen,
daß die Sachen
gehen, wie sie heilsam sind.
Drum laß die Wellen
ruhig schwellen;
sorg du, daß du mit deinem Kind
sicher bist.