Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wird wohl von niemandem bestritten, daß der Ausschuß sich wirklich Mühe gegeben hat, in der Frage der Wahl der Mitglieder des Aufsichtsrats nach Möglichkeit zu einer einmütigen Auffassung zu kommen. Dieses Problem ist aber außerordentlich schwierig. Die Meinungen gehen da sehr weit auseinander. Wieweit sie auseinandergehen, das hat ja die Beratung zu § 4 gezeigt, wo man der Meinung ist, daß alle Macht nach unten in die Betriebe hineingelegt werden soll.
Der Vorschlag des Ausschusses für Arbeit ist von dem Ausschußvorsitzenden erläutert worden. Wir haben nach Abschluß der Ausschußberatungen die Dinge weiter diskutiert. Sie alle, die Sie dem Ausschuß für Wirtschaftspolitik und dem für Arbeit angehören, wissen, daß dieser Vorschlag mehr oder weniger ein Versuch war, die Arbeiten des Ausschusses wenigstens abzuschließen, einen Bericht zu ermöglichen, aber die Tür trotzdem offen zu lassen, um vielleicht doch noch eine bessere Formulierung zu finden.
Meine politischen Freunde und ich sind der Meinung, daß der Apparat zu schwerfällig ist, der nach dem Ausschußvorschlag für die Wahl der Arbeitnehmervertreter aufgestellt werden soll. Wenn wir neben den Betriebsräten der einzelnen Werke, die in Einheitsgesellschaften zusammengeschlossen werden, noch einen Wahlkörper hätten, der doppelt soviel Mitglieder wie die Betriebsräte zählen würde, dann wäre das ein schwerfälliger Apparat; denn der Wahlkörper könnte außerordentlich groß sein. Ich erinnere daran, daß die Hibernia elf Zechen hat. Ich denke, ich bin aus Bergarbeiterkreisen recht unterrichtet worden.
Alle diese Zechen haben ihren eigenen Betriebsrat. Es sind zirka 25 000 Arbeitnehmer. Wenn nun zu den Betriebsräten in den einzelnen Zechenbetrieben noch Wahlmänner in der doppelten Anzahl gewählt werden, wird der Apparat nach der Auffassung meiner politischen Freunde und nach meiner eigenen Ansicht zu groß. Wir haben uns deshalb entschlossen, einen Abänderungsantrag zu stellen, daß der Wahlkörper nicht in dieser Form eingerichtet wird. Wir folgen weitgehend der Regierungsvorlage und wollen in diesem Gesetz festgelegt wissen, daß aus der Arbeitnehmerschaft der Betriebe heraus zwei Vertreter als Aufsichtsratsmitglieder bestimmt werden sollen. Es sollen dies ein Arbeiter und ein Angestellter sein. Beide, sowohl der Arbeiter als auch der Angestellte, sollen vom Vertrauen der Arbeitnehmerschaft getragen sein, der Angestellte vom Vertrauen der Angestelltenschaft, der Arbeiter vom Vertrauen der Arbeiterschaft der Betriebe. Wir möchten verhüten, daß der Angestelltenvertreter unter Umständen von der Mehrheitsgruppe der Arbeitervertreter bestimmt wird; denn das könnte
leicht eintreten, entspräche aber nicht dem Sinn des Gesetzes, wie wir es verstehen und haben wollen. Wir sind der Meinung, daß es gut ist, wenn die Angestelltenmitglieder des Betriebsrats für sich das Angestelltenmitglied des Aufsichtsrats wählen, das dem Wahlorgan vorgeschlagen wird. Ebenso soll von den Arbeitermitgliedern des Betriebsrats der Arbeitervertreter für den Aufsichtsrat benannt werden.
Wir wünschen weiter auch eine Berücksichtigung der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften, weil sie ja auch vom Vertrauen der Arbeitnehmerschaft der Betriebe getragen sind. Wenn das nicht der Fall wäre, könnten ja keine Mitglieder der Gewerkschaften da sein. Wir wollen, daß die Gewerkschaften in engstem Benehmen mit den Betriebsräten von sich aus ebenfalls zwei Kandidaten für diese Wahl zum Aufsichtsrat vorschlagen. Ich bin gewiß, daß dieses Vorschlagsrecht immer nur im Benehmen und in Zusammenarbeit mit den Spitzenorganisationen ausgeübt wird. Ich weiß, daß dem Wort „Spitzenorganisation" etwas Ominöses anhaftet.
Wir wollen uns aber über eines im klaren sein, und ich glaube, das ganz offen aussprechen zu müssen. Ich habe lange genug in der deutschen Arbeiterbewegung gestanden und weiß, daß es oft gut ist, wenn von oben, von überbetrieblicher Ebene ein regulierender Einfluß ausgeübt wird. Ein solcher Einfluß wirkt auch dann regulierend, wenn betriebsegoistische Interessen irgendwie eine Rolle zu spielen beginnen.
Ich bin der festen Überzeugung, daß die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ihre Kandidaten den Betriebsmitgliedern, also der Arbeitnehmerschaft des Betriebes, niemals aufzwingen werden, also nicht gewissermaßen diktatorisch handeln werden.
Die Aufstellung kann nur in der Zusammenarbeit aller Gruppen geschehen. Wenn diese vier Vorschläge so zustande kommen, dann wird es auch richtig sein, wenn das fünfte Mitglied nach § 4 Abs. 1 b, das sogenannte unabhängige Mitglied, von übergeordneter Stelle auf dieselbe Art und Weise gewählt bzw. dem Wahlorgan in Vorschlag gebracht wird.
Wir haben uns deshalb erlaubt, Ihnen den § 6 in der von uns gewünschten Fassung in Umdruck Nr. 110 vorzulegen. Sie haben bei dem Interesse, das gerade dieser Paragraph findet, sicher bereits davon Kenntnis, und ich kann es mir wohl ersparen, auf die Dinge im einzelnen einzugehen und alles nochmals in Einzelheiten vorzutragen. Ich wiederhole: zwei Mitglieder aus den Betrieben, ein Arbeiter und ein Angestellter; ich wiederhole weiter: zwei Mitglieder, die von den Gewerkschaften — meinetwegen Spitzenorganisationen im Benehmen mit den Gewerkschaften —, aber auch in Beratung mit den Betriebsangehörigen vorgeschlagen werden, wobei das fünfte Mitglied ebenfalls auf diese Art und Weise benannt wird. Sie lesen in Abs. 4 des § 6: „Für das in § 4 Absatz 1 Buchstabe b bezeichnete weitere Mitglied gilt Absatz 3 entsprechend". Diese Vorschläge werden dem Wahlorgan zugeleitet. Abs. 5 sagt: „Das Wahlorgan ist an die Vorschläge der Betriebsräte und der Spitzenorganisationen .gebunden". Eine Divergenz kann vielleicht dadurch bestehen, daß wir gewünscht haben, statt „Spitzenorganisation"
„Spitzenorganisationen" zu sagen. Ich glaube, dagegen kann niemand etwas haben. Wir machen dieses Gesetz ja nicht für heute und morgen; wir machen es auch nicht für ein halbes Jahr oder für ein ganzes Jahr. Wir wollen nicht, daß durch die Fassung des Gesetzes jedwede mögliche Entwicklung — ganz egal, wie sie läuft; niemand kann etwas voraussehen — irgendwie verbaut wird. Ich bin mir klar darüber, daß die vernünftigen Menschen aus der Arbeitnehmerbewegung mit mir einer Meinung sind, daß dagegen nichts einzuwenden ist.
Das hätte ich zu § 6 zu sagen. Ich bitte, dem § 6 in der Fassung, wie wir sie vorgelegt haben, Ihre Zustimmung zu geben.