Rede von
Heinz
Renner
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Meine Damen und Herren! Die Tatsache, daß der Haushaltsplan für das laufende Etatsjahr, das in wenigen Tagen zu Ende geht, noch nicht fertiggestellt ist, ist ja für uns und auch für die Öffentlichkeit nichts Neues. Daß es notwendig ist, zu Beginn des neuen Rechnungsjahres die Regierung in den Stand zu setzen, durch ein Ermächtigungsgesetz ihre Geschäfte verfassungsmäßig weiterzuführen, ist auch keine neue Erkenntnis. Es war also meines Erachtens durchaus nicht notwendig, uns in dieser denkbar letzten Minute mit diesem Antrage zu überfallen. Er hätte nach Lage des Verhandlungsstandes im zuständigen Ausschuß schon vor Wochen kommen können.
Dies zu der einen Seite der Geschichte. Nun aber noch etwas anderes!
— Ich weiß es nur zu gut!
— Das ist auch eine Übertreibung von Ihnen, die sich ein Christ nicht erlauben sollte, Herr Bausch, vor allen Dingen dann nicht, wenn er „moralisch aufgerüstet" ist.
Die Sache hat aber noch eine andere Seite. Wer dieser Regierung diese Ermächtigung in die Hand gibt, ab 1. April die Geschäfte im Rahmen des — wie der Herr Berichterstatter zu Recht gesagt hat
— jetzt erst zusammengestellten oder im Zustande der Zusammenstellung begriffenen Haushalts für 1950 zu führen, der ermächtigt die Regierung, die Maßnahmen weiterzutreiben, die wir im letzten Jahre erlebt haben und die in den letzten Wochen einen derartig unheilvollen Inhalt gewonnen haben, daß sich jeder wirklich überlegen sollte, ob er bereit ist, einer solchen Regierung diese Ermächtigung zu geben.
Wir haben vorhin erlebt, daß auch die sozialdemokratische Fraktion damit einverstanden war, daß dieser Punkt der Tagesordnung heute erledigt wird. Es ist notwendig, den Kollegen von der SPD-Fraktion zu sagen, daß sie damit auch genau so wie die Parteien der Regierungskoalition die Verantwortung dafür übernehmen, daß die Adenauer-Regierung mit Wirkung vom 1. April die Steuern so und in der Höhe eintreibt, wie sie festgelegt sind, daß die Preisbildungspolitik so weitergetrieben wird, wie sie Adenauer in den letzten Wochen begonnen hat. Also alle Mißstände der Politik der Adenauer-Regierung werden dadurch legalisiert, daß man ihr erlaubt, im Rahmen dieser Ermächtigung zu amtieren und zu fungieren.
Auf diese Tatbestände hinzuweisen, war uns ein Bedürfnis. Wir lehnen, da wir die Adenauer-Regierung ablehnen, es selbstverständlich auch ab, ihr in irgendeinem Punkte auch nur die leiseste Ermächtigung zu erteilen.
— Aber aussprechen dürfen wir es noch. Wenn Sie Ihre Wähler mal fragen würden, würden die Ihnen genau dieselbe Antwort erteilen!