Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Daß wir mit dem § 6 das Kernstück der Vorlage behandeln, ist bei der zweiten Lesung klar geworden und auch zum Ausdruck gekommen. In der zweiten Lesung ist ein CDU-Antrag angenommen worden. Dieser Antrag war als ein Antrag gedacht, der eine mittlere Linie ziehen sollte. Der Antrag ist von unserer Fraktion und wohl auch von der Linken abgelehnt worden, und zwar von uns einmal und insbesondere deshalb, weil damit einem sogenannten „Wahlorgan" die Verpflichtung auferlegt wird, jemanden zu wählen, der ihm ohne Auswahl vorgeschlagen wird, etwas, was in dem Gesetz und auch beim SPD-Antrag heute wieder vorgesehen ist und was ja auf eine Farce hinausläuft. Wir wollen nicht den Anschein erwecken, daß jemand eine „Wahl" vornehme, wenn die tatsächliche Bestimmung von jemand anderem ausgeht.
Weiter ist in dem Antrag der CDU die in dem Ausschußbericht gestrichene Begriffsbestimmung „Spitzenorganisation" wieder in die Vorlage eingeführt. Wir wollen selbstverständlich die Gewerkschaften als solche ihrer überkommenen, mittlerweile traditionellen alten Rechte nicht entkleiden. Daß sich die einzelnen Gewerkschaften in wesentlichen Fragen der allgemeinen Wirtschaftspolitik vermutlich mit der Spitzenorganisation in Verbindung setzen werden, das mag der inneren Organisation der Gewerkschaften überlassen bleiben; daß wir aber unabhängig von der inneren Organisation dem Gesetzgeber die Verpflichtung auferlegen, die Spitzenorganisation als solche heranzuziehen, halten wir technisch für fehlerhaft. Denn jede Organisation, auch die gewerkschaftliche, hat durch ihre Satzungen zu bestimmen, welche Rechte einzelne Abteilungen oder Gliederungen dieser Gesamtkörperschaft haben.
Aus diesen beiden Gründen namentlich konnten wir, abgesehen von anderen Bedenken, diesem Vorschlag der CDU nicht folgen.
Im übrigen sind wir der Meinung, daß auch der Betriebsrat als solcher, der, wie Herr Dr. Wellhausen mit Recht bei der zweiten Lesung ausgeführt hat, ja für ganz andere Zwecke zusammengesetzt ist, als etwa den Aufsichtsrat zu beschicken, der sich nämlich um betriebliche Dinge zu kümmern hat und der in den einzelnen Abteilungen diejenigen gewählt hat, die sich um das Wohl der Belegschaft bemühen sollen, nicht als die richtige Vertreterorganisation bei einer Wahl in den Aufsichtsrat anerkannt werden kann. Insofern, sind wir der Meinung, traf der Ausschußbericht in seinem § 6 schon das Richtigere. Wir haben daher nunmehr — ein Konglomerat will ich nicht gerade sagen — einen logischen Zusammenbau des Wahlkörpers des Ausschußberichtes mit Gedankengängen des Kompromißantrages der CDU hergestellt, wobei wir allerdings dem Prinzip, das unser Sprecher, Herr Walter, vorgetragen hat, getreu von der Bedingung nicht abgehen wollen und können, daß sich nur Betriebsangehörige und nicht Funktionäre im Aufsichtsrat betätigen sollen. Da mögen die Gewerkschaften ihr gutes Recht haben, sich an der Auswahl der geeigneten Persönlichkeiten zu beteiligen; gewählt werden soll in den einzelnen Betrieben aber nur ein betriebsangehöriger Arbeitnehmer; denn die Mitbestimmung — das ist wiederholt gesagt worden — bezieht sich auf den Arbeiter und nicht seine Organisation. Die Organisation mag den Arbeiter unterrichten und ihn über das Zweckmäßige informieren, und er mag sich bei ihr Rat holen; aber die Verantwortung hat der Betriebsangehörige selbst zu tragen. In diesem Sinne lautet der wiederum sehr lange § 6 nach unserem Vorschlag wie folgt.
Abs. 1 entspricht, wie gesagt, ziemlich wörtlich dem Ausschußantrag:
Die in § 4 Absatz 1 Buchstabe b bezeichneten Mitglieder des Aufsichtsrats werden in gleicher und geheimer Wahl von den durch Zuwahl von Wahlmännern auf das Dreifache ihrer Mitgliederzahl erweiterten Betriebsräten der zu dem Unternehmen gehörenden Betriebe gewählt. Die Wahlmänner sind in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Wahl der Betriebsräte zu wählen.
Das verdient nach unserer Auffassung unter allen Umständen den Vorzug vor einer Regelung, bei der die Generalversammlung, das normale gesetzliche Wahlorgan, zu einem Ja-Automaten erniedrigt wird. Wir bestimmen hiermit, daß die Belegschaft ihre Aufsichtsratsmitglieder bestellt, eine meines Erachtens gesunde Regelung.
Abs. 2 ist in seiner Formulierung im wesentlichen dem Antrag entnommen, der mit der Unterschrift von Herrn Schröder hier eingereicht worden ist. Er lautet:
Unter den in § 4 Absatz 1 Buchstabe b
— das sind die vier Mitglieder der Belegschaft — bezeichneten Mitgliedern müssen sich drei Arbeiter und ein Angestellter befinden, die in einem Betriebe des Unternehmens beschäftigt sind.
Also Betriebsangehörige alle vier!
Diese Mitglieder werden dem Wahlorgan durch die Betriebsräte der Betriebe des Unternehmens nach Beratung mit den in den Betrieben des Unternehmens vertretenen Gewerkschaften vorgeschlagen.
Also das Wahlorgan, d. h. der dreifache Betriebsrat, erhält Vorschläge von dem Betriebsrat, der sich darüber mit den Gewerkschaften des Betriebes zu beraten hat.
Zur Aufstellung dieser Vorschläge bilden die Arbeitermitglieder und die Angestelltenmitglieder der Betriebsräte je einen Wahlkörper.
Herr Präsident, hier steht ein Schreibfehler. Statt „bieten" soll es „bilden" heißen.
Jeder Wahlkörper
— also der Arbeitermitglieder und der Angestelltenmitglieder —
wählt in geheimer Wahl die von ihm vorzuschlagenden Mitglieder. Jeder Wahlvorschlag muß zwei Vorschläge für jedes zu wählende Mitglied enthalten.
Damit hat dann das Wahlorgan selbst die Auswahl bei den einzelnen Posten.
Nun Abs. 3:
Die nach Absatz 2 letzter Satz vorgeschlagenen Person en sind vor Weiterleitung der Vorschläge an das Wahlorgan innerhalb von zwei Wochen nach ihrer Benennung den beteiligten Gewerkschaften mitzuteilen. Diese können binnen zwei Wochen nach Zugang der Mitteilung Einspruch bei den Betriebsräten einlegen, soweit der begründete Verdacht besteht, daß ein Vorgeschlagener nicht die Gewähr bietet, zum Wohl des Unternehmens und der gesamten Volkswirtschaft verantwortlich im Aufsichtsrat mitzuarbeiten. Lehnen die Wahlkörper, die den betreffenden Vorschlag gemacht haben,
— also Angestellten- oder Arbeitermitglieder des Betriebsrats —
den Einspruch mit einfacher Stimmenmehrheit ab, so können die Gewerkschaften, welche den Einspruch eingelegt haben, binnen einer Frist von einer Woche den Bundesminister für Arbeit anrufen.
Wenn nach dem Vorschlag der CDU hier ein Vermittlungsausschuß eingesetzt werden soll, so haben wir dagegen nichts einzuwenden. Uns erscheint das aber etwas reichlich kompliziert. Wir würden den Bundesminister für Arbeit vorziehen. Dies alles ist wiederum im wesentlichen wörtlich dem Antrag Schröder entnommen. der also dem Schluß meiner Verlesung im wesentlichen entspricht.
Abs. 4 soll folgenden Wortlaut haben:
Sobald die Einsprüche erledigt sind oder die
Einspruchsfrist verstrichen ist, erfolgt die Wahl
durch das in Absatz 1 bestimmte Wahlorgan. Diese Bestimmung muß hereingenommen werden. Man weiß so, daß das nun schnell vonstatten gehen, daß das gleich geschehen muß. Der zweite Satz dieses Abs. 4 soll lauten:
Das Wahlorgan kann nur ein gemäß Absatz 2 vorgeschlagenes Mitglied wählen.
Es ist also auf die beiden zur Wahl gestellten Vorgeschlagenen beschränkt.
Schließlich Abs. 5:
Für das in § 4 Absatz 1 Buchstabe b bezeichnete „weitere Mitglied" gelten die vorstehenden Bestimmungen unter Beachtung der Bestimmungen des § 4 Absatz 2.
Dieser Vorschlag ist auch ein Kompromißvorschlag. Er zeichnet sich dadurch aus, daß darin keinerlei Verkennung der wichtigen beratenden Funktion, die die Gewerkschaften im einzelnen Betrieb ausüben sollen, enthalten ist, andererseits aber der Gedanke verwirklicht ist, daß sich um das Wohl und Wehe des einzelnen Betriebs seitens der Arbeitnehmer nur diejenigen Einzelpersonen bekümmern sollen, die mit dem Betrieb kraft Anstellung verwachsen sind. Soweit es sich um das fünfte Mitglied handelt, muß dieses den Anforderungen des Abs. 2 von § 4 entsprechen und neutral sein.
Das sind also unsere Vorschläge. Wir möchten glauben, daß sie, wenn sie richtig durchgearbeitet werden, nicht ohne jede Chance sind, angenommen zu werden; sie bemühen sich, alles das, was hier über den § 6 gesprochen ist, auf eine gewisse mittlere Linie zu bringen: Mitbestimmung durch Betriebsangehörige.