Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf hat
die Vereinbarung der Sozialpartner im Bergbau und In der Hüttenindustrie zur Grundlage. Diese Vereinbarung war in erster Linie ein Werk Hans Böcklers. Es war sein letztes Werk, dem er seine letzten Kräfte widmete. An seiner Bahre sprach der Herr Bundeskanzler in Würdigung dieser großen Persönlichkeit aus:
In seinem Schaffen ist in besonderem Maße wirksam geworden und zutage getreten das ethische Verantwortungsgefühl, das in ihm lebte und der Quell seiner Kraft war.
Und weiter sagte er:
Als Bundeskanzler möchte ich in dieser Stunde dem deutschen Volke sagen, daß der Heimgegangene sich immer hat leiten lassen von dem Gefühl der tiefen Verantwortung gegenüber dem gesamten deutschen Volk.
Ich bringe diese Erinnerung nicht nur deshalb, well ich es für eine Ehrenpflicht halte, Hans Böcklers bei der abschließenden Beratung dieses Gesetzentwurfs zu gedenken, sondern auch, und noch mehr, weil ich darin eine klare Antwort auf die Frage sehe: welche Motive bewegten ihn und die Gewerkschaften bei dem Kampf um das Mitbestimmungsrecht?
Er erstrebte eine Plattform für eine verbreiterte und vertiefte Zusammenarbeit der Sozialpartner, und er war sich dabei klar — und jeder muß sich darüber klar sein —, daß das nicht geht ohne Wandel in rechtlicher Beziehung, um Rechte und Pflichten sinnvoll aufeinander abstellen zu können.
Die Gewerkschaften sind sich bewußt, daß mit dem größeren Recht auch eine größere Verantwortung verbünden ist. Mit der Bekundung des Willens, unmittelbare Verantwortung für das betriebliche und wirtschaftliche Geschehen zu tragen, haben sich die Gewerkschaften selbst über die Rolle eines nur einseitigen Interessenvertreters hinausgehoben.
Ich meine: dafür verdienen sie Anerkennung und nicht Lästerung.
Bei der bisherigen Erörterung der Gesetzesvorlage war von dieser Anerkennung auf seiten der Regierungskoalition und bei den ihr nahestehenden Gruppen meist nur wenig, dann und wann überhaupt nichts mehr zu spüren.
Um so offensichtlicher war es bei den Gegnern dieser Vorlage, daß man zum Alten zurück will. Man will am Alten festhalten, und deshalb schimpft und stöhnt man — Motto: „Haltet den Dieb!" — über den gewerkschaftlichen Machtkampf und über gewerkschaftliches Diktaturstreben.
Man versichert zwar, daß man aufrichtig und ehrlich zur Gemeinschaftsarbeit bereit sei, gleichzeitig aber macht man in Entrüstung über das gewerkschaftliche Fordern nach Gleichheit in Recht und Pflicht.
Meine Damen und Herren! Ein so kommentiertes Bekenntnis zur Gemeinschaftsarbeit ruft in mir die gleichen Empfindungen hervor, wie sie mich erfüllen, wenn die Kommunisten demokratische Beteuerungen ablegen.
— Das ist nicht unerhört, sondern damit habe ich nur eine Wahrheit ausgesprochen. Die ganzen Verhandlungen hier in der ersten Lesung und im Ausschuß sind Beweis dafür, daß Sie diese Zusammenarbeit auf der Basis der Gleichberechtigung zum großen Teil gar nicht wollen.
Meine Damen und Herren, man braucht als Beispiel nur an den Streit um den elften Mann zu erinnern.
Die gewerkschaftliche Stellungnahme bei den Verhandlungen und bei der Vereinbarung ging davon aus: die Sozialpartner müssen den elften Mann wählen; sie müssen sich darüber verständigen. Wir wollten, daß sie in eine Verpflichtung zu dieser Verständigung genommen werden. Die Gegner aber haben von vornherein auf Auswege gesonnen, wie man diesen elften Mann zu einem eindeutigen Parteimann machen könne.
Sie waren gegen diese Parität, Sie haben haben dabei ganz klares Machtverlangen gezeigt.
Bei gewissen Reden in der ersten Lesung und ebenso bei gewissen Aussprachen im Ausschuß fragte ich mich manchmal: ja, ist denn das Problem nicht, wie man den Faktor Arbeit in ein gerechtes Verhältnis zum Faktor Kapital bringt? Oder ist das Problem, wie man den Arbeiter vor den „betriebsfremden Elementen", repräsentiert durch die Gewerkschaften, schützen muß?
Meine Damen und Herren, ich will gern glauben, daß es Ihnen — den Gegnern — ehrlich darum zu tun ist, die Belegschaften gegen die Gewerkschaften ausspielen zu können.
Aber das nehme ich Ihnen nicht ab — und das nimmt Ihnen insbesondere die Ruhrarbeiterschaft nicht ab —, daß Sie etwa um des Rechtes. und der Achtung der Arbeiter willen diesen Gegensatz zu schaffen suchen.
Dieses Sorgenspiel ist — das ist mein Empfinden — nur Mittel zum Zweck, weil Sie in der gewerkschaftlichen Mitwirkung eine tiefergreifende und wirksamere Beeinträchtigung Ihrer bisherigen Rechte sehen.
Ich muß sagen: damit sind bei mir und zweifellos bei Zehntausenden und aber Zehntausenden Arbeitern im Ruhrgebiet bittere Erinnerungen aufgefrischt worden. In der Schwerindustrie des Ruhrgebiets hat man einst diesen „Schutz vor den Gewerkschaften" ganz groß betrieben. Zeugen, die jene Zeit erlebten und zum Teil selbst Objekt dieser Schutzmaßnahmen waren, sind heute noch in großer Zahl vorhanden.
Der Anschauungsunterricht, der damals gegeben wurde, war so rücksichtslos und so hartherzig, daß er in frischer Erinnerung geblieben ist. Des gewerkschaftlichen Schutzes entblößt, wurden die Arbeiter zu rechtlosen Objekten degradiert. Kompromißlos wurde der Herr-im-Hause-Standpunkt so lange vertreten, bis die politische Machtveränderung das Unternehmertum zwang, die Gewerk-
schaften als die Vertretung der Arbeiter anerkennen zu müssen. Ich habe ein Recht, daran zu erinnern, weil zu keiner Zeit dieses Unternehmerturn freiwillig etwas zugestanden hat.
Eine andere Feststellung, meine Damen und Herren! Der gegenwärtige Streit um das Mitbestimmungsrecht dürfte eigentlich gar nicht sein, wenn nicht so viele recht schnell vergessen hätten, was sie noch vor wenigen Jahren feierlich bekundet haben.
Er dürfte nicht sein, denn alle haben 1945 angesichts des Tatbestandes des zerschlagenen und zertrümmerten Heimatlandes mehr oder weniger als notwendig anerkannt: Die alte Ordnung ist zerschlagen; es gibt kein Zurück zu ihr. Wir stehen vor dem Zwang, eine neue Ordnung zu finden, die viel mehr, als es je der Fall war, die Menschen zu gemeinsamer Aufgabenlösung zusammenführt.
Damals erkannten auch alle mehr oder weniger, diese Neuordnung habe zur Voraussetzung, daß auch ein solcher Wandel in den Formen des Zusammenlebens, in der gesetzlichen Struktur erfolgen müsse, damit Gemeinschaft werden und bestehen könne. Deshalb unser Ja zum Prinzip des gewerkschaftlichen Verlangens: gleich im Recht und in der Verpflichtung! Nicht mehr, aber auch nicht weniger!
Noch von einem anderen Gesichtspunkt aus muß ich die Diskussion „Belegschaft oder Gewerkschaft" als einen verkrampften Streit mit hintergründigen Motiven bezeichnen. Ich stelle zunächst fest: diese Gesetzesvorlage ist nicht Ersatz oder Einschränkung der bestehenden Betriebsräteregelung für die Mitbestimmung, sondern sie ist als eine Erweiterung über den Rahmen des rein Innerbetrieblichen hinaus in die Sphäre der Gesamtwirtschaft gedacht. Bei einer solchen Betrachtung ergibt sich geradezu logisch, daß in diesem Falle die überbetriebliche Zusammenfassung der Arbeiter, die Gewerkschaften, eingeschaltet werden müssen.
Gestatten Sie mir, ein kurzes Erlebnis aus den Verhandlungen im Arbeitskreis wiederzugeben. Ich forderte damals, als der Streit: sollen die Gewerkschaften oder sollen die Belegschaftsmitglieder die Aufsichtsräte bestimmen?, begann, man möge doch von dem Sinn der Vereinbarung ausgehen, der zu einer Neuordnung der Wirtschaftsverfassung strebe. Es gehe doch wahrhaftig um mehr als nur um die Änderung etlicher Betriebsverfassungen; deshalb müsse die überbetriebliche Vertretung der Arbeitnehmer bestimmend hinzugezogen werden. Ich begegnete mit diesem Vorschlag allgemeinem Nichtverstehen, vielleicht auch, richtiger gesagt, Nichtverstehenwollen. Zwischendurch aber — und das ist das Interessante — gab es einen lichten Augenblick im Dunkel des Unbegreifens. Es wurde darüber diskutiert, daß man, wenn man den Senat oder den Vermittlungsausschuß schafft, ihm wahrscheinlich einen Vorsitzenden geben müsse, damit echte Abstimmungen möglich seien. Es erhob sich die Frage, wer nun diesen Vorsitzenden bestimme. Da wurde erklärt: ja, das muß selbstverständlich die Bundesregierung tun.
Denn, meine Herren, begreifen Sie doch, so wurde da gesagt: Die Bundesregierung muß es tun, -weil es sich doch um eine eminent wirtschaftspolitische Sache handelt. Nachdem man diesen Wunsch durchgesetzt hatte, fiel man wieder in das Dunkel des Nichtbegreifenwollens zurück.
Ein anderes Erlebnis aus der zweiten Lesung. Es war Herr Kollege Dr. Schröder, der erklärte, mit diesem Gesetz beginne ein neuer Abschnitt unseres wirtschaftlichen und sozialen Lebens.
Ist es so — und ich wünschte, daß das Gesetz Auswirkungen auf die Wirschaft insgesamt hätte —,
dann entspricht es doch klarer logischer Überlegung, daß die überbetriebliche Zusammenfassung der Arbeitnehmer — das sind die Gewerkschaften — der natürliche Partner neben den Männern aus dem Betrieb ist.
Ich darf daran erinnern, daß bei Einbringung des Gesetzes vom Herrn Bundeskanzler selbst anerkannt worden ist, daß die Gewerkschaften sich seit 1945 um die Wiederingangsetzung der Wirtschaft hochverdient machten. Ich darf noch an ein anderes Wort erinnern, das er anläßlich des Gedenkens für Hans Böckler ausgesprochen hat: „Die Wege, die das Leben ihn und mich geführt hat, die Aufgaben, die ihm und mir in den letzten Jahren gestellt waren, haben uns immer wieder zusammengeführt." Darin liegt die Anerkenntnis, daß mit den Gewerkschaften, und sogar der Spitzenorganisation, diese Verhandlungen geführt werden müssen. Deshalb, meine Damen und Herren, stelle ich die Frage: Empfinden Sie es nicht auch geradezu als lächerlich, und nicht nur das, sondern auch als ungerecht und beschämend, die Gewerkschaften als betriebsfremdes Element zu diffamieren
und ihnen mit dieser Begründung Einflußnahme auf das wirtschaftliche Geschehen zu bestreiten, wenn es darum geht, ihnen das Recht zukommen zu lassen, für das sie seit 1945 wahrlich schon gewaltige Vorleistungen gaben?
Nun zu dem Einwand, daß durch dieses Gesetz geheiligte Eigentumsrechte verletzt werden. Ich muß sagen, ich finde, daß jemand von allen guten Geistern verlassen ist, wenn er ausgerechnet bei der Grundstoffindustrie mit der Verteidigung des Privateigentums beginnen will.
Ich will die Erörterung dieser Frage mit der Frage verbinden, die Herr Kollege Dr. Becker in der ersten Lesung gestellt hat, ob man dieser Vorlage das Sozialisierungsverlangen erledigt sei. Ich habe damals den Eindruck gehabt, Herr Kollege Dr. Becker war der Meinung, er stelle uns eine sehr peinliche Frage. Er irrt. Seine diesbezüglichen Bemerkungen waren mir nur ein Beweis dafür, daß man unter Umständen sehr leidenschaftlich über eine Sache reden kann, ohne etwas von ihr zu verstehen oder verstehen zu wollen.
Ich erinnere Herrn Dr. Becker und seine Fraktion daran, daß sie einer Regierungserklärung zugestimmt haben, in der eine Neuordnung der Besitzverhältnisse, — meine Herren, der Besitzver-
hältnisse! — in den Grundstoffindustrien als notwendig in Aussicht gestellt wurde.
Dieses Versprechen wurde unter Hinweis darauf gegeben, daß die soziale und gesellschaftspolitische Anerkennung der Arbeitnehmer Beachtung finden müsse.
Meine Damen und Herren,. diese Vorlage bringt nur eine Teillösung dessen, was wir durch die Sozialisierung erstreben. Gerade die Neuordnung der Besitzverhältnisse ist notwendig; das zeigt die bisherige Debatte.
Nebenbei erscheint sie mir auch als notwendig, wenn ich daran denke, in welchen Formen wir einen Schumanplan akzeptieren sollen.
Aber das Wesentlichste, meine Damen und Herren: Über diese Frage dürfte es eigentlich heute
gar keinen Streit geben, zum mindesten im Prinzip müßte man übereinstimmen, wenn das noch
gilt, was gestern und vorgestern erklärt wurde. Unter Kapitalismus verstehen wir eine Wirtschaftsform, in der der Profit das allein Ausschlaggebende war. Diese Wirtschaftsform ist vorbei. Sie will keiner von uns jemals wiedersehen. Das haben wir laut und deutlich ausgesprochen.
Das ist abgeschrieben aus einer Rede des Herrn Bundeskanzlers Adenauer
im Landtag vom 6. März 1947.
Meine Damen und Herren von der FDP, ich erinnere bei dieser Gelegenheit daran, daß sich auch Ihr erster Mann in jenen Jahren ebenso „schuldig" gemacht hat. Es war Herr Blücher, der damalige Finanzminister und jetzige Vizekanzler. Ich habe es schon einmal zitiert; ich will es wiederholen. Manches muß man nicht bloß zwei- und dreimal, sondern noch öfter sagen:
Was die Kohle betrifft, so wissen wir gut: es kann nicht sein, daß dieser ausgesprochene Mangelrohstoff, dieses wertvolle Erzeugnis deutschen Bodens etwa so behandelt würde wie eine andere Produktion.
In dieser Rede hat Herr Blücher versichert, daß auch die Demokraten nicht reprivatisieren wollen, wo es sich um anonymes Kapital handelt. Er hat diese Versicherung noch durch die Erklärung unterstrichen: „Sie werden uns nicht auf kapitalistischen Schleichpfaden finden."
Meine Damen und Herren, gilt nicht für den weitaus größten Teil des Aktienbesitzes in der Grundstoffindustrie die Kennzeichnung „anonymes Kapital"?
Wollen Sie mir sagen, wo bei den zigtausenden Aktionären Betriebsverbundenheit ist?
Ich glaube, es gibt da viele Tausende, die nicht einmal wissen, wo das Werk liegt, von dem sie die Aktien haben.
Wollen Sie mir sagen, wo hier die von Ihnen so
oft vertretene These „Eigentum verpflichtet" verwirklicht wurde?
Für diese Aktionäre hatte die Aktie nur Bedeutung
als Wert und als Rendite.
— Ja, sie haben sie ja nicht heute gekauft, und das Heute ist nicht maßgebend für das Morgen und Übermorgen.
Aber, Herr Kollege von Brentano, noch etwas anderes. Sehen Sie, diese Aktionäre waren doch nur die Staffage für die Großfinanz.
Dieser Aktienbesitz gab der Großfinanz die Macht. Im Prinzip hat sich doch wahrhaftig nichts daran geändert dadurch, daß sich jetzt Herr Schmidt als _Vertretung für diese Aktionäre geltend macht. Herr Schmidt ist uns kein Unbekannter; und so, wie wir ihn kennen, müssen wir ihn politisch als engen Verwandten der Großen an der Ruhr betrachten. Außerdem ist mein Eindruck der, daß sich das Interesse der Aktionäre auch heute nur auf die Aktienbewertung bezieht. Man kann von ihnen bestimmt nicht sagen, was der Bericht der Vereinigten Stahlwerke von den in diesen Werken Beschäftigten sagte:
Der Wiederaufbau und der Wiederanlauf wurde nicht zuletzt ermöglicht durch den tatkräftigen Einsatz und die verständnisvolle Mitarbeit der Angestellten und Arbeiter unserer Werke, die unter -den ungewöhnlich erschwerten Arbeitsverhältnissen und Lebensbedingungen pflichtbewußt und opferbereit ihre Arbeit versahen.
Meine Damen und Herren, ich gebe gern zu, daneben gab es, wenn man es im großen unterscheidet, eine Aktionärgruppe, die mit dieser Industrie auch verbunden war. Ich will gar nicht bestreiten, daß sich unter diesen Aktionären Persönlichkeiten befinden, die sich im Rahmen des kapitalistischen Wirtschaftssystems Verdienste um die Entwicklung der Ruhrindustrie erworben haben. Aber, nehmt alles nur in allem: Dieser Typ des Unternehmers war der prononcierteste Vertreter des kapitalistischen Prinzips, der im Arbeiter nicht den Menschen sah — ganz zu schweigen den Mitarbeiter —, sondern nur das Arbeitsobjekt. Solange die Vertreter dieses Typs handeln konnten, wie sie wollten, waren sie erhaben über den Gedanken, auch einmal mit dem Arbeiter zu verhandeln. Trotz Koalitionsrecht gingen sie so weit, daß sie unter Umständen schon die gewerkschaftliche Zugehörigkeit als Entlassungsgrund betrachtet haben.
— Nein, dafür gibt es heute noch genügend Zeugen; und, Herr Kollege Dr. Wellhausen, ich wiederhole noch einmal,
diese Persönlichkeiten haben an diesen Vorrechten so lange festgehalten, bis sie durch politische Tatsachen gezwungen wurden, sie teilweise aufzugeben.
Ich wäre nicht darauf eingegangen, aber Ihr Zwischenruf veranlaßt mich dazu. Während des erstes
Weltkrieges gab es eine Periode, in der die Frage aufgeworfen wurde, ob man angesichts der Leistungen des Volkes nicht das preußische Dreiklassenwahlrecht aufgeben sollte. Neben den Junkern waren es die Nationalliberalen dieses Gebiets, die Nein dazu gesagt haben.
Sie behaupteten, wenn man diesen Menschen gleiches Recht gäbe, hätte es eine Beeinträchtigung der Stimmung zur Folge.
Und wie war es nach 1918? Gewiß, sie haben mit den Gewerkschaften verhandelt; sie waren auch zum Teil bereit, Arbeitsgemeinschaft zu machen. Ich erinnere aber an das große Zechenlegen in den zwanziger Jahren, ich erinnere an die große Rationalisierungsbewegung in der Hüttenindustrie. Da mußten wir feststellen, daß es nur die Quoten und die Beteiligungsprozente waren, die als schwergewichtig anerkannt wurden. Um das Los der Tausende, die Opfer dieser Quotenpolitik wurden, kümmerte man sich wenig. Und wenn man anerkennt, daß diese Männer an der Ruhr doch wahrlich keine Dummköpfe waren, dann fragt man sich, wieso es kam, daß sie Hitler ins Garn gingen.
Man kommt dann nur zu der Erklärung: sie sahen in Hitler die Möglichkeit, die lästigen Gewerkschaften loszuwerden.
Wenn man heute die Leistung dieser Männer so
rühmt und so stark herausstellt, daß man sie
braucht, dann soll man nicht vergessen, daß die
Trümmerhaufen von heute auch zum Teil der Effekt dieser privatkapitalistischen Initiative waren.
Aber, meine Damen und Herren, auch darüber dürfte man heute eigentlich nicht mehr streiten müssen.
Die privatkapitalistische deutsche Monopolwirtschaft ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Ein unerhörter wirtschaftlicher und sozialer Zusammenbruch war die Folge der betriebenen Machtpolitik.
So wiederum Herr Dr. Adenauer. Damit er nicht allein bleibt, ein zweites Zitat:
Wir denken auch nicht daran, die Sünden, die das Monopolkapital und eine übermäßige Unternehmerprofitgier gerade auf diesem Gebiet begangen haben, zu vergessen.
Das war Herr Blücher.
Gesagt in einer Rede am 23. Januar 1947 im Landtag.
— Lang ist's her? Das zeigt nur, daß Sie auf einem Gebiet auf alle Fälle eine geniale Begabung haben: sich politisch zu wandeln und zu vergessen, was man einst feierlich erklärte.
Meine Damen und Herren! Ich will mich mit dieser reinen Tatsachenfeststellung begnügen und auf eine weitere Illustrierung durch einzelne Tatsachen verzichten. Aber klar herausstellen möchte ich — darum habe ich es angeführt —, daß aus diesen Tatsachen durch Schaffung neuer politischer Tatsachen Schlußfolgerungen gezogen werden müssen. Es wäre verhängnisvoll, hier feststellen zu müssen: alles vergessen und nichts hinzugelernt.
Lassen Sie mich zum Schluß in diesem Zusammenhange zu der Warnung angeblicher oder tatsächlicher amerikanischer Finanzleute vor der Einführung des Mitbestimmungsrechtes — weil uns deswegen nämlich Kredite verweigert werden könnten — noch einige Bemerkungen machen. Vorweg dazu eine Frage an die deutsche Adresse: Müßte nicht, unbekümmert um die Stellungnahme zum Mitbestimmungsrecht, die Zurückweisung solcher Einmischung ein selbstverständliches Gebot nationaler Würde sein?
Außerdem, nicht übertreiben! Es handelt sich hier nicht um die Amerikaner,
es handelt sich um eine gewisse Gruppe, und da bin
ich mir noch nicht klar, ob hier wirklich die Sorge
um Sicherheit eventueller Kredite besteht, oder ob
nicht die Überlegung im Vordergrunde steht: wie
kann ich mit Geld in Deutschland Politik machen?
Dabei eine weitere Frage: Inwieweit sind diese amerikanischen Proteste von deutschen Gruppen gewünscht
oder gar bestellt worden?
Ich darf daran erinnern, daß das Organ der Industriegewerkschaft Metall am 2. August einen Bericht über eine Rede des Herrn von Rechenberg bei einem Empfang in Düsseldorf brachte:
„Wenn es gelingt, sozialistische Ideen in Deutschland zum Tragen zu bringen, dann kann man die
Hoffnung auf ein zukünftiges Europa begraben."
Sie können sich ja nachher melden. Sagen Sie mir, ob Sie ähnliche Worte gesprochen haben oder nicht,
sagen Sie mir, ob McCloy darauf erwidert hat, daß es sich hier um eine Angelegenheit handelt, die zwischen den Arbeitnehmern und Arbeitgebern in Deutschland erledigt werden müsse?
Aber noch ein anderes Beispiel. Die amerikanische Zeitschrift „Modern Industry" brachte einen Bericht über die Befragung des Bundestagsabgeordneten Herrn Dr. Hans Müblenfeld. Diese Zeitschrift berichtet über diese Befragung: ,.Er, Herr Dr. Mühlenfeld, war im Hinblick auf die Möglichkeit. das Gesetz aufzuhalten oder auch nur zu verschieben. sehr pessimistisch, es sei denn, die alliierte Militärregierung setze dieser Gesetzgebung ein Halt,
und zwar mit der Begründung, daß diese Gesetzgebung demokratische Prinzipien vergewaltige."