Rede von
Dr.
Fritz
Oellers
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(FDP)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Deutsche Bundestag hat in seiner 116. Sitzung vom 1. Februar 1951 den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung einer Bundesstelle für den Warenverkehr im Bereich der gewerblichen Wirtschaft verabschiedet.
Der § 1 Abs. 2 dieses Gesetzes sieht vor, daß der Bundesminister für Wirtschaft den Sitz dieser Behörde bestimmen soll. Das bedeutete eine Abänderung des ursprünglichen Regierungsentwurfs, der in dem genannten Paragraphen die Fassung hatte: „Die Bundesstelle hat ihren Sitz in Frankfurt/ Main". Der Deutsche Bundesrat hat gegen diese Änderung den Vermittlungsausschuß nach Art. 77 des Grundgesetzes angerufen und verlangt, daß die ursprüngliche Formulierung der Regierungsvorlage im § 1 Abs. 2 wiederhergestellt werde.
Der Vermittlungsausschuß hat sich mit dieser Frage eingehend beschäftigt. Von dem Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums wurde ausgeführt, daß man allerdings erst zwischen der zweiten und dritten Lesung die Änderung der Regierungsvorlage vorgeschlagen habe, daß das aber seine Begründung in den inzwischen veränderten Verhältnissen gehabt habe. Als man die Vorlage eingebracht habe, sei man von der Annahme ausgegangen, daß ein Abbau der Reste 'der Bewirtschaftung unmittelbar bevorstehe; dagegen habe sich jetzt herausgestellt, daß sowohl hinsichtlich der Ausfuhr als auch hinsichtlich der Einfuhr und neuerdings auch hinsichtlich der Rohstoffversorgung ab Mitte 1950 Bewirtschaftungsmaßnahmen weiterhin notwendig seien. Aus diesem Grunde sei das Bundeswirtschaftsministerium auf eine enge Zusammenarbeit mit der Bundesstelle für den Warenverkehr angewiesen, die nicht gewährleistet sei, wenn das Amt in der räumlichen Entfernung Frankfurt-Bonn vom Ministerium seinen Sitz habe. Hinzu komme, daß auf Grund eines Räumungsbefehls der alliierten Behörden die jetzige Dienststelle, nämlich die McNair-Kaserne in Frankfurt am Main, geräumt werden soll. Das habe Veranlassung gegeben, mit der Stadt Köln die Verbindung aufzunehmen, um in Köln die Errichtung eines Verwaltungssitzes für die Dienststelle zu gewährleisten, der in einem auf Kosten der Stadt Köln herzurichtenden Verwaltungsgebäude nunmehr auch zu sehr billigen Mietssätzen gefunden worden sei.
Bei den Erörterungen des Vermittlungsausschusses ist die Frage angeschnitten worden, wieweit es mit der vom Deutschen Bundestag verlangten Vorlage einer Generalplanung für sämtliche Sitze der Bundesbehörden seitens der Bundesregierung sei. Nachdem festgestellt wurde, daß dieser Plan jedenfalls zu einem zu benennenden Zeitpunkt noch nicht vorgelegt werden konnte, wurde ein Vertagungsantrag, der dahin ging, das Projekt bis zur Vorlage dieses Planes abzusetzen, abgelehnt. Ein Vertagungsantrag, der dahin ging, den Punkt bis zur Vorlage eines Gutachtens des Bundesrechnungshofes über die eventuellen Kosten beider Möglichkeiten abzusetzen, wurde ebenfalls abgelehnt.
Im Vermittlungsausschuß wurde schließlich noch die Frage behandelt, ob es nicht verfassungspolitischen Bedenken begegnen müsse, wenn man in die Ressortverantwortlichkeit eines Ministers dadurch eingreife, daß man von seiten der Legislative den Sitz eines seiner Ämter bestimme. Der Ausschuß glaubte, daß auch diese Bedenken nicht von entscheidender Bedeutung seien. Nachdem der Vertreter des Landes Hessen, Herr Ministerpräsident Zinn, die Erklärung abgegeben hatte, daß in Frankfurt ein ausreichender Ersatzraum für die beschlagnahmte McNair-Kaserne zur Verfügung stehe, und nachdem er ferner zum Ausdruck gebracht hatte, daß die Bundesregierung bei ihren Erwägungen hinsichtlich einer Verlegung des Dienstsitzes eine entsprechende Frage an die Regierung in Hessen nicht gerichtet habe, beschloß der Ausschuß mit 14 gegen 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen, dem Antrag des Bundesrates zu entsprechen.
Ich habe somit namens des Ausschusses den Antrag vorzulegen, in § 1 Abs. 2 die Regierungsvorlage wie folgt wiederherzustellen:
Die Bundesstelle hat ihren Sitz in Frankfurt/ Main. Zweigstellen können an anderen Orten errichtet werden.