Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich spreche hier nicht zu dem vorgelegten Haushalt des Jahres 1950, sondern zu dem Antrag, den soeben der Kollege Mommer hier begründet hat. Das scheint mir ein bedeutender Unterschied zu sein. Denn das, was Herr Kollege Mommer hier vorgetragen hat, kann sich doch frühestens im Haushalt 1951 ausprägen, so daß ich nicht verstehe, wie man den Antrag als einen Änderungsantrag zu der Haushaltsvorlage für 1950 bezeichnen kann. Ich möchte meinen, daß man in diesem Falle der Vorlage eines solchen Antrages nicht den korrekten Weg gegangen ist.
Zu dem Dokumentationsdienst und dem Antrag selbst darf ich folgendes sagen. Sowohl Herr Kollege Ritzel wie auch Herr Kollege Mommer haben uns dargelegt, daß dieser Antrag auf ein amerikanisches Vorbild zurückgeht. Ich glaube nur, man hätte dabei hinzufügen müssen, daß die Verhältnisse in den Vereinigten Staaten ganz andere sind.
Dort liegt nämlich die Gesetzesinitiative beim Parlament,
beim Kongreß,
und bei uns liegt die Gesetzesinitiative in überwiegendem Maße bei der Bundesregierung und ihren Ministerien. Dieses Haus, sollte die Gesetzesinitiative
nur soweit ausüben, als die Bundesregierung versagt oder soweit die Opposition die Dinge zu beeinflussen beliebt.
Ich habe Zeit, meine Herren, keine Sorge!
Ich möchte also sagen, daß man bei einer objektiven Darlegung die anders gelagerten Verhältnisse in den Vereinigten Staaten hätte erwähnen müssen. Weil die Verhältnisse dort anders sind, kann die Regierung in den Vereinigten Staaten selbstverständlich nicht auf so eine ausgeprägte Ministerialbürokratie zurückgreifen wie wir bei uns.
Ich kann mir infolgedessen gar nichts davon versprechen, wenn wir beim Parlament noch eine eigene Ministerialbürokratie aufbauen, die zu der Ministerialbürokratie der Regierung in Konkurrenz treten soll.
Immerhin arbeitet dieses Parlament ja seit eineinhalb Jahren, und ich habe an dieser Arbeit teilgenommen. Ich habe bisher noch nicht den Eindruck gehabt, als ob der Abgeordnete oder die Ausschüsse nicht die ihnen notwendige Unterstützung bei den Regierungsvertretern und den Beamten in den Ministerien gefunden hätten.
Ich möchte meinen, daß es durchaus genügt, wenn sich die Abgeordneten und die Ausschüsse, wenn sie glauben, die Dinge nicht selbst zu beherrschen, oder wenn sie glauben, sich Vorarbeiten oder Ausarbeitungen geben lassen zu sollen, dieserhalb an die Ministerien und ihre Beamten wenden.
Meine Damen und Herren! Der Herr Kollege Mommer hat uns erklärt, die Angelegenheit würde 300 000 DM kosten. Ich möchte meinen, schon dieser Betrag ist nicht klein. Ich bin aber nicht so optimistisch, anzunehmen, daß es bei diesem Betrage bleibt. Denn Herr Kollege Mommer hat ja selbst gesagt, das sei die Ausgabe für etwa 15 Referenten mit ihren Mitarbeitern. Ich darf in Erinnerung zurückrufen, daß wir beim Bundestag immerhin rund 40 Ausschüsse haben. Bei dem gesunden Ehrgeiz der einzelnen Ausschüsse, die jeder für sich in Anspruch nehmen, ein entsprechendes Fachgebiet zu bearbeiten, werden Sie in Kürze bei 40 Referenten und einem entsprechenden Stabe angelangt sein, d. h. Sie belasten den Haushalt des Deutschen Bundestages mit nicht weniger als einer Million.
Das zu verantworten, meine Damen und Herren, für ein völlig überflüssiges Institut, glaube ich, kann man den Abgeordneten dieses Hauses nicht zumuten.
Noch ein weiteres. Wir machen uns in den Fraktionen, im Präsidium und im Ältestenrat Gedanken, wie wir der unheilvollen Verstopfung dieses Parlaments und seiner Ausschüsse mit Vorlagen Herr werden können. Wir haben inzwischen einen Status erreicht, bei dem die Verabschiedung von Gesetzen und Anträgen vier bis fünf Monate dauert, wegen der Überlastung der Ausschüsse.
Wenn Sie nun die Initiativfreudigkeit der einzelnen Abgeordneten noch dadurch erhöhen, daß Sie ihnen etwaige Vorarbeiten von angestellten Referenten abnehmen lassen,
dann werden Sie eine weit größere Initiativfreudigkeit erleben, die in Kürze dazu führt, daß die Ausschüsse überhaupt nicht mehr arbeitsfähig sind.
Wenn Sie das aber nicht befürchten, meine Damen
und Herren, wenn Sie also sagen, daß die neu
anzustellenden Referenten von den Abgeordneten
nicht in diesem Maße in Anspruch genommen
werden, dann werden Sie etwas ganz anderes erleben: daß diese Referenten ihre Bewährungsprobe
darin sehen und ihre Notwendigkeit dadurch werden beweisen wollen, daß sie aus eigener Initiative
an die Abgeordneten herantreten und tätig werden.
Was wir brauchen, meine Damen und Herren, ist eine ausgezeichnete Bibliothek. Wir brauchen ein hervorragendes Archiv. Wir brauchen ausgezeichnete Referenten bei den Ausschüssen; sie sind zum Teil ja auch durchaus von entsprechender Qualität. Mehr brauchen wir nicht.
Wir Abgeordneten sind durchaus — das nehme ich für mich in Anspruch — auch ohne Referent in der Lage, auszuarbeiten, was wir hier vorzutragen haben.