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ID0112607400

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    Deutscher Bundestag — 126. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 14. März 1951 4781 126. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 14. März 1951. Geschäftliche Mitteilungen 4782B, 4833C Schreiben des Bundeskanzlers betr. Ubersicht über Städte außerhalb, Bonns als Sitz der Bundesgerichte sowie der obersten und oberen Bundesbehörden (Nr. 2045 der Drucksachen) 4782C Schreiben des Bundeskanzlers betr. Vorlage von Verordnungen zur Kenntnisnahme unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 des Gesetzes über Sicherungsmaßnahmen auf einzelnen Gebieten der gewerblichen Wirtschaft (Nrn. 2031, 2046, 2047 der Drucksachen) . 4782C Anfrage Nr. 148 der Fraktion der SPD betr. Deutsche Dienstkommandos bei den Besatzungsmächten (Nrn. 1710, 2033 der Drucksachen) 4782C Anfrage Nr. 63 der Fraktion der DP betr. betriebliche Altersversorgung (Nrn. 1949, 2041 der Drucksachen) 4782D Anfrage Nr. 87 der Abg. Dr. Jaeger, Strauß und Gen. betr. Bundespolizei (Nrn. 1045, 2052 der Drucksachen) 4782D Anfrage der Fraktion der SPD betr. Adenauerspende (Nm. 1827, 2053 der Drucksachen) 4782D Änderungen der Tagesordnung . . . 4782D, 4785D Mellies (SPD) 4783A Euler (FDP) 4783B Renner (KPD) 4783B Beschlußfassung 4783C, 4792A Beratung des Mündlichen Berichts des Vermittlungsausschusses über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung einer Bundesstelle für den Warenverkehr der gewerblichen Wirtschaft (Nr. 1974 der Drucksachen) 4783D Dr. Oellers (FDP), Berichterstatter . 4783D Beschlußfassung 4784C Erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die vorläufige Haushaltsführung der Bundesverwaltung im Rechnungsjahr 1951 (Nr. 2044 der Drucksachen) 4'784C Bausch (CDU), Antragsteller 4784C Renner (KPD) 4785A Beschlußfassung 4785C Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegs- oder Nachkriegsvorschriften gehemmten Fristen (Nr. 1985 der Drucksachen) 4785C Ausschußüberweisung 4785C Antrag auf Absetzung der zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen des Bergbaus sowie der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie von der Tagesordnung: Zur Geschäftsordnung: Dr. von Brentano (CDU) . . . 4785D, 4788D Müller (Frankfurt) (KPD 4786A Ollenhauer (SPD) 4786B, 4791B Mellies (SPD) 4787C Loritz (WAV) 4788A Ritzel (SPD) 4788A Euler (FDP) 4789B Walter (DP) 4789D Renner (KPD) 4790A Dr. Arndt (SPD) 4790D Absetzung von der Tagesordnung . . . 4792A Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU, FDP und DP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung und Ergänzung von Vorschriften auf dem Gebiete der Mineralölwirtschaft (Nr. 1969 [neu] der Drucksachen). Mündlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) (Nr. 2022 der Drucksachen) 4792B Dr. Bleiß (SPD), Berichterstatter . 4792B Dr. Schöne (SPD) 4793B Naegel (CDU) 4794C Dr. Preusker (FDP) 4795C Vesper (KPD) 4796B Dr. Besold (BP) 4797A Dr. Schröder (Düsseldorf) (CDU) . 4797B Ausschußüberweisung 4797C Zweite Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1950 (Nr. 1500 der Drucksachen); Mündliche Berichte des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß): Einzelplan IX — Haushalt des Bundesministeriums für Wirtschaft (Nr. 1910 der Drucksachen) in Verbindung mit der ' Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaltsausschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Zentrumsfraktion betr. Staatssekretariat für Handwerk und gewerblichen Mittelstand (Nrn. 21, 2039 der Drucksachen) und mit der Beratung des Mündlichen Berichts des Haushaitssauschusses (10. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der BP betr. Vergebung der Aufträge des Bundes (Nrn. 22, 2040 der Drucksachen) 4797D Dr. Vogel (CDU), Berichterstatter . 4798A Dr. Erhard, Bundesminister für Wirtschaft . . 4800B Dr. Nölting (SPD) 4806B Dr. Semler (CSU) 4812A Dr. Preusker (FDP) 4814D Loritz (WAV) 4818A Freudenberg (FDP) 4320C Dr. Bertram (Z) 4821C Rische (KPD) 4824C Dr. Etzel (Bamberg) (BP) 4827C Günther (CDU) 4830A Abstimmungen 4830B Beratung des Antrags der Fraktion der DP betr. Vorlage eines Bundesrundfunkgesetzes (Nr. 2006 der Drucksachen) . . . 4811D Beratung vertagt 4812A Beratung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Wirtschaftspolitik (13. Ausschuß) über den Antrag der Fraktion der FDP betr. Grundstücksverkehr (Nrn. 127, 1991 der Drucksachen) 4831A Keuning (SPD), Berichterstatter . . 4831A Dr. Becker (Hersfeld) (FDP) 4831C Dr. Reismann (Z) 4832B Beschlußfassung 4833A Nächste Sitzung 4833A, C Die Sitzung wird um 14 Uhr 4 Minuten durch den Präsidenten Dr. Ehlers eröffnet.
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    Rede von Dr. Johannes Semler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Öffentlichkeit wie in der Presse der letzten Wochen und Monate schien eine Unruhe über die Frage obzuwalten, welche Maßnahmen die Bundesregierung angesichts der unleugbar schwierigen allgemeinen Situation zu treffen bereit sein würde. Mein hochverehrter Herr Vorredner hat in seinen Ausführungen der Bundesregierung den Vorwurf gemacht, daß sie nicht in der Lage gewesen sei, diesem Hause wie der Öffentlichkeit ein der Zeit entsprechendes Programm vorzulegen. Zum anderen hat er gerügt, daß im Bundeskanzleramt — wie er es nannte — ein Miniatur-Wirtschaftsministerium im Entstehen sei. Hierzu möchte ich im Namen meiner Freunde ausdrücklich feststellen, daß wir volles Verständnis dafür haben, daß die Bundesregierung angesichts der überaus schwierigen Lage sich nicht nur beraten, sondern gut und vielseitig beraten läßt. Aber ebenso sind wir der Meinung, daß diesem Hohen Hause gegenüber für die Führung der Wirtschaftspolitik einzig und allein der Wirtschaftsminister verantwortlich ist.

    (Sehr richtig! bei der CDU.)

    Wenn uns nun heute anläßlich der Beratung des Haushalts dieses Ministeriums der zuständige Minister seine Gedanken über die Maßnahmen dargelegt hat, die der Steuerung der gegenwärtigen Schwierigkeiten dienen sollen, dann begrüßt meine Fraktion diese Tatsache, zumal meine Freunde in den von dem Herrn Bundeswirtschaftsminister entwickelten Gedankengängen durchaus fruchtbare Grundlagen für eine Behebung der Schwierigkeiten sehen. Ein Wirtschaftsprogramm im eigentlichen Sinne hat uns der Herr Bundeswirtschaftsminister allerdings nicht vorgetragen.

    (Sehr richtig! bei der SPD. — Abg. Dr. Koch: Das kann man wohl sagen!)

    Mein verehrter Herr Vorredner hat diese Tatsache gerügt. Er hat dann am Schluß seiner Ausführungen diesem Hause eine Reihe von Vorschlägen unterbreitet. Aber, meine Damen und Herren, auch diese Vorschläge, die ohne Zweifel wert sind, daß wir sie prüfen, sind kein Wirtschaftsprogramm.

    (Abg. Dr. Nölting: Wurde nicht behauptet! Aber der Herr Minister hatte gesagt: Ich verkünde heute ein Programm!)

    — Sehr verehrter Herr Professor, ich glaube, weder Sie noch ich noch der amtierende Bundeswirtschaftsminister wird die Notwendigkeit bejahen wollen, grundstürzende Entscheidungen in der Form eines völlig neuen Wirtschaftsprogramms heute zu empfehlen in einer Lane, in der es darauf ankommt, mit behutsamer Hand diejenigen chirurgischen und möglicherweise auch operativen Maßnahmen zu treffen, die den Gesundheitszustand, soweit er nicht besteht, wiederherstellen. Daher glauben wir nicht, daß ein umfassendes Wirtschaftsprogramm der Sachlage gerecht wird. Aber was wir erwartet haben und was wir erhoffen, ist eine Folge sinnvoll durchdachter Maßnahmen, mit denen man der Schwierigkeiten auf den verschiedenen auch von uns klar erkannten Gebieten Herr werden kann.
    Bei den Schwierigkeiten, die heute bestehen, sollte man allerdings nicht die ganze Schuld einem System zuschieben, das von einem Teil dieses Hohen Hauses nicht anerkannt wird. Denn schließlich und endlich kann dieses System der Marktwirtschaft in den vergangenen Jahren gewisse Ergebnisse aufweisen, die man nicht wegleugnen kann.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Wo Licht ist, meine Herren, ist auch Schatten; und auch in der Marktwirtschaft gibt es Schatten. Aber wenn man die Schatten scheut, dann muß man auf das Licht auch verzichten.

    (Sehr gut! in der Mitte.)

    Meine Freunde jedenfalls waren nicht bereit, auf das Licht zu verzichten. Meine Freunde haben die Politik des Bundeswirtschaftsministers insbesondere seit der Währungsumstellung aus einem ganz bestimmten Grunde gestützt und gehalten. Während der Reichsmarkzeit und der ersten Ansätze einer wiedergewonnenen deutschen Wirtschaftsverwaltung, wie wir sie damals in Frankfurt hatten, gab es in der Tat nur eine einzige Aufgabe. Sie hat mein Vorgänger Agartz begonnen, und auch mir blieb damals gar nichts anderes übrig, als sie weiter fortzuführen: in den Grundindustrien zunächst keinmal die elementarsten Fundament-arbeiten zu leisten. Wir konnten ja an gar nichts anderes denken, und ich bitte die Damen und Herren, sich noch einmal die Zeiten der Jahre 1946 und 1947 mit ihren unmöglichen Produktionsbedingungen und Wirtschaftsbeschränkungen zu erinnern.

    (Sehr richtig! in der Mitte.)

    Aber als dann die Währungsumstellung eine Erweiterung unserer Aktivität erlaubte, da war doch das Ziel der Wirtschaftspolitik die Ausweitung unserer Leistung nach jeder Richtung hin und insbesondere für den Außenhandel die Schaffung der Grundlagen für die Sicherung unserer Lebenshaltung. Sie mögen das eine oder andere kritisieren. Gewiß, die Marktwirtschaft in dieser Form hat, wie gesagt, auch ihre schwachen Seiten. Aber die Tatsachen und' Zahlen, die in den vergangenen zwei Jahren mit dieser Marktwirtschaft herbeigeführt sind, diese Leistungssteigerung unserer gesamten Industrie, diese Ausweitung unseres Außenhandels, sind mit eben dieser Marktwirtschaft erzielt, und der Beweis ist nicht erbracht, daß dieses Ziel auf anderem Wege besser erreicht worden wäre.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.) Infolgedessen kann gar keine Rede davon sein, daß meine Freunde etwa in besserer Erkenntnis sich heute von diesen Grundsätzen abwenden


    (erneuter Beifall bei den Regierungsparteien) und nunmehr neuen, ihnen nicht geläufigen Grundsätzen einer Planwirtschaft zuwenden.

    Wenn wir den Mut haben — und diesen Mut hat der Herr Bundeswirtschaftsminister heute bewiesen —, ganz offen diejenigen Maßnahmen anzukündigen, die zu einem erheblichen Teil auf planwirtschaftlichem Gebiet liegen, wenn wir diesen Mut haben und damit auch nach draußen vor das Volk treten, dann tun wir das in dem Be-


    (Dr. Semler)

    wußtsein, daß diese Maßnahmen dazu helfen sollen, Schwierigkeiten zu überwinden, die sicher nicht durch die Prinzipien der bisherigen Regierungspolitik herbeigeführt sind, sondern die insbesondere auf zwei Faktoren beruhen. Der eine Faktor ist die Korea-Krise, von der nun schon so oft gesprochen worden ist. Aber der andere Faktor wird viel zu wenig beachtet. Auch ohne Korea, meine Damen und Herren, wäre das Jahr 1952 und damit das Ende des Marshall-Plans näher gerückt. Ich habe mir die Mühe gemacht, noch vor kurzem einmal die Berichte der damaligen amerikanischen Militärregierung aus den Jahren 1946 und 1947 durchzusehen. Meine Herren, was damals in einer Prognose für einen deutschen Außenhandel in den kommenden Jahren bereits als Optimum bezeichnet ist, das haben wir seit langem weit hinter uns gelassen,

    (Abg. Dr. Vogel: Sehr richtig!)

    und weil dem so ist, darum dürfen wir durchaus vertrauend an unseren Grundsätzen festhalten. Allerdings haben wir wohl nicht erwartet — es wäre ein sträflicher Optimismus gewesen, das anzunehmen —, daß wir bis zum Jahre 1952 bereits in der Lage sein würden, auf dem gesamten Gebiet des Außenhandels eine ausgeglichene Bilanz vorzulegen. Ich möchte nicht so phantastisch sein, zu glauben, daß wir ohne Korea-Krise dieses Ziel erreicht hätten. Aber ich glaube eines: daß, wenn die Politik ohne diese außerordentlich erheblichen Störungen von außen stetig fortgeführt worden wäre, wir uns in der Tat im Jahre 1952 einer Situation gegenüber gesehen hätten, die uns ein Operieren dann allerdings sehr leicht gemacht hätte. Das ist nun nicht möglich, und wir haben daraus ebenso wie aus den Folgen von Korea die Konsequenzen zu ziehen.

    (Zuruf von der SPD: Zu spät!)

    — Es ist nicht zu spät, verehrter Herr Zwischenrufer! Es ist nicht zu spät; denn wenn wir vorher, bevor Korea kam, einschränkende Maßnahmen getroffen hätten, dann hätten wir diesen Zug der Entwicklung unterbrochen, der uns auf der einen Seite zu dieser erheblichen Leistungssteigerung, zum andern zu dieser außerordentlich gestärkten Außenhandelslage gebracht hätte. Allerdings, beides wäre nach meiner Überzeugung in den vergangenen zwei Jahren nicht zu machen gewesen, und auch da, verehrter Herr Professor, haben Sie die Antwort noch nicht gegeben.
    Ich glaube, wir sind vielleicht in dem Punkt einig: Wir konnten in den letzten zwei Jahren nicht sowohl die Güterindustrien auf den heutigen Stand führen und gleichzeitig das sehr erstrebenswerte und notwendige Ziel der entsprechenden Steigerung der Basisindustrien erreichen. Das war nicht möglich, und das müssen Sie, glaube ich, auch zugeben. Wenn das richtig ist, meine Damen und Herren, dann war es die politische Entscheidung, welche der beiden Seiten man den Vorzug geben wollte. Der Bundeswirtschaftsminister hat in seiner Politik dieser zwei Jahre der Entwicklung des gesamten Industrievolumens den Vorzug gegeben. Er konnte es so lange, als die Kapazität der Basisindustrien in etwa ausreichte, um die Umsätze der übrigen Industrie zu tragen. Erst seit Mitte vorigen Jahres ist dann dieser Engpaß in der Tat aufs äußerste evident geworden. Auch wir hätten es vielleicht begrüßt, wenn bestimmte Maßnahmen schon früher eingeleitet worden wären; denn es wäre vielleicht möglich gewesen, die angespannte Lage, in der wir uns heute speziell auf dem Gebiet des Außenhandels und der Außenzahlungsbilanz befinden, zu mildern. Aber, meine Damen und Herren, diese Maßnahmen waren ja wiederum nicht einseitig von uns zu treffen. So sollte man die Kritik nicht ansetzen, daß man hier dem verantwortlichen Minister die Schuld zuschiebt oder gar als Anklagevertreter auftritt, wo wir doch wissen, daß wir auf dem Gebiet des Außenzahlungswesens in unseren Entscheidungen in gar keiner Weise frei sind, daß wir vertragliche Bindungen haben und daß jede Initiative ihre Zeit braucht, bis sie sich voll entwickeln kann. Insoweit ist allerdings die augenblickliche angespannte Lage Anlaß auch für die anderen Länder der Europäischen Zahlungsunion, nachzudenken, wie sie mit uns gemeinsam die Lösung finden. Wir dürfen uns, glaube ich, die Hoffnung machen, daß wir aus den beiderseitigen Interessen heraus eine Lösung finden werden.
    Hier sollten wir nicht zu pessimistisch sein. Bei allen Schwierigkeiten der Lage, die auch wir klar sehen, ist es doch so, daß wir mit energischen Maßnahmen, die wir jetzt treffen werden, immerhin im Laufe eines halben Jahres oder bis zum Ende dieses Jahres diese Schwierigkeiten im Außenzahlungswesen überwunden haben werden. Hier allerdings wird der Erfolg nur dann möglich sein, wenn zwei Elemente von der Regierung mit Erfolg angepackt und mit absolut eiserner Energie verfolgt werden: die Elemente, die leider notwendig sind, um einerseits vorübergehend eine Importeinschränkung durchzuführen und andererseits den Export nicht nur zu halten, sondern weiterhin zu steigern.
    Zu diesem Zwecke sind meine Freunde der Ansicht, daß wir dem Bundeswirtschaftsminister diejenigen Vollmachten und Ermächtigungen geben sollten, die über das von uns kürzlich beschlossene Gesetz hinausgehen, soweit es sich um die Förderung des Exports, um die Beseitigung der Engpässe und die Förderung der Grundindustrien, um den Schiffsbau und den sozialen Wohnungsbau handelt, und wir gehen so weit, daß wir von der Regierung Vorlagen erbitten, damit in der verfassungsmäßig zulässigen Form Bewirtschaftungsanordnungen vom Bundeswirtschaftsminister getroffen werden können,

    (Zurufe von der SPD: Aha!)

    die nicht nur Negativlisten umfassen, die nicht nur Prioritäten ermöglichen, sondern dort, wo es notwendig ist, auch Positives einleiten können. Mögen Sie sich über uns mokieren, meine Damen und Herren, und sagen, die Einsicht komme uns reichlich spät, wir werden nicht zögern, den Bundeswirtschaftsminister mit allen Mitteln, die uns geeignet erscheinen, zu unterstützen, um die momentanen Schwierigkeiten und die augenblickliche Krise zu überwinden.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bitte Sie, meine Damen und Herren, die Worte des Herrn Bundeswirtschaftsministers, die er über die künftige Preispolitik der Regierung gesprochen hat, ernster zu nehmen, als es teilweise hier in diesem Hause geschehen ist. Ich darf Ihnen sagen, daß wir im Gegensatz zu Überlegungen, die in 'der letzten Zeit hinsichtlich der Preisentzerrung und der Herstellung einer Preisstabilität gepflogen wurden, heute im Kreise meiner politischen Freunde einhellig der Meinung sind, daß die Preisstabilisierung ausschließlich mit der Wirkung nach unten durchgeführt werden darf, und wir erwarten von der Bundesregierung Vorschläge mit


    (Dr. Semler)

    den schärfsten Maßnahmen und Mitteln, damit dieses Ziel erreicht wird. Ich glaube nicht, Herr Professor, daß es möglich ist, lediglich mit einem Preisgesetz oder einem Preisstop dieser Schwierigkeiten Herr zu werden.

    (Abg. Dr. Nölting: Das glaube ich auch nicht!)

    Es mag sein, daß ein Preisstop einmal eine Wirkung haben kann, ich will es nicht bestreiten; aber ich halte es für denkbar und vor allen Dingen für notwendig, durch ein sorgsam zusammengestelltes Bukett wirksamer Maßnahmen

    (Abg. Dr. Nölting: Das habe ich ausdrücklich gesagt!)

    preislich einen Druck auf die Wirtschaft und diejenigen Teile der Unternehmerschaft auszuüben, die der Situation, wie sie heute besteht, offenbar noch nicht ganz gewahr geworden sind. Das heißt, auch auf dem Gebiet der Geld- und Kreditpolitik werden wir härtere Maßnahmen benötigen, als sie bisher getroffen worden sind. Denn wenn diese Politik einen Erfolg haben soll, dann hat sie zur Voraussetzung, daß alle Vorratsläger bis auf das letzte entbehrliche Kilo dem Konsum zur Verfügung gestellt werden. Sie hat zur Voraussetzung, daß der Einzelhandel laufend von der Industrie beliefert wird, hat zur Voraussetzung, daß der bekannte Marktdruck herbeigeführt wird, ohne den auf die Dauer die Preisstabilisierung nach unten nicht möglich ist.
    Hier allerdings, meine Damen und Herren, geht mein Appell an den Herrn Bundeswirtschaftsminister, die äußerste Energie und die schärfste Strenge walten zu lassen. Hier sollte es keine Schonung geben. Hier sollte dieses Hohe Haus im Wirtschaftsstrafrecht diejenigen Bestimmungen schaffen, die den Behörden gestatten, wirklich ) nachdrücklich vorzugehen, wenn es einmal notwendig ist. Wenn wir das tun und in dieser Richtung mit unserer Politik Erfolg haben werden — und ich glaube daran, daß man mit dieser Politik Erfolg haben kann —, dann ergibt sich von selbst die Notwendigkeit, daß wir unter dem betonten Gesichtspunkt der sozialen Fürsorge vor allen Dingen für die wirtschaftlich schwachen Schichten unseres Volkes eine Lebenshaltung stabilisieren, die mit dem Einkommen wenigstens einigermaßen in Einklang steht. Hier erwarten wir von der Bundesregierung, daß sie uns diejenigen Vorschläge macht, die angesichts der begrenzten, für Subventionen zur Verfügung stehenden Beträge den höchsten effektiven Einsatz dieser Subventionen unter dem Gesichtspunkt des Schutzes der schwachen Bevölkerungsteile bewirken können.

    (Zustimmung in der Mitte.)

    Wenn die Bundesregierung in dieser Richtung die notwendige Energie und Tatkraft aufbringt, dann kann sie mit diesen Mitteln in der Preispolitik sehr wesentlich dazu beitragen, daß der Spartrieb der Bevölkerung wieder wächst. Sicherlich wäre es erwünscht, der Bevölkerung auch Titel zur Anlage ihrer Ersparnisse zu geben, die irgendwie wertbeständig sind. Aber, meine Damen und Herren, der wertbeständigste Titel für ein Ersparnis ist ein gleichbleibendes, stabiles Preisniveau. Diese Überzeugung muß die Bevölkerung wiedergewinnen, soweit sie sie heute verloren hat. Diesem Ziel und allein diesem Ziel muß die Politik der Bundesregierung auf diesem Gebiete dienen. Dann allerdings, wenn es gelingt, die heutige Psychose der Käuferschaft am Markt einzudämmen und die Bevölkerung wieder langsam zum Sparen hinzuführen — und sie wird dahin gehen, wenn es gelingt, das Preisniveau zu halten und wieder abzusenken —, dann ist bereits ein Teil der Probleme, die uns Sorgen machen, gelöst.
    Ich stimme dem bei, daß hinsichtlich der Ersparnisse, die sich bei den Sparkassen und Versicherungen und anderen großen Geldsammelstellen befinden, selbstverständlich im Interesse der notwendigen Investitionen gehandelt werden muß. Hier liegt ein Element für die Bereitstellung von Kapital, um die dringenden Investitionsbedürfnisse zu befriedigen. Das hindert nicht, daß wir uns — ob wir wollen oder nicht — mit der Frage befassen müssen, wie wir darüber hinaus die derzeitige Kaufneigung unserer Bevölkerung eindämmen. Es spielen zwei Gesichtspunkte hinein; einmal der Gesichtspunkt, daß es notwendig ist, aus dem Sozialprodukt heraus eben einen großen und nennenswerten Anteil für die Investitionen in den Basisindustrien, im Export, in der Schiffahrt und in der Energie zu schaffen. Weiter ist es aber unerläßlich, daß wir unserer Bevölkerung — und wenn es sein muß, mit brutaler Offenheit — die Situation klarlegen, daß eben in dieser Übergangszeit, bis wir den Ausgleich unserer Außenhandelsbilanz erreicht haben, sparsame, vielleicht sogar sparsamste Lebenshaltung notwendig ist. Die Bundesregierung sollte sich nicht scheuen, dieses ganz offen als eine unerläßliche Notwendigkeit auszusprechen. Der Bundeswirtschaftsminister hat dies heute getan. Er hat uns heute in großen Zügen sein Programm vorgelegt. Er hat uns versprochen, daß wir in allernächster Zeit in Teilvorlagen dieses Programm hier zur Beratung in unserem Kreis finden werden. Unsere Fraktion wird dieses Programm unterstützen, soweit es den Zielen dient, die ich soeben entwickelt habe. Wir werden dieses Programm zusammen mit dem Bundeswirtschaftsminister in der Richtung entwickeln, daß es geeignet ist, die Schwierigkeiten der kommenden Monate zu überwinden, aber auf der anderen Seite allen sozialen Bedürfnissen Rechnung trägt.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schäfer
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Preusker.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Victor-Emanuel Preusker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Meine Damen und Herren! Wir haben uns heute mit einer wirklich ernsten Materie auseinanderzusetzen, und ich muß es bedauern, daß in den Ausführungen des Herrn Professors Nölting doch so manchmal nicht die saubere Trennung der Ursachen und Wirkungen der Korea-Entwicklung und der inneren Geschehnisse erfolgte,

    (Zuruf des Abg. Renner)

    so daß manch einer draußen — ohne die Zusammenhänge übersehen zu können — unter Umständen das Gefühl haben mußte — nehmen Sie mir das bitte nicht übel, Herr Professor Nölting —, als ob etwa der Bundeswirtschaftsminister Korea überfallen habe gerade zu dem Zweck, um hier die Preise hochzutreiben, die Güter zu verknappen und die Zahlungsbilanzkrise auszulösen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der SPD.)

    Ich möchte doch wirklich meinen, daß wir uns hier bemühen müssen, vor dem deutschen Volk diese Fragen mit dem notwendigen Ernst und der notwendigen Sachlichkeit zu behandeln,

    (Abg. Dr. Nölting: Selbst beherzigen!)

    und daß wir zunächst einmal vollkommen klar zum
    Ausdruck bringen müssen, daß es sich hier nicht
    nur um ein deutsches Problem handelt, sondern um


    (Dr. Preusker)

    ein Problem, dem sich die gesamte westliche Welt gegenwärtig gegenübersieht. Auch das von Ihnen verschiedentlich zitierte England hat sich genau so mit diesen Problemen abzumühen. Es hat seit der Entwicklung der Korea-Krise eine Preissteigerung um bereits 62 % erlebt.

    (Hört! Hört! rechts.)

    Es hat dort Herunterrationierungen bis auf eine Fleischration von 30 Pfennig gegeben. Keine Engländerin kann sich mehr Nylonstrümpfe kaufen. In England gibt es genau so Kohleknappheiten und alle Schwierigkeiten, wie sie bei uns auch aufgetreten sind.

    (Zurufe links.)

    Wir wollen doch nicht in den Fehler verfallen, immer nur schwarz und nur weiß zu malen, sondern wir wollen die Dinge einmal so analysieren, wie sie sind, um daraus auch die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.

    (Beifall rechts und in der Mitte.)

    Da ist auch von meinem Vorredner schon mit aller Deutlichkeit darauf hingewiesen worden: wenn das deutsche Volk vergleicht, wie die Verhältnisse vor der Währungsreform und nach der Währungsreform ausgesehen haben, dann kann es nicht leugnen, daß außerordentliche Erfolge erzielt worden sind.

    (Zuruf von der SPD.)

    Wenn wir allein im Jahre 1950, um nur einmal ein Faktum herauszugreifen, unsere Produktion um 25 % erstmals auf ein Niveau von 111 % von 1936 haben steigern können und damit gegenüber 1948 eine Verdoppelung unseres gesamten Sozialprodukts erfolgt ist, wenn wir im Jahre 1950 im Rahmen dieses gesamten Produktionsprogramms, das abgewickelt wurde, eine Rekordleistung durch die Schaffung von über 350 000 Wohnungen vollbracht haben,

    (sehr richtig! rechts)

    wenn weiterhin in diesem Jahre 1950, in einem einzigen Jahr, die deutsche Ausfuhr fast verdoppelt wurde und von 1,1 auf 2 Milliarden Dollar erhöht werden konnte und auf der andern Seite dadurch die Möglichkeit gegeben war, trotz einer abnehmenden ERP-Hilfe die Einfuhr noch von 2,2 Milliarden auf 2,7 Milliarden Dollar zu steigern und dabei noch den Außenhandelssaldo um 400 Millionen Dollar zu verbessern, und wenn dies alles mit einer merklichen Steigerung der Zahl der dauernd Beschäftigten um 600 000 auf 14,2 Millionen Menschen verbunden war, wenn dabei noch — auch trotz Korea und der bisher eingetretenen Rückwirkungen auf dem Preisgebiet — eine Erhöhung des Realeinkommens und der Realkaufkraft um 11 % eingetreten ist, so glaube ich, daß sich dieser Erfolg, den die deutsche Wirtschaft im Zeichen der sozialen Marktwirtschaft im Jahre 1950 erzielt hat, in der ganzen Welt sehen lassen kann.

    (Lebhafter Beifall rechts und in der Mitte.)

    Wenn Sie sich einen Teil der Schwierigkeiten, die aufgetreten sind, näher betrachten, dann stellen Sie fest, daß diese Schwierigkeiten gerade aus dieser erfolgreichen Entwicklung heraus entstanden. Das gilt in erster Linie für unsere Zahlungsbilanzkrise.

    (Zuruf des Abg. Renner.)

    Denn hier ist es so, daß sich gerade in dem Maße, in dem sich unsere Ausfuhr steigert und damit die Möglichkeiten für eine erhöhte Einfuhr geschaffen werden, ständig die Höhe der Außenstände vermehren muß, die das deutsche Volk von der ganzen
    Welt zu fordern hat, weil nämlich unsere Ausfuhr durchschnittlich erst nach 3, 4 oder 5 Monaten bezahlt wird, während wir auf der andern Seite unsere Einfuhr sofort zu begleichen haben.

    (Abg. Dr. Nölting: Das war aber doch früher auch so!)

    — Früher war aber das Volumen entschieden kleiner, und wenn das Volumen, was wir hoffen, noch größer wird, dann werden seltsamerweise unsere Schwierigkeiten gerade deshalb so lange wachsen müssen, wie die eine Tatsache fortbesteht, die nicht wir zu vertreten haben, daß uns nämlich der Zugang zu den Rembourskrediten, die wir früher in der Welt erhalten haben, verschlossen bleibt.

    (Sehr richtig! rechts und in der Mitte.)

    Wir haben in den letzten Monatsdurchschnitten einen normalen Ausfuhrumsatz von 250 Millionen Dollar, von über 1 Milliarde D-Mark erzielt; das heißt, daß eine durchschnittliche Drei- oder Viermonats-Außenhandelssumme von zusammengerechnet etwa 700 Millionen Dollar draußen steht und daß das, was man uns bei der Europäischen Zahlungsunion als Rembourskreditersatz gewährt hat — diese Quote von 320 plus noch einmal 120 gleich 440 Millionen Dollar —, eben um rund 300 Millionen Dollar zu kurz ist.
    Wenn wir draußen nicht das Verständnis finden können, daß die Kreditgewährung an uns etwa der Kreditgewährung entspricht, die das deutsche Volk mit seiner Ausfuhr-Vorleistung an die Welt zu leisten hat, dann müssen wir jetzt überlegen, wie wir aus dieser uns versagten gleichen Kreditierung die richtigen Folgerungen ziehen.
    Es ist auch schließlich so, daß die Schwierigkeiten, die z. B. bei der Kohle aufgetreten sind, nicht auf eine Verringerung der Kohlenförderung zurückgehen. Diese Kohlenförderung ist im Gegenteil auch im Jahre 1950 nochmals um über 7 % auf 110 Millionen Tonnen gestiegen. Aber infolge der ganz erheblichen Beschleunigung des wirtschaftlichen Umlaufs seit der Koreakrise ist die übrige Produktion eben viel schneller gestiegen, um über 40 °/o, und daraus ergab sich die Schere, die es nun zu überwinden gilt.
    Wenn Sie ferner auf einem andern Gebiet, das von Ihnen erwähnt wurde — auf dem Gebiet der mangelhaften Kapitalbildung —, in einer Situation, in der nun einmal die ganze Welt Furcht vor einem neuen Kriege hat, trotz allen Zuredens, trotz Ermahnungen, trotz noch so reizvoller Maßnahmen nicht das Vertrauen herstellen können, daß es mit Sicherheit gelingen wird, einen katastrophalen Ausgang dieser weltpolitischen Spannungen zu vermeiden, dann müssen Sie eben auch hier überlegen, ob es andere Wege gibt, um zur Sicherstellung der notwendigen Investitionen zu kommen.
    Zu Beginn dieser Überlegungen möchte ich das eine einmal ganz klar sagen. Es ist schon immer eine verhängnisvolle deutsche Eigenschaft gewesen, daß man, sobald irgendwo geringe oder größere Schwierigkeiten auftauchten, aus denen zunächst einmal kein Ausweg zu sein schien, sofort geneigt war, von einem Extrem ins andere zu fallen.

    (Sehr gut! rechts.)

    Es ist seit Monaten — ich möchte das hier einmal warnend sagen — in unsere Bevölkerung eine Art von Stimmung buchstäblich hineingetragen worden, als sei eine solche ausweglose Situation gegeben, während das in Wirklichkeit überhaupt nicht zutrifft.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



    (Dr. Preusker)

    Allerdings muß ich auch der Bundesregierung einiges mit aller Deutlichkeit sagen. Wir haben uns — im Namen unserer Fraktion darf ich das hier aussprechen — bereits seit Monaten gewünscht, daß die Bundesregierung mehr Mut und Schnelligkeit in der Aufklärung des deutschen Volkes und dann vor allem im Handeln bewiesen hätte. Denn von einem sind wir fest überzeugt: vieles von dem, was jetzt hier und dort an völlig unnötiger Katastrophenstimmung entstanden ist, wäre überhaupt nie entstanden, wenn man sich ganz offen vor das deutsche Volk hingestellt und gesagt hätte: „So und so liegen die Dinge, es ist nichts, was uns irgendwie zu ernsten Konsequenzen zwingt. Es wird sowohl von uns, der Regierung, als auch von der Bevölkerung unter allen Umständen verlangt, daß die Nerven behalten werden".

    (Abg. Renner: Ruhe ist die erste Bürgerpflicht!)

    Wir haben heute endlich vom Herrn Bundeswirtschaftsminister eine Reihe von Maßnahmen vorgetragen bekommen, von denen wir nur wünschen können, daß sie so schnell wie möglich durchgeführt werden, um draußen sichtbar werden zu lassen, daß eben nichts „schleift", wie es von Herrn Professor Nölting gesagt wurde, sondern daß bei uns mit Energie daran gegangen wird, die Engpässe und Schwierigkeiten zu überwinden.

    (Abg. Renner: Massensteuern!)

    Das, was nach unserer Ansicht im Mittelpunkt steht, sind nicht, wie Professor Nölting sagte, die Preise, die Gott sei Dank bei uns bisher von allen Ländern der westlichen Welt bei weitem am wenigsten gestiegen sind, sondern das ist die Ausweitung der Produktion und des Außenhandels, der Ausfuhr und der Einfuhr. Denn nur wenn diese beiden Gebiete an der Spitze stehen, sind wir auch mit Sicherheit in der Lage, der Preisentwicklung Herr zu werden.

    (Sehr richtig! bei der FDP.)

    Daher gehen unsere Forderungen dahin, daß die Engpaß-Programme, von . denen heute hier gesprochen wurde, bei der Kohle, bei der Energiewirtschaft, beim Schiffbau, bei der Eisen- und Stahlindustrie und in der Exportindustrie unter allen Umständen durchgezogen und daß die Mittel für ihre Finanzierung beschafft und bereitgestellt werden; wie, darauf will ich noch zurückkommen.
    In demselben Zusammenhang möchte ich aber sagen, daß es nach unserer Überzeugung nicht allein damit getan ist, nun die Mittel für den Ausbau neuer Schächte bereitzustellen, sondern daß auch gleichlaufend an den Bau der Bergarbeiterwohnungen gedacht werden muß und daß die Mittel auch dafür mit derselben Gleichrangigkeit bereitzustellen sind. Hier haben wir eine besondere Forderung an die Bundesregierung. Im Rahmen des gegenwärtigen Steuerprogramms zur Deckung zusätzlicher Staatsausgaben ist auch daran gedacht, die Beträge für die Förderung des sozialen Wohnungsbaues nach § 7 c auf '7000 Mark zu beschränken. Wir möchten die. Bundesregierung bitten, für den Bergarbeiter-Wohnungsbau eine Ausnahme zu machen und hier die Grenze erst bei 10 000 Mark zu ziehen.
    Zum zweiten: Bei der Frage, die unmittelbar hinter der Sicherung der Engpaßinvestitionen zur Bereitstellung von mehr Kohle rangiert, bei der Exportförderung, haben wir ebenfalls eine zusätzliche Forderung zu der Erklärung des Herrn Bundeswirtschaftsministers: daß das Bundeskabinett die Vorlage über die steuerliche Begünstigung der Exporteure, die es endlich verabschiedet hat, uns — den Koalitionsparteien — übergibt, damit wir sie als interfraktionellen Antrag im Bundestag sofort voranziehen können und so der langwierige Weg oder Umweg über den Bundesrat umgangen werden kann.

    (Bravo! bei der FDP.)

    Ich möchte noch etwas zu den Fragen der Prioritäten, zu den Fragen der Rohstoffkontrollen, die hier angeschnitten worden sind, sagen. Es wurde gesagt: Ja, der Kreis beginnt sich zu schließen; er geht wieder in die Zwangswirtschaft hinein! Nein, meine Damen und Herren, das tut er nicht, weil vorweg die beiden Maßnahmen — die der Förderung und Ausweitung der Produktion und der Ausfuhr — stehen, damit in Deutschland die Warenversorgung gegenüber dem gegenwärtigen Umfang — der Gott sei Dank immer noch ausreichend gewesen ist — nicht gemindert, sondern mit allen Mitteln gehalten und hoffentlich sehr schnell auch erweitert werden wird.

    (Sehr gut! bei der FDP.)

    Wir haben es doch immerhin — und ich glaube, das ist in der Geschichte der sogenannten Zwangswirtschaft der Vergangenheit ein noch nie dagewesener Vorgang — fertiggebracht, daß eine Ware, die im vorigen Jahr infolge großer Hortungskäufe einmal von den Märkten vorübergehend verschwand — der Zucker —, nach kurzer Zeit infolge der weiteren Produktions- und Außenhandelsbelebungsmaßnahmen wieder da war, auch gegenwärtig noch da ist und auch weiterhin da sein wird.

    (Beifall in der Mitte und rechts. — Abg. Renner: Nur etwas teurer!)

    Wir möchten diese Kontrollen deshalb einmal in den Zusammenhang stellen, in dem sie gesehen werden müssen. Wenn die ganze westliche Welt gegenwärtig Anstrengungen macht, um den Frieden zu erhalten,

    (Lachen bei der KPD)

    den' Frieden, der für unser Volk ganz besonders wichtig ist, und in diesem Rahmen sich Beschränkungen auferlegt, daß z. B. Kupfer nicht mehr für Teekessel

    (Zuruf von der KPD: Für Granaten!) verwandt werden darf, dann kann diese westliche Welt auch von Deutschland erwarten, daß es seinerseits genau die gleiche Selbstbeschränkung im Verbrauch solcher knappen Stoffe auf sich nimmt. Wenn Sie irgendein Verwendungsverbot aus diesen übergeordneten Gesichtspunkten aussprechen oder eine Exportpriorität auferlegen, dann bleibt das immer noch eine absolut marktkonforme Maßnahme und sogar eine zeitkonforme Maßnahme.


    (Beifall in der Mitte und rechts.)

    Lassen Sie mich als dritte Forderung nun etwas zur Frage der Sicherstellung der Finanzierung der Investitionen sagen, die im Rahmen des Engpaß-programmes nach unserer Überzeugung das A und O der gesamten wirtschaftspolitischen Soforthandlungen der Bundesregierung zu bilden haben. Ich sagte bereits vorhin: es gibt keine Möglichkeit, mit noch so großzügigen Anreizen — seien sie auf dem Zinsgebiet, seien es alle möglichen anderen Versprechungen — zum freiwilligen Sparen zu kommen, solange die Furcht vor dem Kriege die Welt erfüllt. Man kann das nicht; also gibt es dann grundsätzlich nur noch zwei Möglichkeiten: entweder Sie erheben Steuern, oder Sie führen


    (Dr. Preusker)

    das Zwangssparen ein. Steuern zu erheben, um damit Milliarden-Investitionen durchzuführen, Steuern, die dann nicht nur einen kleinen Kreis treffen können, sondern die dann — weil es im wesentlichen indirekte Steuern sein werden — auch die breite Masse treffen müssen, ist erstens immer der am wenigsten soziale Weg; aber es ist zum zweiten auch der Weg, den wir deswegen ablehnen, weil wir nicht einzusehen vermögen, daß die Opfer, die der einzelne jetzt zu bringen hat, um dafür zu sorgen, daß mehr Kohle, mehr Eisen, mehr Schiffe produziert werden können, nicht ihm selbst in Form des Sparguthabens, der Beteiligung oder des Anleihebesitzes zugute kommen sollen, sondern statt dessen dem anonymen Staat. Wir werden deshalb jede Form der Investitionsfinanzierung erst als die allerletzte in Betracht ziehen, die nicht versucht, den Sparer oder den, dem ein Opfer auferlegt wird, selbst zum Inhaber der Forderungen gegenüber den Kohlengesellschaften, den Schiffsbauunternehmen oder den Energiegewinnungsgesellschaften werden zu lassen.
    Es ist vorhin von Herrn Professor Nölting im
    Rahmen seiner Vorschläge zu diesem Punkt eine
    Überverbrauchssteuer, zusätzlich zur Einkommensteuer der hohen Einkommen, angeregt worden,
    die nur bezahlt werden soll, soweit die Betreffenden nicht freiwillig sparen. Gleichzeitig hat
    Professor Nölting das Zwangssparen restlos abgelehnt. Ja, ich frage Sie: Wenn jemand die Pistole
    auf die Brust gesetzt bekommt: entweder mußt du
    das als Steuer abführen, oder du mußt es sparen —,
    kann man denn so etwas anders als „Zwangssparen" bezeichnen? Das ist doch das Zwangssparen in der absolutesten und krassesten Form!

    (Abg. Dr. Greve: Es kommt nur darauf an, bei wem Sie das machen! — Abg. Renner: Ja, das ist richtig!)

    — Ob Sie Zwangssparen bei diesem oder bei jenem machen, deswegen bleibt es immer Zwangssparen!

    (Zuruf von der SPD: Auf der einen Seite verdienen Sie Millionen!)

    — Sie scheinen sehr seltsame Vorstellungen von der Zusammensetzung des deutschen Volkseinkommens zu haben. Gott sei Dank haben wir allein über 14,2 Millionen Menschen in gewerblicher Beschäftigung, die nämlich überwiegend die Träger unserer Arbeit und auch unseres Arbeitseinkommens in Deutschland sind, nämlich von 52 Milliarden DM allein aus Lohn und Gehalt.

    (Zuruf links: Und monatlich unter 250 DM verdienen!)

    Es ist heute sehr viel über die immer noch vorhandene Not und von dem geringen Lebensstandard unserer deutschen Bevölkerung gesagt worden. Daß diese Not und dieser geringe Lebensstandard nach einem so totalen Zusammenbruch nicht binnen Nullkommanichts beseitigt werden konnten, darüber ist hier in diesem Hause schon oft genug gesprochen worden. Aber wir können doch wohl das eine feststellen, daß sich z. B., um nur eine Zahl zu nennen, gegenüber 1949 der durchschnittliche Fleischkonsum pro Kopf der Bevölkerung von 27 kg auf 43 kg gehoben hat, und Sie können mir doch bestimmt nicht weismachen, daß, sagen wir mal, ein paar Millionäre nun täglich mehrere Tonnen Fleisch gegessen hätten!

    (Heiterkeit. — Sehr richtig! rechts.)

    Ich möchte Ihnen deshalb zu der Überverbrauchssteuer sagen: weil sie ebenfalls nur ein generelles Zwangssparen ist,

    (Zuruf links: Eine billige Freude!) würden wir, nachdem der Plan eingehend geprüft worden ist — und wir möchten meinen, daß der Plan auch durchführbar sein wird —, den Vorzug dem Aufbausparplan geben, wie er von Professor Erhard entwickelt wurde; denn er bedeutet nicht in dieser Weise ein Zwangssparen. Ob jemand, sagen wir, einen Kühlschrank kaufen will oder nicht, das bleibt letzthin seiner eigenen Entscheidung überlassen. Er braucht ihn ja nicht zu kaufen. Wenn aber jemand durchaus einen Kühlschrank haben will, dann kann man ihm nach unserer Überzeugung auch erstens das Verständnis und zweitens auch das Opfer zumuten, daß er dann 10 oder 15 % dafür spart, daß neue Arbeitsplätze im Kohlenbergbau, in der Energiegewinnung geschaffen werden, die allein die Grundlage auch dafür sind, daß er für eine weitere Zeit seinen bisherigen Lebensstandard haben kann und daß das ganze deutsche Volk nicht gezwungen wird, seinen Lebensstandard in einer gefährlichen Weise zu verringern.

    Wir sehen in diesem von Professor Erhard vorgeschlagenen Aufbausparsystem auch eine Art von „Austerity", eine Art von Selbstbeschränkung, aber nicht in der Weise, daß sie zum Normalverbraucher und zum Minimum des Lebensstandards führt, sondern daß sie ermöglicht, den Lebensstandard der Gesamtheit zu halten und zu erweitern.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Es ist wahrscheinlich — darin gebe ich dem Redner der Opposition recht — mit dem Erhardplan allein nicht zu schaffen, die Gelder aufzubringen, die notwendig sind, um dieses große Investitionsprogramm zu finanzieren; denn wir wollen nicht, daß dieser Plan eine solche Ausweitung erfährt, daß er etwa auf Gegenstände des täglichen Bedarfs der breiten Bevölkerung oder etwa auf Nahrungsmittel des täglichen Bedarfs ausgedehnt werden muß. Es muß also schon noch etwas mehr hinzukommen. Wenn der Bundeswirtschaftsminister den Plan, der auch von Professor Nölting vorgebracht wurde, den Plan der Investitionsanleihen aus den Abschreibungen der verarbeitenden Industrie noch zusätzlich prüft, so sind wir auch damit einverstanden, wenn wir allerdings auch davon überzeugt sind, daß selbst das noch nicht ausreicht.
    Aber wir sind davon überzeugt, daß die zielbewußte und entschlossene Durchführung des gesamten Programms, das vorgetragen worden ist, und die zielbewußte Konzentration auf die wichtigsten Punkte tatsächlich dafür sorgen wird, daß wir bei einer knappen Kreditpolitik zu einer Stabilität der Preise kommen werden, damit zu einer Wiederherstellung des Vertrauens und zu einer Wiederbelebung auch der freiwilligen Spartätigkeit, die bereits in der ersten Hälfte des Jahres 1950 so außerordentlich erfolgreich eingesetzt hatte.
    Ich darf zum Schluß noch das eine sagen: Es ist nicht so leicht, unpopuläre Maßnahmen und Opfer der Bevölkerung vorzuschlagen, wie etwa einfach kritiklos der Bevölkerung nach dem Munde zu reden. Aber das eine ist sicher: Größe hat es in der Politik und in der Geschichte für ein Parlament und für eine Regierung nur dann gegeben, wenn sie bereit waren, auch das Unpopuläre und das Einsame zu tun, wenn es zum Besten des Volkes notwendig war.

    (Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe links.)