Rede von
Dr.
Michael
Horlacher
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme hier zu einer außerordentlich ernsten Angelegenheit und möchte einmal einen Weg zeigen, wie man einen Erfolg erreichen kann. Zunächst möchte ich betonen, daß ich für jede Hille für unsere Grenzlandgebiete bin, gleichgültig, wo sie liegen.
— Heute bin ich gut aufgelegt; infolgedessen kriegen Sie von mir keine Bemerkung! —
Das ist der erste Grundsatz. Wir sind uns darüber einig, daß wir allen Gebieten an der Grenze unsere besondere Fürsorge zuwenden müssen. Zwei Gebiete aber bedürfen einer besonders vordringlichen Fürsorge: Berlin und die bayerische Ostmark; denn die — schauen Sie die Karte an! — ragen am weitesten in den Ostraum hinein. Dazu kommt noch, daß durch die Verkehrsverhältnisse in der bayerischen Ostmark bei den Fahrgelegenheiten in diesem Gebiet für das Zubringen und Wegholen der Frachten Umwege entstanden sind, die jetzt im Durchschnitt 200 bis 300 Kilometer ausmachen. Ich erinnere nur an die Kohle, die früher leicht aus der Tschechoslowakei herüberzubringen war und die jetzt aus dem Ruhrgebiet, also aus gewaltiger Entfernung, herangeholt werden muß. Da sind besondere Notstände entstanden, denen Rechnung getragen werden muß.
Aber jetzt kommt ein gefährliches Wort von mir, das vielleicht bloß ich mir erlauben kann.
Die Verhältnisse sind nämlich so: Um diese Frage, die für Bayern hier eine Rolle spielt, müßten sich folgende Minister kümmern: der Finanzminister — ein Bayer —, der Wirtschaftsminister — ein Bayer —, der Ernährungsminister — ein Bayer —, der Verkehrsminister — zufällig außerhalb Bayerns geboren —
und dann der Minister für gesamtdeutsche Fragen; der ist ehemals aus Bayern ausgewandert, der hat sich bloß die Berliner Sprache angewöhnt; deswegen kennt man ihn nicht mehr, aber er gehört auch zu dem Verein. Sein Bruder hat noch einen Grundbesitz in Unterfranken. Wir kennen die Kaiser ganz gut, die verkappten Berliner; in Wirklichkeit sind sie ausgewanderte Bayern.
Aber das nur nebenbei.
— Herr Kollege Loritz, regen Sie sich nicht auf, ich komme sofort zur Sache.
Die Sache ist nämlich so, daß sich diese Minister für Finanzen, Wirtschaft, Ernährung, Verkehr sowie für gesamtdeutsche Fragen endlich einmal zu einem Koordinierungsausschuß zusammenfinden müßten, um das notwendige Hilfsprogramm für die bayerischen Notgebiete auszuarbeiten,
d. h. nicht bloß für die bayerischen Ostgebiete, sondern auch für die übrigen Gebiete an der Grenze. Dabei müßten sie auch mit den Ministern der Länder zusammenarbeiten, denn auch auf diese kommt es an.
Oft gibt es auch in den Landern gemütliche Betrachtungsweisen, und da sollte vielleicht — wir wünschen das ebenfalls — vom Bunde her etwas nachgeholfen werden, wenn es möglich ist.
Die Not, die jetzt im Bayerischen Wald, die in der bayerischen Ostmark entstanden ist, ist außerordentlich groß. Es kommt nämlich hinzu, daß dort die Infiltration aus dem Osten besonders gefährlich ist.
Wir haben heute — Herr Kollege Renner ist nicht da — Kenntnis von den Zuschriften. Wir sind genau orientiert, daß in der Stadt Regensburg, wo man es gar nicht für möglich halten sollte, diese Infiltration eine ganz besondere Rolle spielt.
Eine ganz besonders gefährliche Angelegenheit ist das. Eine Bevölkerung, die sich in Not befindet, deren Lebensexistenz nicht gesichert ist, ist diesen Zuflüsterungen besonders zugänglich.
Leider haben wir auch noch folgenden Zustand. Infolge der Naturverhältnisse haben wir dort unglücklicherweise eine ärmliche Landwirtschaft. Deswegen ist es notwendig, einmal ein Gesamtprogramm zusammen mit der bayerischen Regierung aufzustellen und der Bevölkerung zu zeigen, daß eine wirksame Hilfe geplant ist. Dazu gehört erstens das Arbeitsbeschaffungsprogramm, zweitens ein Programm über die Verbesserung der Straßenverhältnisse. Wer die Straßenverhältnisse in diesem Gebiet kennt, der weiß, daß sie oft geradezu trostlos sind. Hier müssen sowohl von seiten des Bundes als auch des Landes zusätzlich Millionenbeträge eingesetzt werden. Des weiteren muß unbedingt ein Frachtenausgleich stattfinden. Man kann hier nicht bloß mit einer Tarifermäßigung auskommen, sondern einzelne Industriezweige in diesen Gebieten brauchen einen zusätzlichen Frachtenausgleich, um die Unkosten einigermaßen auf dem gleichen Niveau halten zu können. Das ist mir eine sehr ernste deutsche Frage. Ich möchte nicht haben, daß das Rhein-Ruhrgebiet reich wird und die Randgebiete ärmer werden.
Wir wollen eine gleichmäßige Ausstreuung haben. Die Fürsorge auf diesem Gebiet muß gleichmäßig zum Zuge kommen. Das fördert unser gesamtdeutsches Denken; und unsere Vorliebe für die ehemaligen Preußen wird um so größer, je mehr man dort einsieht, daß da unten eine deutsche Frage zu lösen ist.
Es muß also ein Frachtenausgleich geschaffen werden. Die bisherigen Verhältnisse sind direkt trostlos. Wir haben dort hervorragende Exportindustrien. Ich erinnere an die Porzellanindustrie, an die Textilindustrie, an unsere Industrie der Steine und Erden. Diese Gesichtspunkte müssen in die Waagschale geworfen werden. Ich verhehle Ihnen nicht, daß es in München Beamte gibt, die nicht einmal wissen, daß in der bayerischen Ostmark ein großes Industriegebiet liegt. Ja, das gibt es auch!
Es ist so, daß die Unvernunft nicht nur im Norden
wohnt, sondern die wohnt im Süden auch sehr stark.
— Herr Kollege Loritz, regen Sie sich nicht auf! Ich bin in diesem Gebiet geboren, und deswegen verstehe ich etwas davon. Ich bin nicht in der ganzen Welt herumzigeunert.
— Herr Kollege Loritz, streiten Sie sich mit mir nicht als Weltreisender! Ich komme überall herum, wo ich hinkommen will. Ich war schon in sehr vielen Ländern. Ich habe die Dinge genau betrachtet.
-- Regen Sie sich doch nicht auf!
— Warum regen Sie sich über mich auf? An Schönheit und Würde kommen Sie an mich doch nicht heran.
Dann kommt als nächster Punkt die Frage der wirtschaftlichen Investierungen. Aus dem Investierungsprogramm der Bundesregierung muß nach meiner Überzeugung ein Teil für die Grenzlandgebiete abgezweigt werden. Es kann nicht alles bloß in die Grundstoffindustrien gehen. Zum Schutze des deutschen Volkes müssen auch die Grenzlandgebiete berücksichtigt werden.
Hinzu kommt die Förderung des Fremdenverkehrs. Auch das ist eine sehr wichtige Angelegenheit. Die ärmlichen Gebiete Deutschlands sind meistens Gebiete, die über gewisse Naturschönheiten verfügen. Diese Naturschönheiten müssen auch erschlossen werden.
So ergibt sich ein großes Gesamtprogramm. — ich habe nur einzelne Gesichtspunkte angedeutet —, das mit allem Ernst angepackt werden muß. Ich hoffe, daß das Kollegium von Ministern bayerischer und nichtbayerischer Herkunft sich endlich zusammenfindet, um eine wirksame Hilfe für die Grenzlandgebiete, insbesondere für unsere bayerische Ostmark herbeizuführen.