Rede von
Paul
Harig
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag entscheidet über Sein oder Nichtsein des ganzen deutschen Volkes. Wir sollten daher diesen Antrag gründlich diskutieren. Der Antrag Drucksache Nr. 2082 zeigt ganz deutlich — deutlicher denn je daß die westdeutsche Wirtschaft zwangsweise in die Rüstung eingeschaltet worden ist. Der ERP-Minister Blücher hat am 21. März 1951 eine Rede gehalten, über die es in den „Bundesnachrichten" heißt:
In der Tat beweisen diese Darlegungen
Blüchers, die vor dem Hintergrund der
direkten und indirekten amerikanischen Intervention und im Zusammenhang mit den nunmehr fertiggestellten ersten Rohstofflenkungsverordnungen gesehen werden müssen, daß
sich in Bonn jetzt die entscheidende Wandlung
des wirtschaftspolitischen Kurses vollzieht. Das hat der ERP-Minister am 21. März 1951 ganz deutlich erklärt. Hier wird offen von dem „Hintergrund der direkten und indirekten amerikanischen Intervention" gesprochen. Das Amt des amerikanischen Hohen Kommissars für Deutschland sagt in einem Pressebericht vom 2. April 1951, daß der Vizepräsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie sich zur Zusammenarbeit mit den westlichen Rüstungshyänen bereit erklärt hat. So arbeitet die Bundesregierung mit den Hohen Kommissaren und den Rüstungsinteressenten des In- und Auslandes zusammen.
Der Antrag Drucksache Nr. 2082 will nun, daß die Ausfuhrverträge den Vorrang haben. Was sind
denn das für Ausfuhrverträge? Wenn Sie die
Zeitung „Frankfurter Allgemeine" von gestern
zur Hand nehmen, lesen Sie dort folgendes:
Die deutschen Lieferungen, die mit einem erhöhten Stahlexport nach den Vereinigten Staaten begonnen haben, sollen jetzt noch durch Textillieferungen verstärkt werden. Wie am Montag in Frankfurt bekannt wird, soll ein Abkommen zwischen der amerikanischen Armee und deutschen Textilfirmen über die Lieferung von Baumwollgarnen, Geweben und Fertigwaren abgeschlossen werden. Bei den Aufträgen handelt es sich nicht mehr um Aufträge privater amerikanischer Firmen, sondern um zentral gesteuerte Bestellungen, für welche die amerikanische Armee verantwortlich zeichnet und für welche die deutsche Industrie Dollarzahlungen erhalten wird.
Hier kommt ganz deutlich zum Ausdruck, wohin es gehen soll und was es mit den Auslandsverträgen auf sich hat, von denen in der Vorlage Nr. 2082 gesprochen wird. Das muß, wenn es richtig verstanden wird, zu einem Sturm der Entrüstung draußen im Volk führen. Die der Friedensindustrie dienende Herdfabrik Krefft in Gevelsberg arbeitet nur 32 Stunden, weil sie kein Material zur Verfügung hat, und die Firma Junkers & Ruh in Karlsruhe 32 Stunden, ebenfalls, weil es an Material fehlt. Wir haben soeben gehört, daß das Volkswagenwerk kurzgearbeitet hat und wahrscheinlich auch in Zukunft mit Kurzarbeit zu rechnen hat, weil kein Material zur Verfügung steht. Aber Auslandsaufträge, die der Rüstung dienen, sollen bevorzugt behandelt werden. Das deutsche Volk wird der Regierung zeigen, daß es nicht gewillt ist, den Weg, den die Regierung geht, mitzugehen. Wir werden alles tun, um das Volk über die Gefahr aufzuklären, in der es sich befindet. Wir werden alles tun, um zu verhindern, daß die Wirtschaft, die, wie heute des öfteren betont wurde, vom deutschen Arbeiter aufgebaut worden ist, jetzt in die Rüstung eingegliedert wird, die der Vernichtung des deutschen Volkes dienen soll. Seien Sie sich darüber im klaren, auch das Problem, das bei dem vorigen Punkt der Tagesordnung behandelt worden ist, wird in diesem Zusammenhang noch sehr eifrig diskutiert werden. Es wird sich zeigen, ob diejenigen aus den Gewerkschaften, die jetzt in wirtschaftliche Positionen einrücken, verhindern, daß das deutsche Volk, daß die deutsche Arbeiterschaft an dem eigenen Untergang tatkräftig mitwirkt.