Rede von
Oskar
Müller
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(KPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (KPD)
Antragsteller: Meine Damen und Herren! Am vergangenen Sonntag fand in Düsseldorf eine Kundgebung des Interessenverbandes der vertriebenen Hollanddeutschen statt. Auf dieser Kundgebung wurde ein Komplex von Fragen angesprochen, der im Bundestag bisher so gut wie überhaupt noch keine Beachtung, der aber auch bei der Regierung noch wenig Beachtung gefunden hat. Wir dürfen dabei nicht vergessen, daß es sich hierbei um einen Menschenkreis handelt, der nach vorsichtigen Schätzungen der zuständigen Organisationen mindestens 300 000 Auslandsdeutsche umfaßt, davon allein aus Holland etwa 100 000, aus Luxemburg 20 000, aus Belgien 20 000, die durch ihre Ausweisung aus den 25 westlichen Ländern sowohl in ihrer wirtschaftlichen wie auch in ihrer sozialen Lage aufs schwerste betroffen sind.
Es würde zu weit führen, auf den gesamten Bereich der Fragen, die mit diesen Ausweisungen aus den westlichen Ländern zusammenhängen, näher einzugehen und hier in diesen fünf Minuten die materiellen und sonstigen Fragen anzuführen, die einer Entscheidung entgegendrängen. Mir scheint nur wesentlich zu sein, daß die Fragen, die sofort einer Erledigung entgegengeführt werden können, unter allen Umständen schnellstens in Angriff genommen werden müssen. Das war der Ausgangspunkt unseres Antrags. Dabei möchte ich insbesondere darauf hinweisen, daß sich dieser Menschenkreis aus Arbeitern, Facharbeitern, aus Ingenieuren, Technikern, Wissenschaftlern usw. zusammensetzt, die nach ihrer Ausweisung und nach ihrer Rückkehr zwar den Flüchtlingsausweis A erhalten haben, aber bei weitem nicht in den vollen Genuß derjenigen Bezüge gekommen sind, die sich aus dem Besitz dieses Flüchtlingsausweises A ergeben.
Andere Fragen kommen hinzu, z. B. die Ansprüche gegenüber der Sozialversicherung, die diese Auslandsdeutschen, die jetzt nach der Ausweisung hier
im Bundesgebiet keine Pensionen, Renten usw. bekommen, auf Grund ihrer Leistungen in Holland zu stellen hätten. Das ist also eine Frage, die einen sehr großen Teil dieser Menschen betrifft. Allein unter der großen Zahl von 72 000 aus Holland Ausgewiesenen befinden sich 3 000 Bergarbeiter, die hier keinerlei Bezüge und keine Renten mehr bekommen.
Es wird notwendig sein, in diesem Zusammenhang auch die Methoden der Ausweisung z. B. aus Holland einer eingehenden Überprüfung zu unterziehen, insbesondere das sogenannte Entfeindungsverfahren mit besonderen Fragebogen, die nach einer ganz raffinierten Methode aufgestellt sind, um zu verhindern, daß irgendwelche Ansprüche gegenüber Holland geltend gemacht werden können. Es handelt sich um andere Fragen, so um die Frage, daß alte Leute auf Grund ihrer sozialen Lage unter allen Umständen in den Besitz von Zuwendungen aus der Soforthilfe und von Renten kommen müssen. Es handelt sich um die Fragen der Existenzsicherung, um Beihilfen zum Wiederaufbau usw. Ich kann nur andeutungsweise anführen, was dieser große Personenkreis nach der Ausweisung, um seine eigene Existenz aufbauen bzw. erhalten zu können, berechtigterweise an Forderungen zu stellen hat.
Deswegen bitte ich darum und beantrage, daß dieser unser Antrag dem Flüchtlingsausschuß überwiesen wird, damit dieser unter Hinzuziehung von Vertretern der in Frage kommenden Organisationen die Materie behandelt und entsprechend den Forderungen Entscheidungen zur Lösung der Sofortfragen herbeiführt, um diesen Menschen zu helfen.