Rede von
Dr.
Joachim
Schöne
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Wellhausen hat vorhin den Geist beschworen, der der Regierungsvorlage zugrunde lag. Ich möchte doch noch einmal auf die Prinzipien der Regierungsvorlage zu sprechen kommen.
Das Prinzip der Regierungsvorlage bestand zunächst darin, daß die zehn Aufsichtsratsmitglieder aus sich selbst heraus den elften Mann der Hauptversammlung vorschlagen sollten. Die Voraussetzungen für diesen Vorschlag waren jedoch doppelter Art: Einmal sollte dieser elfte Mann besondere Qualifikationen haben, und zwar Qualifikationen, die ihn als völlig Neutralen kennzeichneten.
Zum andern war die Voraussetzung, daß mindestens drei von jeder Seite der fünf diesem Vorschlag ihre Zustimmung geben sollten. Wenn nun
kein Vorschlag aus den zehn herauskam oder wenn
seitens der Hauptversammlung eine Wahl des Vorgeschlagenen nicht erfolgte, dann sollte der Senat
eintreten. Hier ist der Senat ja nur geschildert
worden, wie Herr Schröder sagte, als eine Oberbehörde oder wie auch immer. Aber der Senat
hatte noch eine andere Aufgabe: Er sollte nämlich
die neutrale Stelle bilden! Und diese neutrale
Stelle des Senats sollte dann, wenn die anderen
Vorschläge nicht zum Zuge kamen, seinerseits der
Hauptversammlung Vorschläge machen. Dieses
Prinzip, meine Damen und Herren, glaube ich, muß
man sich noch einmal ganz klar vor Augen halten.
In den Ausschußverhandlungen ergab sich nun, daß die Qualifikationen für diesen elften Mann fielen, und zwar im allgemeinen Einverständnis, aber unter der Voraussetzung des Vorhandenseins eines Senats, nämlich einer neutralen Stelle, und des Vorhandenseins von Vorschlagsverhandlungen des Senats. In den weiteren Verhandlungen des Ausschusses wurde sodann aus der Vorlage die Formulierung herausoperiert: „Zustimmung von mindestens je drei Mitgliedern jeder Seite." Dieses Herausoperieren der Zustimmung der je drei geschah bereits in klarer Zielrichtung auf den nun neu geschaffenen Vermittlungsausschuß.
Der Arbeitskreis, der vor den beiden Ausschüssen tagte, fand dann die Lösung, daß der Vermittlungsausschuß einen Vorschlag entwickeln und diesen dem Aufsichtsrat — oder den übrigen zehn — und nicht der Hauptversammlung geben sollte. In den beiden Ausschüssen für Arbeit und Wirtschaftspolitik kam dann in dieser Frage eine andere Lösung zustande, indem man nämlich sagte: Der Vorschlag des Vermittlungsausschusses soll nicht an den Aufsichtsrat, nicht an die übrigen zehn gehen, sondern soll an die Hauptversammlung gerichtet werden. Diese Vorlage haben wir jetzt hier.
Für meine Freunde ist diese Vorlage des Ausschusses unannehmbar, und zwar aus folgendem Grunde. Die Ausschußfassung verläßt nicht nur die Prinzipien der Regierungsvorlage, die ich kurz
schilderte, sondern sie bedeutet sogar die glatte Umkehrung dieser Prinzipien. Ich darf dazu folgendes sagen. Die Regierungsvorlage stand auf dem Standpunkt, daß diese zehn Leute, die in dem Aufsichtsrat schon vorhanden sind, unter dem Zwang stehen sollen, sich zu verständigen und sich zu einigen, und ging von dem Grundgedanken aus, daß diese zehn Menschen für eine gleiche Aufgabe bestellt worden sind. Die Ausschußvorlage dagegen kehrt diesen Zwang zur Einigung um in einen ganz klaren, straffen Zwang zur Nichteinigung; denn von vornherein gehen in diese Versammlung der zehn Menschen zumindest fünf dann mit der Absicht, sich nicht zu einigen, weil der Vermittlungsausschuß dann doch einen Passenden findet, dem nachher die Hauptversammlung — und das ist nur die eine Seite dieser Parität — ihre endgültige Zustimmung gibt.
Zweitens baute die Regierungsvorlage auf auf dem Grundsatz der Parität, und zwar Parität plus einem Neutralen. Was in der Ausschußvorlage jetzt erscheint, ist nicht mehr Parität, ist nicht mehr neutral, sondern ist ganz klar und deutlich diese Gruppierung: sechs von seiten der Anteilseigner und fünf von seiten der Arbeitnehmer.
Die CDU-Vorlage räumt diese Bedenken in keiner Weise aus. Sie ersetzt den großen Aufsichtsrat eigentlich, wenn man so will, durch einen etwas verkleinerten. Ich darf Ihre eigene Argumentation im Ausschuß wiederholen, wo Sie sagten: Wie sollte es möglich sein, daß vier Mann das besser können, was zehn Mann vorher nicht gekonnt haben? Dann sieht diese CDU-Vorlage vor, daß die Lücke geschlossen werden müsse, die entsteht, wenn diese zehn Mann sich nicht einigen und dieser Vermittlungsausschuß nicht einen der Hauptversammlung genehmen Menschen findet. Da schließen Sie die Lücke ganz endgültig, indem Sie sagen: Die Hauptversammlung braucht gar nicht noch weitere Vorschläge von dem Vermittlungsausschuß zu erbitten, sondern kann dann einfach von sich aus den elften Mann kreieren. Ich glaube, deutlicher braucht man es gar nicht mehr zu machen, daß der Grundsatz der Parität, auf dem die Sozialpartner standen und auf dem die Regierungsvorlage stand, restlos verlassen worden ist.
— Das habe ich vorhin gerade erläutert. Zehn Mann und ein Neutraler, das ist eine Parität!
Meine Damen und Herren, unser Vorschlag, den Sie auf Umdruck Nr. 107 vor sich liegen haben, sieht unter Ziffer 6 vor, in § 8 Abs. 3 in der zweiten Zeile die Worte „dem Wahlorgan " zu streichen und an deren Stelle zu setzen: „den übrigen Aufsichtsratsmitgliedern". Damit wollen wir den Grundgedanken der Regierungsvorlage wiederherstellen; denn es soll jetzt aus dem Vermittlungsausschuß heraus der Vorschlag an die übrigen zehn gehen und nicht an die Hauptversammlung, und damit haben wir die Regierungsvorlage mit Ausnahme des Senats. Es heißt nicht mehr Senat; es heißt Vermittlungsausschuß. Ich glaube, daß unser Vorschlag den Geist, wie er bei den Verhandlungen der Sozialpartner vorhanden war und dem der. Regierungsvorlage am meisten entspricht, wieder einführt, und ich darf Sie namens meiner Freunde bitten, unserem Antrag Ihre Zustimmung zu geben.