Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere politische Auffassung zu dem Komplex Berlin ist hier oft genug klar zum Ausdruck gebracht worden. Ich kann mich also in bezug auf diese Haushaltsvorlage mit der einfachen Feststellung begnügen, daß die Aufrechterhaltung der Spaltung Deutschlands, wie sie ihren besonders sichtbaren Ausdruck in Westberlin findet, mit einer halben Milliarde Zuschuß des Bundes zu teuer bezahlt ist.
Ich möchte aber doch die Gelegenheit benutzen, auf Grund der Diskussion, die durch die Frau Kollegin Kalinke heraufbeschworen wurde, auf eines hinzuweisen. Das Versprechen der Angleichung des Rechts von Westberlin an das Bonner alias Adenauer-Recht ist doch erfolgt, um die Zuschüsse, die Sie — damit meine ich die Koalitionsparteien und die Regierung — aus politischen Erwägungen für Berlin hergeben, nach Möglichkeit abzudrosseln.
Wenn die Frau Kollegin Schroeder ganz klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht hat, daß dieses erpreßte Versprechen der Rechtsangleichung in einigen Punkten vom Westberliner Magistrat noch nicht realisiert ist, so ist das sehr gut zu begreifen. Dort sind nämlich die Leistungen auf sozialpolitischem Gebiet heute noch etwas höher als in dem Hungerstaat' Adenauers.
Nachdem hier zwei Frauen zu Worte gekommen sind, will ich auch noch eine Frau zur westdeutschen Lage sprechen lassen, und zwar die Leiterin der Hinterbliebenenabteilung des Reichsbundes. Ich zitiere aus dem Reichsbundsorgan aus dem Bericht über eine Hinterbliebenenkonferenz vom 23., 24. Februar folgendes:
Nachdem noch alle Vor- und Nachteile des neuen Bundesversorgungsgesetzes herausgestellt worden waren, bezeichnete Kameradin Rischar die Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz als völlig unzureichend. Mindestens 40 % aller bisherigen Empfänger von Elternrente können keine Rente mehr oder nur noch eine Teilrente beziehen.
Das ist das Wort auch einer Frau.
Dann noch aus „Wille und Weg", diesem Organ des bestimmt nicht adenauerregierungsfeindlichen VdK, ein einziger Satz:
Was soll man weiter dazu sagen,
— so heißt es hier —
wenn man als Auftakt der Umanerkennung einer 86jährigen Kriegerwitwe, die im letzten Krieg vier Söhne verloren hat, die Rente entzieht, — das in einem Land, in dem man seit vier Jahren nicht imstande war, weil man dazu keine Zeit fand, zirka 200 000 noch ausstehende Rentenerstbescheide zu erteilen ....
Ich glaube, das ist eine eindeutige Antwort auf die Frage, warum der Westberliner Magistrat zögert, das Adenauer-Sozialrecht den armen Kriegsopfern und den armen Sozialberechtigten Berlins aufzuzwingen.
— Das steht eindeutig bei der Behandlung des Etats des Arbeitsministeriums zur Aussprache. Ich kann Ihnen da nicht helfen. Wir werden morgen noch darauf eingehen.
— Wenn Sie wollen, kann ich es auch heute noch tun. Ich bin darauf gerüstet, jederzeit darüber zu sprechen, was das Gesetz den Kriegsopfern gebracht hat.
Ich schließe mit der Feststellung ab, daß wir die Vorlage ablehnen.