Meine Damen und Herren! Wir haben uns heute mit einer wirklich ernsten Materie auseinanderzusetzen, und ich muß es bedauern, daß in den Ausführungen des Herrn Professors Nölting doch so manchmal nicht die saubere Trennung der Ursachen und Wirkungen der Korea-Entwicklung und der inneren Geschehnisse erfolgte,
so daß manch einer draußen — ohne die Zusammenhänge übersehen zu können — unter Umständen das Gefühl haben mußte — nehmen Sie mir das bitte nicht übel, Herr Professor Nölting —, als ob etwa der Bundeswirtschaftsminister Korea überfallen habe gerade zu dem Zweck, um hier die Preise hochzutreiben, die Güter zu verknappen und die Zahlungsbilanzkrise auszulösen.
Ich möchte doch wirklich meinen, daß wir uns hier bemühen müssen, vor dem deutschen Volk diese Fragen mit dem notwendigen Ernst und der notwendigen Sachlichkeit zu behandeln,
und daß wir zunächst einmal vollkommen klar zum
Ausdruck bringen müssen, daß es sich hier nicht
nur um ein deutsches Problem handelt, sondern um
ein Problem, dem sich die gesamte westliche Welt gegenwärtig gegenübersieht. Auch das von Ihnen verschiedentlich zitierte England hat sich genau so mit diesen Problemen abzumühen. Es hat seit der Entwicklung der Korea-Krise eine Preissteigerung um bereits 62 % erlebt.
Es hat dort Herunterrationierungen bis auf eine Fleischration von 30 Pfennig gegeben. Keine Engländerin kann sich mehr Nylonstrümpfe kaufen. In England gibt es genau so Kohleknappheiten und alle Schwierigkeiten, wie sie bei uns auch aufgetreten sind.
Wir wollen doch nicht in den Fehler verfallen, immer nur schwarz und nur weiß zu malen, sondern wir wollen die Dinge einmal so analysieren, wie sie sind, um daraus auch die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.
Da ist auch von meinem Vorredner schon mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen worden: wenn das deutsche Volk vergleicht, wie die Verhältnisse vor der Währungsreform und nach der Währungsreform ausgesehen haben, dann kann es nicht leugnen, daß außerordentliche Erfolge erzielt worden sind.
Wenn wir allein im Jahre 1950, um nur einmal ein Faktum herauszugreifen, unsere Produktion um 25 % erstmals auf ein Niveau von 111 % von 1936 haben steigern können und damit gegenüber 1948 eine Verdoppelung unseres gesamten Sozialprodukts erfolgt ist, wenn wir im Jahre 1950 im Rahmen dieses gesamten Produktionsprogramms, das abgewickelt wurde, eine Rekordleistung durch die Schaffung von über 350 000 Wohnungen vollbracht haben,
wenn weiterhin in diesem Jahre 1950, in einem einzigen Jahr, die deutsche Ausfuhr fast verdoppelt wurde und von 1,1 auf 2 Milliarden Dollar erhöht werden konnte und auf der andern Seite dadurch die Möglichkeit gegeben war, trotz einer abnehmenden ERP-Hilfe die Einfuhr noch von 2,2 Milliarden auf 2,7 Milliarden Dollar zu steigern und dabei noch den Außenhandelssaldo um 400 Millionen Dollar zu verbessern, und wenn dies alles mit einer merklichen Steigerung der Zahl der dauernd Beschäftigten um 600 000 auf 14,2 Millionen Menschen verbunden war, wenn dabei noch — auch trotz Korea und der bisher eingetretenen Rückwirkungen auf dem Preisgebiet — eine Erhöhung des Realeinkommens und der Realkaufkraft um 11 % eingetreten ist, so glaube ich, daß sich dieser Erfolg, den die deutsche Wirtschaft im Zeichen der sozialen Marktwirtschaft im Jahre 1950 erzielt hat, in der ganzen Welt sehen lassen kann.
Wenn Sie sich einen Teil der Schwierigkeiten, die aufgetreten sind, näher betrachten, dann stellen Sie fest, daß diese Schwierigkeiten gerade aus dieser erfolgreichen Entwicklung heraus entstanden. Das gilt in erster Linie für unsere Zahlungsbilanzkrise.
Denn hier ist es so, daß sich gerade in dem Maße, in dem sich unsere Ausfuhr steigert und damit die Möglichkeiten für eine erhöhte Einfuhr geschaffen werden, ständig die Höhe der Außenstände vermehren muß, die das deutsche Volk von der ganzen
Welt zu fordern hat, weil nämlich unsere Ausfuhr durchschnittlich erst nach 3, 4 oder 5 Monaten bezahlt wird, während wir auf der andern Seite unsere Einfuhr sofort zu begleichen haben.
— Früher war aber das Volumen entschieden kleiner, und wenn das Volumen, was wir hoffen, noch größer wird, dann werden seltsamerweise unsere Schwierigkeiten gerade deshalb so lange wachsen müssen, wie die eine Tatsache fortbesteht, die nicht wir zu vertreten haben, daß uns nämlich der Zugang zu den Rembourskrediten, die wir früher in der Welt erhalten haben, verschlossen bleibt.
Wir haben in den letzten Monatsdurchschnitten einen normalen Ausfuhrumsatz von 250 Millionen Dollar, von über 1 Milliarde D-Mark erzielt; das heißt, daß eine durchschnittliche Drei- oder Viermonats-Außenhandelssumme von zusammengerechnet etwa 700 Millionen Dollar draußen steht und daß das, was man uns bei der Europäischen Zahlungsunion als Rembourskreditersatz gewährt hat — diese Quote von 320 plus noch einmal 120 gleich 440 Millionen Dollar —, eben um rund 300 Millionen Dollar zu kurz ist.
Wenn wir draußen nicht das Verständnis finden können, daß die Kreditgewährung an uns etwa der Kreditgewährung entspricht, die das deutsche Volk mit seiner Ausfuhr-Vorleistung an die Welt zu leisten hat, dann müssen wir jetzt überlegen, wie wir aus dieser uns versagten gleichen Kreditierung die richtigen Folgerungen ziehen.
Es ist auch schließlich so, daß die Schwierigkeiten, die z. B. bei der Kohle aufgetreten sind, nicht auf eine Verringerung der Kohlenförderung zurückgehen. Diese Kohlenförderung ist im Gegenteil auch im Jahre 1950 nochmals um über 7 % auf 110 Millionen Tonnen gestiegen. Aber infolge der ganz erheblichen Beschleunigung des wirtschaftlichen Umlaufs seit der Koreakrise ist die übrige Produktion eben viel schneller gestiegen, um über 40 °/o, und daraus ergab sich die Schere, die es nun zu überwinden gilt.
Wenn Sie ferner auf einem andern Gebiet, das von Ihnen erwähnt wurde — auf dem Gebiet der mangelhaften Kapitalbildung —, in einer Situation, in der nun einmal die ganze Welt Furcht vor einem neuen Kriege hat, trotz allen Zuredens, trotz Ermahnungen, trotz noch so reizvoller Maßnahmen nicht das Vertrauen herstellen können, daß es mit Sicherheit gelingen wird, einen katastrophalen Ausgang dieser weltpolitischen Spannungen zu vermeiden, dann müssen Sie eben auch hier überlegen, ob es andere Wege gibt, um zur Sicherstellung der notwendigen Investitionen zu kommen.
Zu Beginn dieser Überlegungen möchte ich das eine einmal ganz klar sagen. Es ist schon immer eine verhängnisvolle deutsche Eigenschaft gewesen, daß man, sobald irgendwo geringe oder größere Schwierigkeiten auftauchten, aus denen zunächst einmal kein Ausweg zu sein schien, sofort geneigt war, von einem Extrem ins andere zu fallen.
Es ist seit Monaten — ich möchte das hier einmal warnend sagen — in unsere Bevölkerung eine Art von Stimmung buchstäblich hineingetragen worden, als sei eine solche ausweglose Situation gegeben, während das in Wirklichkeit überhaupt nicht zutrifft.
Allerdings muß ich auch der Bundesregierung einiges mit aller Deutlichkeit sagen. Wir haben uns — im Namen unserer Fraktion darf ich das hier aussprechen — bereits seit Monaten gewünscht, daß die Bundesregierung mehr Mut und Schnelligkeit in der Aufklärung des deutschen Volkes und dann vor allem im Handeln bewiesen hätte. Denn von einem sind wir fest überzeugt: vieles von dem, was jetzt hier und dort an völlig unnötiger Katastrophenstimmung entstanden ist, wäre überhaupt nie entstanden, wenn man sich ganz offen vor das deutsche Volk hingestellt und gesagt hätte: „So und so liegen die Dinge, es ist nichts, was uns irgendwie zu ernsten Konsequenzen zwingt. Es wird sowohl von uns, der Regierung, als auch von der Bevölkerung unter allen Umständen verlangt, daß die Nerven behalten werden".
Wir haben heute endlich vom Herrn Bundeswirtschaftsminister eine Reihe von Maßnahmen vorgetragen bekommen, von denen wir nur wünschen können, daß sie so schnell wie möglich durchgeführt werden, um draußen sichtbar werden zu lassen, daß eben nichts „schleift", wie es von Herrn Professor Nölting gesagt wurde, sondern daß bei uns mit Energie daran gegangen wird, die Engpässe und Schwierigkeiten zu überwinden.
Das, was nach unserer Ansicht im Mittelpunkt steht, sind nicht, wie Professor Nölting sagte, die Preise, die Gott sei Dank bei uns bisher von allen Ländern der westlichen Welt bei weitem am wenigsten gestiegen sind, sondern das ist die Ausweitung der Produktion und des Außenhandels, der Ausfuhr und der Einfuhr. Denn nur wenn diese beiden Gebiete an der Spitze stehen, sind wir auch mit Sicherheit in der Lage, der Preisentwicklung Herr zu werden.
Daher gehen unsere Forderungen dahin, daß die Engpaß-Programme, von . denen heute hier gesprochen wurde, bei der Kohle, bei der Energiewirtschaft, beim Schiffbau, bei der Eisen- und Stahlindustrie und in der Exportindustrie unter allen Umständen durchgezogen und daß die Mittel für ihre Finanzierung beschafft und bereitgestellt werden; wie, darauf will ich noch zurückkommen.
In demselben Zusammenhang möchte ich aber sagen, daß es nach unserer Überzeugung nicht allein damit getan ist, nun die Mittel für den Ausbau neuer Schächte bereitzustellen, sondern daß auch gleichlaufend an den Bau der Bergarbeiterwohnungen gedacht werden muß und daß die Mittel auch dafür mit derselben Gleichrangigkeit bereitzustellen sind. Hier haben wir eine besondere Forderung an die Bundesregierung. Im Rahmen des gegenwärtigen Steuerprogramms zur Deckung zusätzlicher Staatsausgaben ist auch daran gedacht, die Beträge für die Förderung des sozialen Wohnungsbaues nach § 7 c auf '7000 Mark zu beschränken. Wir möchten die. Bundesregierung bitten, für den Bergarbeiter-Wohnungsbau eine Ausnahme zu machen und hier die Grenze erst bei 10 000 Mark zu ziehen.
Zum zweiten: Bei der Frage, die unmittelbar hinter der Sicherung der Engpaßinvestitionen zur Bereitstellung von mehr Kohle rangiert, bei der Exportförderung, haben wir ebenfalls eine zusätzliche Forderung zu der Erklärung des Herrn Bundeswirtschaftsministers: daß das Bundeskabinett die Vorlage über die steuerliche Begünstigung der Exporteure, die es endlich verabschiedet hat, uns — den Koalitionsparteien — übergibt, damit wir sie als interfraktionellen Antrag im Bundestag sofort voranziehen können und so der langwierige Weg oder Umweg über den Bundesrat umgangen werden kann.
Ich möchte noch etwas zu den Fragen der Prioritäten, zu den Fragen der Rohstoffkontrollen, die hier angeschnitten worden sind, sagen. Es wurde gesagt: Ja, der Kreis beginnt sich zu schließen; er geht wieder in die Zwangswirtschaft hinein! Nein, meine Damen und Herren, das tut er nicht, weil vorweg die beiden Maßnahmen — die der Förderung und Ausweitung der Produktion und der Ausfuhr — stehen, damit in Deutschland die Warenversorgung gegenüber dem gegenwärtigen Umfang — der Gott sei Dank immer noch ausreichend gewesen ist — nicht gemindert, sondern mit allen Mitteln gehalten und hoffentlich sehr schnell auch erweitert werden wird.
Wir haben es doch immerhin — und ich glaube, das ist in der Geschichte der sogenannten Zwangswirtschaft der Vergangenheit ein noch nie dagewesener Vorgang — fertiggebracht, daß eine Ware, die im vorigen Jahr infolge großer Hortungskäufe einmal von den Märkten vorübergehend verschwand — der Zucker —, nach kurzer Zeit infolge der weiteren Produktions- und Außenhandelsbelebungsmaßnahmen wieder da war, auch gegenwärtig noch da ist und auch weiterhin da sein wird.
Wir möchten diese Kontrollen deshalb einmal in den Zusammenhang stellen, in dem sie gesehen werden müssen. Wenn die ganze westliche Welt gegenwärtig Anstrengungen macht, um den Frieden zu erhalten,
den' Frieden, der für unser Volk ganz besonders wichtig ist, und in diesem Rahmen sich Beschränkungen auferlegt, daß z. B. Kupfer nicht mehr für Teekessel
verwandt werden darf, dann kann diese westliche Welt auch von Deutschland erwarten, daß es seinerseits genau die gleiche Selbstbeschränkung im Verbrauch solcher knappen Stoffe auf sich nimmt. Wenn Sie irgendein Verwendungsverbot aus diesen übergeordneten Gesichtspunkten aussprechen oder eine Exportpriorität auferlegen, dann bleibt das immer noch eine absolut marktkonforme Maßnahme und sogar eine zeitkonforme Maßnahme.
Lassen Sie mich als dritte Forderung nun etwas zur Frage der Sicherstellung der Finanzierung der Investitionen sagen, die im Rahmen des Engpaß-programmes nach unserer Überzeugung das A und O der gesamten wirtschaftspolitischen Soforthandlungen der Bundesregierung zu bilden haben. Ich sagte bereits vorhin: es gibt keine Möglichkeit, mit noch so großzügigen Anreizen — seien sie auf dem Zinsgebiet, seien es alle möglichen anderen Versprechungen — zum freiwilligen Sparen zu kommen, solange die Furcht vor dem Kriege die Welt erfüllt. Man kann das nicht; also gibt es dann grundsätzlich nur noch zwei Möglichkeiten: entweder Sie erheben Steuern, oder Sie führen
das Zwangssparen ein. Steuern zu erheben, um damit Milliarden-Investitionen durchzuführen, Steuern, die dann nicht nur einen kleinen Kreis treffen können, sondern die dann — weil es im wesentlichen indirekte Steuern sein werden — auch die breite Masse treffen müssen, ist erstens immer der am wenigsten soziale Weg; aber es ist zum zweiten auch der Weg, den wir deswegen ablehnen, weil wir nicht einzusehen vermögen, daß die Opfer, die der einzelne jetzt zu bringen hat, um dafür zu sorgen, daß mehr Kohle, mehr Eisen, mehr Schiffe produziert werden können, nicht ihm selbst in Form des Sparguthabens, der Beteiligung oder des Anleihebesitzes zugute kommen sollen, sondern statt dessen dem anonymen Staat. Wir werden deshalb jede Form der Investitionsfinanzierung erst als die allerletzte in Betracht ziehen, die nicht versucht, den Sparer oder den, dem ein Opfer auferlegt wird, selbst zum Inhaber der Forderungen gegenüber den Kohlengesellschaften, den Schiffsbauunternehmen oder den Energiegewinnungsgesellschaften werden zu lassen.
Es ist vorhin von Herrn Professor Nölting im
Rahmen seiner Vorschläge zu diesem Punkt eine
Überverbrauchssteuer, zusätzlich zur Einkommensteuer der hohen Einkommen, angeregt worden,
die nur bezahlt werden soll, soweit die Betreffenden nicht freiwillig sparen. Gleichzeitig hat
Professor Nölting das Zwangssparen restlos abgelehnt. Ja, ich frage Sie: Wenn jemand die Pistole
auf die Brust gesetzt bekommt: entweder mußt du
das als Steuer abführen, oder du mußt es sparen —,
kann man denn so etwas anders als „Zwangssparen" bezeichnen? Das ist doch das Zwangssparen in der absolutesten und krassesten Form!
— Ob Sie Zwangssparen bei diesem oder bei jenem machen, deswegen bleibt es immer Zwangssparen!
— Sie scheinen sehr seltsame Vorstellungen von der Zusammensetzung des deutschen Volkseinkommens zu haben. Gott sei Dank haben wir allein über 14,2 Millionen Menschen in gewerblicher Beschäftigung, die nämlich überwiegend die Träger unserer Arbeit und auch unseres Arbeitseinkommens in Deutschland sind, nämlich von 52 Milliarden DM allein aus Lohn und Gehalt.
Es ist heute sehr viel über die immer noch vorhandene Not und von dem geringen Lebensstandard unserer deutschen Bevölkerung gesagt worden. Daß diese Not und dieser geringe Lebensstandard nach einem so totalen Zusammenbruch nicht binnen Nullkommanichts beseitigt werden konnten, darüber ist hier in diesem Hause schon oft genug gesprochen worden. Aber wir können doch wohl das eine feststellen, daß sich z. B., um nur eine Zahl zu nennen, gegenüber 1949 der durchschnittliche Fleischkonsum pro Kopf der Bevölkerung von 27 kg auf 43 kg gehoben hat, und Sie können mir doch bestimmt nicht weismachen, daß, sagen wir mal, ein paar Millionäre nun täglich mehrere Tonnen Fleisch gegessen hätten!
Ich möchte Ihnen deshalb zu der Überverbrauchssteuer sagen: weil sie ebenfalls nur ein generelles Zwangssparen ist,
würden wir, nachdem der Plan eingehend geprüft worden ist — und wir möchten meinen, daß der Plan auch durchführbar sein wird —, den Vorzug dem Aufbausparplan geben, wie er von Professor Erhard entwickelt wurde; denn er bedeutet nicht in dieser Weise ein Zwangssparen. Ob jemand, sagen wir, einen Kühlschrank kaufen will oder nicht, das bleibt letzthin seiner eigenen Entscheidung überlassen. Er braucht ihn ja nicht zu kaufen. Wenn aber jemand durchaus einen Kühlschrank haben will, dann kann man ihm nach unserer Überzeugung auch erstens das Verständnis und zweitens auch das Opfer zumuten, daß er dann 10 oder 15 % dafür spart, daß neue Arbeitsplätze im Kohlenbergbau, in der Energiegewinnung geschaffen werden, die allein die Grundlage auch dafür sind, daß er für eine weitere Zeit seinen bisherigen Lebensstandard haben kann und daß das ganze deutsche Volk nicht gezwungen wird, seinen Lebensstandard in einer gefährlichen Weise zu verringern.
Wir sehen in diesem von Professor Erhard vorgeschlagenen Aufbausparsystem auch eine Art von „Austerity", eine Art von Selbstbeschränkung, aber nicht in der Weise, daß sie zum Normalverbraucher und zum Minimum des Lebensstandards führt, sondern daß sie ermöglicht, den Lebensstandard der Gesamtheit zu halten und zu erweitern.
Es ist wahrscheinlich — darin gebe ich dem Redner der Opposition recht — mit dem Erhardplan allein nicht zu schaffen, die Gelder aufzubringen, die notwendig sind, um dieses große Investitionsprogramm zu finanzieren; denn wir wollen nicht, daß dieser Plan eine solche Ausweitung erfährt, daß er etwa auf Gegenstände des täglichen Bedarfs der breiten Bevölkerung oder etwa auf Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs ausgedehnt werden muß. Es muß also schon noch etwas mehr hinzukommen. Wenn der Bundeswirtschaftsminister den Plan, der auch von Professor Nölting vorgebracht wurde, den Plan der Investitionsanleihen aus den Abschreibungen der verarbeitenden Industrie noch zusätzlich prüft, so sind wir auch damit einverstanden, wenn wir allerdings auch davon überzeugt sind, daß selbst das noch nicht ausreicht.
Aber wir sind davon überzeugt, daß die zielbewußte und entschlossene Durchführung des gesamten Programms, das vorgetragen worden ist, und die zielbewußte Konzentration auf die wichtigsten Punkte tatsächlich dafür sorgen wird, daß wir bei einer knappen Kreditpolitik zu einer Stabilität der Preise kommen werden, damit zu einer Wiederherstellung des Vertrauens und zu einer Wiederbelebung auch der freiwilligen Spartätigkeit, die bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1950 so außerordentlich erfolgreich eingesetzt hatte.
Ich darf zum Schluß noch das eine sagen: Es ist nicht so leicht, unpopuläre Maßnahmen und Opfer der Bevölkerung vorzuschlagen, wie etwa einfach kritiklos der Bevölkerung nach dem Munde zu reden. Aber das eine ist sicher: Größe hat es in der Politik und in der Geschichte für ein Parlament und für eine Regierung nur dann gegeben, wenn sie bereit waren, auch das Unpopuläre und das Einsame zu tun, wenn es zum Besten des Volkes notwendig war.