Meine Damen und Herren! Wir haben uns in diesem Hause schon häufig mit der wirtschaftlichen Notlage und mit wirtschaftlichen Forderungen einer ganzen Reihe von Berufs- oder Wirtschaftskreisen beschäftigt. Wir hatten auch einmal Gelegenheit, uns mit der Presse zu beschäftigen, und ich glaube, daß es kein Ruhmestag war, der in die Geschichte des Hauses eingegangen ist. Es betraf damals aber nur die journalistische Seite. Heute möchte ich mir erlauben, einiges über die wirtschaftliche Situation der Zeitungsverlage zu sagen.
Wir befinden uns mit den deutschen Zeitungen in einem Engpaß, der überwunden werden muß, oder wir müssen auf eine politische Presse verzichten. Die Preisentwicklung hat der Herr Kollege von der SPD eben schon geschildert. Sie hat alle Voraussagen überrannt. Die Preise der Rohstoffe für die Papiermühlen sind heute um 300 % höher als im vorigen Jahre. Die Zeitungsdruckpreise selber sind unaufhörlich gestiegen, auf dem Weltmarkt mehr als auf dem Inlandsmarkt. Die Zeitungen haben versucht, sich da herauszuwinden; aber es ist nicht möglich. Sie mußten in diesen Wochen dazu übergehen — wenigstens der allergrößte Teil —, Preiserhöhungen vorzunehmen. Das hat eine sehr unangenehme Seite. Es ist festgestellt worden, daß in großen Gebieten auch des Industriereviers, in denen Preiserhöhungen vorgenommen wurden, die Abbestellungen nahezu das Mehr, das durch die Preiserhöhungen gewonnen wurde, paralysierten, so daß für die Verlage nichts dabei herauskam. Der große politische Nachteil aber ist der, daß immer weniger Leute Zeitungen lesen.
Sehen Sie sich einmal die Entwicklung der Zeitungen in den letzten Jahren an. Wir hatten 1948 ungefähr 90 bis 100 Zeitungen. Es handelte sich da in der Hauptsache um die sogenannte lizenzierte Presse. 1949 waren bereits 450 da, und 1950 haben wir rund 1000 Zeitungen. Es ist ganz natürlich, daß diese Entwicklung ein Mehr an Papier erforderte, wenn auch die Umschichtung der Abonnenten dazu beigetragen hat, daß der Verlust bei der lizenzierten Presse zugunsten der dann neu- oder wiedererstehenden sogenannten Heimatpresse sehr groß war.
Die Zeitungen werden, wenn sich die Papierlage nicht entscheidend bessert, in den nächsten Wochen zu Einschränkungen ihres Umfangs übergehen müssen. Das bedeutet für die Verlage wirtschaftlich wiederum Einbußen, weil ja mit der Verkürzung des Textteils auch eine solche des Anzeigenteils erfolgen muß. Damit kommen dann sehr viele Zeitungen, insbesondere die ausgesprochen politischen Zeitungen, die ja in den wenigsten Fällen über einen eigenen Apparat verfügen, mit ihrer Kostendeckungsgrenze nicht mehr aus. Das bedeutet eine politische Verkümmerung, und wir werden erleben, daß dann noch weniger als bisher über die Tätigkeit etwa des Bundestages berichtet werden kann. Ich will auf diese Entwicklung nicht im einzelnen eingehen. Ich möchte nur feststellen, daß ein Teil dieser Schuld, wenn man von Schuld sprechen kann, in der heute unerklärlichen Pressepolitik der Besatzungsmächte gelegen hat.
Bei dieser Gelegenheit noch ein Wort, das zwar nicht im Antrag begründet ist; aber ich glaube, es hängt damit zusammen. Die Verlage haben seit Jahr und Tag vergeblich versucht, ERP-Kredite zu erhalten. Neuerdings ist eine Aktion angelaufen, GARIOA-Mittel bereitzustellen; aber die Wiederaufbaubank verlangt dingliche Sicherheiten. Die Verlage sind in der Regel nicht in der Lage, dingliche Sicherheiten zu stellen, sondern höchstens Maschinensicherheiten. Ich möchte die Aufmerksamkeit der Regierung auf diesen Punkt lenken, und zwar mit der Bitte, daß sie sich da einschalten möge; denn im Interesse der Kostensenkung bei der Herstellung der Zeitungen ist es durchaus notwendig, daß der überalterte Maschinenpark erneuert wird. Wir haben die Möglichkeit, neue Maschinen zu bekommen. Ich erinnere daran, daß wir häufig in den Druckereien Setzmaschinen haben, die im Feuer gewesen sind. Aus drei alten Maschinen wurde eine neue zusammengestellt; aber die Leistung der an sich ja hockbezahlten Maschinensetzer ist an diesen alten Maschinen natürlich sehr gering. Ich möchte also darum bitten, daß diese Seite nicht vergessen wird; denn sonst befürchte ich das Schlimmste für unsere politische Presse. Ich glaube, sie ist nicht nur für uns hier in diesem Hause, sondern für die Gesamtentwicklung sehr wichtig. Es bestehen keine Meinungsverschiedenheiten darüber, daß die Zeitungen heute eine öffentliche Aufgabe zu erfüllen haben. Wir können es uns nicht leisten, daß vielleicht ein großes Zeitungssterben angeht. Es handelt sich darum, daß die notwendigsten wirtschaftlichen Sicherungen getroffen werden.
Ich möchte deshalb bitten, daß Sie unserem Antrage — ohne Ausschußüberweisung — zustimmen. Wir haben gewünscht, daß die Regierung dem Bundestage über die Maßnahmen, die sie ergreifen will, Bericht erstattet.