Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag Drucksache Nr. 1618 ist auf Beschluß dieses Hohen Hauses seinerzeit dem Ausschuß für Heimatvertriebene als federführend überwiesen worden. Er ist aber gleichzeitig auch im Ausschuß für Angelegenheiten der inneren Verwaltung beraten worden. Ich habe zwar nicht diesen Ausschuß hier zu vertreten, aber die dort gemachten Ausführungen decken sich, wenigstens zum größten Teil, mit unserer Auffassung.
Meine Damen und Herren, der Ausschuß für Heimatvertriebene hat in § 1 des Gesetzentwurfs eine Änderung hinsichtlich der Abnahmequoten vorgenommen. Wie wir hörten, ist diese Änderung erfolgt auf Grund des Urteils eines dafür in Frage kommenden Instituts. Dieses Institut hat aber — so muß doch zugegeben werden — die Belastung des Landes Niedersachsen durch die Evakuierten der Städte Hamburg und Bremen nicht berücksichtigt. Wir können aber nicht verkennen, daß nicht nur die Heimatvertriebenen, sondern auch in gleicher Weise die Evakuierten der Großstädte die Übervölkerung dieses Gebiets verursachen. Die Übervölkerung dieser zum größten Teil rein agrarischen Gebiete hat dazu geführt, daß wir heute, wenn von einer sozialen Not oder Berufsnot der Jugend gesprochen wird, diese nicht in der Großstadt, sondern auf dem Lande zu suchen haben. Darum sind wir der Meinung, daß auf Grund dieser Tatsache die alte Fassung des § 1 wiederhergestellt werden müßte.
Dabei sind wir der Auffassung, daß eine Entlastung — gleichgültig, in welcher Weise sie auf wohnungsmarkt- oder arbeitsmarktpolitischem Gebiet erfolgt — den Einheimischen wie den Vertriebenen und Evakuierten in gleicher Weise zugute kommt.
Es war interessant, zu erfahren, daß dieses Gesetz erst dann wirksam werden könne, wenn die Mittel für den Wohnungsbau vom Bund für die aufnehmenden Länder und Großstädte vorweg zur Verfügung gestellt würden. Ich bin durchaus der Meinung und habe das auch auf kommunalpolitischer Ebene immer vertreten, daß aus arbeitsmarktpolitischen Gründen die Mittel für den Wohnungsbau in erster Linie dort angesetzt werden sollten, wo die Leute nachher auch Arbeit finden können. Aber ich meine, das kann uns doch, wenn wir die Folgen des Krieges auf alle Schultern gleichmäßig verteilen wollen und sollen, um nicht einzelne Gebiete zusammenbrechen zu lassen, nicht von der Verpflichtung entbinden, auch hinsichtlich der Wohnungen — das ist hier schon einmal zum Ausdruck gekommen — in der gleichen Weise so dicht zusammenzurücken, wie das in Niedersachsen, in Holstein und sicher auch in Teilen Bayerns nun schon fünf Jahre der Fall ist. Es ist vielleicht interessant, wenn ich Ihnen sage, daß Gemeinden in der Nähe von Hamburg ihren Willen, aus ihrem Kreisverband auszuscheiden und sich Hamburg anzuschließen, damit begründen, daß in Hamburg die Wohnungsverhältnisse außerordentlich viel günstiger seien. Etwas Ähnliches habe ich auch in den Landgebieten in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Sommer in einer Reihe von Fällen beobachten können.
Ich bin darum der Meinung, daß eine Umsiedlung der Vertriebenen und der Evakuierten im gleichen
Zuge erfolgen und die alte Fassung des § 1 wiederhergestellt werden muß. Als Folge davon muß die Vorlage nach dem § 1 a Abs. 2 eine Änderung hinsichtlich der Zahlen erfahren, da ich meine, daß Hamburg und Bremen ihre Evakuierten nun endlich einmal wiederaufnehmen müssen, um die schwer betroffenen Landkreise und Gemeinden der Umgegend zu entlasten. Wenn der gute Wille, wenn überhaupt der Wille vorhanden ist, so dicht zusammenzurücken, wie wir das schon fünf Jahre hindurch getan haben, dann, glaube ich, besteht dazu durchaus die Möglichkeit. Unsere benachbarten Großstädte haben doch Raum, wenn es sich darum handelt, Institutionen oder Betriebe auf zunehmen, die nachher Steuern zahlen. Wir begrüßen es auch — wenn ich das abschließend, bevor ich meinen Antrag dem Herrn Präsidenten übergebe, noch sagen darf —, daß auf Grund dieser Vorlage endlich der bisherige Zustand abgeändert werden soll, der dadurch gekennzeichnet ist, daß nur arbeitsfähige und steuerfähige Leute in den Aufnahmeländern aufgenommen werden und Niedersachsen, Holstein und Bayern das Krankenhaus und das Wohlfahrtsinstitut des ganzen Bundes darstellen. Die Kriegsfolgelasten müssen, wenn es überhaupt möglich sein soll, sie zu tragen, gleichmäßig auf alle Schultern verteilt und das Wort von der Solidarität muß darum in die Tat umgesetzt werden. Ich stelle dazu nun noch den Antrag — das ergibt sich daraus —, auch den § 5 in seiner alten Fassung wiederherzustellen.