Rede von: Unbekanntinfo_outline
Herr Präsident, ich habe das Wort ,,Haspe" nicht in den Mund genommen. — 1938/39 betrug der Durchschnitt 0,9%, und 1947 betrug der Durchschnitt allein an maschinellen Störungen 5,55%. Der Ausfall durch diese Störungen war ungemein groß. Das kommt in den Zahlen, die ich jetzt renne, zum Ausdruck. Bei 25 Schichten pro Monat fielen 41/2 Schichten oder 17,5% der Schichten allein durch Störungen aus. So war der Zustand, den sie uns hinterlassen haben. Dieser Zustand wurde durch die Arbeiterschaft selber beseitigt. Trotzdem wurden aus den Knochen der Arbeiter in den Nachkriegsjahren noch die ungeheuren Summen 'herausgeschunden, die für Investierungen verwandt worden sind.
Ich sage Ihnen, daß die Rohstahlerzeugunglesen Sie die Berichte nach! — pro Kopf und pro Monat im Mai 1948 och 4,7 Tonnen betrug, während sie im November 1950 9,7 Tonnen betrug. Glauben Sie, meine Herren, diese Steigerung wäre auf Ihre Tätigkeit zurückzuführen?
Ich weiß, damals waren Sie gewillt, den Arbeitern, den Betriebsräten jegliches Recht zuzugestehen. Die Betriebsräte hatten im Betrieb und außerhalb meist mehr zu sagen als die Unternehmer selber; die haben sich damals in die Mauselöcher verkrochen.
Aber die Frage des Mitbestimmungsrechts wäre längst -entschieden, und den Kriegstreibern wäre das Handwerk gelegt, wenn die Gewerkschaftsführer den Bestrebungen der Besatzungsmächte Widerstand geleistet hatten. Sie hätten die Massen der Arbeiter sammeln müssen zum Kampf für die Durchsetzung ihrer Forderung nach einem wirklichen Mitbestimmungsrecht. Das wäre ihre Aufgabe gewesen. Die 5 Millionen Gewerkschaftler aber in den Dienst der Wirtschaft, die nach der amerikanischen Konzeption doch der Rüstung und der Vorbereitung des Krieges dient, einzuschalten, das ist keine heilige Aufgabe, die sich die Gewerkschaftsführung mit Unterstützung des Vorstandes der SPD gestellt hat. Die Arbeiter selbst sollen am Mitbestimmungsrecht nicht beteiligt sein. Das bißchen Mitbestimmungsrecht, das die Arbeiter laut Betriebsrätegesetz von 1920 hatten, nämlich durch demokratische Wahlen einen Arbeiter- und einen Angestelltenvertreter in die Aufsichtsorgane zu entsenden, wird ihnen mit dieser Vorlage noch genommen. Dabei hat man die übrigen Rechte der Arbeiter, die sie sich nach 1945 erkämpft hatten, auch noch abgebaut.
Die Politik der Arbeitsgemeinschaft aber, die jetzt wieder betrieben wird, hat schon einmal ins Chaos geführt, hat 'schon einmal unser ganzes Volk ins Unglück gebracht. Ich will Sie aus Zeitmangel an das nur erinnern, was Ihr Kollege Jak Schiefer über die Geschichte der deutschen Gewerkschaften geschrieben hat. Man übernimmt hier eine Verantwortung für die Sicherung der kapitalistischen Wirtschaft und die Gewährleistung der Rüstung. Diese Verantwortung übernehmen die Führer der Gewerkschaften! Damit sind die Mitglieder nicht einverstanden. Herr Sabel, Sie haben eben von den, wie Sie es nannten, Machenschaften des Herrn
Wönner gesprochen. Sie sehen also, daß die Mitglieder der Gewerkschaften mit dieser Politik nicht einverstanden sind. Sie wollen eine andere Art von Mitbestimmung. Gehen Sie in die Betriebe, tragen Sie das. was ich hier gesagt habe, den Belegschaften vor, und Sie werden jeweils Zustimmung finden! Tragen aber Sie Ihre Konzeption vor, dann werden Sie in den Betrieben entweder eisiges Schweigen ernten oder Widerspruch!
Ich habe, als die Entflechtung eine Rolle spielte, einmal einen Briefwechsel mit Werner Hansen gepflogen. Das ist doch einer der Ihren. Ich will aus diesem Brief nur einiges zitieren:
Sehr hat mich interessiert, was Du über Eure Ansicht gesagt hast, nicht einen Teil des Verwaltungskörpers selbst zu übernehmen. Auch ich habe immer wieder gewisse Bedenken dagegen, in den Vorstand von privaten Gesellschaften hineinzugehen, weil wir damit eine Verantwortung übernehmen. die sich nicht rechtfertigen läßt. Ich habe unter dem Gesichtspunkt der Fraglichkeit der gewerkschaftlichen Übernahme einer so weitgehenden Mitverantwortung auf kapitalistischer Profitbasis arbeitender Unternehmungen das gesagt.
Das sagt Werner Hansen! Das war aber 1946.
Im Jahre 1946 haben sich aber auch führende Männer der Gewerkschaften zusammengesetzt, und eine Reihe dieser führenden Männer sitzen heute hier im Parlament. Sie haben sich in einer Interzonenkonferenz zusammengefunden und haben dort Richtlinien über .das Mitbestimmungsrecht der Betriebsräte ausgearbeitet. Ich frage: Warum sind Sie von diesem Ihrem Standpunkt abgegangen? Sie sind davon abgegangen, obwohl Sie wußten, daß Sie damit nicht die Interessen der Mitglieder oder der innergewerkschaftlichen Demokratie wahrnehmen!
Wir sind der Ansicht, daß die Belegschaften nach demokratischem Muster die Träger des Mitbestimmungsrechts als Männer ihres Vertrauens selber zu bestimmen und selber zu wählen haben. Wir sind der Meinung, daß der Arbeitsdirektor von seiner Belegschaft gewählt werden muß und daß er von seiner Belegschaft auch wieder abberufen werden kann. Das nennen wir demokratisch handeln. Herr Henßler hat eben mit einem leichten Augenzwinkern zu uns, den Kommunisten, hin einige Dinge über Demokratie erzählt. Ich will dem Kollegen Henßler etwas sagen: In einem Betrieb, der mir bekannt ist, hat der Betriebsrat einen Vertreter in den 'Aufsichtsrat gewählt. Das war demokratisch. Er hat diesen Vertreter dem Vorstand seiner Organisation namentlich mitgeteilt. Der Vorstand dieser Organisation hat auf das Schreiben des Betriebsrates nicht einmal geantwortet und hat einen anderen, von der Belegschaft überhaupt nicht in Erwägung gezogenen Menschen in den Aufsichtsrat hineinbeordert. Das nennen Sie Demokratie! Das ist Ihre Demokratie! Das nenne ich die- innergewerkschaftliche Demokratie mit Füßen getreten!- Wer aber als Arbeitnehmer, als Vertreter seiner Belegschaft angesichts der Teuerung und der ungeheuren finanziellen Notlage der Arbeiterschaft Lohnforderungen stellt oder die Frage der Teuerungszulage aufrollt, wird mit Hilfe der Gewerkschaftsführung aus seiner Position entfernt. Glauben Sie, daß diese Politik ein Segen für
die Arbeiterschaft ist? Glauben Sie das ja nicht! Das wird sich einmal bitter, bitter rächen. D a sitzen die Feinde der Demokratie,
d a sitzen die Feinde des Mitbestimmungsrechts! Das kommt in allen ihren Ausführungen zum Ausdruck. Mit denen machen Sie gemeinsame Sache, mit denen setzen Sie sich zusammen, mit denen wollen Sie die Rentabilität privatkapitalistischer Firmen sichern, mit denen gemeinsam wollen Sie die amerikanische Konzeption verwirklichen!
Herr Henßler hat eben erklärt: Wir sind der Meinung: gleiches Recht für beide Teile. Ès hätte nur noch gefehlt, daß er gesagt hätte: Wir haben ja dann nicht nur gleiches Recht, sondern wir tragen auch die gleiche Verantwortung und wir haben das gleiche Ziel. Das hätte er noch sagen müssen; das hätte der Wahrheit entsprochen. Der Kampf um das Leben unseres Volkes, unserer arbeitenden Menschen draußen erfordert, daß die Belegschaften den Kampf gegen die Rüstung und gegen die Kriegstreiber führen.
— Jawohl, ich kenne meine Leute hier, wenn Sie auch mit dem Kopfe nicken. — Der Kampf um das Leben unseres Volkes erfordert, daß der Charakter der Kampforganisation der Gewerkschaften nicht von gewissenlosen Gewerkschaftsführern verändert wird. Der Kampf um das Leben der arbeitenden Menschen erfordert, daß sie ihre Organisation, die Organisation, die sie sich geschaffen haben, für ihre Interessen einsetzen. Das ist notwendig. Diskussionen um Belegschafts- oder Gewerkschaftseinfluß sind sehr schnell aus der Welt geschafft, wenn sich die Führer der Gewerkschaften als Vertreter der Interessen der Arbeitnehmer, als die Vertreter der Interessen der gewerkschaftlich Organisierten — auch in der Frage des Mitbestimmungsrechts — betrachten. Tun sie das, dann ist die Frage, ob Gewerkschaften .oder Belegschaften, nicht von Bedeutung.