Ich wäre sehr froh, Herr Präsident, wenn Sie mir Ruhe verschaffen könnten!
Meine Damen und Herren! Ich weiß nur — und darüber sind ja die amtlichen Dokumente vorhanden —:
Als ich im Jahre 1947 als Minister die undankbare Aufgabe hatte — —
— Herr Zwischenrufer, dafür sind die Dokumente als Beweise gegen Sie da! — Ich habe mich im Jahre 1947 mit aller Kraft dafür eingesetzt, daß nicht etwa, wie es die Militärregierung damals wollte, nahezu jeder Unteroffizier und jeder Offizier als Militarist erklärt wurde. Damals bin ich leider allein auf weiter Flur geblieben in Bayern.
— Ihre Fraktionskollegen hätten mich damals unterstützen sollen, und zwar öffentlich! Sie haben es aber nicht getan, sondern in Ihren Zeitschriften wurde ich damals schwerstens angegriffen, und nicht bloß ich, sondern jeder, der so redete wie ich, wurde schon fast als Neofaschist und als Militaristenfreund hingestellt, wenn er die Wahrheit sagte.
Was die Ehrenerklärung für den deutschen Soldaten betrifft, die der Herr Bundeskanzler gestern in so wohlabgewogenen Worten hier abgegeben hat, so hätte eine solche Erklärung schon bei oder kurz nach dem Zusammentritt des Bundestages unseren Soldaten und Offizieren sehr gut getan.
Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich nun zu dem kommen, was der Herr Bundesfinanzminister eben sagte. In einer humorvollen Travestierung des lateinischen Satzes „in dubio pro reo" meinte er, der reus sei der kleine Steuerzahler
— oder der Steuerzahler —, und man müsse doch auch die Interessen des Steuerzahlers im Auge behalten. Meine Damen und Herren, das tun auch wir. Aber der Herr Bundesfinanzminister möge sich doch eines sagen lassen: Sein Finanzkollege im Lande Bayern, ein Mann, dem man sicher nicht absprechen kann, daß er von Finanzwissenschaft und von Steuersachen etwas versteht, hat erst vor zwei oder drei Wochen öffentlich erklärt — und das ging fast durch die gesamte deutsche Presse —, daß nach rohen Schätzungen allein die großen Firmen und Fabriken Steuerrückstände im Betrage von 500 Millionen DM und noch mehr haben.
— Das hat der Herr Finanzminister Dr. Zorn dort erklärt.
- Meine Damen und Herren, hier im Rheinland sieht es mit den Steuerrückständen großer Importfirmen nicht anders aus!
Und, meine Damen und Herren, er sagte wörtlich, unterstützt von Herrn Finanzminister Schäffer: Wenn diese Summen beigebracht würden, dann wären weiß Gott Beträge da, die sich sehen lassen könnten.
Der Herr Finanzminister nannte uns heute ein paar Zahlen über die Auswirkungen, die die Verbesserungsanträge dieses Hauses auf die Finanzkasse des Bundes haben würden. Er nannte uns einmal die Zahl — wenn ich recht hörte — von 50 Millionen DM. Diese Summen, meine Damen und Herren, sind nicht so hoch, als daß wir sie unseren Soldaten, für die der Herr Bundesfinanzminister doch so schöne Worte gefunden hat, verweigern könnten.
Der Finanzminister sagte wortwörtlich: Der Dank des Vaterlandes muß ihnen sicher sein, das gilt far Soldaten wie Offiziere! — Schön und richtig! Aber dann muß der Dank des Vaterlandes auch 50 Millionen, 100 Millionen und 700 Millionen DM wert sein! Diese Ausgaben kann man namentlich zu einem Zeitpunkt verantworten, in dem erste Finanzautoritäten wie Dr. Zorn und andere zusammen mit dem Bundesfinanzministerium festgestellt haben, welch riesige Steuersummen im Rückstand sind, nicht bei den kleinen Steuerzahlern — die haben prompt bezahlt und haben sowieso nichts mehr —, sondern bei denen, bei denen das Geld heute noch in Hülle und Fülle vorhanden ist!
Herr Bundesfinanzminister, wir bitten Sie dringend und herzlichst: Machen Sie hier Ihren Geldsäckel etwas weiter auf, damit der Dank des Vaterlandes auch hierin den Kriegsopfern zum Ausdruck gebracht wird.
Ich möchte speziell bei dem vorliegenden § 48 Ihnen empfehlen, doch unter allen Umständen diese unglückselige Sperrfrist, diesen Stichtag vom Mai 1935 radikal zu streichen. Er ist wirklich eine Ungerechtigkeit!
Darf ich mich hier auch an Sie wenden, meine Herren von der Linken! Gerade Persönlichkeiten. die wir alle in diesem Hause ohne Parteischattierung als Märtyrer ihrer Überzeugung ansehen und hochachten, haben damals um die Jahre 1935, 1936, 1937 herum erklärt: Leute, junge Leute, die ihr nicht für Hitlers Diktatur seid, geht hinein in die Stellungen, in denen Machtbefugnisse entweder da sind oder sich vielleicht einmal zusammenfassen lassen! Geht hinein auch in die Wehrmacht und sorgt dafür, daß aus der Wehrmacht nicht ganz ein Instrument nur des Diktators wird! Es liegt nicht an diesen Persönlichkeiten,
daß sie sich da nicht so durchsetzen konnten. Allerdings, Hunderte von ihnen kamen vor die Kriegsgerichte, Hunderte von ihnen haben ihre Überzeugung mit dem Tode büßen müssen.
Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen eines sagen: Der Stichtag des § 48 muß verschwinden.
Zweitens — und das haben ja verschiedene Vorredner hier schon betont —: Es wäre eine Ungerechtigkeit und würde auf die ganze Öffentlichkeit den schlechtesten Eindruck machen, Unteroffiziere anders zu behandeln als Offiziere. Da möge mir der Herr Berichterstatter bitte nicht mit dem alten Wehrmachtgesetz oder sonstigen Bestimmungen kommen. Das Parlament ist hier souverän, neue Gesetze zu schaffen, die dem Willen des Volkes entsprechen; und dem Willen des Volkes und — ich freue mich, das aus dem Munde von Offizieren auch gehört zu haben — dem Willen auch der Offiziere entspricht es, daß Unteroffiziere und Offiziere auch nach außen hin gleichgestellt werden.
Das möchte ich zu § 48 noch sagen. Die große Zahl der Redner gerade zu diesem Paragraphen hat
ja dem Hohen Hause wohl gezeigt, daß es sich hier wiederum wie gestern abend bei dem § 15 um eine der Schlüsselpositionen dieses Gesetzes handelt, von deren Annahme, von deren günstiger Annahme und Verbesserung sogar abhängt, was die Öffentlichkeit zu unserem Gesetz und zu diesem Parlament sagen wird.