Rede von
Dr.
Ludwig
Erhard
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Ich stehe nicht an, zu erklären, daß ich Sie nicht verdächtigen wollte
in dem Sinne, daß Sie Freude an Korea und seiner Entwicklung haben.
— Nein, meine Herren, ich sage: Ihr Frohlocken
um die Störungen innerhalb der Marktwirtschaft.
— Das müssen Sie sich auch überlegen. Denn diese Störungen spiegeln sich auf dem düsteren und tragischen Hintergrund des Korea-Konfliktes ab.
Wenn die Marktwirtschaft in einigen Sektoren
heute in Bedrängnis gerät und wenn die von mir
als lebensnotwendig erkannten Maßnahmen durchgeführt werden, dann ist das für uns alle und für
das deutsche Volk kein Grund zum Frohlocken.
Dem deutschen Volk würde es besser gehen, wenn
unsere marktwirtschaftliche Politik ohne Korea unverändert hätte durchgeführt werden können.
Ich wiederhole noch einmal: Es handelt sich bei den zu ergreifenden notwendigen Maßnahmen und bei den ganzen wirtschaftlichen Erscheinungen der Gegenwart nicht um ein deutsches Problem im eigentlichen Sinne, sondern es handelt sich um ein europäisches Problem
mit allen gleichen Zeichen in dieser Welt. Es handelt sich um die Krise und um die Rettung der Demokratie.
Wenn ich sage: ich bin mir bewußt, daß das deutsche Volk Klarheit über unsere Wirtschaftspolitik haben und Sicherheit über die Klarheit einer Konzeption gewinnen will, dann ist das die beste Voraussetzung dafür, daß unser deutsches Volk wieder zu einer festen, ruhigen Haltung kommt und daß es die Zuversicht und das Vertrauen gewinnt, daß wir nicht in das Chaos kommen, das Sie jeden Tag voraussehen und voraussagen, sondern daß wir sehr wohl in der Lage sind, die Probleme zu meistern.
Wenn wir dem deutschen Volke schon die Notwendigkeit, Opfer zu bringen, vor Augen führen und wenn wir ihm Opfer zumuten müssen, dann soll das deutsche Volk daraus aber nicht in eine Stimmung der Verzweiflung kommen, sondern es soll umgekehrt daraus den Mut und die Kraft schöpfen und deshalb auch zu den Anstrengungen fähig sein, die notwendig sind, um das unabdingbare Opfer der Konsumeinschränkungen durch vermehrte und verbesserte Leistungen so weit als möglich wettmachen zu können.
Ich bekenne mich also zu dem Erfordernis einer straffen Führung unserer Wirtschaftspolitik.
Ich sagte vorhin schon: ich werde von nun an dem Kabinett die Maßnahmen — und aus dem Gang der Entwicklung der Verhandlungen heraus möglicherweise auch noch weitere — zur Entscheidung in einem Fluß vorgetragen. Die Verantwortungen sind klar gezogen. Ich weiß genau, daß das deutsche Volk den Wirtschaftsminister für die Wirtschaftspolitik verantwortlich macht,
und deshalb habe ich auch nicht die Absicht, etwas von dieser Verantwortung abzugeben. Ich will sie tragen.
Aber das bedeutet dann auch, daß es notwendig war, diese meine Konzeption hier vorzutragen. Ich werde alles tun, um dem deutschen Volk zur Gewißheit zu bringen, daß der verantwortliche Wirtschaftsminister eine klare wirtschaftspolitische Konzeption besitzt
und daß es ihm auch nicht an dem Mut und an der Energie mangelt, diese Konzeption in die Tat umzusetzen.