Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Abschnitt VI betrifft die Rechtsverhältnisse der Berufssoldaten — §§ 48 und 49. Für die Berufssoldaten des Wehrdienstes, auch soweit sie aus dem Dienst der Landespolizei oder aus einem Beamtenverhältnis in die Wehrmacht übergegangen sind, gelten die Bestimmungen für die vertriebenen Beamten, und zwar hinsichtlich der allgemeinen Vorschriften der Versorgung, der Kapitalabfindung und der Bestimmungen für Ruhestandsbeamte und sonstige Versorgungsempfänger. Zur Wehrmacht gehören die Wehrmacht im Sinne des Wehrgesetzes vom 21. Mai 1935, die alte Wehrmacht, die Reichswehr und bei volksdeutschen Umsiedlern die Wehrmacht des Herkunftslandes.
Der Gesetzentwurf legt zwei Stichtage fest: den 8. Mai 1935 als den Tag, vor dem die Berufssoldaten der früheren Wehrmacht in den Wehrdienst berufen sein müssen, und als zweiten Stichtag den 8. Mai 1945, an dem die Berufssoldaten der früheren Wehrmacht noch im Dienst gewesen oder vor dem sie mit lebenslänglicher Dienstzeitversorgung aus dem Dienst entlassen sein müssen. Der erste Stichtag ist lediglich dadurch bedingt, daß auch für die Berufsoffiziere wie für die Beamten der Grundsatz des zehnjährigen Dienstes im öffentlichen Dienstverhältnis gilt. Dadurch, daß mit dem Tage der Kapitulation ein Endpunkt gesetzt ist, fällt der Stichtag auf den 8. Mai 1935. Eine andere Ursache hat dieser Stichtag nicht.
Die Berufsoffiziere mit einer Dienstzeit von 10 und mehr Jahren und die Berufsunteroffiziere mit einer Dienstzeit von 18 und mehr Jahren werden wie Beamte auf Lebenszeit behandelt, die Berufsoffiziere mit einer Dienstzeit von weniger als 10 Jahren und die Berufsunteroffiziere mit einer Dienstzeit von weniger als 18 Jahren wie Beamte auf Widerruf. Hier ist die Angleichung an die alten Rechtsverhältnisse noch gegeben. An der Unterbringung nehmen die Berufsunteroffiziere ,mit einer Dienstzeit von mindestens 12 Jahren teil. Die Unterbringungspflicht gegenüber diesen Berufsunteroffizieren erstreckt sich auch auf die Bundesbahn und die Bundespost. Auf den Pflichtanteil der zur Unterbringung verpflichteten Dienstherren sind aber auch Berufsoffiziere mit einer Dienstzeit von 10 und mehr Jahren und Berufunteroffiziere mit einer Dienstzeit von mindestens 10, aber noch nicht 12 Jahren anzurechnen, wenn sie in ein Dienstverhältnis übernommen worden sind oder übernommen werden.
Bei der Versorgung werden die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge nach den Besoldungsordnungen A und B bemessen. Die Festsetzung des Besoldungsdienstalters in den Besoldungsgruppen der Besoldungsordnung A bestimmt sich nach den für Beamte geltenden Vorschriften.
Hinsichtlich des Stichtages vom 8. Mai 1945 ist noch das folgende hervorzuheben. Der Tag der Kapitulation war der Beginn der tatsächlichen Auflösung der Wehrmacht. Zwischen dem 8. Mai 1945 und der besatzungs- und völkerrechtlichen Auflösung der Wehrmacht und der Außerkraftsetzung der Wehrgesetze lag eine Zeit, in der deutscherseits Hoheitsakte über die Wehrmacht nicht mehr möglich waren und eine Befehlsgewalt über die Wehrmacht nicht mehr ausgeübt werden konnte. Die endgültige völkerrechtliche und besatzungsrechtliche Auflösung der Wehrmacht war nichts anderes als die rechtliche Bestätigung der Verhältnisse, die am 8. Mai 1945 bereits eingetreten waren. Sie war nicht eine innerdeutsche Angelegenheit, sondern eine Angelegenheit der Kriegspolitik der Alliierten, und deshalb mußte sich der Gesetzentwurf auf den Stichtag des 8. Mai 1945 festlegen.
Leider konnten nicht alle Bestimmungen des Fürsorge- und Versorgungsgesetzes vom 26. August 1938 verwirklicht werden. Wir verstehen es durchaus, wenn namentlich die Berufsunteroffiziere sich immer wieder auf das Wehrmachtfürsorge- und -versorgungsgesetz berufen, das ihnen gewissermaßen die Sicherung für ihr ganzes Leben geben sollte und das ihnen als die Grundlage dieser Sicherung hingestellt wurde. Wenn man das Gesetz jedoch vorurteilslos prüft, so muß man sagen, daß es für eine Zeit berechnet war, in der die damalige nationalsozialistische Reichsregierung sich zu ihren großen außenpolitischen Schlägen rüstete. Der Erlaß dieses Gesetzes fällt zwischen den Einmarsch in Österreich und die Besetzung des Sudetenlandes, also in eine Zeit, in der auch bereits die Vorbereitungen für die Besetzung der Tschechoslowakei und für die Lösung der polnischen Frage getroffen waren. Man muß zu der Überzeugung kommen, daß alle Bestimmungen des Wehrmachtfürsorge-
und -versorgungsgesetzes von 1938 bereits damals über die finanziellen Kräfte des Reiches hinausgingen.
Wenn diese Bestimmungen auch auf frühere wehrrechtliche Regelungen zurückgehen, so darf man nicht übersehen, daß die damaligen Regelungen für das 100 000-Mann-Heer galten und berechnet waren, während sie nunmehr für die MillionenArmee des Krieges von fünfeinhalb Jahren in Anspruch genommen werden. Bestimmungen wie der weitgehende Vorbehalt der planmäßigen Beamtenstellen oder über die Abfindung zur Übernahme eines landwirtschaftlichen Betriebes für die Wehrmachtsiedler, namentlich in den Grenzgebieten, sind durch die Katastrophe von 1945 vollständig überholt. Auch haben Hunderttausende als Angehörige der Wehrmacht bis zu 10 Jahren Dienste geleistet und ihre Ausbildung oder ihren Beruf geopfert, ohne dafür Ansprüche auf Entschädigung stellen zu können oder auch nur stellen zu wollen. Deshalb konnte es sich nur darum handeln, in Anlehnung an die Grundsätze über die Unterbringung und Versorgung neue, zur Zeit durchführbare und finanziell vertretbare Bestimmungen zu erlassen. Daher sind auch für die Berufsunteroffiziere mit einer Dienstzeit von mindestens 12 Jahren, die noch nicht in regelmäßigem Verdienst stehen, einmalige oder laufende Beihilfen bis zur Dauer von drei Monaten zur beruflichen Unterbringung oder Selbständigmachung oder Anlernung und zu den Kosten der Übersiedlung vorgeschlagen. Der Ausschuß hat dabei insbesondere an die Verhältnisse gedacht, die sich durch die Auflösung der
Wehrmacht in Schleswig-Holstein und in Niedersachsen ergeben haben, wo zwar die handwerksmäßig gelernten Männer wieder untergekommen sind, aber insbesondere solche, die Kaufleute waren oder die unmittelbar von einer Oberschule aus zur Wehrmacht gegangen sind, nicht unterkommen konnten. Die Entlastung in diesen Verhältnissen ist ein vorwiegendes Ziel dieser Gesetzesbestimmungen, und dafür sind auch die Beihilfen gedacht.
Zu Abschnitt VI a, der noch hierher gehört, ist hervorzuheben, daß die berufsmäßigen Angehörigen des früheren Reichsarbeitsdienstes, die ebenfalls vor dem 8. Mai 1935 erstmals berufsmäßig in den Wehrdienst eingetreten, in ein Beamtenverhältnis oder in den Dienst der früheren Landespolizei berufen worden sind, die als Angehörige des Wehrdienstes, der Landespolizei oder einer Verwaltung in den Reichsarbeitsdienst übergegangen oder übergeführt worden sind, die also eine 10jährige Dienstzeit abgeleistet haben, wie die Angehörigen der Wehrmacht behandelt werden. Dabei werden die mittleren und höheren Reichsarbeitsdienstführer wie die Berufsoffiziere und die unteren Reichsarbeitsdienstführer wie die Berufsunteroffiziere behandelt. Für die Einreihung in die Besoldungsordnung A und B ist eine besondere Anlage C dem Gesetz beigegeben.
Um dieses Thema abzuschließen, darf ich zu den Abschnitten VII und VIII noch folgendes sagen. Die nach Kapitel I zu leistenden Versorgungszahlungen übernimmt der Bund, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Der Bund ist insofern der Dienstherr für diese Gruppen der öffentlichen Bediensteten und Angehörigen der früheren Wehrmacht und des früheren Reichsarbeitsdienstes. In § 53 ist vorgesehen, daß durch den Wechsel des Wohnsitzes eines Anspruchsberechtigten keine Schwierigkeiten in der Weiterzahlung der Bezüge mehr eintreten, so daß also zwischen einheimischen und zugewanderten Beamten oder Wehrmachtangehörigen kein Unterschied mehr gemacht wird. Damit ist die Freizügigkeit der unter den Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen auch nach dieser Richtung hin wiederhergestellt.